OGH vom 15.12.1997, 1Ob2388/96z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf B*****, vertreten durch Dr.Theodor Strohal und Dr.Wolfgang G.Kretschmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei O***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,642.631,94 sA und Räumung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 41 R 432/96z-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 8 C 1793/92k-21, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Teilurteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte von der beklagten Partei die Bezahlung restlichen Mietzinses für die Zeit von Juli bis Oktober 1992 im Betrag von S 287.909,82 und aus dem Titel des Schadenersatzes den ihm entgangenen angemessenen Hauptmietzins für die Zeit von November 1989 bis Juni 1992 im Gesamtbetrag von S 2,354.722,12 sowie - aufgrund des Rücktritts vom Bestandvertrag wegen schuldhaften Zahlungsverzugs - die Räumung eines von der beklagten Partei gemieteten Bestandobjekts. Als Mehrheitseigentümer der Liegenschaft, auf der sich das Mietobjekt befinde, und aufgrund einer Benützungsregelung sei der Kläger ausschließlich zur Verfügung über die gemieteten Räumlichkeiten berechtigt. Die beklagte Partei habe im Oktober 1982 im Wege eines Unternehmenskaufs gemäß § 12 Abs 3 MRG idF vor dem 3.WÄG (im folgenden kurz MRG aF) Mietrechte am Bestandobjekt erworben, wovon der Kläger weder von der beklagten Partei noch von der ursprünglichen Hauptmieterin verständigt worden sei. Er habe erst kurz vor Klagseinbringung von der Unternehmensveräußerung erfahren. Die beklagte Partei habe die ihr obliegende Verpflichtung zur Anzeige der Unternehmensveräußerung schuldhaft unterlassen, weshalb aus dem Titel des Schadenersatzes der entgangene angemessene Hauptmietzins von November 1989 bis Juni 1992 begehrt werden könne. Seit sei ein Einzelunternehmen, die Josef G*****, Mieterin des Bestandobjekts gewesen. Der Mietzins sei diesem Einzelunternehmen vorgeschrieben und von diesem bezahlt worden. Infolge Veräußerung des Unternehmens an die beklagte Partei sei der Kläger berechtigt, gemäß § 12 Abs 3 MRG aF den angemessenen Hauptmietzins zu begehren.
Die beklagte Partei wendete ein, das Mietobjekt sei bereits 1975 einer Gesellschaft und nicht einer Einzelperson vermietet worden. Die Anwendung des § 12 Abs 3 MRG aF sei ausgeschlossen, weil gesellschaftsrechtliche Veränderungen, die in der Rechtsform oder in der Person der Gesellschafter gelegen sein könnten, nicht von Bedeutung seien. Im Wege der Strukturverbesserung sei das ursprünglich betriebene Einzelunternehmen in eine Kapitalgesellschaft „umgewandelt“ worden; es sei also zu einer Gesamtrechtsnachfolge gekommen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse seien völlig gleich geblieben, weil Hans Karl B***** tatsächlich immer alleiniger „wirtschaftlicher Eigentümer“ der Unternehmen gewesen sei. Der Kläger sei bereits 1982 oder 1983 von der Unternehmensumwandlung und dem Umstand, daß die beklagte Partei in die Mietrechte eingetreten sei, verläßlich in Kenntnis gesetzt worden. Da der Kläger innerhalb der sechsmonatigen Frist gemäß § 12 Abs 3 MRG aF kein Erhöhungsbegehren gestellt habe, sei sein Begehren auch aus diesem Grund nicht berechtigt. Im übrigen sei jedenfalls ein überhöhter, nicht angemessener Mietzins vorgeschrieben worden. Der Kläger sei im übrigen nicht aktiv legitimiert, weil die Liegenschaft, auf der sich das Mietobjekt befinde, nur zu 52 % in seinem Eigentum stehe.
Außer Streit gestellt wurde, daß der Kläger Mehrheitseigentümer der Liegenschaft und aufgrund einer Benützungsregelung zur ausschließlichen Verfügung über die Bestandräumlichkeiten der beklagten Partei berechtigt ist. Bei der Gründung der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei wirkte ein Rechtsanwalt lediglich als Gründungshelfer mit; er hatte einen Geschäftsanteil treuhändig für Hans Karl B***** übernommen, sodaß letzterer stets „wirtschaftlicher“ Alleingesellschafter der beklagten Partei bzw deren Rechtsvorgänger war. Unstrittig ist auch, daß mit der vorliegenden Klage lediglich die Differenz zwischen dem ursprünglich vorgeschriebenen und dem nunmehr gemäß § 12 Abs 3 MRG aF begehrten angemessenen Hauptmietzins geltend gemacht wird.
Mit Beschluß vom wurde das Verfahren auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt und das Räumungsverfahren mit Beschluß vom bis zur Entscheidung über die Mietzins- und Schadenersatzforderung unterbrochen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte fest, bereits im Jahre 1937 habe der Vater des Klägers Josef G***** mehrere der auch jetzt vermieteten Räumlichkeiten in Bestand gegeben. 1976 habe das Unternehmen Hermann W*****, das Unternehmen des Josef G***** übernommen und zwischen der damaligen Mehrheitseigentümerin der Liegenschaft und der „Josef G*****“, sei ein neuer Mietvertrag geschlossen worden. Die Mieterin sei in der Folge sowohl in der Korrespondenz wie auch in einem bei der Magistratsabteilung 35 abgeführten Verfahren unter dieser Bezeichnung aufgetreten. Am sei Hans Karl B***** in die Mietrechte eingetreten. Am habe Hans Karl B***** das Einzelunternehmen O*****, zum Handelsregister angemeldet; am sei dieses Unternehmen eingetragen worden. Mit Gesellschaftsvertrag vom sei die Hans Karl B***** Gesellschaft mbH gegründet worden, von den beiden Gesellschaftern der eine Hans Karl B***** und der andere bloß als dessen Treuhänder bei der Gründung dieser Gesellschaft fungiert habe. Alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer sei immer Hans Karl B***** gewesen. Mit Notariatsakt vom habe Hans Karl B***** als Alleininhaber der O***** dieses Einzelunternehmen mit allen Aktiven und Passiven auf der Grundlage der Bilanz zum als Sacheinlage in die Hans Karl B***** Gesellschaft mbH eingebracht. Am sei zum Handelsregister angezeigt worden, daß der Betrieb der protokollierten Einzelfirma O***** auf der Grundlage der Bilanz zum unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen des Art III des Strukturverbesserungsgesetzes samt allen Aktiven und Passiven zum Übernahmspreis von S 5.000 als Sacheinlage in die Hans Karl B***** Gesellschaft mbH eingebracht und daß die Firma dieser Gesellschaft auf O***** Gesellschaft mbH geändert worden sei; als deren Geschäftsführer habe Hans Karl B***** gezeichnet.
Der Kläger sei „in alle wesentlichen Entscheidungsprozesse“, die die Liegenschaft betroffen hätten, eingebunden gewesen. Er habe Kenntnis davon gehabt, daß Hans Karl B***** das „Buchdruckerunternehmen G*****“ erworben habe und dort die bestimmende Kraft gewesen sei. Es könne nicht festgestellt werden, wann er tatsächlich erfahren habe, daß Hans Karl B***** das Einzelunternehmen in die Hans Karl B***** Gesellschaft mbH als Sacheinlage eingebracht habe und ihm die „Umbenennung“ der Gesellschaft bekannt geworden sei.
Rechtlich meinte das Erstgericht, seit dem Jahre 1984 habe ihm aber jedenfalls bekannt sein müssen, daß die Mietrechte am Geschäftslokal der beklagten Partei von einer Gesellschaft mbH ausgeübt werden. Das erst im Juli 1992 erhobene Begehren auf Anhebung des Mietzinses sei wegen Verstreichens der sechsmonatigen Präklusivfrist des § 12 Abs 3 MRG aF verspätet. Der Kläger sei aber auch deshalb nicht zur Erhöhung des Mietzinses berechtigt, weil auf der Mieterseite kein Veräußerungstatbestand nach § 12 Abs 3 MRG aF vorliege; die rechtliche und wirtschaftliche Einflußmöglichkeit auf seiten der Mieterin habe sich nie geändert.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es führte aus, auf den vorliegenden Sachverhalt sei § 12 Abs 3 MRG aF anzuwenden. Ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang, durch den ein Einzelunternehmen samt den Mietrechten als Sacheinlage der Substanz nach in eine GmbH eingebracht wird, sei als Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG aF zu werten; das gebe dem Vermieter die Möglichkeit zur Mietzinserhöhung. § 12a MRG sei nicht anzuwenden, weil der Gesetzgeber dessen rückwirkende Anordnung nicht angeordnet habe. Bei Geschäftsraummieten könne es dem hypothetischen Parteiwillen nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung unterstellt werden, daß der Bestandgeber bei der Vermietung an eine Personenhandelsgesellschaft auch für den Fall der späteren Änderung der Identität des Vertragspartners durch Veräußerung des vom zuletzt verbliebenen Gesellschafter als Einzelunternehmer im Bestandobjekt betriebenen Unternehmens an einen Dritten oder an eine andere Personenhandelsgesellschaft ohne weiteres mit dem Wechsel der Person des Vertragspartners einverstanden sein und damit auf das ihm eingeräumte Recht, eine Neuregelung des vom Mieter zu bezahlenden Entgelts zu begehren, verzichten werde. Das Erhöhungsbegehren sei nicht verspätet gestellt worden. Nur eine verläßliche Kenntnis des Vermieters von der Veräußerung löse den Fristenlauf gemäß § 12 Abs 3 MRG aF aus. Es bestehe keine Nachforschungspflicht, sodaß die fahrlässige Unkenntnis wesentlicher Umstände bedeutungslos bleibe. Dem Vermieter müsse die Unternehmensveräußerung tatsächlich bewußt werden. Bloße Andeutungen oder Mitteilungen, denen nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen sei, daß der bisherige Hauptmieter das Unternehmen veräußert habe und daher die Mietrechte auf den Erwerber des Unternehmens übergegangen seien, reichten nicht aus. Allein deshalb, weil der Kläger gewußt haben müsse, daß eine Gesellschaft mbH in den Bestandräumlichkeiten tätig geworden sei, sei für ihn noch nicht abzuleiten gewesen, daß das Unternehmen der Substanz nach endgültig veräußert worden sei und daß die Mietrechte deshalb übergegangen seien. Das Erstgericht werde daher die Höhe der geltend gemachten Ansprüche und den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation zu prüfen und neuerlich zu entscheiden haben.
Der Rekurs der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Auf den vorliegenden Sachverhalt ist noch das MRG idF vor dem 3.WÄG (MRG aF) anzuwenden. Nach den Feststellungen wurde im Jahre 1982 ein Einzelunternehmen in die beklagte Partei als Sacheinlage unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen des Strukturverbesserungsgesetzes eingebracht, ohne daß die rechtliche und wirtschaftliche Möglichkeit zur Einflußnahme auf die jeweiligen Gesellschaften verändert worden wäre: Ein „Machtwechsel“ fand somit nicht statt.
Nach § 12 Abs 3 MRG aF gingen zwar die Hauptmietrechte und die Verpflichtung zur Zinszahlung bei der „Veräußerung“ eines (lebenden) Unternehmens durch den Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit und der Fortführung des erworbenen Unternehmens im Mietgegenstand auf den Erwerber dieses Unternehmens über, doch durfte der Vermieter vom Erwerber des Unternehmens und der Mietrechte den angemessenen Hauptmietzins (§ 16 Abs 1 MRG) fordern. Der Begriff „Veräußerung“ war weder im Text des MRG definiert, noch in den Materialien dazu erläutert. Bis zur Entscheidung des erkennenden Senats vom , 1 Ob 591/93 = WoBl 1995, 93, wurde überwiegend die Auffassung vertreten, § 12 Abs 3 MRG aF komme zwar nicht bei Überlassung auf Zeit, wie Verpachtung oder Fruchtgenuß, sowie bei jeder Form der Gesamtrechtsnachfolge, wohl aber bei der Einzelrechtsnachfolge in all deren Erscheinungsformen, so auch - wie hier - bei der Einbringung als Sacheinlage in eine Gesellschaft mbH, zur Anwendung (vgl nur die Nachweise in WoBl 1995, 93). Diese Auffassung wurde im Schrifttum wegen zum Teil „aleatorischer“ Ergebnisse kritisiert; es wurde dort gefordert, die Anwendung des § 12 Abs 3 MRG aF davon abhängig zu machen, ob eine wirtschaftliche Verwertung und damit eine Ausnützung des Mietrechts zu Lasten des Vermieters vorliege.
Der 2.Senat des Obersten Gerichtshofs ließ die Beantwortung der Frage, ob die Einbringung einer Bankkommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft nach § 8a KWG eine Gesamtrechtsnachfolge darstelle, aus der Erwägung offen, daß durch eine solche Einbringung weder in der Eigentümerstruktur noch im Management Änderungen eingetreten seien und somit von einer wirtschaftlichen Verwertung bzw Ausnützung des Mietrechts zu Lasten des Vermieters keine Rede sein könne (SZ 67/16). Damit wurde schon angedeutet, daß der Vermieter in den Fällen einer bloß gesellschaftsrechtlichen Strukturänderung ohne Veränderung des „wirtschaftlichen Eigentums“ am Unternehmen zur Mietzinsanhebung nicht berechtigt sein sollte.
Der erkennende Senat beharrt trotz gegenteiliger Entscheidungen des 5.Senats (WoBl 1997, 43; 5 Ob 2267/96k; RdW 1996, 358) und der teils polemischen Kritik Würth's (in WoBl 1995, 96 und WoBl 1995, 73) auf der von ihm vertretenen Ansicht, mit der Novellierung des § 12 Abs 3 MRG durch das 3.WÄG im neu eingefügten § 12a Abs 1 und 3 MRG sei zwar keine Rechtsänderung in Ansehung des Veräußerungsbegriffs eingetreten, aber doch eine Klarstellung gegenüber dem Urtext im Sinne der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung vorgenommen worden. Soweit der erkennende Senat schon in der Entscheidung in WoBl 1995, 93, eine von der bis dahin gebräuchlichen Deutung abweichende Auslegung des Veräußerungsbegriffs als geboten erachtete, widerspricht das keineswegs dem im § 5 ABGB verankerten Grundsatz, daß neue Gesetze auf vorangegangene Handlungen und vorher erworbene Rechte keinen Einfluß haben, sofern nicht ausdrücklich im Gesetz etwas anderes angeordnet wird: § 12 Abs 3 MRG aF wird angewendet, nur wird dieser Bestimmung aufgrund der vom Gesetzgeber verfügten Novellierung ein anderes Verständnis beigelegt. Die Judikatur zu § 12 Abs 3 MRG aF sah sich bis dahin veranlaßt, den Begriff der Veräußerung streng formal und nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auszulegen, weil bis zum Inkrafttreten des 3.WÄG (am mit der Maßgabe dessen Abschnitts II) ein gesetzlicher Tatbestand, der Umgehungen unmöglich gemacht hätte (wie nun § 12a Abs 3 MRG), nicht zur Verfügung stand und weil es die Rechsprechung richtigerweise ablehnte, Fälle, bei denen eine Veräußerung im wirtschaftlichen Sinn unter Vermeidung einer Veräußerung im formalen Sinn nur durch gesellschaftsrechtliche Kunstgriffe erreicht wurde, selbst als Mißbrauch zu erfassen. Nun werden jedoch von § 12a Abs 3 MRG idF des 3.WÄG ausdrücklich alle Formen von „Umgehungsgeschäften“ erfaßt. Die ursprünglich streng formale Interpretation des Veräußerungsbegriffs ist damit ebenso wie die sehr formalistische Betrachtungsweise nicht mehr nötig, weil der Gesetzgeber das von ihm erkannte „Schlupfloch“, das einem gewiegten Unternehmer die Möglichkeit bot, einer Mietzinserhöhung zu entgehen, selbst schloß. Der Gesetzgeber hat demnach die Schützwürdigkeit des bisherigen Mieters nicht erst nach der Gesetzwerdung des 3.WÄG, sondern in Wahrheit schon während der Geltung des § 12 Abs 3 MRG aF verneint, sofern dieser den Bestandgegenstand nicht mehr für die eigene unternehmerische Betätigung benötigte, und diese seine Auffassung durch die Einführung des Umgehungstatbestands gemäß § 12a Abs 3 MRG unmißverständlich zum Ausdruck gebracht. Damit ist aber auch im zeitlichen Geltungsbereich des § 12 Abs 3 MRG aF der Veräußerungstatbestand nicht mehr bloß formal, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu verstehen (vgl Doralt, Mietzinserhöhung nach § 12a MRG, in WoBl 1997, 215 [216 f]). Wird das Unternehmen - wirtschaftlich gesehen - von denselben „Rechtsträgern“ weitergeführt, dann sind diese Rechtsträger und damit auch das (bloß in seiner rechtlichen Struktur geänderte) Unternehmen nach wie vor schutzwürdig. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wollte man einen Sachverhalt, bei dem es zu keiner Veräußerung im wirtschaftlichen Sinn kommt, gleich behandeln wie eine „echte“ Veräußerung, also jenem Mieter, der sein Unternehmen lediglich umstrukturiert, aber weiterführt, den Schutz genauso entziehen wie demjenigen, der sein Unternehmen - zumeist in Gewinnabsicht - verkauft. Der Gesetzgeber selbst wünscht gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen seit vielen Jahren aus volkswirtschaftlichen Gründen und erleichtert solche Vorgänge sowohl in gesellschafts- wie auch in steuerrechtlicher Hinsicht. Was der Gesetzgeber aber im Bereich des Gesellschafts- und des Steuerrechts begünstigt, das sollte im Rahmen einer widerspruchsfreien Rechtsordnung nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund mietrechtsgesetzlich erschwert werden (Doralt aaO [218 f]). Den zum 3.WÄG vorhandenen Gesetzesmaterialien läßt sich nicht entnehmen, daß sich der Gesetzgeber mit dem hier anstehenden Problem einer bloßen Umstrukturierung ausdrücklich befaßt hätte. Die historischen Vorstellungen des Gesetzgebers müßen aber jedenfalls hinter den Zweck und die Wertungen, auf denen das Gesetz beruht, zurücktreten, ist der Rechtsanwender doch nicht selten genötigt, gerade um die Wertung des Gesetzgebers zu respektieren, über dessen unzutreffende tatsächliche Vorstellungen hinwegzugehen (Doralt aaO [219] unter Berufung auf Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 , 453).
Der erkennende Senat bleibt daher auch weiterhin bei der von ihm vertretenen Auffassung, daß auch im zeitlichen Anwendungsbereich des § 12 Abs 3 MRG aF darauf abzustellen ist, ob in der Gesellschaft (juristischen Person) durch die Umstrukturierung ein „Machtwechsel“ stattfindet. Die entscheidende Änderung muß kumulativ die rechtlichen und die wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten erfassen. Eine bloße rechtliche Änderung, mit der eine wirtschaftliche nicht einhergeht , berechtigt den Vermieter nicht zur Mietzinsanhebung. Durch die vom Gesetzgeber mit dem 3.WÄG vorgenommene legistische Klarstellung wurde dem wirtschaftlichen Bedürfnis der Praxis Rechnung getragen, nicht jede bloß rechtliche Änderung der Unternehmensstruktur zum Anlaß einer Mietzinserhöhung zu nehmen. Der Gesetzgeber hat der Auffassung, die nur an einen formalen Übertragungsakt anknüpfte, eine Absage erteilt und als Voraussetzung für die Mietzinsänderung auch eine entscheidende Änderung der wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten verlangt (WoBl 1995, 93 mwN). Von einer entscheidenden Änderung in den rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten durch die Einbringung kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Damit liegt mangels einer „Veräußerung“ im Sinne des § 12a Abs 1 und 3 MRG kein Fall des § 12 Abs 3 MRG aF vor, der den Vermieter zur Anhebung des Mietzinses berechtigte.
Der erkennende Senat lehnt die dem entgegenstehende, auf Würth (aaO) zurückgehende Auffassung des 5.Senats ausdrücklich ab. Die geänderte Auslegung einer Gesetzesbestimmung kommt, wenngleich sie durch die Novellierung eines Gesetzes hervorgerufen sein mag, keiner unzulässigen Rückwirkung der Gesetzesänderung (so aber WoBl 1997, 43 und die formalistischen Ausführungen von Vonkilch in einer beipflichtenden Glosse) gleich. Durch die Interpretation eines Gesetzestextes wird keineswegs neues (materielles) Recht, dessen Rückwirkung nicht verfügt wurde, angewendet; durch die hier unternommene Auslegung setzt sich der erkennende Senat auch mitnichten über den Willen des Gesetzgebers hinweg (wie das Vonkilch [aaO] glauben machen will), sondern es wird - wie schon ausgeführt - gerade damit dem Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen. Die Auffassung des erkennenden Senats fand auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung (neben Paul Doralt [aaO], Nowotny in RdW 1997, 122; ders. in RdW 1995, 89; ders. in RdW 1994, 166; Kerres/Freytag in ÖJZ 1995, 533 [539 ff]; Grünwald in JBl 1995, 273; vgl auch Schauer in GesRZ 1994, 12 ff; Reich-Rohrwig/Thiery in ecolex 1991, 599 ff).
Die beklagte Partei beantragte, den vorliegenden Rechtsstreit im verstärkten Senat zu entscheiden. Ein derartiges Antragsrecht der Prozeßparteien sieht das Bundesgesetz vom über den Obersten Gerichtshof (OGHG) nicht vor. Ein dennoch gestellter Antrag kann nur als Anregung zu einer Beschlußfassung im Sinne des § 8 Abs 1 OGHG aufgefaßt werden. Demzufolge hat eine formelle Beschlußfassung über einen solchen Antrag zu unterbleiben (8 Ob 522, 523/84; SZ 50/97). Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß trotz divergierender Entscheidungen des 1. und des 5.Senats die Voraussetzungen des § 8 OGHG nicht gegeben sind, und sieht sich daher zu einer Verstärkung des Senats im Sinne der genannten Gesetzesstelle nicht veranlaßt: § 12 Abs 3 MRG aF wird in Hinkunft nicht mehr allzu häufig anzuwenden sein, zumal das Begehren auf Erhöhung des Hauptmietzinses innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Mietrechtsübergang erhoben werden muß. § 12 Abs 3 MRG aF kann in Zukunft nur in jenen Fällen bedeutsam werden, in denen der Mietrechtsübergang dem Vermieter - aus welchen Gründen immer - erst verspätet zur Kenntnis gelangte. Deshalb ist - bei richtigem Verständnis - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.
Da das Begehren auf Bezahlung erhöhten Mietzinses schon aus den zuvor angeführten Gründen nicht berechtigt ist, erübrigt es sich, auf die Frage des allfälligen Mangels der Aktivlegitimation des Klägers einzugehen.
Dem Rekurs ist Folge zu geben und das Teilurteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 392 Abs 2 iVm § 52 Abs 2 ZPO.