OGH vom 22.11.1994, 4Ob1128/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter L*****, vertreten durch Dr.Harald Schmidt I, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Patenteingriffs (Streitwert S 1,250.000,-) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 124/94-12, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat den Begriff der Äquivalenz keineswegs mißverstanden:
Technische Maßnahmen, die sich gegenüber den Patenansprüchen nur unwesentlich unterscheiden, fallen nicht aus dem Schutzbereich des Patentes. Der Patentschutz umfaßt vielmehr auch eine äquivalente - inhaltsgleiche - Benützung der patentierten Erfindung, die dann gegeben ist, wenn der Fachmann im Prioritätszeitpunkt, ausgerüstet mit dem allgemeinen Fachwissen und in Kenntnis des in der Patentschrift mitgeteilten Standes der Technik, die ausgetauschten Merkmale ohne erfinderisches Bemühen den Patentansprüchen als funktionsgleiches Lösungsmittel entnimmt. Die Lösungsmittel müssen mit den in den Patenansprüchen genannten Merkmale in ihrer technischen Funktion (Aufgabenstellung) übereinstimmen und (im wesentlichen) gleiche Wirkung erzielen (SZ 57/68 = ÖBl 1985, 38 - Befestigungsvorrichtung für Fassadenelemente mwN aus Rechtsprechung und Schrifttum). Eine bestimmte Ausführungsform fällt hingegen dann jedenfalls nicht mehr in den Schutzbereich eines Patentes, wenn sie ohne Benützung des in der Patentschrift dargestellten Erfindungsgedankens den angestrebten technischen Effekt auf wesentlich andere, nicht ohne weiters naheliegende Weise erreichen will (ÖBl 1977, 88 - Skibremse mwN).
Ob eine sich gegenüber den Patentansprüchen unterscheidende Maßnahme für einen Fachmann naheliegend im dargestellten Sinn war, ist - von dem wohl ganz seltenen Ausnahmefall abgesehen, daß Erfahrungssätze des täglichen Lebens zur Beurteilung ausreichen (vgl ÖBl 1985, 105 - C & A mwN; ÖBl 1991, 93 - quattro/Quadra ua), - eine Tatfrage, die der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen ist. Die Frage, ob die Lösungsmittel des Eingriffsgegenstandes mit dem Erfindungsgedanken des Patentes übereinstimmen, ist - jedenfalls auch - rechtlicher Natur. Ob aber im vorliegenden Fall die Verwendung eines vertikalen Förderbandes anstelle der im Patent vorgesehenen Stützwalzen - wie die Vorinstanzen meinen - ein Äquivalent bedeutet, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung; eine krasse Verkennung der Rechtslage, die zur Wahrung der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßte, liegt nicht vor.
Das Erkenntnis des OPM vom , Op 1/86 (PBl 1987, 97 = Beil.
15) erging in einem Verfahren nach § 163 PatG, an dem die Beklagte nicht beteiligt war. Überdies haben die Vorinstanzen festgestellt, daß die Feststellungsbeschreibungen, welche diesem Erkenntnis zugrundeliegen, mit dem Eingriffsgegenstand nicht übereinstimmen (S. 85).