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OGH vom 13.07.2016, 3Ob101/16y

OGH vom 13.07.2016, 3Ob101/16y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Anne Marie Kosesnik Wehrle als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der G***** GmbH, vertreten durch Kosesnik Wehrle Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei ***** Gebietskrankenkasse, *****, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 312.499,98 EUR sA, über die Revision (Revisionsinteresse 32.736,59 EUR sA) der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 78/15k 23, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 33 Cg 59/14x 19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Abweisung eines Zahlungsbegehrens von 21.482,79 EUR sA und gegen die Abweisung des Begehrens richtet, die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung sei bezüglich weitergeleiteter Auftraggeberhaftungszahlungen in Höhe von 21.482,79 EUR (richtig) mit Rückständen der Schuldnerin aus Sozialversicherungsbeiträgen den Gläubigern im Konkursverfahren der Schuldnerin gegenüber unwirksam, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen, somit im Umfang der Abweisung eines Zahlungsbegehrens von 11.253,80 EUR sA und der Abweisung des Begehrens, die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung sei bezüglich weitergeleiteter Auftraggeberhaftungszahlungen in Höhe von 11.253,80 EUR (richtig) mit Rückständen der Schuldnerin aus Sozialversicherungsbeiträgen den Gläubigern im Konkursverfahren der Schuldnerin gegenüber unwirksam, werden die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage in diesem Umfang zurückgewiesen.

3. Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 12.528,80 EUR bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (darin enthalten 2.060,93 EUR USt, 163,20 EUR Barauslagen) und die mit 1.749,06 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 291,51 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die übrigen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Über das Vermögen der Schuldnerin, die im Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung tätig war, wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom das Konkursverfahren eröffnet und die Klägerin zur Masseverwalterin bestellt.

Die Schuldnerin war spätestens im Jänner 2013 materiell insolvent.

Da die Schuldnerin ab nicht mehr in die von den Sozialversicherungsträgern geführte Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen („HFU Liste“) eingetragen war, zahlten ihre Auftraggeber 25 % des Werklohns mit gegenüber der Schuldnerin schuldbefreiender Wirkung nicht an diese, sondern an das bei der Beklagten eingerichtete Dienstleistungszentrum, das seinerseits 20 % dieser Zahlungen an die Beklagte weiterleitete.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist – nach rechtskräftiger Abweisung eines Begehrens von 279.763,39 EUR sA – das Begehren der Klägerin auf Zahlung von 32.736,59 EUR sA und das (terminologisch falsch gefasste, aber richtig so zu verstehende) Begehren, die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung mit (Forderung der Beklagten) Rückständen der Schuldnerin aus Sozialversicherungsbeiträgen gegen (Forderung der Klägerin) weitergeleitete Auftraggeberhaftungszahlungen (in der Folge: AGH Zahlungen) in Höhe von 32.736,59 EUR sei den Gläubigern im Konkursverfahren der Schuldnerin gegenüber unwirksam.

Dieses Begehren bezieht sich auf folgende AGH Zahlungen:

H***** 603,20

H***** 502,20

T 24,45

M***** 24,59

T 47,18

H***** 49,30

T 206,55

T 469,33

M***** 1.378,22

P***** 4.099,23

P***** 1.156,02

H***** 1.079,66

H***** 636,11

H***** 2.736,77

H***** 2.915,54

H***** 3.763,83

G***** 5.616,64

H***** 5.637,16

T 665,28

H***** 202,66

A***** 922,67

Gesamt 32.736,59

Die Klägerin brachte zusammengefasst vor, die Beklagte habe in Kenntnis bzw jedenfalls in fahrlässiger Unkenntnis der materiellen Insolvenz der Schuldnerin mit diesen AGH Zahlungen gegen Beitragsrückstände der Schuldnerin aufgerechnet. Gemäß § 20 Abs 1 IO sei die Aufrechnung jedoch ausgeschlossen, wenn die Gegenforderung zwar vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erworben worden sei. Erfülle ein Dienstgeber, der nicht in die HFU Liste eingetragen sei, seine Verpflichtung zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, führe jede Zahlung eines Auftraggebers zu einem Rückforderungsanspruch des Beitragsschuldners gegen die Beklagte. Die Beklagte entziehe sich dem Rückforderungsanspruch der Schuldnerin dadurch, dass sie die AGH Zahlungen zur Abdeckung anderer Verbindlichkeiten der Schuldnerin bei der Beklagten verwendet habe.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, sie habe nicht aufgerechnet. Die AGH Zahlungen seien Zahlungen Dritter, die die Auftraggeber an das Dienstleistungszentrum geleistet hätten, um sich von einer ansonsten bestehenden Haftung nach § 67a Abs 2 ASVG zu befreien. Die Überweisung wirke gegenüber dem beauftragten Unternehmen schuldbefreiend. Die Verrechnung der AGH Zahlungen mit Sozialversicherungsbeiträgen ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz und unterliege nicht der Parteiendisposition (§ 67a Abs 6 ASVG). Die Beklagte habe die AGH Zahlungen gemäß § 1416 ABGB zur Tilgung der Beitragsrückstände der Schuldnerin verwendet. § 20 Abs 1 letzter Satz IO sei nicht anzuwenden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Verhältnis von § 67a ASVG zu § 20 IO fehle.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revision eine Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung.

Die Beklagte beantragt, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist, soweit sie sich auf die behauptete Aufrechnung im Umfang eines Betrags von 21.482,79 EUR bezieht, absolut unzulässig.

Im Übrigen ist aus Anlass der insoweit zulässigen Revision von Amts wegen der Nichtigkeitsgrund der Unzulässigkeit des Rechtswegs wahrzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision ist absolut unzulässig, soweit sie behauptete Aufrechnungen mit AGH Zahlungen betrifft, die 5.000 EUR nicht überschreiten.

1.1 Für die Revisionszulässigkeit ist zu überprüfen, ob die AGH Zahlungen zusammenzurechnen sind oder nicht. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln. Diese Regelung ist gemäß § 55 Abs 4 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend.

1.2 Demnach sind mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei erhobenen Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Ein rechtlicher Zusammenhang liegt hier nicht vor, weil die Ansprüche weder aus demselben Vertrag abgeleitet werden noch miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (RIS Justiz RS0037648). Dass alle von der Klägerin behaupteten Aufrechnungen nach ihrem Vorbringen aus demselben Grund unwirksam sind, reicht, vergleichbar der Rechtsprechung zum Anfechtungsrecht (3 Ob 214/15i mwN), nicht aus. Auch der Umstand, dass gegen gleichartige Beitragsschulden des Schuldners bei der Beklagten aufgerechnet worden sein soll, begründet keinen tatsächlichen Zusammenhang (vgl 3 Ob 214/15i mwN).

1.3 Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN ist daher jede einzelne AGH Zahlung für die Zulässigkeit der Revision gesondert zu beurteilen (3 Ob 110/08k mwN).

1.4 Daraus folgt zunächst, dass für sämtliche Rückforderungsansprüche, die sich auf AGH Zahlungen gründen, die 5.000 EUR nicht übersteigen, die Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist.

1.5 Das Begehren, die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung sei den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam, bezieht sich jeweils auf die genannten einzelnen AGH Zahlungen. Es ist daher nach neuerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als geldgleiches Begehren anzusehen, bei welchem der im Begehren bezifferte Geldbetrag den Streitwert bestimmt ( Obermaier , Kostenhandbuch 2 [2010] Rz 569 mwN). Zwar besteht ein unmittelbarer Zusammenhang dieser Begehren, die inhaltlich als Feststellungsbegehren zu qualifizieren sind, mit den korrespondierenden einzelnen AGH Zahlungen. Ausgehend vom Interesse der Klägerin, die die jeweiligen AGH Zahlungen zurückfordert, erhöht das mit dem jeweiligen Rückforderungsanspruch zusammenhängende Feststellungsbegehren den Gesamtstreitwert jedoch nicht im Sinn seiner Verdoppelung. Ein Feststellungsbegehren, das – wie im Ergebnis hier – auf die Feststellung des Bestehens einer Geldforderung gerichtet ist, hat nämlich keinen über das ohnedies gestellte Zahlungsbegehren hinausgehenden Zweck. Diesem Ergebnis entspricht im Übrigen auch die Bewertung des Streitgegenstandes durch beide Parteien.

1.6 Mit Ausnahme jener AGH Zahlungen, deren Streitwert mehr als 5.000 EUR beträgt (AGH Zahlungen vom in Höhe von 5.616,64 EUR und 5.637,16 EUR), ist demnach die Revision als absolut unzulässig zurückzuweisen.

2. Im Übrigen, somit im Umfang eines Begehrens von 5.616,64 EUR und von 5.637,16 EUR samt den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Feststellungs-begehren liegt das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs vor.

2.1 Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist eine absolute, in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung auch von Amts wegen wahrzunehmende Prozessvoraussetzung (1 Ob 1/96 SZ 69/49; 1 Ob 246/14d; RIS Justiz RS0046249 [T4]; RS0046861 [T5]; Garber in Fasching/Konecny 3 I § 42 JN Rz 15).

2.2 Eine den Obersten Gerichtshof nach § 42 Abs 3 JN bindende Entscheidung liegt nicht vor. Die bloß implizite Bejahung der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs (nur) durch meritorische Behandlung des Begehrens reicht für die Annahme einer Entscheidung mit bindender Wirkung nicht aus (3 Ob 23/11w; 1 Ob 246/14d; RIS Justiz RS0039857 [T1]).

2.3 Auch die erforderliche Voraussetzung für die amtswegige Berücksichtigung einer in der untersten Instanz unterlaufenen Nichtigkeit, nämlich das Vorliegen eines zulässigen Rechtsmittels ( Garber in Fasching/Konecny 3 I § 42 JN Rz 15 Abs 2), ist im Umfang der Entscheidung über ein Begehren von 11.253,80 EUR verwirklicht (RIS Justiz RS0041907; Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 § 503 ZPO Rz 63 mwN).

2.4 Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist von den Klagebehauptungen auszugehen. Maßgebend ist die Natur des erhobenen Anspruchs. Es kommt auf den Inhalt und nicht auf den bloßen Wortlaut des Begehrens, aber auch nicht darauf an, ob es berechtigt ist; darüber, ob der behauptete Anspruch auch begründet ist, ist vielmehr erst in der Sachentscheidung abzusprechen. Es ist somit nur wesentlich, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (RIS Justiz RS0045718). Ohne Einfluss ist es hingegen, was der Beklagte einwendet (RIS Justiz RS0045718 [T7]).

2.5 Ausgehend von den somit allein maßgeblichen Klagebehauptungen stützt die Klägerin ihr Begehren darauf, gegen das der Schuldnerin aufgrund der AGH Zahlungen zustehende Beitragsguthaben sei von der Beklagten entgegen der Vorschrift des § 20 Abs 1 IO mit Beitrags (Insolvenz )forderungen aufgerechnet worden. Sie macht damit inhaltlich geltend, die Beklagte habe zu Unrecht mit ihren Beitragsforderungen gegen den Anspruch der Schuldnerin auf Auszahlung des durch die AGH Zahlungen entstandenen Guthabens aufgerechnet.

2.6 § 67a ASVG in der hier noch anzuwendenden Fassung BGBl 2010/58 ordnet in seinem Abs 1 und 2 eine AuftraggeberInnenhaftung für alle vom beauftragten Unternehmen abzuführenden Beiträge und Umlagen bis zum Höchstausmaß von 20 % des geleisteten Werklohns an, wenn kein Befreiungsgrund nach § 67a Abs 3 ASVG vorliegt. Diese Haftung trifft Unternehmen, die einen Auftrag über Bauleistungen an ein anderes Unternehmen mit Dienstnehmern weitergeben. Die Haftung entfällt ua dann, wenn der Auftraggeber 20 % des zu zahlenden Werklohns gleichzeitig mit der Leistung des Werklohns an das Dienstleistungszentrum überweist (§ 67a Abs 3 Z 2 ASVG).

2.7 § 67a Abs 6 ASVG in der anzuwendenden Fassung sieht vor, dass Guthaben auf einem Beitragskonto des beauftragten Unternehmens, die sich aufgrund der Überweisung von Haftungsbeträgen nach § 67a Abs 3 Z 2 ASVG ergeben, über schriftlichen Antrag, der an das Dienstleistungszentrum zu richten ist, durch den jeweils zuständigen Krankenversicherungsträger auszuzahlen sind. Dem Antrag ist ua dann nicht stattzugeben, wenn am Letzten des Kalendermonats nach dem Einlangen des Antrags beim Dienstleistungszentrum nicht alle Beitragskonten des beauftragten Unternehmens ausgeglichen sind (§ 67a Abs 6 Z 1 ASVG). Wird dem Antrag nicht stattgegeben, ist das Guthaben gemäß dem letzten Satz in § 67a Abs 6 ASVG mit offenen Beitragsschulden des beauftragten Unternehmers sowie mit Ansprüchen gegenüber den beauftragten Unternehmen aufgrund einer Haftung nach Abs 1 zu verrechnen.

2.8 Mit der Behauptung, die von der Beklagten vorgenommene „Aufrechnung“ im Sinne des letzten Satzes des § 67a Abs 6 ASVG sei unzulässig, macht die Klägerin inhaltlich – wegen der behaupteten Unwirksamkeit der Aufrechnung – einen Antrag auf Auszahlung eines Guthabens geltend.

2.9 Während § 67a Abs 13 ASVG anordnet, dass Ansprüche aus der Haftung der auftraggebenden Unternehmen im Zivilrechtsweg vor den zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufenen Gerichten geltend zu machen sind, fehlt eine entsprechende Anordnung im Verhältnis Auftragnehmer Sozialversicherung. Diese hat die an das Dienstleistungszentrum bezahlten Abzugsbeträge nach der dargestellten Rechtslage entweder mit Beitragsschulden des Auftragnehmers zu verrechnen oder aber an den Auftragnehmer auszubezahlen. Fraglich ist nun, in welchem Verfahren über die in § 67a Abs 5 und 6 ASVG genannten Fragen zur Verrechnung zu entscheiden ist. Für die Zuordnung zu den Verwaltungssachen spricht, dass § 352 ASVG die Durchführung der und damit aller Bestimmungen des ASVG den Verwaltungssachen zuweist, soweit nicht eine der dortigen Ausnahmen eingreift. § 67a Abs 13 ASVG ist nicht einschlägig, weil das Verhältnis der Sozialversicherung zu einem Dienstgeber nicht die Haftung der Auftraggeber betrifft. Daher sind für Streitigkeiten betreffend die Behandlung von Haftungsbeträgen nicht die Gerichte, sondern jene Krankenversicherungsträger zuständig, denen das Dienstleistungszentrum die Beträge zugewiesen hat. Das muss dann aber auch für Streitigkeiten über die Frage gelten, ob ein „Guthaben“ auszubezahlen oder gemäß den Anordnungen in § 67a ASVG zu verrechnen ist ( Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil , Der SV Komm [2012] § 67a ASVG Rz 72; Derntl in Sonntag , ASVG 7 [2016] § 67a Rz 35 mwN; differenzierend nach dem Grund der Ablehnung Bartos , Praxisleitfaden Auftraggeberhaftung in der Bauwirtschaft 2 [2015] 72 f).

2.10 Damit erübrigt sich eine inhaltliche Überprüfung, ob überhaupt eine Aufrechnung vorliegt, bejahendenfalls, ob der Tatbestand des § 20 Abs 1 Fall 3 IO erfüllt ist, der nach seinem Wortlaut voraussetzt, dass der Schuldner des Insolvenzschuldners eine Aktiv (gegen )forderung gegen den Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erwarb und er zu diesem Zeitpunkt die Zahlungsunfähigkeit des späteren Insolvenzschuldners kannte oder kennen musste (vgl dazu Fichtinger , Die gesetzliche Aufrechnung im Insolvenzverfahren [2016] 277 ff).

3. Für die vom Nichtigkeitsgrund betroffenen Verfahrensteile ist mit Kostenaufhebung vorzugehen, weil beide Parteien ein Verschulden an der Einleitung und Fortführung des Verfahrens trotz des Nichtigkeitsgrundes trifft (RIS Justiz RS0035966). Die Beklagte hat auf den Nichtigkeitsgrund nicht verwiesen.

Das bedingt eine Neuberechnung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens, die zu einer Korrektur des Kostenzuspruchs an die Beklagte auf Basis (bloß) jenes Begehrens führt, das rechtskräftig abgewiesen wurde ( Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 174).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich darauf, dass die Beklagte auf die absolute Unzulässigkeit der Bekämpfung der berufungsgerichtlichen Entscheidung im Umfang eines Begehrens von 21.482,79 EUR sA nicht hingewiesen hat (vgl RIS Justiz RS0035962 [T22]) und dass im Übrigen die Verfahrenskosten im Umfang des vom Nichtigkeitsgrund betroffenen Begehrens aufzuheben sind.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00101.16Y.0713.000