Keine Anwendung der Vortragsgrenze auf Gewinne, die von einem Konkursverfahren oder gerichtlichen Ausgleichsverfahren betroffen sind, im Jahr 2005
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr1, vertreten durch Stb., Adr2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A. vom betreffend Einkommensteuer 2005 (Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO) nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Der Berufung wird im Umfang der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben bleiben gegenüber der Berufungsvorentscheidung vom unverändert und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Im Jahr 2005 hielt der Berufungswerber (Bw.), ein deutscher Staatsbürger, bei beschränkter Steuerpflicht eine Kommanditbeteiligung an der B. KG. Über das Vermögen der KG wurde am ein Ausgleichsverfahren bzw. am der Anschlusskonkurs eröffnet. Mit Beschluss des Landesgerichtes c. vom wurde der Konkurs aufgehoben.
In der für das Jahr 2005 eingereichten Einkommensteuererklärung wies der Bw. zunächst noch keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus, weil sie ihm unbekannt waren. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom betrug daher der Gesamtbetrag der Einkünfte € 0,00. Da eine Mitteilung über die gesonderte Feststellung für das Jahr 2005 vom Einkünfte des Bw. aus Gewerbebetrieb an der B. KG iHv € 29.561,02 gemäß § 188 BAO feststellte, änderte das Finanzamt mit Bescheid vom den Einkommensteuerbescheid vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO und setzte Einkommensteuer iHv € 11.199,96 fest.
In der Berufung vom beantragte der Bw. einen Verlustvortrag zur Gänze und in voller Höhe (nämlich € 38.308,56) zuzulassen, da gemäß § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 ausschließlich Gewinne beinhaltet seien, die von einem gerichtlichen Ausgleichsverfahren betroffen seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2008 insoweit abgeändert, als bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv € 29.561,02 ein Verlustabzug von € 22.170,76 als Sonderausgaben in Abzug gebracht wurde und Einkommensteuer iHv € 2.043,27 festgesetzt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Verlustvortrag gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt worden sei.
Im dagegen rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag wurden die in der Berufung gestellten Anträge (insbesondere auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides) wiederholt und zusätzliche Begründungen angekündigt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob bei der Veranlagung 2005 der Verlustvortrag gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 iVm § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 zu 75 % iHv € 22.170,76 (so das Finanzamt) oder zu 100 % iHv € 29.561,02 (so der Bw.) zu berücksichtigen ist.
Die Höhe des im angefochtenen Bescheid enthaltenen Gewinnanteiles an der B KG ist unstrittig. Gegen die Berechnung der Einkommensteuer wurde auch kein Einwand erhoben.
Ausgelöst durch das Konkursverfahren wurde vom Masseverwalter der KG, an der der Bw. beteiligt war, der Betrieb der KG im Jahr 2001 eingestellt und sämtliches vorhandenes Vermögen in den Jahren 2001 bis 2003 verwertet. Der Komplementär konnte durch Bezahlung von Ausgleichsquoten in den Jahren 2005 und 2006 einen Zwangsausgleich erfüllen und sich dadurch von seiner persönlichen Haftung befreien (siehe Berufung der KG vom ; ESt-Akt 2005 S 12ff).
§ 2 Abs. 2b EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung lautet: "Sind bei Ermittlung des Einkommens Verluste zu berücksichtigen, die in vorangegangenen Jahren entstanden sind, gilt Folgendes:
Z 1. In vorangegangenen Jahren entstandene und in diesen Jahren nicht ausgleichsfähige Verluste, die mit positiven Einkünften aus einem Betrieb oder einer Betätigung zu verrechnen sind, können nur im Ausmaß von 75% der positiven Einkünfte verrechnet werden (Verrechnungsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht verrechnet werdenkönnen, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Verrechnungsgrenze zu verrechnen.
Z 2. Vortragsfähige Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 können nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden (Vortragsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Vortragsgrenze abzuziehen. Dies gilt auch für Verluste im Sinne des § 117 Abs. 7 zweiter Satz insoweit, als diese Verluste wegen der Vortragsgrenze nicht abgezogen werden können.
Z 3. Insoweit in den positiven Einkünften oder im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind
- Sanierungsgewinne (§ 36 Abs. 1) oder
- Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne, das sind Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, weiters Liquidationsgewinne, sind die Verrechnungsgrenze und die Vortragsgrenze nicht anzuwenden. "
Die Z 3 des § 2 Abs. 2b EStG 1988 sieht in der ab anzuwendenden Fassung vor, dass die Verrechnungsgrenze und die Vortragsgrenze insoweit nicht anzuwenden sind, als in den positiven Einkünften oder im Gesamtbetrag der Einkünfte Sanierungsgewinne (im Sinne des § 36 Abs. 1), Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne oder (bei Körperschaften) Liquidationsgewinne enthalten sind.
Sanierungsgewinne sind nach § 36 Abs. 1 EStG 1988 Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind. Nach der gesetzlichen Definition und der zu dieser Bestimmung ergangenen langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem begünstigten Sanierungsgewinn nur gesprochen werden, wenn es sich um den in Sanierungsabsicht vorgenommenen Nachlass betrieblicher Schulden im Rahmen allgemeiner Sanierungsmaßnahmen der Gläubiger eines sanierungsbedürftigen Betriebes handelt, wobei die Maßnahmen geeignet sein müssen, den Betrieb vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (vgl. Doralt/Heinrich, EStG11, § 36 Tz. 69 und die dort zitierte Judikatur). Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (z.B. ). Gegen die Sanierungseignung spricht eine Betriebseinstellung nach der versuchten Sanierung, das Unterbleiben der Ertragsfähigkeit, das Eintreten weiterer Verluste, ein Missverhältnis zwischen den flüssigen Mitteln und der weiter bestehenden Schuldenlast (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Wanke, EStG 1988, § 36 Anm. 8).
Da der Betrieb der KG im Jahr 2001 eingestellt wurde, kann ein Sanierungsgewinn mangels Sanierungseignung begrifflich nicht vorliegen.
Es liegen auch keine Hinweise vor, dass ein weiterer Ausnahmetatbestand (Veräußerungsgewinn, Aufgabegewinn oder Liquidationsgewinn) der Z 3 vorliegen würde.
Die Möglichkeit, Gewinne, die von einem Konkursverfahren oder einem gerichtlichen Ausgleichsverfahren betroffen sind, bei der Berechnung der Vortragsgrenze nach § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 ungekürzt anzusetzen, wird vom Gesetzgeber erst im AbgÄG 2005, BGBl I 161/2005, vorgesehen, welches erst ab Veranlagungen 2006 zur Anwendung kommen kann.
Da aus den dargelegten Gründen eine Ausnahme von der Verrechnungs-und Vortragsgrenze für Gewinne, die von einem gerichtlichen Ausgleichsverfahren betroffen sind, für das Jahr 2005 nicht vorgesehen ist , kommt die in der Z 3 des § 2 Abs. 2b EStG 1988 vorgesehene Ausnahme von der Verrechnungs- bzw. Vortragsgrenze nicht zur Anwendung. Die Berufung war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at