OGH 29.09.2016, 2Ob185/16v
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** L*****, vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in Innsbruck, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. Kurt Bayr und Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 60.470,10 EUR sA und Rente, aus Anlass der „außerordentlichen“ Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 80/16w-72, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 69 Cg 15/14a-68, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte 60.470,10 EUR sA sowie Rente.
Das Erstgericht sprach 28.630,40 EUR sA zu und wies das restliche Klagebegehren unbekämpft und daher rechtskräftig ab.
Diese Entscheidung wurde nur von der Beklagten, und zwar im Umfang des Zuspruchs eines Betrags von 11.452,20 EUR sA (betreffend die Ansprüche wegen des Todes der Gattin des Klägers) bekämpft, sodass sich der Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts mit diesem Betrag ergibt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Dagegen richtet sich die „außerordentliche“ Revision der Beklagten, welche das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Diese Aktenvorlage ist verfehlt.
Die Zulässigkeit der Revision richtet sich nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.
Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel (Revision) auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht 2. Instanz zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen.
Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei.
Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).
Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
Die Akten sind daher dem Erstgericht zurückzustellen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Veith als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. E. Solé, den Hofrat Dr. Nowotny und die Hofrätinnen Mag. Malesich und Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** L*****, vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Schwarzenberg-platz 7, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 60.470,10 EUR sA und Rente, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 80/16w-72, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 69 Cg 15/14a-68, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 860,58 EUR (darin enthalten 143,43 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Die Revisionswerberin bekämpft ausschließlich die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung. Dieser liegt ein Auffahrunfall auf der nach Osten führenden Richtungsfahrbahn der Inntalautobahn zugrunde. Die Vorinstanzen teilten das Verschulden im Verhältnis 2 : 1 zu Lasten des Beklagten.
Der Revisionswerber hält diese Verschuldensteilung in seiner nachträglich zugelassenen Revision für grob unrichtig, verweist dazu aber erneut nur auf die Entscheidungen 2 Ob 27/87 und 2 Ob 192/83 (richtig: 8 Ob 192/83), wo jeweils dem Auffahrenden das volle Verschulden zugewiesen worden sei.
Damit vermag der Rechtsmittelwerber aber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sodass die Entscheidung entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt:
Die vom Revisionswerber zitierten Entscheidungen betreffen Fälle, in denen ein Verkehrsteilnehmer wegen Treibstoffmangels bzw nach einem Unfall – und somit ohne Verstoß gegen § 46 Abs 3 StVO – zum Stillstand kam, während hier für das Fahrmanöver des LKW-Lenkers kein von dieser Bestimmung anerkannter Grund bestand und das Verhalten zusätzlich grob gegen § 20 Abs 1 letzter Satz StVO verstieß. Die mangelnde Vergleichbarkeit dieser Fälle mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt hat bereits das Berufungsgericht mit vertretbarer Begründung dargelegt. Ein Abweichen von sonstiger, einschlägiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung wird im Rechtsmittel hingegen nicht aufgezeigt.
Im Übrigen ist die Beurteilung des Verschuldensgrades unter Anwendung der richtig dargestellten Grundsätze und das Ausmaß eines Mitverschuldens des Geschädigten wegen ihrer Einzelfallbezogenheit nicht als erhebliche Rechtsfrage anzusehen (RIS-Justiz RS0087606, RS0042405).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Zivilverfahrensrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00185.16V.0929.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAD-31556