OGH vom 02.07.2015, 7Ob109/15b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei B***** Rechtsanwälte GmbH, *****, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, hier wegen einstweiliger Verfügung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 4 R 52/15v 17, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin und gefährdete Partei (in der Folge Klägerin) begehrt zur Sicherung ihres Anspruchs auf Gewährung einer versicherungsrechtlichen vorläufigen Abwehrdeckung und Bereitstellung einer Sicherheitsleistung gemäß § 150 Abs 3 VersVG die Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahin, dass der beklagten Vermögensschadenhaftpflichtversicherin und Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge Beklagte) geboten werde, 1. der Klägerin einen Betrag von 54.473,72 EUR an bisher aufgewendeten baren Auslagen für die Abwehr der gegen Sie und den bei ihr mitversicherten Rechtsanwalt erhobenen Ansprüche zu bezahlen; und 2. im Exekutionsverfahren AZ ***** des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien eine Sicherheitsleistung von 940.000 EUR bei Gericht zu erlegen, um die Aufschiebung des Exekutionsverfahrens zu bewirken, wobei die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die im Verfahren AZ 16 Cg 39/13d des Handelsgerichts Wien eingebrachte Deckungsklage erlassen werden möge.
1. Die Klägerin argumentiert, weder bei ihrem Anspruch auf vorläufige Abwehrdeckung, noch bei jenem auf Bereitstellung einer Sicherheitsleistung gemäß § 150 Abs 3 VersVG handle es sich um eine Geldforderung iSd § 379 EO, sondern vielmehr um einen anderen Anspruch nach § 381 EO. Ihr Sicherungsantrag hätte daher nach § 381 EO beurteilt und bewilligt werden müssen.
2. Die Klärung dieser Frage kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man der Klägerin dahin folgte, dass zur Sicherung ihrer Ansprüche eine einstweilige Verfügung nach Maßgabe des § 381 EO erlassen werden könnte, wäre für sie nichts gewonnen.
3. Die Gefährdung des Anspruchs im Sinne des § 381 Z 1 oder 2 EO ist durch Glaubhaftmachung konkreter Tatsachen darzutun (RIS Justiz RS0011600 [T1]). Demnach kann nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer in § 381 EO erwähnten Vereitelung, erheblichen Erschwerung, Gewaltanwendung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens eine Anspruchsgefährdung begründen (RIS Justiz RS0005175 [T2]). Die (objektive) Gefährdung muss konkret behauptet und bescheinigt werden (RIS Justiz RS0005175 [T21]). Die Behauptungs und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, welche die Voraussetzungen begründen, liegt gemäß § 389 Abs 1 EO ausschließlich beim Kläger (RIS Justiz RS0005175 [T9]).
3.1 Vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 381 Z 1 EO geht die Klägerin selbst nicht aus.
3.2 Im Sinne des § 381 Z 2 EO ist ein Schaden dann unwiederbringlich, wenn ein Nachteil am Vermögen, an Rechten oder Personen eingetreten und wenn die Zurückversetzung in den vorigen Zustand nicht tunlich ist und Schadenersatz entweder nicht geleistet werden kann (Zahlungsunfähigkeit des Schädigers) oder die Leistung des Geldersatzes dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (RIS Justiz RS0005270).
3.2.1 Ein Vermögensschaden kann grundsätzlich in angemessener Weise durch Geldersatz abgegolten werden und rechtfertigt daher für sich allein noch nicht die Annahme eines unwiederbringlichen Schadens. Da die Klägerin es schon im erstgerichtlichen Verfahren unterließ, Vorbringen dahingehend zu erstatten, dass die bisherige Leistung von Abwehrkosten in Höhe von 54.473,72 EUR sie in finanzielle Schwierigkeiten brachte oder auch nur zu bringen drohte, mangelt es hier an der Konkretisierung einer Gefährdung des Anspruchs.
3.2.2 Im Zusammenhang mit ihrem Sicherungsantrag auf Erlag der Sicherheitsleistung im gegen den mitversicherten Rechtsanwalt geführten Exekutions-verfahren stellte das Erstgericht als bescheinigt fest, dass zwar die Fahrnis , Forderungs und Rechteexekution bewilligt worden war, gegen Erlag der Sicherheitsleistung aber nur die Fahrnisexekution aufgeschoben wurde, weshalb auch bei Erlag der Sicherheitsleistung durch die Beklagte das Exekutionsverfahren hinsichtlich der Forderungs- und der Rechteexekution fortgesetzt wird. Hingegen erachtete es nicht als bescheinigt, dass es ohne Sicherheitsleistung der Beklagten zu einer Untersagung der Berufsausübung des Rechtsanwalts und einer drohenden Insolvenz der Klägerin kommen würde. Die Klägerin vermochte daher die von ihr zum Vorliegen eines unwiederbringlichen Schadens behaupteten Umstände nicht zu bescheinigen.
4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00109.15B.0702.000