OGH vom 21.09.2006, 2Ob201/06g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Adoptionssache der Antragsteller 1. Marija G*****, 2. Jovo G*****, als Wahleltern und 3. Stanislavka S*****, als Wahlkind, alle wohnhaft in *****, und alle vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in Wien, über den (gemäß § 62 Abs 5 AußStrG richtig:) außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 376/06x-17, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom , GZ 6 P 80/05x-13, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die beiden Wahleltern sind österreichische Staatsbürger. Das am geborene Wahlkind ist Staatsangehörige von Bosnien und Herzegovina und ist nach ihrem Personalstatut mit Vollendung des 18. Lebensjahres am volljährig geworden. Nach der Aktenlage reiste die Drittantragstellerin in Begleitung der Wahleltern am mit einem Touristenvisum nach Österreich ein; sie erhielt im Rahmen eines Asylverfahrens eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b AsylG aF.
Nach rechtskräftiger Zurückweisung eines im April 2005 eingebrachten Antrages auf Genehmigung eines Adoptionsvertrages vom ist Gegenstand dieses Bewilligungsverfahrens der am beim Erstgericht eingelangte Antrag, den am geschlossenen Adoptionsvertrag zu bewilligen. Auf diese, nach dem anhängig gemachte Adoptionssache sind gemäß Art IV § 2 Abs 2 Satz 1 FamErbRÄG 2004 dessen Art I Z 2 (§ 180a Abs 1 ABGB) und Art II (§ 26 Abs 1 IPRG) anzuwenden. Die Neufassung des § 26 IPRG, welche einer missbräuchlichen Praxis bei der vielfach zur Umgehung der fremden- und staatsbürgerschaftsrechtlichen Regelungen angestrebten Erwachsenenadoption entgegenwirken sollte (Verschraegen in Rummel ABGB3 § 26 IPRG Rz 2; vgl Schwimann in Schwimann ABGB3 I § 180a ABGB Rz 4) lässt eine Erwachsenenadoption in Österreich dann nicht mehr zu, wenn das anzuwendende fremde Recht eine solche nicht oder nur unter restriktiven Bedingungen vorsieht (RIS-Justiz RS0119783; Verschraegen aaO Rz 3). Die in § 26 Abs 1 IPRG nF vorgeschriebene kumulative Prüfung nach den aufgrund der Personalstatute sowohl der Annehmenden als auch des Wahlkindes zu ermittelnden Voraussetzungen steht hier einer Erwachsenenadoption in Österreich entgegen, weil diese nach dem Recht Bosnien-Herzegowinas (dem Heimatrecht des Wahlkindes) ausgeschlossen ist (3 Ob 149/05s).
Die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, die nach der Antragstellung, aber noch vor der gerichtlichen Entscheidung erster Instanz eingetretene Volljährigkeit des Wahlkindes stehe der Bewilligung der Adoption entgegen, entspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach nur der Zeitpunkt der gerichtlichen Beschlussfassung maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0048768; vgl RS0006810). Das Argument der Antragsteller, die - sogar durch den Tod des Annehmenden nicht gehinderte - Bewilligung wirke auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Adoptionsvertrages zurück (§ 179a ABGB) und es müsse daher im Sinn eines „favor adoptionis" die Adoption eines während des gerichtlichen Verfahrens volljährig gewordenen Wahlkindes zulässig sein, vernachlässigt den Grundsatz, dass die Annahme an Kindes statt durch zwei, streng auseinanderzuhaltende Akte zustandekommt: 1. Abschluss eines schriftlichen Vertrages und 2. gerichtliche Bewilligung der Annahme (RIS-Justiz RS0048726 [T1]; Schwimann aaO § 179a ABGB Rz 1). Eine nur auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellende und daher während des Bewilligungsverfahrens eintretende Umstände außer Acht lassende Beurteilung der gesetzlich geforderten Voraussetzungen für eine Adoption kommt nicht in Betracht, soferne nicht der ausdrücklich geregelte spezielle Fall des Todes des Annehmenden nach Abschluss des Adoptionsvertrages (§ 179a Satz 3 ABGB) eintritt.
Die Gefahr eines Willküraktes und damit ein Verstoß gegen den in Art 6 Abs 1 EMRK verankerten Grundsatz des „fair trail" lassen sich nicht erkennen, wenn die Antragsteller nur zwei Monate vor Erreichung der Volljährigkeit des Wahlkindes einen Antrag auf Bewilligung des Adoptionsvertrages stellen und das Gericht erster Instanz ohne längere Phasen der Inaktivität (vgl Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, Kapitel 2 § 24 Rn 69) seine Entscheidung circa fünf Monate nach der Antragstellung fällt.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).