OGH vom 28.05.2003, 7Ob114/03w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am verstorbenen Karolina O*****, über den "außerordentlichen" Revisionsrekurs der erbl Tochter Berta S*****, vertreten durch Mag. Helmut Hawranek, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 36/03s-37, womit der Rekurs der erbl Tochter gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Gleisdorf vom , GZ 1 A 241/00p-29, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann bestimmten ihren Sohn Hubert O***** (im Folgenden Sohn) testamentarisch zum Alleinerben und verwiesen ihre Tochter Berta S***** (im Folgenden Tochter) auf den Pflichtteil.
Zu 12 Cg 248/02z des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz ist eine auf Zahlung von EUR 18.240,88 (sA) gerichtete Pflichtteilsklage der Tochter gegen die Verlassenschaft anhängig. Zur Vertretung der Verlassenschaft, insbesondere auch in diesem Verfahren, bestellte das Erstgericht den Sohn (dem der Nachlass in Höhe von S 23.884,56 gemäß § 73 AußStrG vom Erstgericht an Zahlungsstatt überlassen worden war) zum Verlassenschaftskurator.
Das Gericht zweiter Instanz wies den dagegen von der Tochter erhobenen Rekurs mangels Rechtsmittellegitimation der Rekurswerberin zurück, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Das Erstgericht legte den gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung erhobenen "außerordentlichen" Revisionsrekurs der Tochter unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage:
Vorauszuschicken ist, dass das Noterbrecht (Pflichtteilsrecht) zu den Vermögensrechten zählt, weil damit das Recht geltend gemacht wird, eine Forderung auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld zu erheben (RIS-Justiz RS0109919). Die prozessualen Rechte des Noterben (zB §§ 784, 804 und 812 ABGB;§§ 44, 75, 95, 102 Abs 2 AußStrG) sind nur Ausfluss dieses Geldanspruches (6 Ob 8/02y). Der Entscheidungsgegenstand im Abhandlungsverfahren ist daher, auch wenn es, wie hier, um verfahrensrechtliche Fragen (Beteiligtenstellung einer Noterbin) geht, wegen der vermögensrechtlichen Natur der Hauptsache als rein vermögensrechtlich zu qualifizieren (7 Ob 177/01g; vgl auch 6 Ob 113/98f mwN; 6 Ob 250/98b; 6 Ob 300/98f; 6 Ob 8/02y).
Da der Entscheidungsgegenstand im vorliegenden Fall nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, hatte das Rekursgericht einen Ausspruch nach § 13 Abs 2 AußStrG zu tätigen: es hat ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- nicht übersteigt.
In dem damit gegebenen Fall, dass der - rein vermögensrechtliche - Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000,-- nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat, ist der Revisionsrekurs nach § 14 Abs 3 AußStrG - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig. Unter diesen Voraussetzungen hat die Partei nach § 14a Abs 1 und Abs 2 AußStrG nur die Möglichkeit, einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht zu stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.
Im vorliegenden Fall hat die Tochter das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes den Revisionsrekurs für zulässig hält. Es fehlt allerdings der ausdrückliche Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG).
Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, da im Streitwertbereich des § 14a AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sind (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrages entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben (vgl RIS-Justiz RS0109505 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren Außerstreitsachen - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten (7 Ob 131/02v, RIS-Justiz RS0109505 [T 29]). Im Falle einer solchen Verbesserung wäre der Antrag und der Revisionsrekurs dem Rekursgericht zur Entscheidung nach § 14a Abs 3 und 4 AußStrG vorzulegen, andernfalls der außerordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 3 AußStrG als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (vgl 7 Ob 320/99f, RIS-Justiz RS0109505 [T 17] uva).
Aus diesen Erwägungen war der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.