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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 07.10.2011, RV/0531-G/10

Höhe der Kosten der doppelten Haushaltsführung (Miete für Wohnung am Beschäftigungsort)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0531-G/10-RS1
Die Grenze der - als Kosten der doppelten Haushaltsführung - abziehbaren Wohnungskosten ist mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort zu ziehen (zB ). Die Beurteilung, ob eine "zweckentsprechende Wohnung" vorliegt, hat unter Bedachtnahme auf die Verhältnisse des Einzelfalles zu erfolgen ().
RV/0531-G/10-RS2
Eine durchschnittlich ausgestattete, rund 82 m² große 3-Zimmer-Wohnung mit einem ortsüblichen Durchschnittsmietzins kann - für die Beurteilung der steuerlich maßgeblichen Kosten der doppelten Haushaltsführung - durchaus als "zweckmäßige Wohnung" angesehen werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., vertreten durch GT Grazer Treuhand STB GmbH & Partner KG, 8010 Graz, Petersgasse 128a, vom bzw. vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom sowie vom betreffend Einkommensteuer für 2007 bzw. 2008 entschieden:

Den Berufungen wird Folge gegeben.

Die Einkommensteuer für 2007 wird festgesetzt mit € 3.123,90 (bisher lt. angefochtenem Bescheid: € 5.238,60).

Die Einkommensteuer für 2008 wird festgesetzt mit € 26.367,50 (bisher: € 28.178,47).

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen; diese bilden einen Bestandteil des Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

(1) Streit besteht im vorliegenden Fall ausschließlich darüber, in welcher Höhe die Kosten für die Wohnung am Beschäftigungsort steuerlich berücksichtigt werden können.

Der Berufungswerber (Bw.), ein Profifußballer, machte im Jahr 2007 bei seinen nichtselbständigen Einkünften ua. Kosten für die doppelte Haushaltsführung (im Wesentlichen Miete und Betriebskosten für eine Wohnung in Mödling) iHv. insgesamt € 11.009,78 als Werbungskosten geltend.

Laut vorliegendem Mietvertrag handelte es sich bei dem Mietobjekt um eine 82,3 m² große 3-Zimmer-Wohnung samt Keller und Autoabstellplatz. Der vereinbarte Mietzins einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer betrug monatlich € 870,--. Der Vertrag wurde für die Dauer von drei Jahren abgeschlossen.

Neben der Miete machte der Bw. auch die Maklerprovision iHv. € 1.740,-- (zweifache Bruttomiete) als Abzugsposten geltend.

(2) Im angefochtenen Bescheid nahm das Finanzamt eine Kürzung der beantragten Vermittlungsprovision sowie der oa. Kosten der doppelten Haushaltsführung vor und begründete dies damit, dass nur die Kosten für eine Kleinwohnung (max. 55 m²) anerkannt werden könnten. Daher seien nur 66,82% der beantragten Wohnungskosten (Miete und Provision) zu gewähren. Dieser Argumentation folgend verminderte das Finanzamt die geltend gemachte Provision auf rund € 1.163,-- und die "Wohnungskosten" auf rund € 7.357,--.

In seiner ergänzenden Bescheidbegründung vom führte das Finanzamt aus, es seien nur jene Kosten absetzbar, die der Steuerpflichtige für eine zweckentsprechende Wohnung für sich allein aufwenden muss. Als zweckentsprechende Wohnung für eine Person sei eine Kleinwohnung mit einer Größe von maximal 55 m² anzusehen. Das Finanzamt verwies hiezu auf das VwGH-Erkenntnis 95/14/0096 vom .

(3) Die dagegen erhobene Berufung wird im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Bw. sei Profifußballer bei einem Wiener Verein, habe aber seinen Familienwohnsitz in Graz. Ein tägliches Pendeln zwischen Wien und Graz sei unzumutbar, weshalb der Bw. die gegenständliche Wohnung angemietet habe. In der vom Finanzamt zur Begründung herangezogenen VwGH-Entscheidung seien die Kosten für eine Wohnung mit 96 m² als sachgerecht qualifiziert worden. Überdies dürften nach Rz 349 der LStR lediglich die Kosten einer durchschnittlichen Hotelunterkunft (monatlich € 2.200,--) nicht überschritten werden. Laut einer Entscheidung des käme es für die Abzugsfähigkeit nur auf die Kosten, nicht aber auf die Größe einer Wohnung an. Dazu komme, dass der Bw. als Profifußballer körperlich jederzeit in absoluter Topverfassung sein müsse. Daher müsse er auch zu Hause Konditions- und Gymnastikeinheiten durchführen, weshalb eine entsprechende Zimmergröße zwingend notwendig sei. Aus diesem Grund sei bei ihm das Wort "zweckentsprechend" anders auszulegen, weshalb zwangsläufig eine größere Quadratmeteranzahl zum Ansatz kommen müsse.

(4) Mit seiner Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die als Kosten der doppelten Haushaltsführung abzugsfähigen unvermeidbaren Mehraufwendungen würden sich laut LStR auf eine Kleinwohnung von maximal 55 m² beziehen. Darüber hinausgehende Wohnkosten seien gemäß § 20 Abs. 1 EStG nicht abzugsfähig. Außerdem habe eine Internetrecherche ergeben, dass im Raum Mödling zahlreiche Kleinwohnungen (bis zu 66 m²) zu einer günstigeren Gesamtmiete von rund € 500,-- bis € 640,-- angeboten würden. Die durchschnittlichen Hotelkosten von € 2.200,-- seien nur dann maßgeblich, wenn es sich um eine vorübergehende Hotelunterbringung oder um einzelne Nächtigungen innerhalb eines Monats handle. Zum Argument der erforderlichen Durchführung von Konditions- und Gymnastikeinheiten werde auf § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG verwiesen, wonach Aufwendungen für die Lebensführung nicht abgezogen werden dürfen, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe und sie der Förderung des Berufes des Steuerpflichtigen dienlich seien. Gymnastikeinheiten seien überdies auch in kleinen Räumen durchführbar.

(5) Im Vorlageantrag brachte der Bw. zusätzlich vor, dass Profifußballer sehr oft den Verein wechseln würden, weshalb die rasche Kündbarkeit von Mietverträgen eine "unbedingte Erfordernis" sei. Nicht jeder Vermieter sei bereit, eine jederzeitige Kündbarkeit einzuräumen. Der Bw. habe jedoch eine entsprechende Klausel in seinem Mietvertrag "eingebaut", welcher Umstand es jedenfalls rechtfertige, den geringfügig höheren Mietzins in Kauf zu nehmen. Es sei auch nicht vorgesehen, dass ein Abgabenpflichtiger bei der Wahl des Zweitwohnsitzes unbedingt die billigste Lösung zu wählen habe.

(6) In seiner Erklärung für das Jahr 2008 machte der Bw. als Kosten der doppelten Haushaltsführung einen Betrag von € 10.918,93 geltend. Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2008 kürzte das Finanzamt diesen Betrag auf € 7.296,98 (= 66,82% der beantragten Kosten) und verwies diesbezüglich auf die "vorjährige Begründung". Auch gegen diesen Bescheid wurde - unter Hinweis auf die Begründung in der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 - fristgerecht Berufung erhoben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Das Finanzamt hat im Berufungsfall das Vorliegen der Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach anerkannt. Strittig ist jedoch, in welcher Höhe die Kosten der doppelten Haushaltsführung (im Wesentlichen die Kosten der Mietwohnung am Beschäftigungsort) steuerlich abzugsfähig sind.

Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, werden als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen sein, bei der sie erwachsen sind (zB , sowie ).

Die Grenze der abziehbaren Wohnungskosten ist mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort zu ziehen (vgl. zB , und , sowie Hofstätter/Reichel, EStG-Kommentar, Tz 3 zu § 16 Abs. 1 Z 6).

Die Abgabenbehörde erster Instanz beruft sich im angefochtenen Bescheid auf das oben zitierte Erkenntnis vom und leitet aus diesem ab, dass nur die Kosten einer Kleinwohnung am Beschäftigungsort abziehbar seien, wobei sie weiters für eine solche Kleinwohnung eine Wohnungsgröße von maximal 55 m² als maßgeblich erachtet.

Dem Finanzamt kann in dieser Beurteilung nicht gefolgt werden. Im Beschwerdefall des Erkenntnisses 95/14/0096 vom stand nicht konkret die Größe der am Beschäftigungsort zur Verfügung stehenden Wohnung in Streit. Die (damals) belangte Behörde ging vielmehr (für das Streitjahr 1992) davon aus, dass abzugsfähige Kosten für eine Zweitwohnung am Arbeitsort in Höhe von ATS 3.000 monatlich genügten, weil Aufwendungen in dieser Höhe auch für die von der Bf. in den Vorjahren benützte Wohnung (die im Übrigen 96 m² umfasste) ausgereicht hätten, um ihre Wohnbedürfnisse abzudecken; die - höheren - Kosten aus dem Ankauf einer Eigentumswohnung im Streitjahr seien daher nicht abziehbar. Im zitierten Erkenntnis brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass die Bf. keine Unschlüssigkeit der diesbezüglichen Beweiswürdigung der belangten Behörde aufgezeigt habe, sodass die Beschwerde erfolglos blieb. Aus der Entscheidung geht aber klar hervor, dass durchaus auch eine Wohnung mit einer Größe von 96 m² als "zweckentsprechend" erachtet werden kann.

Die Beurteilung der Frage, ob eine "zweckentsprechende Wohnung" am Beschäftigungsort vorliegt, kann sohin keinesfalls allein an Hand der Wohnungsgröße vorgenommen werden. Diese Beurteilung hat vielmehr stets unter Bedachtnahme auf sämtliche Verhältnisse des Einzelfalles zu erfolgen (; vgl. zB auch , wonach es primär auf die Kosten und nicht auf die Wohnungsgröße ankomme).

Das Finanzamt beschränkt sich in seiner Entscheidungsbegründung nahezu ausschließlich auf die Wohnungsgröße. Der UFS geht jedoch davon aus, dass eine durchschnittlich ausgestattete, rund 82 m² große 3-Zimmer-Wohnung (Wohnküche und zwei Schlafzimmer) mit einem ortsüblichen Durchschnittsmietzins grundsätzlich als "zweckmäßige Wohnung" für eine Person angesehen werden kann. Dass eine allein wohnende Person neben Wohnzimmer und Schlafzimmer über einen weiteren (dritten) Raum verfügt (den sie etwa als Arbeitsraum oä. nutzt) kann nicht als unüblich bzw. "unzweckmäßig" (im Sinne der oa. Rechtslage) angesehen werden. Dazu kommt, dass Meisterschaftsspiele bekanntermaßen überwiegend an Wochenenden stattfinden und der Bw. als Profifußballer folglich des Öfteren auch an Wochenenden am Beschäftigungsort aufhältig sein musste, welcher Umstand nach Meinung des Referenten umso mehr die Inanspruchnahme eines allenfalls (geringfügig) größeren Raumangebotes (3 Zimmer) rechtfertigt. Im Berufungsfall ist zudem auf folgende Umstände zu verweisen:

-- Der Bw. hat seine Zweitwohnung in Mödling angemietet, Beschäftigungsort ist Wien. In der Bundeshauptstadt sind jedoch die Mietpreise tendenziell höher.

-- Das Finanzamt verweist darauf, dass einer Internetrecherche zufolge im Raum Mödling zahlreiche (kleinere) Wohnungen zu günstigeren Gesamtmieten (nämlich um bis zu € 640,-- pro Monat) angeboten würden. Indem die Abgabenbehörde erster Instanz eine Kürzung der vom Bw. tatsächlich getragenen Miete von monatlich € 870,-- auf rund 67% vornimmt, gelangt sie im Ergebnis zu einem "zweckmäßigen" Aufwand von € 582,--, sohin also zu einer unter dem von ihr selbst als angemessen betrachteten Monatsbetrag von € 640,-- liegenden Gesamtmiete.

-- Eine Sichtung der im Raum Mödling angebotenen Mietwohnungen durch den Referenten (via Internet) hat ergeben, dass ebenso zahlreiche größere bzw. (trotz ähnlicher Größe) teurere, aber auch neuere, sowie exklusivere Objekte angeboten werden, so zB. eine Wohnung mit 116 m² um € 1.854,--, eine Neubauwohnung mit 76 m² um € 950,--, eine 3-Zimmer-Wohnung mit 89 m² um € 997,-- (jeweils unter http://derstandard.at/anzeiger/immoweb), weiters etwa eine Dachgeschoßwohnung mit 115 m² um € 1.684,-- oder eine Mietmaisonette mit 103 m² um € 1.500,-- (www.wohnnet.at) uva. Die vom Bw. gemietete Wohnung liegt daher hinsichtlich der Miethöhe sowie hinsichtlich Größe und Ausstattung nach ha. Ansicht jedenfalls im Durchschnitt, wenn nicht gar im unteren Durchschnitt.

-- Der durchschnittliche Nettomietpreis beträgt im Bezirk Mödling € 8,50 je m² (www.immopreisatlas.at). Die vom Bw. zu zahlende Miete beträgt € 7,20 je m² (Nettomiete insgesamt € 601,--) und liegt damit deutlich unter dem Durchschnittspreis.

-- Laut einer Information auf www.my-immobilien.at/mieten sind Immobilien mit 3 Zimmern die günstigsten Mietangebote in Mödling.

Abschließend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Wohnungsgröße allein nicht ausschlaggebend sein kann. Keinesfalls kann aus der Judikatur des VwGH entnommen werden, dass lediglich Mietkosten für eine (Zweit-)Wohnung mit höchstens 55 m² steuerlich abzugsfähig sein sollen. Aus dem bereits zitierten VwGH-Erkenntnis vom , auf das sich das Finanzamt selbst beruft, geht vielmehr sogar hervor, dass bei Beurteilung der Frage der Berücksichtigung von Kosten der doppelten Haushaltsführung selbst eine Wohnung mit einer Größe von 96 m² als "zweckmäßig" erachtet werden kann.

Angesichts der dargelegten Umstände besteht somit nach Auffassung des UFS im Berufungsfall kein Anlass, die vom Bw. begehrten Wohnkosten zu kürzen und waren die Werbungskosten wie folgt zu erhöhen (Beträge jeweils in €):


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2007:
laut FA (im angefochtenen Bescheid)
laut UFS (= lt. Erklärung)
Differenz
Provision
1.162,67
1.740,--
577,33
Doppelte Haushaltsführung
7.357,70
11.009,78
3.652,08
Werbungskostenerhöhung lt. UFS gesamt
4.229,41
Werbungskosten lt. FA
21.840,36
Erhöhung lt. UFS
4.229,41
Werbungskosten lt. UFS
26.069,77
2008:
Doppelte Haushaltsführung
7.296,97
10.918,93
3.621,94
Werbungskosten lt. FA
20.939,05
Erhöhung lt. UFS
3.621,94
Werbungskosten lt. UFS
24.560,99

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilagen: 2 Berechnungsblätter

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Doppelte Haushaltsführung
Zweitwohnung
zweckmäßige Wohnung
Durchschnittsmiete
Kleinwohnung
Beschäftigungsort
Wohnungsgröße.
Verweise
Zitiert/besprochen in
AFS 2012/1, 24

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at