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OGH vom 09.07.2001, 2Ob194/00v

OGH vom 09.07.2001, 2Ob194/00v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Hofrat Dipl. Ing. Matthias P***** und 2.) Gertrude P*****, beide vertreten durch Dr. Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Herbert L*****, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert S 75.000,--), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 18 R 95/97f-55, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom , GZ 8 C 2652/93k-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1.) Der Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , GZ 2 Ob 194/00v wird aufgehoben.

2.) Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen. Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.359,34 (darin enthalten S 893,2 Ust) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Zu 1.)

Mit Beschluss vom , GZ 2 Ob 194/00v wurde die Revision der klagenden Parteien zurückgewiesen, weil die Revision gegen das am zugestellte Berufungsurteil erst am , also nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Post gegeben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Nunmehr haben die klagenden Parteien durch Vorlage eines "Sendeberichtes" nachgewiesen, dass die Revision bereits am um 18 Uhr 44 beim Bezirksgericht Wiener Neustadt eingebracht wurde. Danach handelt es sich bei der zur Post gegebenen Revision nur um den Verbesserungsschriftsatz der zulässig mittels Telefax rechtzeitig eingebrachten Revision (vgl dazu Gitschthaler in Rechberger ZPO2 Rz 7 zu § 74).

Stellt sich die Annahme der Verspätung eines Rechtsmittels nachträglich als unrichtig heraus, dann ist dieser Fehler - auch vom Obersten Gerichtshof - in analoger Anwendung der §§ 419 Abs 1, 522 Abs 1 ZPO zu korrigieren (SZ 60/192; 5 Ob 508/95). Der sachlich unrichtige Beschluss vom war daher zu beheben.

Zu 2.)

Die Zurückweisung einer Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht hat die Revision für zulässig erachtet, weil keine "aktuelle Rechtsprechung zur Frage der Anpassung der ursprünglich bei Besitzausübung verwendeten Fahrzeuge an die technische Entwicklung bestehe".

Der Oberste Gerichtshof hat aber jüngst ausgesprochen, dass sich nach stRspr der Umfang einer Wegservitut nach der Kulturgattung und der Bewirtschaftungsart des herrschenden Gutes im Zeitpunkt der Bestellung oder Ersitzung der Dienstbarkeit richtet (7 Ob 271/99z mwN). Bei einer "ungemessenen" Dienstbarkeit, deren Art und Umfang - wie hier - durch den Erwerbstitel nicht eindeutig bestimmt ist, sind im Rahmen der ursprünglichen oder vorhersehbaren Art ihrer Ausübung die jeweiligen Bedürfnisse des Berechtigten für den Rechtsumfang maßgeblich (1 Ob 295/98h; RIS Justiz RS0097856; vgl RS0016368). Die Ausübungsschranken folgen aus dem ursprünglichen Bestand und der ursprünglichen Benützungsart, wobei eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit in einer erheblich schwereren Belastung des dienenden Gutes zu erblicken ist (1 Ob 262/97d mwN; 7 Ob 271/99z mwN). Solange daher eine ungemessene Dienstbarkeit innerhalb ihrer Schranken ausgeübt wird, fehlt es an deren eigenmächtigen Erweiterung. Ebenfalls jüngst wurde ausgesprochen, dass die Rechtsausübung der technischen Entwicklung - in den erörterten Grenzen - angepasst werden kann (6 Ob 333/97g; 1 Ob 295/98h mwN).

Das Berufungsgericht hat sich bei Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gehalten, weshalb eine aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht vorliegt. Ob die Umstände des Einzelfalls die Annahme der Ersitzung eines Wegerechtes zu einem Wohnhaus auch im Umfang des Befahrens zum Zweck des Personentransports rechtfertigen, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar.

Der Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der Aktenwidrigkeit wurde geprüft. Die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor, was nicht näher begründet werden muss (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Erstgericht hat ausdrücklich erklärt, dass es die in der mündlichen Streitverhandlung vom vorgenommene "Modifizierung bzw. Präzisierung des Klagebegehrens" als unzulässige Änderung des Klagebegehrens angesehen hat (Ersturteil S 9 letzter Satz), weshalb von einem nunmehr in der Revision behaupteten nicht erkennbaren Entscheidungswillen des Erstgerichtes nicht die Rede sein kann und die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes keine überraschende Rechtsansicht darstellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

Fundstelle(n):
CAAAD-32695