OGH vom 13.05.1997, 5Ob2250/96k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Baumann, Dr.Spenling und Dr.Hradil als weitere Richter in der Urkundenhinterlegungssache der Antragstellerin Ilse H*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Artur Roßbacher, öffentlicher Notar in Klagenfurt, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom , GZ 1 R 153/96m-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom , GZ Uh 4/96-2, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die antragsabweisenden Teile der Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insoweit wie folgt zu lauten haben:
"Auf Grund des zwischen Mag.Marion S*****, geb. am *****, und Ilse H*****, geb. am *****, am / abgeschlossenen Kaufvertrages wird zwecks Erwerbes der Dienstbarkeit des Nutzungsrechtes gemäß Pkt. 6. dieses Kaufvertrages an dem auf den Grundstücken .2***** Baufläche und 1112***** Gewässer je des Grundbuches ***** befindlichen Superädifikat (Boots- und Badehaus) zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften EZ 12***** und 13***** je des Grundbuches ***** durch Hinterlegung des genannten Kaufvertrages gemäß § 1 Abs 1 Z 1 lit a UHG bewilligt.
Von Amts wegen (§ 9 AllGAG) wird die Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeiten ob dem herrschenden Liegenschaften EZ 12***** und 13***** je des Grundbuches ***** angeordnet.
Hievon werden verständigt:
1.) Mag.Marion S*****, Private, Praterstraße 66/30, 1020 Wien
2.) Ilse H*****, Pensionistin, 9081 Reifnitz 32
3.) Gemeinde M*****
4.) Republik Österreich zH des LH von Kärnten als Verwalter des öffentlichen Wassergutes (Amt der Kärntner Landesregierung, Abt 8W, Mießtalerstraße 3, 9020 Klagenfurt)
5.) Finanzamt Klagenfurt
6.) Dr.Artur Roßbacher, öffentl. Notar, Herrengasse 14/1, 9020 Klagenfurt
Text
Begründung:
Das Erstgericht bewilligte die gerichtliche Hinterlegung des zwischen Mag.Marion S***** als Verkäuferin und Ilse H***** als Käuferin am 26.6. und abgeschlossenen Kaufvertrages zum Erwerb des Eigentums für Ilse H***** zu 318/1000 Anteilen an dem auf den Grundstücken .2***** Baufläche und 1112***** Gewässer je KG ***** befindlichen Superädifikat (Boots- und Badehaus).
Das Begehren auf Hinterlegung dieser Urkunde für den Erwerb der Dienstbarkeit des Nutzungsrechtes gemäß Punkt 6. des Kaufvertrages an dem auf den Grundstücken .2***** Baufläche und 1112***** Gewässer je KG Reifnitz befindlichen Superädifikat (Boots- und Badehaus) zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften EZ 12***** und EZ 13***** je GB ***** hat das Erstgericht abgewiesen. Den nur noch strittigen abweisenden Teil dieses Beschlusses begründete das Erstgericht wie folgt:
Die Eintragung einer Grunddienstbarkeit setze gemäß § 474 ABGB zwei Grundbesitzer, also zwei Liegenschaftseigentümer voraus. Ein Superädifikat könne jedoch nicht dienendes Gut sein, weil es eine bewegliche Sache und nicht eine Liegenschaft darstelle. Auch sei im Punkt 6. des Kaufvertrages von den Parteien die Dauer des Nutzungsrechtes auf die Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung eingeräumt. Im Vertrag müßte aber genau definiert werden, um welche wasserrechtliche Bewilligung es sich handle (Datum, Aktenzahl, ausstellende Behörde) und es müsse diese wasserrechtliche Bewilligung dem Antrag beigelegt werden. Schließlich werde im Punkt 11.1 b des vorliegenden Kaufvertrages das Grundstück 111***** als jenes genannt, auf dem sich das Superädifikat befinde. Das Grundstück 111***** komme in der KG Reifnitz jedoch nicht vor.
Das Rekursgericht bestätigte den bloß angefochtenen abweisenden Teil des erstgerichtlichen Beschlusses und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Entgegen der Meinung des Erstgerichtes könne auch an Bauwerken ein dingliches Recht durch die gerichtliche Hinterlegung einer über die Einräumung der Dienstbarkeit errichteten beglaubigten Urkunde erfolgen (§ 481 Abs 2 ABGB). Es stelle sich aber die Frage, ob zugunsten eines Superädifikates eine Grunddienstbarkeit begründet werden könne. Abgesehen davon, daß ein Superädifikat ein von vornherein zeitlich begrenztes Grundbenützungsrecht voraussetze und bei Fehlen der Befristung § 297 ABGB gelte, seien Überbauten nach ständiger Rechtsprechung als bewegliche Sachen zu qualifizieren. Weil aber eine Grunddienstbarkeit nur eine Beschränkung des Eigentums an einem Grundstück bilden könne, dürfe eine solche an einem Superädifikat als einer beweglichen Sache nicht begründet werden (vgl Petrasch in Rummel, ABGB**2, Rz 3 zu § 481, wonach an beweglichen Sachen nur ein Fruchtgenuß- und ein Gebrauchsrecht als Dienstbarkeitsbelastung möglich sei).
Auch die Begründung einer unregelmäßigen Servitut komme hier nicht in Betracht, weil eine solche bloß einer bestimmten Person zustehen könne. Nach dem Willen der Vertragsparteien solle aber die Dienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer eines Grundstückes bestehen. Darüberhinaus sei eine unregelmäßige Dienstbarkeit gegenüber einer Grunddienstbarkeit kein minus, sondern ein aliud.
Die Abweisung sei schon aus dem dargelegten Grund berechtigt, sodaß auf die übrigen vom Erstgericht aufgeworfenen Fragen nicht eingegangen werden müsse.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob zugunsten eines Superädifikates eine Grunddienstbarkeit begründet werden könne.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragsstattgebendem Sinn abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß es in dieser Rechtssache nicht darum geht, ob zu Gunsten (der Eigentümer) eines Superädifikates - wie das Rekursgericht ausführte - eine (Grund)Dienstbarkeit begründet werden kann, sondern ob das Superädifikat mit einer Dienstbarkeit - wie eine Liegenschaft - belastet werden kann.
Nach dem Inhalt der dem Grundbuchsantrag zu Grunde liegenden Vertragsurkunde soll die zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften EZ 12***** bzw 13***** je des Grundbuches ***** zu bestellende Dienstbarkeit der Nutzung des westlichen Teiles des Boots- und Badehauses bzw des östlichen Teiles desselben samt Floß in der jeweiligen Alleinbenützung der betreffenden Teile bestehen.
Das Recht des Gebrauches einer Sache gehört zu den persönlichen Servituten (§ 504 ABGB). Das Gebrauchsrecht gewährt das Recht, angemessenen Nutzen zu ziehen (§ 505 ABGB). Bei Überlassung in weiterem Umfang nähert sich das Gebrauchsrecht dem Fruchtgenuß (Petrasch in Rummel, ABGB**2, Rz 1 zu § 505). Das hier als Alleinbenützungsrecht eingeräumte Nutzungsrecht stellt eine solche Annäherung an das Fruchtgenußrecht dar.
Da die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses oder des Gebrauchsrechtes auch an beweglichen Sachen begründet werden kann (Petrasch in Rummel, ABGB**2, Rz 3 zu § 481), muß in dieser Entscheidung nicht näher untersucht werden, ob ein Superädifikat bei der Beantwortung von Fragen betreffend die Belastung mit einer solchen Dienstbarkeit wie eine unbewegliche Sache (analog dem Verhältnis Urkundenhinterlegung zu Grundbuchseintragung) behandelt werden könnte.
Es entspricht der Rechtsprechung, daß der in § 479 ABGB verankerte Grundsatz, wonach Dienstbarkeit, welche an sich Grunddienstbarkeiten sind, als sogenannte unregelmäßige Servituten auch der Person allein zustehen können, auch umgekehrt gilt: es ist rechtlich eine Dienstbarkeit des Inhaltes möglich, daß ein zu den persönlichen Dienstbarkeiten gezähltes Recht dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstückes gebühren soll (NZ 1993, 237/274 = JBl 1993, 580 mwN). Auch dem Erfordrnis des § 473 ABGB, wonach die Grunddienstbarkeit eine vorteilhaftere oder bequemere Benützung des berechtigten Grundstückes ermöglichen soll, ist erfüllt: abgesehen davon, daß an dieses Utilitätserfordernis kein strenger Maßstab anzulegen ist (Petrasch in Rummel, ABGB**2, Rz 2 zu § 473), ist es offenkundig, daß es der Nutzung des herrschenden Grundstückes zum Vorteil gereicht, wenn mit dem Eigentum daran auch die Möglichkeit der Benützung eines Bootshauses (etc) in dem in derselben Katastralgemeinde gelegenen See verbunden ist. Daraus folgt, daß in der hier zu beurteilenden Rechtssache die Belastung des Superädifikates mit der genannten persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der herrschenden Liegenschaften als unregelmäßige Grunddienstbarkeit zulässig ist. Dies hat gemäß § 1 Abs 1 Z 1 lit a UHG durch Urkundenhinterlegung zum Erwerb des Rechtes an dem belasteten Superädifikat samt Ersichtlichmachung ob den herrschenden Liegenschaften zu erfolgen.
Auch sonstige, insbesondere die vom Erstgericht angenommenen Abweisungsgründe stehen der beantragten Bewilligung nicht entgegen:
Der näheren Bezeichnung der derzeit aufrechten wasserrechtlichen Bewilligung (zur Errichtung des Bootshauses etc) und der Vorlage des betreffenden Bescheides bedarf es nicht, weil die Dienstbarkeitsbestellung gar nicht auf die Dauer der derzeit aktuellen wasserrechtlichen Bewilligung abstellt.
Richtig ist, daß in den Pkten 1.1 und 1.3 (Beschreibung des Vertragsgegenstandes) und 11.1 a) (Aufsandungsklausel betreffend Eigentumserwerb an ideellen Anteilen des auf den Grundstücken 2***** Baufläche und 1112***** Gewässer befindlichen Superädifikates (Boots- und Badehaus) das letztgenannte Grundstück entsprechend dem Grundbuchsstand bezeichnet ist, hingegen in der ansonsten im wesentlichen gleichlautenden Aufsandungsklausel betreffend den Dienstbarkeitserwerb (Pkt 11.1 b)) dieses Seegrundstück bloß die Bezeichnung 111***** aufweist. Dabei handelt es sich ganz offensichtlich um einen Schreibfehler, der nach der ganzen Gestaltung des Vertrages und der Aufsandungserklärungen keinen Zweifel aufkommen läßt, daß es sich auch in Pkt 11.1 b) um dasselbe Grundstück 1112***** handelt. Dieser offenkundige Schreibfehler steht der Bewilligung nicht entgegen, weil auch im Grundbuchs- als einem Außerstreitverfahren § 2 Abs 3 Z 2 AußStrG unmittelbar gilt, wonach das Gericht zwar "keine zu seiner und der Teilnehmenden Sicherheit nötige Vorsicht vernachlässigen, aber den Parteien auch nicht durch Zweifelsucht und Ängstlichkeit oder durch Zurückweisung der Anträge wegen Mangels unwesentlicher Förmlichkeiten Schaden verursachen" soll (EvBl 1988/90 = JBl 1988, 531 = NZ 1988, 111 = RpflSlgG 2144).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.