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OGH vom 27.11.2020, 2Ob187/19t

OGH vom 27.11.2020, 2Ob187/19t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** E*****, vertreten durch Dr. Maximilian Schaffgotsch LL.M. Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei E***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Graf Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Herausgabe einer Liegenschaft (Streitwert: 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 98/19p15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 4 Cg 39/18m11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.287,68 EUR (darin enthalten 881,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger ist der Großneffe des kinderlos verstorbenen Fürsten Dr. P***** E*****.

[2] Der Fideikommisssenat des Oberlandesgerichts Wien hat mit dem rechtskräftigen Fideikommissauflösungsschein vom ausgesprochen, dass die Fideikommisseigenschaft des „Primogeniturfideikommisses Fürst P***** E*****“ erloschen sei. Von dieser Entscheidung erlangte Fürst Dr. P***** E***** unmittelbar danach Kenntnis, sodass er wusste, dass ihm das Vermögen zugefallen war.

[3] Der Fürst verstarb am ***** 1989 unter Hinterlassung einer am errichteten letztwilligen Verfügung, mit der er seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt hatte. Er wollte mit diesem Testament allein diese zur Erbin bestimmen und keine dem Fideikommiss entsprechende Erbfolge herstellen. Er errichtete neben diesem Testament keine weitere letztwillige Anordnung.

[4] Aufgrund dieses Testaments wurde der Witwe am der gesamte Nachlass nach dem Verstorbenen Fürsten eingeantwortet, unter anderem die streitgegenständliche Liegenschaft EZ *****, welche sie mit Stiftungsurkunde vom in die – nach dem Grundbuchstand derzeit als Eigentümerin anzusehende – beklagte Privatstiftung einbrachte.

[5] Der Vater des Klägers verzichtete zu dessen Gunsten auf seine eigenen Ansprüche auf Güter im Eigentum von Rechtsträgern, die die Witwe gegründet hatte.

[6] Mit der im Jahr 2018 eingebrachten Klage begehrte der die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechts ob der klagsgegenständlichen Liegenschaft ***** einzuwilligen und die dazugehörigen Schlüssel und Verwaltungsunterlagen zu übergeben. Er brachte – zusammengefasst und soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – vor, er sei als fideikommissarischer Nacherbe des Verstorbenen im Verlassenschaftsverfahren nach dem Fürsten übergangen und der Witwe sei als bloße Scheinerbin eingeantwortet worden. Tatsächlich habe die durch den königlich anerkannten Familienvertrag von 1885 statuierte Nacherbschaft den Verstorbenen aufgrund der aufrechten Vermögensbindung verpflichtet, das nächstberufene Mitglied der Familie E***** nach männlicher Primogeniturerbfolge, sohin den Kläger oder dessen Vater, zu bedenken. Im Verlassenschaftsverfahren hätte nicht das österreichische ABGB angewendet werden dürfen, sondern materielles ungarisches Erbrecht im Versteinerungszeitpunkt 1922, weil das Adelsaufhebungsgesetz im Burgenland erst durch das Bundesverfassungsbereinigungsgesetz 2008 in Kraft getreten sei. Zum Inhalt des – im Burgenland bis 2008 geltenden – Adelsrechts gehöre auch das Erbrecht, sodass die Erbrechtsangelegenheiten der Familie E***** nicht nach bürgerlichem Recht abzuhandeln gewesen seien. Die Familie E***** habe vielmehr das Adelsprivileg, abweichend vom allgemeinen Recht intern bindende Vermögensteilungsverbote und Erbfolgeregeln festzulegen, in Anspruch genommen, und zwar bereits mittels Testaments des Palatins Graf N***** im Jahr 1641, welches 1687 kaiserlich bestätigt worden sei. Diese Erbfolge sei im Testament von P***** im Jahr 1695 bloß referiert und durch den königlich bestätigten Familienvertrag von 1885 neuerlich festgesetzt worden. Daher habe auch eine aufrechte Vermögensbindung hinsichtlich der Stamm- und Fideikommissgüter der Familie E***** bestanden. Der Fideikommissauflösungsschein des Oberlandesgerichts Wien vom betreffe nur die von Fürst P***** im Jahr 1695 errichteten Fideikommisse, nicht aber die älteren Erbfolgeregeln. Das österreichische Abhandlungsgericht hätte daher nicht die Witwe, sondern den Kläger als Rechtsnachfolger des Verstorbenen hinsichtlich der Stamm- und Fideikommissgüter ausweisen müssen. Die Übertragung der ***** an die Beklagte stelle kein zweiseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 824 ABGB dar, sodass kein gutgläubiger Erwerb der Beklagten in Frage komme. Überdies habe die Witwe die weiteren letztwilligen Anordnungen des Fürsten unterdrückt und sei daher erbunwürdig und schlechtgläubig gewesen, was sich auch auf die beklagte Privatstiftung erstrecke. Letztere sei somit kein redlicher Dritterwerber im Sinn des § 824 ABGB. Der mit dem besseren Erbrecht ausgestattete Kläger sei daher auch gegen die Beklagte direkt klagebefugt.

[7] Die wendete ein, die ungarischen Rechtsvorschriften betreffend Familienfideikommisse seien bereits seit 1922 durch österreichisches Recht ersetzt worden. Aufgrund der Auflösung der Familienfideikommisse vor dem zweiten Weltkrieg sei der Primogeniturfideikommiss Fürst P***** E***** mit Fideikommissauflösungsschein des Oberlandesgerichts Wien vom für erloschen erklärt worden. Spätestens seit diesem Zeitpunkt habe Dr. P***** E***** frei über sein gesamtes Vermögen verfügen und es auch an seine Witwe vererben können. Diese sei nicht schlechtgläubig gewesen. Die Stifterin habe sich auf ein wirksames Testament, den rechtskräftigen Fideikommissauflösungsschein sowie den rechtskräftigen Einantwortungsbeschluss verlassen können. Die beklagte Partei habe jedenfalls nach § 824 ABGB Eigentum an der streitgegenständlichen Liegenschaft erworben.

[8] Das wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte sei redliche Erwerberin der Liegenschaft nach § 824 Satz 2 ABGB und daher Eigentümerin der Liegenschaft. Seit sei auch auf Erbrechtssachen im Burgenland ausschließlich österreichisches Erbrecht anzuwenden gewesen. Familienfideikommisse seien durch das Gesetz vom aufgehoben worden, sodass der Verstorbene vor seinem Tod frei über sein Vermögen habe verfügen können, was er zu Gunsten seiner Ehefrau auch getan habe.

[9] Das bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht war der Auffassung, allgemeine und abstrakte, vom allgemeinen bürgerlichen Recht des ABGB abweichende Erbrechtsnormen für die Familie E***** hätten ab dem Jahr 1922 auch im Burgenland nicht mehr bestanden. Auf den offenkundigen Umstand, dass ein Gesetz, das Frauen von der Erbfolge ausschließe und den Erblasser verpflichte, sämtliches Vermögen einem männlichen Familienmitglied zu überlassen, mit dem ordre public nicht vereinbar wäre, brauche insofern nicht eingegangen zu werden. Der Primogeniturfideikommiss der Familie E***** sei (spätestens) durch die Aufhebung der Familienfideikommisse durch das dRGBl I 1938, 825, insbesondere aber durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom , mit welchem die Fideikommisseigenschaft des „Primogeniturfideikommisses Fürst P***** E*****“ für erloschen erklärt worden sei, endgültig untergegangen.

[10] Dagegen richtet sich die des Klägers mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

[11] Die beklagte Partei beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage . Sie ist aber .

[13] Der Revisionswerber macht geltend, das Berufungsverfahren sei mangelhaft, weil das Berufungsgericht zu Unrecht das im Rahmen der Eingliederung des Burgenlands rezipierte ungarische Recht als ausländisches Recht qualifiziert habe. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Kläger hätte das anzuwendende Sondererbrecht nicht ausreichend dargetan, und habe die Anwendung des ausreichend dargestellten Sondererbrechts unrichtigerweise verworfen und statt dessen das ABGB angewendet. Die Bestimmungen über die Sondererbfolge widersprächen nicht dem ordre public, weil inländisches Recht per definitionem nicht dem inländischen ordre public widersprechen könne. Die adelsrechtlichen Privilegien hätten auch das Sondererbrecht umfasst. Sie seien im Burgenland bis zum Jahr 2008 gültig gewesen und dort erst 2008 mit der Inkraftsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes aufgehoben worden. Das Haus E***** habe die Befugnis zur Gestaltung seiner Sondererbfolge seit 1641 mehrfach in Anspruch genommen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien, mit dem das Erlöschen des „Primogeniturfideikommisses Fürst P***** E*****“ beurkundet worden sei, habe entgegen der aktenwidrigen Beurteilung des Berufungsgerichts nicht auch die Auflösung der älteren Majoratsstiftung durch Graf N***** E***** umfasst. Dafür hätte es eines eigenen Verfahrens und der Ausstellung eines eigenen Auflösungsscheins bedurft. Diese Majoratsstiftung, die die streitgegenständliche ***** umfasse, bestehe daher nach wie vor. Der Kläger habe die Ansprüche aus diesem Majorat übernommen. Das Berufungsgericht habe überdies aus der testamentarisch verfügten Aufhebung aller früheren letztwilligen Verfügungen den unrichtigen Schluss gezogen, dass es daneben keine weiteren letztwilligen Anordnungen des verstorbenen Fürsten gegeben habe. Es hätte das Gegenteil feststellen müssen. Die Witwe habe die weiteren letztwilligen Anordnungen des Fürsten unterdrückt und sei daher erbunwürdig und schlechtgläubig gewesen, was sich auch auf die beklagte Stiftung erstrecke. Letztere sei kein redlicher Dritterwerber und im Sinn der § 823, 824 ABGB herausgabepflichtig. Dem Kläger stehe zumindest seine (gesetzliche) Erbquote nach dem ABGB zu.

[14] Hiezu wurde erwogen:

[15] 1. Das Berufungsgericht hat seinen Erwägungen den unstrittigen Wortlaut des aktenkundigen Fideikommissauflösungsscheins des Oberlandesgerichts Wien vom zugrunde gelegt. Von einer ihm unterlaufenen Aktenwidrigkeit kann daher keine Rede sein. Die Frage, welchen rechtlich erheblichen Inhalt eine gerichtliche Entscheidung hat, ist eine Rechtsfrage, die aufgrund des Wortlauts des Spruchs und der Gründe der Entscheidung in Verbindung mit dem dadurch angewandten Gesetz gelöst werden muss (RS0008802).

[16] 2. Sämtliche Familienfideikommisse und vergleichbare Vermögensbindungen der Familie E***** sind erloschen:

[17] 2.1 Das Gesetz über das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen vom (FidErlG; dRGBl I 1938, 825 [GBlÖ 1938/254]) sowie die zu dessen Ergänzung und Durchführung erlassenen Verordnungen wurden nach dem zweiten Weltkrieg in Österreich (wieder) in Geltung gesetzt (§ 2 Rechts-Überleitungsgesetz, StGBl 1945/6; Art III des Gesetzes über die Maßnahmen zur Wiederherstellung der österreichischen bürgerlichen Rechtspflege, StGBl 1945/188; vgl 6 Ob 670/77; Weiß in Klang III² 467). Sie sind jedenfalls auf Sachverhalte anzuwenden, die sich vor dem ereignet haben (vgl jeweils § 5 Abs 1 des Ersten und des Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes, BGBl I 1999/191 bzw BGBl I 2018/61). Das ist hinsichtlich des Erlöschens der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen hier der Fall.

[18] 2.2 Gemäß § 1 Abs 1 FidErlG sind alle am im damaligen Geltungsgebiet des Gesetzes, also auch im heutigen Burgenland bestehenden Familienfideikommisse mit Beginn dieses Tages erloschen (Weiß in Klang III² 468) und wurden damit endgültig beseitigt (Scheuba, Die „Familien-Versorgungsstiftung“ – Eine Wiederbelebung der Familienfideikommisse? in FS Welser [2004] 935). Die Vorschriften dieses Gesetzes galten gemäß § 30 Abs 1 FidErlG entsprechend für Hausvermögen, Stammgüter und sonstige gebundene Vermögen, also sämtliche Arten adeliger Sondererbfolge (Koehler/Heinemann, Das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen [1940], § 30 FidErlG Anm 4 f iVm Überblick II und III).

[19] 2.3 Wie sich aus dem Wortlaut des Fideikommissauflösungsscheins (§ 11 FidErlG) des damals für ganz Österreich zuständigen Fideikommisssenats des Oberlandesgerichts Wien vom ergibt, wurde damit das FidErlG vollzogen. Ein nachvollziehbarer Grund, weshalb einige „Majoratsgüter“ des Fideikommisses der Familie E***** nicht von der Wirkung des § 1 Abs 1 FidErlG und dem daran anschließenden Verfahren erfasst gewesen sein sollten, ist nicht erkennbar und wird vom Revisionswerber auch nicht dargelegt. Vielmehr wurden durch das FidErlG sämtliche adeligen Vermögensbindungen (auch) der Familie E***** aufgelöst, worüber vom Oberlandesgericht Wien als Fideikommissgericht eine Bescheinigung auszustellen war (Fideikommissauflösungsschein; § 11 Abs 1 FidErlG).

[20] 2.4 Gemäß § 3 Abs 1 FidErlG erloschen mit den Familienfideikommissen auch alle Anwartschafts- und Anfallsrechte (Scheuba in FS Welser [2004] 935), und zwar ex lege (Weiß in Klang III² 469; Koehler/Heinemann, Das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen, § 3 FidErlG Anm 4 f und Anm 7). Das Fideikommissvermögen wurde zum freien Vermögen des letzten Besitzers (§ 2 FidErlG). Der Fideikommissauflösungsschein hatte lediglich deklaratorische Bedeutung (Koehler/Heinemann, Das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen, § 11 FidErlG Anm 2). Der letzte Besitzer konnte allerdings bis zur Erteilung des Fideikommissauflösungsscheins nur unter den bisher geltenden Beschränkungen (unter Lebenden) über das Fideikommissvermögen verfügen und es verwalten (§ 11 Abs 2 FidErlG [„Sperrfrist“]), sofern nicht eine Genehmigung durch das Fideikommissgericht vorlag (§ 24 FidErlG). Zweck dieser Sperrfrist war, die Fideikommissgerichte in die Lage zu versetzen, über die gestellten Anträge (Anwärterentschädigung, Gläubigersicherung) zu entscheiden und von Amts wegen die erforderlichen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen zu treffen (Kulturgüter etc; vgl § 11 Abs 4 FidErlG; Koehler/Heinemann, Das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen, § 11 FidErlG Anm 1).

[21] 2.5 Das Erlöschen der Fideikommisse hatte daher faktisch bis zur Erteilung des Fideikommissauflösungsscheins im Wesentlichen lediglich das Außerkrafttreten der besonderen Erbfolgeordnung und die Vererbung nach allgemeinem Recht bei während der Sperrfrist eintretenden Erbfällen zur Folge (Koehler/Heinemann, Das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen, § 11 FidErlG Anm 1; idS auch Weiß in Klang III² 469). Der letzte Besitzer konnte während der Sperrfrist ohne Genehmigung des Fideikommissgerichts letztwillige Verfügungen über das Fideikommissvermögen treffen. Verstarb er während der Sperrfrist, traten an seine Stelle die nach allgemeinem Recht berufenen Erben. Im Übrigen wurde das Auflösungsverfahren durch den Tod nicht berührt (Koehler/Heinemann, Das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen, § 11 FidErlG Anm 4).

[22] 2.6 Die Argumentation des Klägers, er sei mit dem Tod des Fürsten mangels eines auch das „Majorat *****“ erfassenden Fideikommissauflösungsscheins als nächster Nachfolger Fideikommissbesitzer dieser Majoratsgüter geworden, geht damit jedenfalls ins Leere. Insoweit sind weder der Inhalt des behaupteten Sondererbrechts noch die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage dessen Verstoßes gegen den ordre public für die Entscheidung präjudiziell, sodass sich eine Behandlung der diesbezüglichen Revisionsausführungen erübrigt.

[23] 3. Keine Erbunwürdigkeit der Witwe:

[24] Anders als die Auslegung einer letztwilligen Verfügung (dazu RS0043463) ist die Frage, ob der verstorbene Fürst neben dem Testament vom weitere letztwillige Anordnungen errichtet hat, ausschließlich eine Tatfrage. Denn dabei geht es nicht um den durch Auslegung zu ermittelnden Erblasserwillen.

[25] Soweit der Revisionswerber daher darzulegen versucht, der Verstorbene habe neben dem der Einantwortung an die Witwe zugrunde gelegten Testament weitere letztwillige Anordnungen errichtet, wendet er sich inhaltlich gegen die vom Berufungsgericht gebilligte gegenteilige Feststellung des Erstgerichts. Die Beweiswürdigung der Vorinstanzen kann aber im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (RS0043371). Mit seiner Argumentation, die Witwe habe weitere letztwillige Anordnungen des Fürsten unterdrückt und sei deshalb erbunwürdig, geht der Revisionswerber somit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Schon deshalb muss auf die diesbezüglichen Revisionsausführungen nicht eingegangen werden. Sonstige Gründe, weshalb die gesetzliche Erbfolge nach dem ABGB eintreten hätte sollen, werden in der Revision nicht aufgezeigt.

[26] 4. Ein auf die Rechtsstellung als wahrer, aber übergangener Erbe gestützter Herausgabeanspruch des Klägers gegen die beklagte Partei besteht aber auch aus anderen Gründen nicht:

[27] Da sich die Klage nicht gegen Personen richtet, die den Nachlass aufgrund der Einantwortung erworben haben, also vor allem gegen die Erben oder ihre Universalsukzessoren, liegt keine Erbschaftsklage vor. Dritte Personen könnte der Kläger aber selbst als wahrer, aber übergangener Erbe nicht auf Herausgabe von Nachlasssachen klagen. Denn die Berechtigung, vom Erblasser abgeleitete Einzelrechte durchzusetzen, käme dem Kläger erst mit Rechtskraft eines stattgebenden Urteils über eine Erbschaftsklage zu, mit dem er die Stellung eines eingeantworteten Erben als Universalsukzessor des Erblassers erlangte (dazu 2 Ob 212/19v mwN). Erst dann könnte er unter Umständen das Eigentum an einzelnen Erbschaftsstücken mit der Eigentumsklage verfolgen (§ 823 Satz 2 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015).

[28] 5. Ergebnis:

[29] Der geltend gemachte Herausgabeanspruch des Klägers besteht somit nicht. Die Revision bleibt erfolglos.

[30] 6. Kosten:

[31] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00187.19T.1127.000

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