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OGH vom 24.09.2019, 5Ob101/19t

OGH vom 24.09.2019, 5Ob101/19t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj A*****, geboren am ***** 2011, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter Prof. Dr. M*****, vertreten durch die Sacha Katzensteiner Blauensteiner Rechtsanwälte GmbH, Krems an der Donau, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 10/19g-107, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil das Kontaktrecht (§ 186 ABGB) eingeräumt werden soll oder dieses einzuschränken oder zu untersagen ist (§ 187 Abs 2 ABGB), hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Erhebliche Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG sind dabei regelmäßig nicht zu lösen (RIS-Justiz RS0087024 [T6]; RS0097114 [T6, T 8, T 10]).

1.2 Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit der dieses das zwischen den Eltern vereinbarte Kontaktrecht insoweit abänderte, als der Minderjährige in den ungeraden Wochen die Zeit von Freitag nach Schulende bis Dienstag, Schulbeginn, (anstelle wie bisher Montag Abend) und in den geraden Kalenderjahren während der Weihnachtsferien vom 24. 12. bis 26. 12. (anstelle bisher jährlich vom 26. 12. bis 28. 12.) beim Vater verbringt. Dass dem Rekursgericht in diesem Zusammenhang eine für das Ergebnis relevante Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste, kann die Mutter mit ihren Ausführungen nicht aufzeigen:

2.1

Für die Regelung des Kontaktrechts des nicht obsorgeberechtigten Elternteils bzw der Betreuung durch den nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil ist allein das Wohl des Kindes ausschlaggebend (RS0047958). Die Ausdehnung des Kontaktrechts um eine Übernachtung in den ungeraden Kalenderwochen entspricht der fachlichen Einschätzung der Familiengerichtshilfe. Es ist daher nicht korrekturbedürftig, wenn die Vorinstanzen darauf aufbauend rechtlich folgerten, eine solche Regelung entspreche dem Kindeswohl, zumal bereits das Erstgericht in diesem Zusammenhang nachvollziehbar darlegte, dass dadurch ein den Minderjährigen belastendes (weil konfliktträchtiges) Aufeinandertreffen der Eltern bei der Übergabe weitestgehend vermieden werden kann. Dass die Vorinstanzen auf eine Regelung abgestellt hätten, welche dem Kindeswohl lediglich nicht zuwiderlaufe, anstelle eine solche zu finden, die dem Kindeswohl entspreche, wie die Revisionsrekurswerberin geltend macht, ist daher unzutreffend.

2.2 Es trifft zwar zu, dass auch einem unmündigen Kind die Fähigkeit, einen eigenen Willen zu bekunden, nicht abgesprochen werden kann. Es fehlt ihm aber regelmäßig die nötige Einsicht für eine Beurteilung, ob und inwieweit eine Kontaktregelung seinem Wohl und seinen Interessen förderlich ist (RS0047937). Vor diesem Hintergrund gelingt es der Mutter auch mit ihrem Hinweis, der Minderjährige habe mehrfach den Wunsch geäußert, mehr Zeit mit ihr zu verbringen, keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Rekursgerichts aufzuzeigen, zumal sie dessen Begründung völlig übergeht. Danach basiert dieser Wunsch erkennbar auf situativen Gründen (dem Kind ist nach den Feststellungen bei der Mutter mehr erlaubt als beim Vater), beruht aber keineswegs auf einer mangelhaften Betreuungsleistung des Vaters.

2.3 Vor Neuregelung des Kontaktrechts verblieb der Minderjährige in den ungeraden Wochen bis Montag, 19:00 Uhr beim Vater. Warum die Ausdehnung auf Dienstag, Schulbeginn es dem Minderjährigen unmöglich machen sollte, seine Wunschsportarten Fußball und Eishockey auszuüben, ist nicht nachvollziehbar. Weder kann dem Akteninhalt entnommen werden, noch behauptet die Mutter, dass für den knapp acht Jahre alten Minderjährigen Trainingseinheiten ausschließlich Montags nach 19:00 Uhr möglich wären. In einem darüber hinaus gehenden Umfang ist das Ausmaß des wöchentlichen Kontaktrechts aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine Auseinandersetzung mit den von der Revisionsrekurswerberin unter Berufung auf § 66 Abs 2 AußStrG vorgelegten Unterlagen erübrigt sich daher schon aus diesem Grund.

3.1 Der Revisionsrekursgrund der Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RS0043347 [T1]). Demgegenüber kann die unrichtige Wiedergabe, unzutreffende Auslegung oder gänzliche Übergehung von Tatsachenbehauptungen oder sonstigen Parteivorbringens einen Verfahrensmangel begründen (RS0041814 [T8]). Einen solchen spricht die Revisionsrekurswerberin der Sache nach auch an, wenn sie geltend macht, sie habe sich „in pauschaler Art und Weise“ gegen die alternierende Regelung des Weihnachtskontaktrechts ausgesprochen, sei daher entgegen der Annahme des Rekursgerichts dem darauf abzielenden Antrag des Vaters entgegengetreten, und Erhebungen dazu vermisst.

3.2 Die Frage, wie ein Vorbringen einer Partei zu beurteilen ist, ist regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängig und begründet für sich genommen grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RS0042828 [T13]). Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag des Vaters zur Ausübung des Weihnachtskontakts findet sich im Schriftsatz der Mutter vom (ON 88) nicht, sodass auch nicht erkennbar ist, inwieweit die Auslegung ihres Vorbringens durch das Rekursgericht, das eine Bestreitung des Antrags des Vaters der Sache nach vermisste, unvertretbar sein soll.

3.3 Letztlich rügt die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang, dass – entgegen § 16 Abs 1 AußStrG – amtswegige Erhebungen unterblieben sind, obwohl sie durch das Erstgericht vorgenommen werden hätten müssen, und behauptet damit ebenfalls einen Mangel des Verfahrens erster Instanz (4 Ob 138/15w; 5 Ob 71/13x). Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz bildet grundsätzlich keinen Revisionsrekursgrund (RS0050037). Dieser Grundsatz kann zwar im Interesse des Kindeswohls durchbrochen werden (RS0050037 [T5]); mit ihrem bloßen Hinweis auf das Unterbleiben von Erhebungen zeigt die Mutter in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel aber schon deshalb keine ausreichenden Gründe für eine solche Durchbrechung auf, weil sie die Begründung der Vorinstanzen völlig übergeht. Danach hat das Weihnachtskontaktrecht durch die jährlich wechselnde Regelung gegenüber der bisherigen Vereinbarung keine zeitliche Ausdehnung zugunsten des Vaters erfahren, sondern ermöglicht es Letzterem lediglich jedes zweite Jahr das Weihnachtsfest selbst mit seinem Sohn zu begehen. Dass damit eine Gefährdung des Wohls des Minderjährigen verbunden und die gegenteilige Beurteilung des Rekursgerichts unvertretbar wäre, macht die Revisionsrekurswerberin gar nicht erst geltend.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00101.19T.0924.000

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