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OGH vom 03.02.1993, 3Ob102/92

OGH vom 03.02.1993, 3Ob102/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr.Dietrich H*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei Günther M*****, wegen kridamäßiger Versteigerung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Steyr als Rekursgerichtes vom , GZ 5 R 77/91-46, womit der Verteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Enns vom , GZ E 4008/90-36, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben, als über den Widerspruch der V*****bank AG und über die Zuweisung des vom Masseverwalter als Vorzugsposten geltend gemachten Betrages von S 669.472,-- sowie über die sich daraus ergebende Differenz an Fruktifikationszinsen von 14,9 % entschieden wurde; in diesem Umfang wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Der Antrag der betreibenden Partei auf Zuspruch von Revisionsrekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Über Antrag des Masseverwalters fand die Versteigerung der dem Gemeinschuldner gehörigen Liegenschaft EZ 744 KG A***** statt. Der Masseverwalter meldete zur Verteilungstagsatzung unter anderem gemäß § 12 Abs. 10 bzw. 14 UStG die an das Finanzamt zur Abführung gelangende Umsatzsteuer in der Höhe von S 669.472,-- als Sondermassekosten an. Er legte dieser Anmeldung die Zahlungsaufforderung des Finanzamtes Linz vom , Steuernummer *****, bei. In dieser teilte das Finanzamt mit, daß im Konkurs des Günther M***** die während des Konkurses fällig gewordene Umsatzsteuer für das Jahr 1991 (5) von S 669.472,-- als Sondermassekosten gemäß § 49 Abs. 1 KO rückständig sei. Der Masseverwalter werde ersucht, diesen Steuerrückstand nach Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses einzuzahlen oder die entgegenstehenden Hindernisse bekanntzugeben.

In der Verteilungstagsatzung erhob die Hypothekargläubigerin und betreibende Gläubigerin V*****bank AG gegen die Berücksichtigung der Umsatzsteuerzahlung des Masseverwalter von S 669.472,-- Widerspruch, da diese Vorsteuer als allgemeine Masseforderung im Konkurs geltend zu machen wäre. Eine Einigung fand nicht statt.

Das Erstgericht wies dem Masseverwalter unter anderem den Betrag von S 669.472,-- für Umsatzsteuer gemäß § 12 Abs. 10 und 14 UStG als Vorzugspost zu. Es führte aus, zu den Kosten der Verwertung der Sondermasse gehöre auch die durch die Veräußerung der auf der gegenständlichen Liegenschaft errichteten Tennishalle ausgelöste Nachzahlung an Umsatzsteuer (durch zeitlich aliquote Rückabwicklung der Vorsteuerabzugsbeträge). Es mache keinen Unterschied aus, ob nur durch den Verkauf von Zubehör eine Umsatzsteuerpflicht ausgelöst werde oder ob durch die Veräußerung der einen Bestandteil des Grundstückes darstellenden Tennishalle eine solche Umsatzsteuerpflicht ausgelöst worden sei. Diese Umsatzsteuerpflicht sei wegen der Verwertung der Sondermasse entstanden und stelle daher Kosten der Verwertung dieser Sondermasse dar.

Dagegen erhob die V*****bank AG als Hypothekar- und betreibende Gläubigerin Rekurs. In ihm führte sie aus, hier sei nicht Liegenschaftszubehör veräußert worden, es gehe vielmehr um die Berichtigung des Vorsteuerabzuges bei Veräußerung eines Grundstückes.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der V*****bank AG Folge. Es änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Betrag von S 669.472,-- an Umsatzsteuer als Vorzugspost ausschied und in der bücherlichen Rangordnung sodann der Rekurswerberin zuwies. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Die vom Erstgericht herangezogene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes habe einen Verkauf von Liegenschaftszubehör und eben dadurch begründete Abgabenpflicht (Umsatzsteuer) zum Gegenstand gehabt, nicht aber die Berichtigung des Vorsteuerabzuges im Sinn des § 12 Abs. 10 UStG. Diese Berichtigung des Vorsteuerabzuges sei zufolge der Änderung der Verhältnisse durchzuführen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend gewesen sei. Hier liege eine Veräußerung und dadurch herbeigeführt wohl eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse (Ausscheiden aus dem Anlagevermögen) vor. Eine Umsatzsteuerschuld im engeren Sinn werde - vom Zubehör abgesehen - durch die Veräußerung der Liegenschaft nicht begründet, vielmehr beruhe die nun in Rede stehende Abgabe auf der Steuerschuld, der gegenüber in der Vergangenheit ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden sei, der wieder die Abgabenschuldigkeit entsprechend verringert habe. Durch einen Vorgang im Sinn des § 12 Abs. 10 UStG werde eine Steuerschuld im eigentlichen Sinn nicht neu begründet, die Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissse bewirke nur, daß die seinerzeit als solche unveränderte Steuerschuld nun zufolge berichtigten Vorsteuerabzuges zu einer nun höheren Abgabenschuldigkeit führe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht jedenfalls unzulässig. Die Frage, ob die Entscheidung des Rekursgerichtes im Exekutionsverfahren aus welcher Masse eine vom Masseverwalter aus Anlaß der Versteigerung zu entrichtende Umsatzsteuer zu befriedigen ist, betrifft nicht den Kostenpunkt. Die überwiegende Rechtsprechung in Exekutionssachen und Lehre (Heller-Berger-Stix 666 f; Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 555) vertreten allerdings den Standpunkt des Rekursgerichtes, daß die Beurteilung, ob Kosten der Konkursmasseverwaltung aus einer Sondermasse zu befriedigen wären, eine Entscheidung im Kostenpunkt nach § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO, welche Vorschrift gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden ist, betrifft (zuletzt SZ 57/43; SZ 53/90, ZBl. 1932/229; 3 Ob 168/88, 3 Ob 50/82). Gerade in den hier zitierten Fällen war diese Rechtsansicht aber nicht tragend. In der Entscheidung SZ 57/43 wurde der Revisionsrekurs schon deswegen zurückgewiesen, weil bei der Beurteilung, ob der Beschwerdegegenstand S 15.000,-- übersteigt, Nebengebühren bei der Anfechtung der Entscheidung des Rekursgerichtes im Meistbotsverteilungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind; in SZ 53/90 lehnte das Rekursgericht eine Kostenentscheidung ab, weil der Masseverwalter die Kosten nicht in der vorgesehenen Form und nicht rechtzeitig verzeichnet hatte; auch in 3 Ob 168/88 handelt es sich darum, ob Kosten des Masseverwalters überhaupt bestimmt werden sollen. Im Fall der Entscheidung ZBl. 1932/229 war der Beschluß nicht im Meistbotsverteilungsverfahren ergangen. Alle diese Entscheidungen verweisen letztlich auf die in einem Konkursverfahren ergangene Entscheidung SZ 13/245, in der, soweit ersichtlich, erstmals der Rechtssatz aufgestellt worden war, daß es sich bei der Beurteilung, ob Kosten des Masseverwalters aus der Sondermasse oder aus der allgemeinen Masse zu befriedigen seien, um eine Entscheidung im Kostenpunkt handelt, weil es hiebei nicht um die grundsätzliche Frage des Vorzugsrechtes gehe.

Anders wurde die Frage der Zulässigkeit des Revisionsrekurses in der nur acht Tage später ergangenen Entscheidung ZBl. 1932/99 beurteilt. Der Revisionsrekurs zur Frage, ob es sich um aus der Sondermasse zu befriedigende Kosten handelt, wurde als zulässig angesehen, weil sich das Rechtsmittel nicht gegen die Höhe der zugesprochenen Kosten, sondern gegen den Rang, in dem die einzelnen Massekosten zugeteilt wurden, sohin gegen den Inhalt des Meistbotsverteilungsbeschlusses richte. Eine solche Auffassung entspricht auch der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Konkurssenates des Obersten Gerichtshofes. Bereits in der Entscheidung SZ 13/16 wurde ausgesprochen, daß es sich bei der Frage um den Befriedigungsrang von Kosten (des Verlassenschaftskurators) um keine Kostenentscheidung handle (zuletzt 8 Ob 15/88). Diese Auslegung wurde in den Entscheidungen SZ 62/81 und SZ 59/85, in denen ausgesprochen wurde, daß zu den Kosten der Sondermasse, die vor den Ansprüchen der Absonderungsberechtigten zu berichtigen sind, auch die Umsatzsteuer gehört, die bei der Veräußerung der Sondermasse anfällt, bereits als so selbstverständlich erachtet, daß gar nicht mehr erörtert wurde, ob nicht etwa eine Entscheidung im Kostenpunkt bekämpft worden sei.

Die die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses vertretende Rechtsprechung wurde zuletzt von Schuhmacher in JBl. 1988, 441 abgelehnt. Bei der Beurteilung, ob Kosten aus der Sondermasse oder aus der allgemeinen Konkursmasse zu befriedigen seien, handle es sich nicht um die Frage, ob Kosten die Priorität der Hauptforderung genießen, sondern um eine primär und gesondert klassifizierbare Verteilungsposition.

Dem ist zu folgen. Was unter Kostenpunkt im Sinn des § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht klar zu entnehmen (SZ 57/43; Feil, EO3 Rz 19 zu § 65 EO). Unstrittig gehört zum Kostenpunkt nicht nur die Bemessung der Kosten, sondern auch, ob überhaupt ein Anspruch auf Kostenersatz besteht, wem dieser zusteht sowie die Ablehnung einer Kostenentscheidung (Heller-Berger-Stix 666). Solche Fragen werden hier nicht angeschnitten, es geht auch nicht darum, ob eine Kostenforderung dieselbe Priorität wie die Hauptforderung genießt, sondern, ob Steuern, die aus Anlaß der Verwertung entstanden sind, Masseschulden sind und wer darüber zu befinden hat, ob diese Masseschulden die den Absonderungsgläubigern zustehende Verteilungsmasse schmälern oder ob sie von den Konkursgläubigern zu tragen sind. Es geht somit um die Frage des Vorzuges. Diese ist aber völlig losgelöst vom Rechtsgrund der zuzuweisenden Forderung. Selbst in der Entscheidung SZ 13/245 wurde ausgesprochen, daß die grundsätzliche Frage des Vorzugsrechtes keine Frage des Kostenpunktes sein könne. Die dennoch von dieser Entscheidung aufgestellte Schlußfolgerung, die Frage, aus welcher Masse Verwertungskosten zu befriedigen seien, falle unter den Kosenpunkt, kann dann aber nicht mehr aufrecht erhalten werden. Eine solche Auslegung des Begriffes "Kostenpunkt" entspricht auch nicht der durch die Neuordnung des Revisions- und Revisionsrekursrechtes vom Gesetzgeber betonten Leitbildfunktion des Obersten Gerichtshofes (vgl. §§ 502 Abs. 1, 528 Abs. 1 ZPO,§ 14 Abs. 1 AußStrG). Dem Obersten Gerichtshof obliegt nicht nur die Entscheidung des konkreten Rechtsstreites, sondern auch die Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung im gesamten Bundesgebiet (Fasching, Lehrbuch2 Rz 187). Diese Leitbildfunktion kann der Oberste Gerichtshof aber nur dann wahrnehmen, wenn restriktive Rechtsmittelbeschränkungen nicht bis zur äußersten Grenze des möglichen Wortsinnes ausgelegt werden, sodaß ganze Sachbereiche der Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofes entzogen würden.

Es liegt aber auch eine erhebliche Rechtsfrage gemäß §§ 78 EO, 528 Abs. 1 ZPO vor, weil es an höchstgerichlicher Rechtsprechung fehlt, ob es sich bei einer Umsatzsteuerforderung gemäß § 12 Abs. 10 UStG um eine Masseforderung oder um eine Konkursforderung handelt und, wäre letzteres der Fall, wie bei der Verteilung des Meistbotes vorzugehen ist, wenn zwischen dem betreibenden Masseverwalter und den Absonderungsberechtigten strittig ist, ob die Masseforderung aus der Sondermasse oder aus der allgemeinen Masse zu befriedigen wäre. Handelte es sich nämlich um eine bloße Konkursforderung, könnten diese Kosten nicht vom Exekutionsgericht gemäß § 125 Abs. 4 KO festgesetzt werden.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes liegt aber keine bloße Konkursforderung des Finanzamtes vor. Veräußert ein Unternehmer ein Gebäude (Grundstück), in dem auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden neun Jahren, dann hat er den Vorsteuerabzug anteilsmäßig zu korrigieren (§ 12 Abs. 10 UStG; Doralt, RdW 1989, 108). Nach dieser Gesetzesstelle liegt eine Änderung der Verhältnisse nicht nur dann vor, wenn sich das Verhältnis der Umsätze, welche zum Vorsteuerabzug berechtigen, gegenüber den Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, in einem späteren Kalenderjahr ändert, sondern auch dann, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut veräußert wird und dieser Umsatz für den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen ist als die Verwendung im Kalenderjahr der Anschaffung oder Herstellung. Die Änderung des § 12 Abs. 10 UStG 1972 durch das Abgabenänderungsgesetz 1980 sieht eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auch hinsichtlich jener Vorsteuern vor, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder auf die Kosten von vorgenommenen Großreparaturen bei Gebäuden entfallen. Dadurch soll der Zielsetzung dieser Bestimmung in umfassender Weise entsprochen und eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges bei ins Gewicht fallenden Anschaffungen vermieden werden (Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuerhandbuch5 421). Die Veräußerung ist somit ein unecht befreiter Umsatz, durch den die Voraussetzung für den Vorsteuerabzug wegfällt (Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I4 336). Bei der Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 10 UStG liegt somit der umsatzsteuerrechtlich relevante Vorgang vor der Konkurseröffnung, der Anspruch auf Berichtigung der Vorsteuerabzüge entsteht aber erst durch die Verwertung des Konkursgutes. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß für die insolvenzrechtliche Qualifikation von Abgabenforderungen nicht das Entstehen der Steuerschuld auf der Grundlage eines abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes, sondern die Verwirklichung dieses Sachverhaltes selbst maßgebend ist (WBl. 1989, 128; SZ 60/247). Auch der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, daß Abgabenschulden dann Masseforderungen sind, wenn der die Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wurde (VwSlg. 6045/F). Der relevante Sachverhalt ist aber in der kridamäßigen Verwertung der mit Absonderungsrechten belasteten Liegenschaft des Gemeinschuldners zu erblicken (Chalupsky-Ennöckl-Holzapfel, Handbuch des österreichischen Insolvenzrechtes 362). Es handelt sich daher bei der durch die konkursmäßige Verwertung ausgelösten Korrektur des Vorsteuerabzuges um eine Masseforderung. Bei ähnlicher Rechtslage in Deutschland (§ 15a UStG) ist der Bundesfinanzhof der von Kuhn-Uhlenbruck, KO10 Rz 42 der Vorbemerkungen (ähnlich in Österreich Wendl in ÖStZ 1983, 95) geäußerten Rechtsansicht die Berichtigung des Vorsteuerabzuges führe ebenfalls nicht zu einer Masseschuld des Finanzamtes, vielmehr entstehe der Rückforderungsanspruch der Finanzbehörde aus der Berichtigung des Vorsteuerabzugs zwar erst nach Konkurseröffnung, der umsatzsteuerrechtlich relevante Vorgang liege jedoch vor Verfahrenseröffnung, die Vorsteuerberichtigung sei kein steuerbegründender Umsatz, sondern lediglich eine Korrektur zur Herstellung des materiell richtigen Vorsteuerabzuges, nicht gefolgt. Wie Heß-Kropshofer, Kommentar zur KO3 im Anhang VI Rz 101 referieren, hat der Deutsche Bundesfinanzhof mit Urteil vom zur Berichtigungsvorschrift des § 15a UStG mit amtlichem Leitsatz wie folgt entschieden: "Der Vorsteuerberichtigungsanspruch des Finanzamtes nach § 15a Abs. 1 iVm Abs. 4 UStG 1973, der durch die Verwertung des zur Konkursmasse gehörenden Vermögens des Gemeinschuldners durch den Konkursverwalter ausgelöst wird, zählt zu den Massekosten im Sinn des § 58 Nr. 2. Er ist als Masseanspruch vorweg aus der Konkursmasse zu berichtigen (§ 57) und durch einen an den Konkursverwalter zu richtenden Steuerbescheid geltend zu machen."

Dennoch kann die Entscheidung des Erstgerichtes nicht wiederhergestellt werden. Das Erstgericht übersah bei seiner Entscheidung die bindende Zuständigkeitsregelung des § 47 Abs. 3 KO. Danach entscheidet das Konkursgericht unter Ausschluß des Rechtsweges darüber, ob sich eine Masseforderung auf die gemeinschaftliche oder auf eine besondere Masse bezieht. Liegt eine Masseforderung vor und ist wie hier strittig und zweifelhaft, ob sie aus der Sonder- oder aus der allgemeinen Masse zu befriedigen ist, darf daher diese Frage vom Exekutionsgericht nicht entschieden werden. Die Entscheidung des ausschließlich zuständigen Konkursgerichtes bindet dann das Exekutionsgericht (Bartsch-Pollak, KO I3 284; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 53; Petschek-Reimer-Schiemer aaO 556; Baumgartner in ÖJZ 1973, 9).

Eine eindeutige gesetzliche Regelung, wie vorzugehen ist, wenn zum Zeitpunkt der Verteilungstagsatzung eine solche Entscheidung noch nicht bindend ergangen ist, liegt nicht vor. Petschek-Reimer-Schiemer aaO leiten aus der Bestimmung des § 210 EO, wonach jeder Vollstreckungsteilnahmeanspruch spätestens in der Verteilungstagsatzung urkundlich belegt werden muß, widrigens er nur nach Maßgabe der Exekutionsakten beachtlich sei, ab, daß derjenige, der Spezialmassekosten beansprucht, bis dahin jenen Beschluß des Konkursgerichts beibringen müsse, weil sonst, wenn sich im Verteilungsverfahren die obigen Zweifel ergeben, sie gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 KO im Sinn der Belastung der allgemeinen Masse zu beantworten seien; die Zuweisung aus der Spezialmasse ohne Grundlage des konkursgerichtlichen Beschlusses verletze zwingende Bestimmungen der EO und unterliege daher dem Rekurs des betroffenen Nachmanns, auch wenn er nicht deshalb in der Tagsatzung Widerspruch erhoben habe. Dagegen sei die Entscheidung über Bestand und Höhe der Spezialmassekosten, die an der Verteilungsmasse teilhaben sowie ihre Rangordnung im Verhältnis zu anderen Vorzugsrechten durchaus Sache des Exekutionsgerichtes (§ 49 Abs. 2 KO), mag auch der Erlös bei einer freiwilligen Veräußerung durch den Masseverwalter erzielt worden sein. Eine solche Auslegung würde es aber, da erwartet werden muß, daß gegen den Beschluß des Konkursgerichtes Rechtsmittel ergriffen werden, dem Masseverwalter nahezu unmöglich machen, Spezialmassekosten vorrangig befriedigt zu erhalten. Dieser Standpunkt wurde auch in der Rechtsprechung nicht vertreten. So wurde zwar in der Entscheidung ZBl. 1932/99 ausgesprochen, daß die Kosten, die der Masseverwalter bei der Verteilungstagsatzung als Kosten der Sondermasse angesprochen hat, ohne eine Bescheinigung für die Zugehörigkeit zu dieser beizubringen, als allgemeine Massekosten zu behandeln seien. Der Masseverwalter hatte aber dort augenscheinlich entsprechende Behauptungen nicht aufgestellt, sodaß "zur Veranlassung einer solchen Entscheidung" ein Grund fehlte. Eine ähnliche Ansicht wird von Neumann-Lichtblau, Kommentar zur EO3 456 vertreten. Ein einwandfreier Weg könne nur darin gefunden werden, daß das zur Kostenfestsetzung zuständige Exekutionsgericht über die Grundfrage, ob die vom Masseverwalter beanspruchten Kosten als Spezialmassekosten zu betrachten seien, zunächst die Vorentscheidung des Konkursgerichtes abwarte und dann erst mit seiner eigenen Entscheidung vorzugehen habe. Eine analoge Anwendung der Vorschriften über den auf den Rechtsweg verwiesenen Widerspruch erscheint dem erkennenden Senat deshalb nicht möglich, weil im streitigen Verfahren über die Berechtigung des Widerspruches entschieden wird, allenfalls sogar der Verteilungsbeschluß berichtigt wird, eine solche Kompetenz aber dem Konkursgericht nach § 47 Abs. 3 KO nicht zusteht und das Exekutionsgericht von Amts wegen die Entscheidung des Konkursgerichtes einzuholen haben wird. Auch handelt es sich nicht um die Entscheidung streitiger Tatumstände, sondern um die Lösung einer Rechtsfrage.

Da es untunlich ist, mit der Beschlußfassung über die gesamte Verteilung bis zur Entscheidung des zuständigen Konkursgerichtes zuzuwarten, bleibt als einzig die Interessen beider Teile wahrnehmende befriedigende Lösung, den strittigen Betrag zuzüglich der daraus sich ergebenden Verschiebung der Fruktifikationszinsen von der Verteilung vorläufig auszunehmen, mit der Entscheidung über den Widerspruch bis zur Klärung der Vorfrage durch das Konkursgericht abzuwarten und erst danach über den von der Verteilung ausgenommenen Betrag und den Widerspruch zu entscheiden.

In diesem Sinn waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die Kostenentscheidung erfolgte entsprechend dem Jud.201.