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OGH 02.07.2015, 2Ob195/14m

OGH 02.07.2015, 2Ob195/14m

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. W***** G***** und 2. M***** G*****, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei O***** AG, *****, vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, wegen Löschung (Streitwert 150.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien und den (richtig) Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 100/14i-26, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Teilurteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom , GZ 1 Cg 38/13f-16, teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.925,93 EUR (darin 320,99 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Kläger waren zu je 602/2000 Anteilen, mit denen das Wohnungseigentum an Top 2 untrennbar verbunden war, Miteigentümer der Liegenschaft EZ 9 GB *****. Je 398/2000 Anteile dieser Liegenschaft, untrennbar verbunden mit Wohnungseigentum an Top 1, standen im Miteigentum des Sohnes der Kläger und dessen damaliger Ehefrau. Ob deren Liegenschaftsanteile war unter C-LNr 12a zugunsten der Kläger die Reallast der Pflegeleistungen einverleibt.

Aufgrund der Pfandbestellungsurkunde vom wurde ob der gesamten Liegenschaft unter C-LNr 17a zugunsten der beklagten Partei das Pfandrecht im Höchstbetrag von 62.500 EUR einverleibt. Diesem Höchstbetragspfandrecht kommt der Vorrang vor der in C-LNr 12a einverleibten Reallast zu. Das Höchstbetragspfandrecht sollte (ua) der Besicherung eines den Klägern eingeräumten Kredits dienen, welcher mittlerweile zur Gänze zurückgezahlt ist.

Mit Übergabsvertrag vom übertrugen die Kläger ihre 602/2000 Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum an Top 2 an den Sohn und die Schwiegertochter. Den Klägern wurde auf deren Lebenszeit ua ein Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt. Der Vertrag wurde im Jahr 2007 grundbücherlich durchgeführt. Unter C-LNr 20a ist seither zugunsten der Kläger das Wohnungsrecht einverleibt.

Ende 2012 wurde die Ehe des Sohnes geschieden. Dieser ist nun Alleineigentümer der Liegenschaft. Nach Zusammenziehung der Anteile ist sein Eigentumsrecht unter B-LNr 9 an 398/1000 Anteilen, verbunden mit Wohnungseigentum an Top 1, und unter B-LNr 10 an 602/1000 Anteilen, verbunden mit Wohnungseigentum an Top 2, im Grundbuch einverleibt. Unter C-LNr 19a ist zugunsten der beklagten Partei ein weiteres Pfandrecht einverleibt, dem der Vorrang vor der Reallast C-LNr 12a zukommt.

Die Kläger begehrten mit der am beim Erstgericht eingebrachten Klage die grundbücherliche Löschung des Höchstbetragspfandrechts C-LNr 17a, des Pfandrechts C-LNr 19a sowie mit letzterem im Zusammenhang stehender weiterer Eintragungen. Soweit für dieses Revisionsverfahren von Bedeutung brachten sie vor, die Pfandbestellungsurkunde vom beinhalte sittenwidrige, ungewöhnliche und intransparente Klauseln und sei daher nichtig. Die beklagte Partei habe sich durch die vertraglichen Regelungen einen „Sicherheitenpool“ geschaffen, demzufolge die besagte und noch eine weitere Liegenschaft im Eigentum der Kläger nicht nur für die von diesen eingegangene und bereits getilgte Kreditverbindlichkeit, sondern auch für Kreditverbindlichkeiten des Sohnes haften würden.

Den Klägern stehe die Löschungsklage nach § 61 GBG zu. Zwar hätten sie mit dem Übergabsvertrag vom ihre Liegenschaftsanteile an den Sohn und die damalige Schwiegertochter gegen Einräumung eines Wohnungsrechts an der Wohnung Top 2 übertragen. Dieses Wohnungsrecht sei aber in dem mittlerweile eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren gefährdet, weil das Höchstbetragspfandrecht C-LNr 17a im Rang vor dem Wohnungsrecht C-LNr 20a stehe. Verstöße gegen die §§ 864a und 879 ABGB sowie § 6 Abs 3 KSchG würden unabhängig davon fortwirken, ob die Kläger in Bezug auf Top 2 Eigentümer oder Dienstbarkeitsberechtigte seien.

Die beklagte Partei wandte ua die mangelnde Aktivlegitimation der Kläger ein. Die Löschungsklage stehe nur dem Eigentümer zu. Die Kläger seien nicht mehr Eigentümer, sondern nur noch nachrangig Berechtigte.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das auf die Löschung des Höchstbetragspfandrechts C-LNr 17a gerichtete Teilbegehren ab. Die Löschungsklage stehe nur dem Liegenschaftseigentümer, somit dem Sohn der Kläger, nicht aber nachrangigen Buchberechtigten zu. Den Klägern mangle es daher an der Aktivlegitimation.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit (weiterem) Teilurteil insoweit, als das zu löschende Höchstbetragspfandrecht auf den 602/1000 Liegenschaftsanteilen (B-LNr 10), verbunden mit Wohnungseigentum an Top 2, haftet. Im Übrigen, also in Bezug auf die 398/1000 Anteile (B-LNr 9), verbunden mit Wohnungseigentum an Top 1, hob es die erstinstanzliche Entscheidung zur Verfahrensergänzung durch das Erstgericht auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluss unterblieb.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, die Kläger hätten ihre Aktivlegitimation nicht auf eine Beeinträchtigung ihrer früheren Eigentumsrechte, sondern auf ihr nachrangiges Wohnungsrecht gestützt. Die Löschungsklage stehe aber nur dem zu, der im Zeitpunkt der anzufechtenden Einverleibung schon bücherliche Rechte besessen habe. Das erst nach Verbücherung des Höchstbetragspfandrechts einverleibte Wohnungsrecht könne somit ihre Aktivlegitimation nicht begründen. Hingegen könnte die unter C-LNR 12a verbücherte Reallast der Pflegeleistungen durch die nachträgliche Eintragung des Höchstbetragspfandrechts (mit Vorrangeinräumung) durchaus beeinträchtigt sein.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage bestehe, ob die Erhebung einer Löschungsklage nach den §§ 61 ff GBG durch den dinglich Berechtigten voraussetze, dass er im Zeitpunkt der angefochtenen Eintragung schon das konkret beeinträchtigte Recht besessen habe.

Rechtliche Beurteilung

I. Die „Revision“ der beklagten Partei ist (absolut) unzulässig.

Das Rechtsmittel richtet sich gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung, ist in Wahrheit also ein Rekurs iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO. Nach dieser Bestimmung ist gegen einen Beschluss der zweiten Instanz, mit dem ein erstinstanzliches Urteil aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wurde, der Rekurs nur zulässig, wenn das Berufungsgericht die Zulässigkeit ausgesprochen hat (RIS-Justiz RS0043898). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Berufungsgericht mit seiner Entscheidung einen Teil des erstgerichtlichen Urteils bestätigt, einen anderen Teil dieser Entscheidung aber aufgehoben und die Rechtssache im letzteren Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen hat (RIS-Justiz RS0043854).

Ein Ausspruch, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei, ist hier nicht erfolgt. Die als Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss aufzufassende „Revision“ der beklagten Partei ist daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

II. Die von den Klägern gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Weder in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch im Rechtsmittel wird eine solche Rechtsfrage dargetan:

1. Voraussetzung für eine Löschungsklage nach den §§ 61 ff GBG ist die Verletzung eines im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechts des Klägers (5 Ob 233/09i; 8 Ob 101/14g; RIS-Justiz RS0126087). Sie steht nur demjenigen zu, der im Grundbuch schon eingetragen war und durch eine nachfolgende materiell unrichtige Eintragung aus dem Grundbuch verdrängt oder belastet wurde. Das ist, soweit Eigentum in Betracht kommt, nur der frühere Eigentümer, sonst nur der dinglich Berechtigte, der schon bücherliche Rechte besessen hat, als die anzufechtende Einverleibung erfolgt ist (2 Ob 511/96; 8 Ob 99/11h; 9 Ob 76/14p; RIS-Justiz RS0060329, RS0060428, RS0102891; vgl Hoyer, Grundbuchsrecht und Grundbuchspraxis IV, NZ 2000, 161 [162 f]; Rechberger, Die Löschungsklage als notwendige Ergänzung des grundbücherlichen Rechtsschutzsystems, Triva-GedS [2006] 385 [389 und 393 f]; Kodek, Grundbuchsrecht 1.01 [2009] § 61 GBG Rz 11; Rassi, Grundbuchsrecht² [2013] Rz 496). In der Rechtsprechung wird allerdings auch die Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Abtretung des Löschungsanspruchs an einen Einzelrechtsnachfolger bejaht (GlUNF 5471; 2 Ob 511/96; 8 Ob 99/11h).

2. Die Kläger waren zwar im Zeitpunkt der Einverleibung des angefochtenen Höchstbetragspfandrechts Eigentümer jener Liegenschaftsanteile, mit denen das Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 verbunden ist. Sie haben ihr Eigentumsrecht aber (laut Übergabsvertrag mit allen Rechten und Pflichten) rechtsgeschäftlich an Einzelrechtsnachfolger übertragen, womit ihre Rechtsstellung als Eigentümer erloschen ist. Die angestrebte Löschung könnte somit auch nicht mehr zu (insoweit) unbelastetem Eigentum der Kläger führen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der frühere Liegenschaftseigentümer die Löschung einer Hypothek mangels Rechtsschutzinteresses nicht mehr begehren kann und zwar auch nicht im Weg einer - hier vorliegenden - „echten“ Löschungsklage (5 Ob 57/91 NZ 1992/229, 144 [Hofmeister]; 5 Ob 95/09w; vgl auch 8 Ob 99/11h). Dies wird von den Klägern auch gar nicht in Frage gestellt.

3. Die Legitimation zur Erhebung der Löschungsklage könnte demnach nicht damit begründet werden, dass die Kläger zum Zeitpunkt der Einverleibung des Höchstbetragspfandrechts Eigentumsrechte hatten. Auf das dingliche Wohnungsrecht können sie sich aber deshalb nicht erfolgreich stützen, weil dieses damals noch gar nicht existierte. Bei Verbücherung des Wohnungsrechts war das Höchstbetragspfandrecht bereits eingetragen. Das Wohnungsrecht konnte durch diese Eintragung daher nicht beeinträchtigt worden sein.

4. Soweit die Kläger in ihrem Rechtsmittel nach Beispielen suchen, in denen der Oberste Gerichtshof bei erst nachträglichem Rechtserwerb die Legitimation zur Löschungsklage bejahte, übersehen sie, dass die von ihnen zitierten Fälle mit dem gegenständlichen Fall nicht annähernd vergleichbar sind:

Während hier die Kläger der Sache nach eine materiell ungültige Eintragung behaupten, ging es in der Entscheidung 5 Ob 115/71 JBl 1972, 208 um die Löschung einer (iSd § 130 GBG) unzulässigen, weil nicht verbücherungsfähigen „Dienstbarkeit“. Der Oberste Gerichtshof äußerte sich dahin, dass eine von Anfang an unzulässige Eintragung zum Unterschied von einer materiell unrichtigen Eintragung niemals durch Zeitablauf rechtswirksam werden könne (vgl auch Kodek aaO§ 130 GBG Rz 6).

Der Entscheidung 8 Ob 99/11h wiederum lag die Anfechtung der Löschung eines Pfandrechts durch den außerbücherlichen Hypothekargläubiger zugrunde, auf den (noch vor Eintragung der Löschung) die Hypothekarforderung durch Einlösung nach § 1422 ABGB ex lege übergegangen war.

Den Standpunkt der Kläger stützende Erkenntnisse sind aus diesen Entscheidungen nicht zu gewinnen.

5. Das Berufungsgericht hat somit die als erheblich angesehene Rechtsfrage im Einklang mit der bereits bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gelöst. Seine Ausführungen zur fehlenden Aktivlegitimation der Kläger werfen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Ob den Klägern allenfalls noch im Exekutionsverfahren rechtliche Möglichkeiten offen stehen, um gegen das vorrangige Höchstbetragspfandrecht vorgehen zu können, ist hier nicht zu prüfen.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 41, 50 ZPO. Die Kläger haben in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf die absolute Unzulässigkeit des Rekurses der beklagten Partei hingewiesen. Hingegen erachtete die beklagte Partei die Revision der Kläger für zulässig, es sei denn, der Oberste Gerichtshof gelange zur Ansicht, dass das Berufungsgericht „vom Wortlaut der (klaren) Gesetzesbestimmung“ abgewichen sei. Da keine der beiden Varianten zutrifft, hat sie die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen, woraus sich insgesamt der aus dem Spruch ersichtliche Kostenzuspruch an die Kläger ergibt.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Zivilverfahrensrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00195.14M.0702.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAD-32896