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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 24.10.2011, RV/0113-K/08

Bemessungsgrundlage bei geltend gemachtem Pflichtteilsanspruch

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Notar, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Erbschaftssteuer

entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Erbschaftssteuer, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 66.342,00, festgesetzt mit € 3.317,10. Bisher war vorgeschrieben € 3.390,00.

Entscheidungsgründe

Der 2006 verstorbene Max.Mustermann hatte in seiner gültigen letztwilligen Erklärung seine Gattin zur alleinigen Erbin seines gesamten Vermögens bestimmt. Die gemeinsamen Töchter der beiden, die Berufungswerberin (in der Folge auch bloß: Bw.) und deren Schwester, hatte der Erblasser nicht erwähnt.

Die erblasserische Witwe gab im Verlassenschaftsverfahren zum gesamten Nachlass eine unbedingte Erbantrittserklärung ab. Im hinterlassenen Vermögen befanden sich zwar einige Liegenschaften, abgesehen von einem Giralgeld in Höhe von ca. € 1.500,00 jedoch kein weiteres Geldvermögen mehr. Die Töchter machten ihre Pflichtteilsansprüche geltend.

Im gleichzeitig getroffenen Pflichtteilsübereinkommen waren die Ansprüche der Töchter mit jeweils € 70.000,00 bewertet und deren Abgeltung gesonderten Urkunden vorbehalten worden.

Aus dem erstatteten Vermögensbekenntnis ist erweislich, dass bei der Mutter der Bw. die Steuerfreiheit für das ihr zugekommene endbesteuerte Vermögen - Giralgeld in Höhe von rd. € 1.500,00 - erbschaftssteuerlich nicht zum Tragen kommen könnte, da die Passiva - insbesondere die Pflichtteilsansprüche - die Aktiva weit über den genannten Betrag hinaus überstiegen hatten.

Der Nachlass war dann antragsgemäß der Mutter als Alleinerbin eingeantwortet worden.

Bereits mit Kaufvertrag vom hatte die Bw. von einer dritten Person eine Eigentumswohnung um einen Kaufpreis von € 110.000,00 erworben. Für diesen Ankauf war der Bw. schon vorweg von ihrer alleinerbenden Mutter der dann mit € 70.000,00 festgelegte Pflichtteilsbetrag zur Verfügung gestellt worden.

Ausgehend von diesem sich aus dem Akteninhalt ergebenden, unbestritten gebliebenen und als unbedenklich auch vom Unabhängigen Finanzsenat seiner Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt setzte das Finanzamt mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid Erbschaftssteuer in Höhe von € 3.390,00 fest. Dabei brachte das Finanzamt den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch mit dem Nennwert, also mit € 70.000,00, in Ansatz.

Ihre dagegen fristgerecht eingebrachte Berufung begründete die Bw. damit, sie habe von ihrer Mutter als Pflichtteilsabgeltung einen Geldbetrag zweckgebunden zum Ankauf einer Eigentumswohnung zur Verfügung gestellt bekommen. Zur Befestigung dieser Vereinbarung sei sogar ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Mutter grundbücherlich eingetragen worden. Es werde daher beantragt, die Erbschaftssteuer vom dreifachen Einheitswert der Eigentumswohnung zu bemessen.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung brachte die Bw. in ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz noch vor, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise und im Lichte des Erkenntnisses des , müsste auch im vorliegenden Fall die Besteuerung nach dem dreifachen Einheitswert erfolgen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der oben dargelegte entscheidungsrelevante Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu würdigen:

Gemäß dem auf den Berufungsfall noch anwendbaren § 1 Abs. 1 Z 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) unterliegen Erwerbe von Todes wegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz.

Nach § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

Der Pflichtteilsberechtigte ist kein Erbe. Sein Anspruch ist eine Forderung auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld, jedoch kein Anspruch auf einen aliquoten Teil des Nachlasses; der Pflichtteilsberechtigte als Noterbe ist also einem Gläubiger gleichzuhalten (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 38 mit umfangreichen Judikaturzitaten).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seinem Erkenntnis vom , 98/16/0365, ausgesprochen, dass der Geldanspruch des Pflichtteilsberechtigten Erwerbsgegenstand bleibt, unabhängig davon, wie und durch welche Leistung der Anspruch zum Erlöschen gebracht wird. Dabei stützte sich der VwGH auch auf die damalige Auffassung des deutschen BFH, zum Ausdruck gebracht im Urteil vom , II R 52/96, DStR 1998, 1957. Darin führte der BFH aus, dass sowohl bürgerlich-rechtlich als auch erbschaftssteuerrechtlich der Geldanspruch des Pflichtteilsberechtigten - unabhängig davon, wie und durch welche Leistung der Geldanspruch zum Erlöschen gebracht worden ist - Erwerbsgegenstand bleibe. Nimmt der Pflichtteilsberechtigte eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs Statt an, führe dies zwar zum Erlöschen des ursprüngichen Schuldverhältnisses, der im Zeitpunkt der Steuerentstehung maßgebliche Inhalt des Pflichtteilsschuldverhältnisses werde dadurch jedoch nicht berührt. Diese Judikaturlinie hat der BFH dann in der Folge beibehalten (vgl. etwa die Urteile vom , II R 11/01, DStR 2002, 1527, und vom 19. Uli 2006, II R 1/06, zitiert in Fellner, a.a.O., Rz 43 d). Auch der UFS, Entscheidung vom , RV/0618-L/02, vertritt diese Ansicht, wonach nicht der Wert der vom Pflichtteilsberechtigten zur Abgeltung seines Anspruches übernommenen Grundstücke, sondern der Nominalwert der Pflichtteilsforderung der Erbschaftssteuer unterliegt.

Im gegenständlichen Fall hatte die Bw. ihren Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und in Erfüllung desselben einen Geldbetrag von € 70.000,00 erhalten. Im Hinblick darauf, dass der Kaufpreis der Eigentumswohnung € 110.000,00 betragen hatte und der ausbezahlte Pflichtteil nur € 70.000,00, konnte die Bw. weder von der Mutter noch vom Erblasser eine Liegenschaft erworben haben, schon gar nicht eine Liegenschaft aus dem Nachlass. Diese Liegenschaften waren unstrittig der erblasserischen Witwe eingeantwortet worden. Der Bw. war lediglich ein Geldbetrag zur teilweisen Finanzierung des Wohnungsankaufes zur Verfügung gestellt worden. Daraus folgt aber, dass das Finanzamt im angefochtenen Bescheid richtigerweise den Nominalwert der Pflichtteilsforderung in Ansatz gebracht hatte, weshalb der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Wenn nun die Bw. dagegen das Erkenntnis des , ins Treffen führt, so ist sie darauf hinzuweisen, dass dort die erbschaftsteuerrechtliche Beurteilung von endbesteuertem Kapitalvermögen Verfahrensgegenstand war. Andere Entscheidungen des VfGH , etwa vom , B 66/81, oder vom , B 522/83, betrafen zwar die Hingabe von Liegenschaften. Die Erwägungen des VfGH indes bezogen sich lediglich auf ein mögliches Konkurrenzverhältnis von Erbschaftssteuer und Grunderwerbsteuer und konnten schon deshalb für das vorliegende Berufungsverfahren nicht herangezogen werden.

Zum Einwand der Bw., wirtschaftlich betrachtet müsste man verfassungskonform auch in ihrem Fall nur den dreifachen Einheitswert der erworbenen Eigentumswohnung als Bemessungsgrundlage heranziehen, wird bemerkt, dass keine Steuerrechtsmaterie von vornherein von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ausgeschlossen ist. Sie tritt jedoch bei den Verkehrsteuern insoweit in den Hintergrund, als das Steuergesetz die Abgabepflicht an bestimmte, in der Außenwelt in Erscheinung tretende Tatbestände knüpft (Fellner, a.a.O., Rz 32 zu § 1, mit umfangreichen Judikaturhinweisen). Da die Erbschafts- und Schenkungssteuer an Rechtsvorgänge anknüpft, tritt die wirtschaftliche Betrachtungsweise in den Hintergrund und ist eine formalrechtliche Beurteilung geboten. Auch damit vermochte die Bw. nicht, eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides aufzuzeigen.

Ungeachtet dessen konnte der Bescheid jedoch wenigstens teilweise zum Vorteil der Bw. abgeändert werden. Nach der Judikatur des VfGH ist die Erbschaftssteuer nämlich nicht nur dann abgegolten, wenn endbesteuertes Vermögen als Erbschaft anfällt oder als Vermächtnis ausgesetzt wird. Die Erbschaftssteuer ist auch dann im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG abgegolten, wenn in Abgeltung des Pflichtteilsanspruches oder im Zuge der Erbauseinandersetzung endbesteuertes Nachlassvermögen zugewiesen wird (, B 130/97, B 132/97).

So befand sich im Nachlassvermögen des Vaters der Bw. endbesteuertes Vermögen auf einem Bankkonto mit einem Betrag von exakt € 1.457,64. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser Betrag der Bw. zugekommen ist, sei es auch bloß als Surrogat aus anderen endbesteuerten Kapitalien der Mutter, ist in dieser Hinsicht die Entscheidung des , zu beachten. Darin - und auch im Erkenntnis vom , B 3551/05, beide zitiert bei Fellner, a.a.O., Rz 43 e - führte der VfGH aus, dass es im Wesen der Endbesteuerung liegt, dass ein im Nachlass befindliches endbesteuertes Kapitalvermögen genau in jenem Umfang, also zur Gänze, der Abgeltungswirkung teilhaftig werden muss. Sollte sich die Steuerbefreiung für das endbesteuerte Vermögen beim primär berufenen Erben nicht in voller Höhe ausgewirkt haben, etwa weil der nach Abzug aller Verbindlichkeiten und sonstigen Befreiungen verbliebene steuerpflichtige Erwerb niedriger ist als das endbesteuerte Vermögen, so muss der überschießende Steuervorteil eben den übrigen Beteiligten (Pflichtteilsberechtigte, Legatare) zu Gute kommen. Dies gilt auch dann, wenn diese gar nicht das endbesteuerte Vermögen selbst, sondern nur ein Realisat daraus erhalten haben. Für das vorliegende Verfahren ist relevant, dass bei der Mutter die Befreiung für das endbesteuerte Vermögen nicht zum Tragen gekommen und ein nicht ausgenutzter, überschießender Steuervorteil aus dem Titel des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG im Ausmaß von € 1.457,64 übriggeblieben ist.

Im Lichte dieser Erwägungen war daher der Nominalwert der Pflichtteilsforderung von € 70.000,00 um den Freibetrag gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG in Höhe von € 2.200,00 und um den bei der Erbin nicht ausgenutzten überschießenden Steuervorteil im Ausmaß von € 1.457,64 zu kürzen. Der abgerundete steuerpflichtige Erwerb im Betrag von 66.342,00 ergibt in der Steuerklasse I die neu festzusetzende Erbschaftssteuer in Höhe von € 3.317,10.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Pflichtteilsanspruch
Abgeltung
Erwerbsgegenstand
überschießender Steuervorteil

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at