OGH vom 30.05.2012, 7Ob115/11d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** AG, *****, vertreten durch Felfernig Graschitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei KR DI Dr. R***** N*****, vertreten durch Dr. Klaus Maleschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 33.284,65 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 111/10i 19, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 12 Cg 61/09t 10, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Beklagte und sein Sohn waren zu je 50 % Gesellschafter der N***** GmbH (kurz: N GmbH). Der Sohn des Beklagten war auch deren Geschäftsführer. Die Klägerin räumte der N GmbH im Jahr 2003 ein Betriebskonto ein, auf dem der Beklagte und sein Sohn zeichnungsberechtigt waren. Anfang 2006 war das Konto mit mehr als 27.000 EUR „im Minus“. Weder der Beklagte noch sein Sohn hafteten persönlich für diesen Betrag.
Der Sohn des Beklagten gründete mit D***** W***** und einer weiteren Gesellschafterin die V***** GmbH (kurz: V GmbH). Mit dieser sollte ein Bauprojekt in der J*****gasse auf einer Liegenschaft des Sohnes des Beklagten verwirklicht werden. Zwecks Finanzierung dieses Projekts wandte sich D***** W***** Anfang 2006 an den Direktor der Filiale der Klägerin in der G*****straße, Herrn W***** W*****. Dieser wies nach Prüfung der Bonität der Beteiligten durch die Klägerin den Sohn des Beklagten darauf hin, dass das offene Betriebskonto der N GmbH der Finanzierung im Wege stehe, worauf der Sohn des Beklagten diesen fragte, ob er ihm „finanziell aushelfen“ könne. Der Beklagte bejahte dies. Bei einer Besprechung zwischen dem Beklagten, seinem Sohn, D***** W***** und W***** W***** in der Filiale der Klägerin in der G*****straße wurde geklärt, auf welche Weise das Konto der N GmbH ausgeglichen werden könne. Man kam überein, dass der Beklagte ein weiteres Kreditkonto eröffnen und dass von diesem Konto aus das Betriebskonto der N GmbH abgedeckt werde. Das neu eröffnete Konto wurde mit 27.635,14 EUR belastet und dieser Betrag gleichzeitig auf das Betriebskonto der (seinerzeitigen) N GmbH überwiesen. Der Beklagte verpfändete außerdem ein Wertpapierdepot, nachdem W***** W***** ihm erklärt hatte, dass die persönliche Haftung zu wenig sei. Am erteilte die Klägerin eine bis befristete Finanzierungszusage über 2,4 Mio EUR. Darin wurden die geforderten Sicherheiten und als Auszahlungsvoraussetzung das Vorliegen der Baubewilligung sowie die Überprüfung der eingereichten Kostenvoranschläge und überdies festgehalten, dass Auszahlungen nach Baufortschritt nach Rechnungskontrolle durch den TÜV erfolgen würden. Zur Finanzierung der Vorlaufkosten zahlte die Klägerin 150.000 EUR an die V GmbH aus. Nach Feststellung durch den TÜV, dass das Projekt 400.000 EUR mehr kosten würde als von der V GmbH veranschlagt, teilte die Klägerin der V GmbH mangels Beibringung weiterer Sicherheiten durch diese im Schreiben vom mit, dass der Kredit in der vorerst genehmigten Form nicht gewährt werden könne. Den Betrag von 150.000 EUR zahlte der Beklagte an die Klägerin zurück.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Bezahlung des auf dem neu eröffneten Konto per aushaftenden Betrags von 33.284,65 EUR. Mit dem Beklagten sei nicht vereinbart gewesen, dass er die Haftung für das Betriebskonto der N GmbH nur vorübergehend oder „ pro forma “ übernehme. Die beiden Geschäftsfälle seien nicht junktimiert worden. Es sei auch nicht vereinbart worden, dass das Kreditkonto des Beklagten aus Provisionszahlungen abgedeckt werden solle. Eine Provision (für die Vermittlung des Finanzierungsgeschäfts) sei gar nicht vereinbart worden. Die Klägerin habe die Finanzierungszusage auch nicht plötzlich und unbegründet zurückgenommen. Diese sei vielmehr befristet gewesen. Die V GmbH habe innerhalb der Frist keine Baubewilligung erwirkt und auch keine Sicherheit für die laut TÜV zu erwartenden Mehrkosten beibringen können. Der Beklagte sei von (den Leuten) der Klägerin nicht durch Vortäuschung falscher Tatsachen veranlasst worden, einen Kontoführungsvertrag mit einem Überziehungsrahmen abzuschließen.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er sei mit der Klägerin übereingekommen, dass durch die Überziehung des auf seinen Namen lautenden Kontos das alte Konto der N GmbH ausgeglichen werde, im Gegenzug aber die Finanzierung des von seinem Sohn initiierten Bauprojekts J*****gasse erfolge. Die für diese Projektfinanzierung anfallende (Kreditvermittlungs )Provision hätte dem neu eröffneten Konto gutgeschrieben und dieses dadurch abgedeckt werden sollen. Der Beklagte hätte keine eigenen Geldmittel verwenden müssen. Die Eröffnung des Kontos durch den Beklagten sei daher nur „ pro forma “ erfolgt. Der Beklagte hätte persönlich nicht für die nunmehr eingeklagte Forderung haften sollen. Ohne Zusage der Finanzierung des Bauprojekts der V GmbH und ohne das Entstehen des Provisionsanspruchs, mit dem das Konto abgedeckt hätte werden sollen, hätte der Beklagte der Abdeckung des Betriebskontos der N GmbH durch einen von ihm aufzunehmenden Kredit nie zugestimmt. Die Klägerin habe die bereits erteilte Finanzierungszusage plötzlich und vollkommen unbegründet wieder zurückgezogen. Die Begründung, dass laut TÜV Mehrkosten zu erwarten seien, sei nur eine Ausrede gewesen. Die Klägerin habe sich an die Vereinbarungen nicht gehalten. Der Beklagte sei daher nicht verpflichtet, den offenen Betrag auf dem Subkonto zu bezahlen. Der Beklagte sei durch Vortäuschung falscher Tatsachen dazu veranlasst worden, mit der Klägerin einen Kontoführungsvertrag mit einem Überziehungsrahmen abzuschließen. Bei dem Gespräch mit W***** W***** sei der Beklagte weder über die beizubringenden Sicherheiten noch über weitere Auszahlungsvoraussetzungen aufgeklärt worden. Der Beklagte hafte daher wegen eines Aufklärungsfehlers auch nach dem Konsumentenschutzgesetz nicht für den eingeklagten Betrag. An die Filiale G*****straße sei die W***** GmbH (kurz: W GmbH) herangetreten. Geschäftsführer und Gesellschafter dieser GmbH sei der Sohn des Beklagten. D***** W***** habe damals Geschäfte für die W GmbH vermittelt und gute Kontakte zum Filialleiter W***** W***** gehabt. Die W GmbH habe eine Vereinbarung mit der Klägerin gehabt, wonach ihr 50 % der Bearbeitungsgebühr als Provision aus der Vermittlung von Finanzierungsgeschäften zugestanden seien. Der Kreditvertrag für das Bauprojekt sei durch Anweisung der Teilzahlung von 150.000 EUR gültig zustande gekommen. Der Provisionsanspruch bestehe daher zu Recht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im Wesentlichen noch Folgendes fest:
Weder zwischen der „Firma V*****, W***** (ein Unternehmen des Sohnes des Beklagten)“, noch der Firma W***** KEG einerseits und der Klägerin andererseits wurde vereinbart, dass eine Provision für die Vermittlung der Finanzierung des Projekts J*****gasse der V GmbH durch die Klägerin gezahlt würde. Dem Beklagten wurde auch nicht von W***** W***** gesagt, dass, wenn er das Konto der N GmbH abdecken würde, die Finanzierung des Projekts der V GmbH in der J*****gasse gesichert sei. W***** W***** sagte dem Beklagten vielmehr, dass er die Abdeckung veranlassen müsse, wenn das Konto des Beklagten nicht aus der Projektfinanzierung abgedeckt werde. Der Beklagte war damit einverstanden. W***** W***** machte auch klar, dass die alleinige persönliche Haftung des Beklagten „zu wenig“ war und der Beklagte verpfändete daraufhin noch ein Wertpapierdepot. Was genau zwischen der V GmbH bzw D***** W***** und dem Sohn des Beklagten einerseits und dem Beklagten andererseits hinsichtlich der Abdeckung des Kontos des Beklagten vereinbart wurde, ist nicht feststellbar. Möglicherweise sollte dies durch Teile des Kreditbetrags erfolgen, möglicherweise auch durch von der V GmbH erzielte Gewinne. Schließlich stellte der TÜV fest, dass das Projekt 400.000 EUR mehr kosten werde, als von der V GmbH veranschlagt, und die V GmbH wurde aufgefordert, weitere Sicherheiten zu bieten. Da dies nicht geschah, wurde der V GmbH mit Schreiben vom mitgeteilt, dass der Kredit in der vorerst genehmigten Form nicht gewährt werden könne, weil Mehrkosten von 400.000 EUR zu erwarten seien. D***** W***** und der Sohn des Beklagten verpflichteten sich, die erhaltenen 150.000 EUR zurückzuzahlen, was sie jedoch nicht taten. Schließlich zahlte der Beklagte diesen Betrag an die Klägerin zurück. Der Beklagte bezahlte jedoch trotz Aufforderung den aushaftenden Betrag auf dem neu eröffneten Konto nicht. Zum haftete das Konto mit 33.284,65 EUR aus.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass der von den Parteien am abgeschlossene Krediteröffnungsvertrag nicht unter den vom Beklagten behaupteten Bedingungen gestanden sei (dass sich die Klägerin verpflichtet hätte, der V GmbH die Finanzierung für das Projekt J*****gasse zu gewähren und den aushaftenden Kontobetrag aus Provisionen [ganz oder teilweise] abzudecken). Der Beklagte schulde daher den offenen Betrag, der der Höhe nach nicht substantiiert bestritten worden sei. Welche besonderen Aufklärungspflichten die Klägerin getroffen hätten, sei nicht ersichtlich. Jedenfalls gingen diese nicht über die Konditionen des Kontos selbst hinaus.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Atkenwidrigkeits- und der Beweisrüge erkannte es keine Berechtigung zu und übernahm den festgestellten Sachverhalt als Ergebnis einer überzeugenden Beweiswürdigung. Der Rechtsrüge des Beklagten hielt es zunächst entgegen, die Feststellung, dass dem Beklagten gesagt worden sei, wenn das Konto nicht aus der Projektfinanzierung abgedeckt würde, müsse er die Abdeckung selbst veranlassen, könne nicht als Vorspiegelung einer falschen Tatsache, nämlich über das Vorliegen einer festen, an keine weiteren Bedingungen gebundenen Finanzierungszusage verstanden werden. Die genannte Äußerung (von W***** W*****) habe vielmehr offen gelassen, wie es um die Projektfinanzierung gestanden sei. Dem Erstgericht sei daher auch darin zu folgen, dass dem Beklagten der Beweis misslungen sei, dass die Finanzierung des Bauprojekts J*****gasse als Bedingung (§§ 696, 897 ff ABGB) oder auf andere Weise, etwa als Motiv im Sinn des § 901 ABGB, zum Vertragsinhalt des zwischen den Parteien abgeschlossenen Kontoeröffnungsvertrags gemacht worden sei.
Hinsichtlich der Einhaltung der Warn- und Aufklärungspflichten durch die Klägerin sei die Rechtssache allerdings noch nicht spruchreif. Nach der Judikatur sei § 25c KSchG nämlich analog auf jene Fälle anzuwenden, in denen ein Verbraucher einen Kredit allein zu Gunsten eines nicht (mehr) kreditwürdigen Dritten aufnehme (3 Ob 111/08g; 10 Ob 34/06g mwN). Ein solcher Sonderfall einer Interzession liege hier vor. Der Beklagte sei als Hauptschuldner ein Kreditverhältnis eingegangen zum Zweck der Tilgung einer bestehenden Kreditschuld eines Unternehmens (der damals bereits „2***** GmbH“ genannten N-GmbH), für die er nicht persönlich gehaftet habe. Der dem Vertreter der „Beklagten“ (gemeint: Klägerin) bekannte Beweggrund dafür sei gewesen, der V GmbH, an der der Sohn des Beklagten beteiligt gewesen sei, die Kreditfinanzierung eines Bauprojekts zu ermöglichen. Diese Konstruktion sei nur deshalb gewählt worden, weil weder die V GmbH noch der Sohn des Beklagten in der Lage gewesen seien, für die der Projektfinanzierung im Wege stehende Kreditschuld aus eigenen Mitteln aufzukommen. Der Beklagte habe daher eine fremde Verbindlichkeit, die nicht auch in seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse gelegen sei, übernommen. Im mit der Klägerin eingegangenen Kreditverhältnis sei der Beklagte Verbraucher. Die Warnpflicht des Gläubigers nach § 25c KSchG bestehe, wenn der Gläubiger erkenne oder erkennen müsse, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen werde. Unterlasse der Unternehmer (die Bank) diese Information, so hafte der Interzedent nur dann, wenn er seine Verpflichtung trotz einer solchen Information übernommen hätte. Der Gläubiger habe den Interzedenten auch dann vor dem ihm drohenden Risiko nachdrücklich zu warnen, wenn der Interzedent über die wirtschaftliche Situation des Schuldners informiert sei.
Auch wenn eine ausdrückliche Feststellung dazu fehle, könne nach der gewählten Gesamtkonstruktion kein Zweifel daran bestehen, dass allen Beteiligten klar gewesen sei, dass die an der Haftungsübernahme durch den Beklagten wirtschaftlich Interessierten, nämlich die V GmbH, der Sohn des Beklagten und D***** W*****, die später vom Beklagten übernommene Kreditschuld ebensowenig würden begleichen können, wie die 2***** GmbH als Schuldnerin. Feststellungen zu den im Kreditverhältnis der Streitteile vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten seien ebenfalls nicht getroffen worden. Aus dem Urteilssachverhalt gehe aber hervor, dass besprochen worden sei, dass das zu eröffnende Kreditkonto des Beklagten in erster Linie „aus der Projektfinanzierung abgedeckt“ werden solle. Bei dieser Sachlage wäre der Vertreter der Klägerin verpflichtet gewesen, den Beklagten, der keine (materiell) eigene Schuld einging, über die Erfolgsaussichten dieser ins Auge gefassten Kreditabdeckung aufzuklären. Dazu gehöre die Information über die zu erfüllenden Voraussetzungen zur Erlangung der Projektfinanzierung ebenso wie die in der Berufung eingeforderte Aufklärung darüber, ob und in welchem Ausmaß diese Kreditmittel für jene Zwecke überhaupt hätten verwendet werden dürfen. Vorbringen in diese Richtung habe der Beklagte in erster Instanz erstattet.
Beratungs- und Warnpflichten im dargelegten Sinn bestünden auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 25c KSchG. Grundsätzlich habe der Interzedent zwar die erforderlichen Informationen selbst einzuholen und auf deren Grundlage ihr finanzielles Risiko einzuschätzen. Dies gelte vor allem dann, wenn dieser in einer Nahebeziehung zum Schuldner stehe und von diesem selbst alle näheren Auskünfte fordern und verlangen könne. Die Bank dürfe diesfalls annehmen, dass der Bürge gerade wegen seiner Nahebeziehung zum Schuldner für dessen Verbindlichkeiten einstehen wolle. Lediglich wenn für die Bank erkennbar sei, dass der wirtschaftliche Ruin des Hauptschuldners unmittelbar bevorstehe oder dieser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Kreditrückzahlung nicht in der Lage sein werde und die Bank damit rechnen müsse, dass diese Umstände dem nahen Angehörigen nicht ebenfalls bekannt seien, habe sie im Rahmen der vorvertraglichen Beziehung eine entsprechende Aufklärungs und Warnpflicht zu erfüllen.
Diese Pflicht habe umso mehr bestanden, als die Klägerin selbst mit der Finanzierung des Projekts, aus dessen Kreditmitteln oder Ergebnissen die Kontoabdeckung primär erfolgen hätte sollen, befasst gewesen sei und daher über deren Stand besser Bescheid gewusst habe als der Beklagte. Allenfalls wäre dann auch noch festzustellen, ob der Beklagte bei gehöriger Aufklärung über den Stand der Finanzierung und die Möglichkeit, daraus die übernommene Schuld abzudecken, den Kontoeröffnungsvertrag überhaupt abgeschlossen hätte. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, wäre der Beklagte wie geltend gemacht zur Anfechtung dieses Vertrags wegen Irreführung infolge unterlassener Aufklärung berechtigt.
Feststellungen, was über die Kreditrückführung zwischen dem Beklagten und dem Vertreter der Klägerin oder dem Beklagten und den anderen Beteiligten in Gegenwart des Filialdirektors der Klägerin besprochen worden sei, welche Informationen in diesem Zusammenhang erteilt worden und welche unterlassen worden seien, lägen nicht vor. Der Sachverhalt des Ersturteils sei daher ergänzungsbedürftig.
Die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof wurde im Wesentlichen damit begründet, es fehle gesicherte Rechtsprechung zu den Informations- und Warnpflichten eines Kreditgebers im Sinn des § 25c KSchG „in einer Sachverhaltskonstellation, wie sie hier gegeben ist“, weil die Entscheidung 3 Ob 111/08g hinsichtlich der Interzedentenstellung eines alleinigen Hauptschuldners, der die Schuld im (wirtschaftlichen) Interesse eines nicht kreditwürdigen anderen (nahen Angehörigen) einging vereinzelt geblieben sei.
Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt werde.
In der Rekursbeantwortung beantragt der Beklagte, den Rekurs der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hat eine solche Interzedentenstellung des alleinigen Hauptschuldners bereits in der Entscheidung 10 Ob 34/06g (ÖBA 2007/1396, 157), auf die sich auch die Entscheidung 3 Ob 111/08g beruft, mit der Begründung bejaht, dass § 25c KSchG analog auch dann anzuwenden sei, wenn lediglich diejenige Person, die erkennbar (materiell) nur eine Interzession eingehen will, den Kreditvertrag mit der Bank abschließt, während der nicht kreditwürdige materielle Hauptschuldner aus dem Kreditverhältnis „ draußen bleibt “ (RIS-Justiz RS0119014 [T2]). Demgemäß ist auch dem auf Grund der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung (3 Ob 111/08g, JBl 2009, 253 [ablehnend P. Bydlinski ]) formulierten Rechtssatz RIS-Justiz RS0124086 zu entnehmen, dass der Begriff der Interzession durch den wirtschaftlichen Zweck gekennzeichnet ist, sodass es keinen Unterschied macht, ob die Übernahme der Verpflichtung in der im Gesetz angeführten typischen Form eines Schuldbeitritts als Mitschuldner, Bürge oder Garant oder aber in einer diesen Formen wirtschaftlich gleichwertigen Form geschieht; wenn sich jemand erkennbar nur als Interzedent zur Verfügung stellen will, kann sich also schon aus den Grundsätzen der Erklärungs- und Vertragsauslegung ergeben, dass nur eine Interzession zustande kommt.
Die Rechtsfrage, ob bei einer Konstellation wie der vorliegenden § 25c KSchG (analog) anzuwenden ist, kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Auf die Kritik von P. Bydlinski (JBl 2009, 257) an dieser Rechtsprechung ist daher nicht weiter einzugehen.
Abgesehen davon, dass die Klägerin die Anwendbarkeit des § 25c KSchG auf den auch von ihr als „Interzedent“ bezeichneten Beklagten in ihrer Revision nicht in Zweifel zieht, ist zunächst davon auszugehen, dass der Beklagte nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts ohnehin wusste, dass er das Konto werde abdecken müssen, wenn dies „nicht aus der Projektfinanzierung“ geschehe; der Beklagte war damit ausdrücklich einverstanden und verpfändete außerdem noch ein Wertpapierdepot, weil dem zuständigen Mitarbeiter der Klägerin die alleinige persönliche Haftung des Beklagten „zu wenig“ war.
Dem Beklagten war also klar, dass die N GmbH, die nach seinem eigenen Vorbringen längst insolvent war (erste Konkursabweisung mangels kostendeckenden Vermögens bereits am ), eine Abdeckung der Belastung des neu eröffneten Kontos keinesfalls vornehmen werde. Demgemäß bleibt für eine (analoge) Anwendung des § 25c KSchG auf den Beklagten als Interzedenten im Verhältnis zur N-GmbH schon deshalb kein Raum, weil diese Regelung das Risiko des Einstehenmüssens für eine (materiell) fremde Schuld verringern soll (ErläutRV 311 BlgNR 20. GP 25; Mayrhofer in Fenyves/Kerschner/ Vonkilch , Klang³ § 25c KSchG Rz 2 FN 6), der Beklagte dieses Risiko aber offenbar ohnehin umfassend kannte.
Eine analoge Anwendung des § 25c KSchG scheitert nämlich auch dann, wenn für den Gläubiger (Klägerin) und den Dritten (Beklagten) im Zeitpunkt des Schuldbeitritts offenkundig ist, dass ein Regressanspruch gegenüber dem Hauptschuldner (N-GmbH) zwar faktisch besteht, in Wahrheit aber wegen dessen Vermögenslosigkeit nicht durchsetzbar sein wird und damit für den Interzedenten (Beklagten) offenkundig ist, dass er die Schuld auch materiell selbst tragen muss (vgl 4 Ob 205/09i).
Da niemand erwartete, dass sich die N-GmbH an der Abdeckung des Kontos beteiligen würde, kann insoweit gar keine falsche Erwartung bestanden haben. Aufklärungsbedürftig waren daher nur die finanzielle Situation der V-GmbH und die Wirtschaftlichkeit, insbesondere die Finanzierbarkeit des Projekts J*****gasse. Die V-GmbH ist jedoch nie Schuldnerin geworden, weil der Kredit letztlich gar nicht gewährt wurde. Auch deshalb liegt kein Interzessionsfall vor und § 25c KSchG ist nicht anwendbar.
Es stellt sich jedoch die vom Berufungsgericht zu Recht erörterte Frage, ob auf Basis des festgestellten Sachverhalts nicht auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 25c KSchG Beratungs- und Warnpflichten der Klägerin vorlagen und allenfalls verletzt wurden. Der Entscheidung 7 Ob 260/06w folgend, hat das Berufungsgericht dazu ausgeführt, dass Interzedenten ihr finanzielles Risiko grundsätzlich selbst einzuschätzen und die dafür erforderlichen Informationen einzuholen haben. Dennoch bestanden auch im vorliegenden Fall (allgemeine) Schutz- und Sorgfaltspflichten (und damit Aufklärungspflichten) der Bank gegenüber dem Beklagten:
Nach den Feststellungen wurde zwar über die Abdeckung des Kredits „durch das Projekt“ geredet, aber nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass die Finanzierung noch nicht gesichert sei. Wenn die Bank diese Gelegenheit nutzte, um von nicht dazu verpflichteten Personen die Abdeckung eines sonst notleidenden Kredits unter dem Druck eines Finanzierungswunsches zu fordern, hätte sie dies eindeutig und klar offenlegen müssen. Sie hätte darauf hinweisen müssen, dass die Finanzierung nicht gesichert sei, auch wenn das Konto der N-GmbH gedeckt werde; dass also der Beklagte riskierte zu zahlen, ohne das angestrebte Ziel (Finanzierung) zu erreichen. Wenn der Angestellte der Klägerin weder sagte, dass die Finanzierung gesichert sei, noch, dass dies nicht der Fall wäre, würde das jedenfalls nicht ausreichen. Darüber, in welchem Stadium sich der Prozess einer Kreditgewährung befindet, welche Unterlagen noch fehlen und wovon die Finanzierungsentscheidung noch abhängt, wissen Bankangestellte am besten Bescheid. Darüber hätten sie den Beklagten aufklären müssen, damit er seine Entscheidung, ob er den Kredit aufnehmen will, auf Grund einer umfassenden Information hätte treffen können.
Nach den Feststellungen wurde dem Beklagten vom Mitarbeiter der Klägerin zwar nicht gesagt, dass die Finanzierung des Immobilienprojekts gesichert sei, wenn er das Konto der N-GmbH abdecke. Es wurde ihm aber gesagt (und damit war er auch einverstanden), dass er die Abdeckung des Kontos vornehmen müsse, wenn dieses nicht „durch die Projektfinanzierung“ abgedeckt werden würde. Gegenstand des Gesprächs war also auch die Abdeckung seiner Verbindlichkeit durch Eingänge aus der Projektfinanzierung. Näheres steht dazu aber (noch) nicht fest.
Im vorliegenden Fall ist eine nebenvertragliche Aufklärungspflicht der Klägerin über die Rückführung des Kredits durch die Projektfinanzierung auch dann zu bejahen, wenn diese nicht Bedingung für die Kreditbegründung war; es machte für den Beklagten nämlich einen großen Unterschied, ob die eingegangene „Ausfallshaftung“ mit keiner, mit nur geringer oder mit hoher Wahrscheinlichkeit schlagend werden würde. Dazu fehlen jedoch die erforderlichen Feststellungen zum konkreten Gesprächsinhalt, zur voraussichtlichen Höhe der Rückführung, zur Wahrscheinlichkeit der Abdeckung „durch die Projektfinanzierung“ und zum diesbezüglichen Kenntnisstand des Beklagten.
Auch wenn die (analoge) Anwendbarkeit des § 25c KSchG auf den vorliegenden Fall schon aus den dargelegten Gründen zu verneinen ist, hat es daher bei der Aufhebung des Ersturteils zu bleiben. Das Berufungsgericht ist zu Recht von einer Aufklärungs- und Warnpflicht der Klägerin hinsichtlich der Kreditabdeckung durch die Projektfinanzierung ausgegangen. Sollte keine ausreichende Aufklärung erfolgt sein, müsste die Klägerin nachweisen, dass der Beklagte dennoch bereit war, mit ihr den Kontoeröffnungsvertrag (Kreditvertrag) abzuschließen (vgl 7 Ob 260/06w); auf eine diesbezügliche Irrtumsanfechtung hat er sich nämlich inhaltlich berufen.
Da sich die dem Aufhebungsbeschluss zu Grunde liegende Rechtsansicht insoweit als zutreffend erweist, ist dem unbegründeten Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.