Suchen Hilfe
OGH vom 14.06.2016, 5Ob102/16k

OGH vom 14.06.2016, 5Ob102/16k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin I***** K*****, vertreten durch Dr. Josef Faulend Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen die übrigen Mit und Wohnungseigentümer der Liegenschaft *****, darunter 9. Ing. M***** und 10. R*****, beide vertreten durch Mag. Günther Kiegerl, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, als Antragsgegner, wegen § 16 Abs 2 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 7 R 6/16b 9, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beurteilung, ob eine Änderung nach den Kriterien des § 16 Abs 2 WEG 2002 zu genehmigen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind (RIS Justiz RS0083309). Dabei ist dem Außerstreitgericht ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt (RIS Justiz RS0109643; RS0106050 [T2]). Nur wenn dieser überschritten wird, liegt eine erhebliche Rechtsfrage vor (5 Ob 154/13b; 5 Ob 39/15v ua). Das ist hier nicht der Fall.

2. Sowohl zur Frage des wichtigen Interesses (RIS Justiz RS0083341; RS0083345; RS0083356; RS0106050; RS0108579; RS0110977) als auch der Verkehrsüblichkeit (RIS Justiz RS0119528; RS0110976; RS0126244; RS0083345; RS0083375; RS0083378) existiert umfangreiche Judikatur des Obersten Gerichtshofs.

3. Für das Vorliegen eines wichtigen Interesses kommt es demnach insbesondere darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (5 Ob 150/14s; 5 Ob 157/15x). Nicht jeder verständliche Wunsch eines Wohnungseigentümers nach Änderung begründet ein wichtiges Interesse (RIS Justiz RS0083341). Die Verkehrsüblichkeit einer Änderung ist nicht nur nach der allgemeinen Lebenserfahrung, sondern auch nach der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfelds zu beurteilen (5 Ob 236/11h; 5 Ob 113/15a; 5 Ob 157/15x).

4. Die Antragstellerin begehrt die nachträgliche Genehmigung der Herstellung eines zweiten Zugangs zu ihrer rund 170 m 2 großen Erdgeschoßwohnung über ein anderes Stiegenhaus. Diese Wohnung ist bereits vor Begründung des Wohnungseigentums im Jahr 1981 durch Zusammenlegung zweier Wohnungen entstanden. Dabei wurde der ursprünglich vorhandene Zugang zu einer Wohnung verschlossen. Die Antragstellerin rechtfertigt die 2011 vorgenommene Öffnung insbesondere mit dem Argument, dass ihre Wohnung auf Dauer viel zu groß und in dieser Größe nicht mehr zeitgemäß sei. Die bauliche Maßnahme diene der Verbesserung ihrer Lebensqualität und der Schaffung einer Möglichkeit zur Verkleinerung der Wohnfläche einschließlich einer Vermietung.

5. Dieser Wunsch nach einer künftigen Bedürfnissen angepassten Wohnungsgröße sowie der Möglichkeit, einen in Zukunft abgetrennten Teil der Wohnung zu vermieten, begründet weder ein wichtiges Interesse noch die Verkehrsüblichkeit, selbst wenn in Zeiten von Wohnungsknappheit, steigenden Immobilienpreisen und sinkender Bewohneranzahl der Neubau kleinerer Einheiten im Trend liegen sollte. Die Antragstellerin begehrt ausschließlich die Genehmigung eines zweiten Zugangs zu einer 170 m² großen Wohnung. Es ist nur die Genehmigungsfähigkeit dieser Maßnahme zu beurteilen, nicht jedoch jener nach § 16 Abs 2 WEG 2002 genehmigungspflichtiger Änderungen, die mit einer künftigen Schaffung zweier selbständig verwertbarer Einheiten verbunden wären. Der zweite Zugang schafft nach den Feststellungen keinen barrierefreien Zugang, weil in beiden Stiegenhäusern Stufen zur Erdgeschoßwohnung führen. Der Durchbruch in ein anderes Stiegenhaus beseitigt auch nicht die mangelnde Barrierefreiheit, die Folge eines Niveauunterschieds innerhalb der Wohnung (den die Antragstellerin in erster Instanz zwar erwähnt, aber nicht bemessen hat) sein könnte.

6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00102.16K.0614.000

Fundstelle(n):
PAAAD-32147