OGH vom 14.09.2011, 6Ob176/11t (6Ob177/11i, 6Ob178/11m)
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Leoben zu FN ***** eingetragenen B***** GmbH in Liquidation mit dem Sitz in K***** über den Revisionsrekurs der Gesellschaft und des Liquidators H***** L*****, beide vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 112/11i, 4 R 113/11m, 4 R 114/11h, 4 R 115/11f, 4 R 116/11b, 4 R 117/11z 10, mit dem die Beschlüsse des Landesgerichts Leoben vom , GZ 24 Fr 2505/11z 5 und 6, 24 Fr 2506/11a 5 und 6, 24 Fr 2507/11b 5 und 6, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in der Entscheidung 6 Ob 129/11f eingehend mit den Änderungen des Zwangsstrafenverfahrens nach § 283 UGB durch das Budgetbegleitgesetz 2011 auseinandergesetzt und insbesondere dargelegt, dass gegen die neue Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
2. Nach § 906 Abs 23 Satz 1 und 2 UGB ist § 283 UGB nF am in Kraft getreten und auf Verstöße anzuwenden, die nach dem gesetzt werden oder fortdauern. Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht hegt der Oberste Gerichtshof daher keine Bedenken, § 283 UGB nF auch dann anzuwenden, wenn die Offenlegungspflicht zwar Zeiträume vor dem betrifft, die Offenlegung jedoch nicht bis zum erfolgte (§ 906 Abs 23 Satz 3 UGB). Auch die ErläutRV (981 BlgNR XXIV. GP, 72) führen aus, ein Zwangsstrafenverfahren könne in Ansehung dieser Säumnisperiode am und nur mit Zwangsstrafverfügung eingeleitet werden, wenn einer bestehenden Offenlegungspflicht vom 1. 1. bis einschließlich nicht nachgekommen worden ist; eine am „bestehende Offenlegungspflicht“ muss aber zwangsläufig vor diesem Datum abgeschlossene Geschäftsjahre betreffen (in diesem Sinn auch Dokalik/Birnbauer , Das neue Verfahren zur Erzwingung der Offenlegung nach den §§ 277 ff UGB,GesRZ 2011, 22; vgl auch 6 Ob 129/11f zu einem Jahresabschluss für das Jahr 2009). § 906 Abs 23 letzter Satz UGB, auf den sich der Revisionsrekurs beruft und wonach in Ansehung von Säumnissen der jeweiligen Organe vor dem § 283 UGB in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden ist, steht dieser Auslegung nicht zwingend entgegen; dieser Satz bezieht sich offensichtlich auf jene Altfälle, in denen bereits vor dem ein Zwangsstrafenverfahren anhängig war (vgl auch ErläutRV 981 BlgNR XXIV. GP, 72).
Gegen welche „grundlegende[ n ] verfassungsgesetzliche[ n ] Gebote“ diese Übergangsregelung verstoßen soll, führt der Revisionsrekurs nicht näher aus. Bereits zum hatten im vorliegenden Verfahren die Gesellschaft und ihr Liquidator ihre Offenlegungspflichten für die Jahre 2007, 2008 und 2009 seit langem nicht erfüllt. Angesichts dieses Umstands kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Frist bis zum „viel zu kurz [ gewesen wäre ], um die rechtssuchende Bevölkerung auf diese rigide neue Strafregelung einzustellen und die Möglichkeit zu eröffnen, sich dieser neuen Rechtslage anzupassen“. § 283 UGB nF hat nämlich nicht neue Verpflichtungen für Gesellschaften und ihre Organe, sondern lediglich ein durchschlagskräftigeres Instrumentarium zu deren Durchsetzung eingeführt (vgl auch 6 Ob 164/11b).
3. Der Revisionsrekurs beruft sich auf die Unmöglichkeit der Erstellung von Jahresabschlüssen mangels ausreichender finanzieller Mittel; mit Beschluss des Landesgerichts Leoben vom sei ein gegen die Gesellschaft gerichteter Konkursantrag mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden. Die Löschung der Gesellschaft sei wiederum aufgrund Fehlens einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der „Finanzbehörde“ noch nicht möglich gewesen. Damit liege ein unabwendbares Ereignis nach § 283 Abs 2 UGB vor.
Dieser Argumentation steht einerseits der Umstand entgegen, dass zwischenzeitig die Jahresabschlüsse für die Jahre 2007 bis 2010 am beim Firmenbuch eingereicht worden sind. Wieso dies nicht bereits vor Erlassung der Zwangsstrafverfügungen am möglich gewesen wäre, kann dem Vorbringen von Gesellschaft und Liquidator nicht entnommen werden; auch der Revisionsrekurs geht auf diese Frage nicht ein. Die nachträgliche Einreichung der Jahresabschlüsse steht der Verhängung von Zwangsstrafen im ordentlichen Verfahren nicht entgegen, wenn die Jahresabschlüsse nicht längstens bis zum Tag vor Verhängung der Zwangsstrafverfügung eingereicht worden waren (6 Ob 129/11f).
Andererseits entspricht es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass Liquidatoren einer Gesellschaft nach deren Auflösung für die Offenlegung früherer Jahresabschlüsse verantwortlich sind (6 Ob 152/02z) und dass deren Behauptung der Mittellosigkeit ohne nähere Substantiierung nicht ausreicht, die Unmöglichkeit der Erfüllung der gesetzlichen Offenlegungspflicht nach §§ 277 ff UGB darzutun (6 Ob 33/09k).