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OGH vom 28.07.1998, 1Ob108/98h

OGH vom 28.07.1998, 1Ob108/98h

Kopf

1Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma P*****, vertreten durch Dr. Christian J. Winder und Dr.Klemens Stefan Zeiger, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Monopolverwaltungsgesellschaft mbH, Innsbruck, Amraser Straße 70, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Abschluß eines Vertrags (Streitwert 390.000 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 331/97a-22, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei betreibt an einem näher bezeichneten Bus- und Straßenbahn-Terminal in Innsbruck (im folgenden nur Terminal) seit einen Zeitschriften-Kiosk. Die nächstgelegene Tabaktrafik der Maria U***** ist etwa 50-70 Schritte, die nach diesen nächstgelegenen (sechs) Tabaktrafiken und eine Tabakverschleißstelle sind zwischen etwa 330 und 560 Schritte entfernt. Ansuchen der klagenden Partei bzw der P*****GmbH um Errichtung einer neuen Trafik am erwähnten Standort (Terminal) vom an die A*****AG bzw vom an die nunmehr hiefür maßgebliche beklagte Partei wurden agbelehnt, im ersteren Fall mit der Begründung, die Stellungnahme des Landesgremiums der Tabakverschleißer der Monopolverwaltungsstelle für T***** sei negativ gewesen, es bestehe (danach) kein dringender Bedarf und es sei weiters für die nächstgelegenen Tabakfachgeschäfte eine erhebliche Ertragsschmälerung zu befürchten.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, mit der klagenden Partei binnen 14 Tagen eine den Bestimmungen des Tabakmonopolgesetzes (TabMG 1996) entsprechende Vereinbarung über die Neuerrichtung einer Tabaktrafik am Standort des Terminals abzuschließen, ab. Das Berufungsgericht wies die Anträge der klagenden Partei auf Vorlage der Rechtssache an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen des TabMG 1996, insbesondere dessen § 24, in eventu auf Einleitung des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß § 177 EGV zurück.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei bringt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung, ist doch ihr Klagebegehren unschlüssig.

a) Das Tabakmonopolgesetz 1968, BGBl 1968/38 (TabMG 1968), übertrug in seinem § 4 der A*****AG die wirtschaftliche Monopolverwaltung, soweit es bestimmte Aufgaben nicht ausdrücklich der Hoheitsverwaltung vorbehielt (EvBl 1994/99; SZ 67/36). Nun wurde durch Art I des am in Kraft getretenen BGBl 1995/830 (TabMG 1996) idF der Druckfehlerberichtigung BGBl 1996/44 - die Novelle BGBl I 1998/12 ist hier noch nicht anwendbar - das Tabakmonopol neu geregelt. Das österreichische Tabakmonopol war bis zum Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ein Voll(finanz)monopol, umfaßte den Anbau, die Gewinnung, Bearbeitung von Rohtabak, die gewerbliche Herstellung, die Einfuhr und den Handel mit Tabakwaren und war in mehreren Punkten nicht EU-konform. Gemäß Art 71 Abs 1 der Beitrittsakte hat Österreich sein Handelsmonopol für verarbeiteten Tabak iSd Art 37 Abs 1 EGV schrittweise derart umzuformen, daß spätestens drei Jahre ab dem Beitritt jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist. Nach Art 71 Abs 3 der Beitrittsakte ist spätestens ein Jahr nach Beitritt eine unabhängige Stelle für die Erteilung von Genehmigungen für den Betrieb des Einzelhandels zu errichten. Die bestehenden Regelungen für den Einzelhandel mit Tabakerzeugnissen sollten in weiten Bereichen übernommen werden. Neu war hingegen, daß die bisher der A*****AG übertragenen Agenden im Bereich des Einzelhandels an eine neu zu gründende Gesellschaft - die hier beklagte Partei -, die keinen Bezug zur Herstellung von oder zum Handel mit Tabakerzeugnissen hat, übertragen und die bisher in den zwischen der A*****AG und dem Bundesgremium der Tabakverschleißer vereinbarten allgemeinen Vertragsbedingungen festgelegten Rechte und Pflichten der Tabakverschleißer im Gesetz geregelt wurden (Bericht des Budgetausschusses, 390 BlgNR 19.GP, 1 f, 5). Nach § 14 Abs 1 TabMG 1996 gehören zu der Monopolverwaltung, die von der beklagten Partei zu besorgen ist, die Angelegenheiten des Kleinhandels mit Tabakerzeugnissen. Dazu zählen insbesondere die Bestellung einer Zahl von Tabaktrafikanten, die zur Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen erforderlich ist, und die damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten. § 24 TabMG 1996 regelt die Neuerrichtung und Verlegung von Tabaktrafiken. Nach seinem Abs 1 darf eine Tabaktrafik an einem Standort, an dem bisher noch kein solches Geschäft bestand, nur dann errichtet werden, wenn hiefür ein dringender Bedarf besteht und eine nicht zumutbare Schmälerung des Ertrags benachbarter Tabaktrafiken ausgeschlossen erscheint. Nach Abs 3 dieser Vorschrift ist von der beklagten Partei vor der Zulassung einer Neuerrichtung ein Gutachten des Landesgremiums der Tabaktrafikanten einzuholen. Spricht sich das Landesgremium gegen die Neuerrichtung aus, hat die beklagte Partei das Gutachten des Neuerrichtungsbeirates (§ 19 TabMG 1996) einzuholen. Vor Abgabe des Gutachtens dieses Beirates darf die Neuerrichtung nicht vorgenommen werden. Im vorliegenden Fall hat nun die beklagte Partei, nachdem sich das Landesgremium der Tabaktrafikanten gegen die Neuerrichtung einer Tabaktrafik im Terminal ausgesprochen hat, kein Gutachten des Neuerrichtungsbeirates eingeholt. Damit erlangte freilich die klagende Partei als Bewerberin für eine allenfalls im Terminal errichtete Tabaktrafik keinen Rechtsanspruch auf Vertragsabschluß mit der beklagten Partei. Denn einerseits entspricht die Regelung des § 24 TabMG 1996 im wesentlichen der vorherigen Rechtslage des § 17 TabMG 1968. Zu dieser Vorschrift wurde bereits ausgesprochen, daß sich daraus keine Rechte eines allfälligen Bewerbers um eine Tabaktrafik ableiten ließen, sondern daß es sich dabei um Bestimmungen handle, die den inneren Willensbildungsprozeß des Monopolisten regeln (8 Ob 673/88 = JBl 1989, 174 zum TabMG 1968; vgl auch Curda, Das Tabakmonopolgesetz 1968, 64). Daran ist festzuhalten, zumal auch dafür der Gesetzestext spricht ("darf ... nur errichtet werden"). Bei der Frage, ob die beklagte Partei als Monopolistin an einem gewissen Standort eine neue Tabaktrafik im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Nahversorgung mit Tabakwaren (AB, aaO 1) als erforderlich erachtet, handelt es sich um einen inneren Willensprozeß, der zwar als vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflicht auch dem Schutz der Interessen der benachbarten Tabaktrafiken dient (EvBl 1994/99 zum TabMG 1968), einem dritten Interessenten aber keine Rechte einräumt. Selbst wenn die Monopolistin dabei ihre Rechtspflichten verletzt haben sollte, kann Rechtsfolge der unterlassenen Ausschreibung zur Errichtung einer neuen Tabaktrafik an diesem Standort keinesfalls der Abschluß eines Vertrags mit einem Interessenten sein, schreibt doch § 25 TabMG 1996 (früher die §§ 22 und 23 TabMG 1968) ausdrücklich vor, daß der Bestellung eines Tabaktrafikanten - von hier nicht relevanten und von der klagenden Partei auch gar nicht behaupteten Ausnahmen (§ 25 Abs 6 und 7 iVm § 29 Abs 3 TabMG 1996) abgesehen - eine Einladung zur Stellung von Anboten (Ausschreibung) vor vorauszugehen hat, die von der beklagten Partei durchzuführen ist; danach ist von der Besetzungskommission zu entscheiden (§§ 32,20 TabMG 1996), welcher der (mehreren) Bewerber zum Zuge kommt und durch zivilrechtlichen Vertrag zum Tabaktrafikanten bestellt wird (§ 34 Abs 1 TabMG 1996).

Auf Fragen des Kontrahierungszwangs (vgl dazu zuletzt EvBl 1998/22 mwN aus Lehre und Rspr; Apathy in Schwimann2, § 861 ABGB Rz 14 ff) muß demnach ebensowenig eingegangen werden wie auf die Auffassung der zweiten Instanz, eine Monopolstellung verpflichte nicht zum Vertragsabschluß mit einem Zwischenhändler (so RIS-Justiz RS0078120) und ob die klagende Partei als Zwischenhändler oder aber als Detailhändler anzusehen ist.

b) Infolge Fehlens eines entsprechenden verfahrensrechtlichen Antragsrechts der Parteien auf Anrufung des EuGH nach Art 177 EGV begründet die Ablehnung der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens durch das Gericht auch keinen im Rechtsmittelweg anfechtbaren Verfahrensfehler (10 ObS 294/97a = ARD 4903/6/98). Der EuGH erachtete im übrigen bereits ein Einzelhandelsmonopol als konform mit dem Gemeinschaftsrecht (WBl 1996, 110 zum italienischen Tabakmonopol und WBl 1997, 505 zum schwedischen Alkoholmonopol).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).