Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 29.09.2011, RV/0515-W/11

Säumniszuschläge, Umsatzsteuer und Kapitalertragsteuer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Karl Kittinger und die weiteren Mitglieder HR Dr. Michaela Schmutzer, Gerhard Mayerhofer und Mag. Bernhard Pammer über die Berufung der L.GmbH, (Bw) vertreten durch Steirer Mika & Co Wthd GmbH, 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 53, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Säumniszuschläge nach der nichtöffentlichen Sitzung vom entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Wien 1/23 erließ am Bescheide über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen für folgende Abgabenschuldigkeiten:


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Abgabe
Frist
Betrag
SZ
Umsatzsteuer 7/2009
9.911,06
198,22
Umsatzsteuer 8/2009
1.890,51
237,81
Umsatzsteuer 9/2009
9.324,18
186,48
Umsatzsteuer 6/2009
6.629,05
132,58
Umsatzsteuer 10/2009
199.225,91
3.984,52
Kapitalertragsteuer 1-12/2000
285.666,00
5.713,32
Kapitalertragsteuer 1-12/2001
346.110,00
6.922,20
Kapitalertragsteuer 1-12/2002
478.080,00
9.561,60
Kapitalertragsteuer 1-12/2003
315.400,00
6.308,00
Kapitalertragsteuer 1-12/2004
364.370,00
7.287,40
Kapitalertragsteuer 1-12/2005
414.723,00
8.294,46
Kapitalertragsteuer 1-12/2006
328.957,00
6.579,14
Kapitalertragsteuer 1-12/2007
113.433,00
2.268,66
Kapitalertragsteuer 1-12/2008
135.013,00
2.700,26
Kapitalertragsteuer 1-10/2009
216.076,66
4.321,53
Umsatzsteuer 2000
147.898,02
2.957,96
Umsatzsteuer 2001
162.630,03
3.252,60
Umsatzsteuer 2002
224.640,00
4.492,80
Umsatzsteuer 2003
148.200,00
2.964,00
Umsatzsteuer 2004
171.210,00
3.424,20
Umsatzsteuer 2005
187.637,10
3.752,74
Umsatzsteuer 2006
195.376,14
3.907,52
Umsatzsteuer 2007
49.128,77
982,58
Umsatzsteuer 2008
78.170,00
1.563,40

Dagegen sowie gegen zahlreiche Abgabenbescheide nach einer Betriebsprüfung richtet sich die nach Rechtsmittelfristverlängerung mit datierte Berufung.

In der Begründung zur Berufung wird ausschließlich auf die Prüfungsfeststellungen zu der für den Zeitraum 2000 bis 2009 abgehaltenen Betriebsprüfung eingegangen.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen und dies damit begründet, dass Einwendungen gegen die der Säumniszuschlagsvorschreibung zugrunde liegenden Abgabenbescheide im gegenständlichen Verfahren keine Berücksichtigung finden können.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem die in der Berufungsvorentscheidung geäußerte Rechtsansicht, dass ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig sei, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig sei, bekämpft wird.

Es entspreche nicht den Rechtsgrundsätzen bezüglich mehrerer am selben Tag eingebrachter Berufungen nur die Berufung gegen die abgeleiteten Säumniszuschläge zu erledigen, die Berufung gegen die Grundlagenbescheide jedoch unbearbeitet zu lassen.

Es werde die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO sind für Abgabenschuldigkeiten Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 BAO eingebracht, so dürfen gemäß § 230 Abs. 3 BAO Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen nach dem im Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt eingebracht, so kann die Abgabenbehörde gemäß § 230 Abs. 4 BAO dem Ansuchen aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Maßnahmen zur Einbringung zuerkennen.

Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen gemäß § 230 Abs. 5 BAO Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Berufung ausschließlich Ausführungen gegen die den Bescheiden über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Prüfungsfeststellungen zur Umsatzsteuer 2000 bis 2008 und Kapitalertragsteuer 2000 bis 2009 enthält.

Wie schon die Abgabenbehörde erster Instanz richtig dargestellt hat, tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig ist, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist ().

Säumniszuschläge fallen grundsätzlich immer dann an, wenn Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden und keine im Gesetz taxativ aufgezählten Aufschiebungsgründe oder Ausnahmetatbestände gesetzt wurden. Die Fälligkeit von Abgaben ist in den einschlägigen Abgabenvorschriften geregelt.

Gemäß der hier zur Anwendung kommenden Bestimmung des § 21 Abs. 5 Umsatzsteuergesetz 1994 wird durch eine Nachforderung auf Grund der Betriebsprüfung keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet. Für die Entstehung des Säumniszuschlags nach § 217 BAO kommt es daher auf den Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide über die Jahresumsatzsteuer bzw. eines Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheides nicht an ().

Da im Berufungsfall die Umsatzsteuer als Selbstbemessungsabgabe jeweils schon lange vor ihrer bescheidmäßigen Festsetzung als Prüfungsnachforderung fällig geworden ist (§ 21 UStG), somit die Zustellung der Umsatzsteuerbescheide die mit Ablauf der umsatzsteuergesetzlichen Fälligkeitstage verwirkten Säumniszuschlagsverpflichtungen nicht mehr berührten, kann selbst ein innerhalb der Nachfristen gemäß § 210 Abs. 4 BAO eingebrachte Aussetzungsantrag keine Auswirkung auf die mit Ablauf der Fälligkeitstage bereits entstandenen Säumniszuschlagsansprüche bewirken ().

Die ebenfalls zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Kapitalertragsteuer ist vom Abfuhrpflichtigen (Haftungspflichtigen) selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden darf. Bei der Kapitalertragsteuer handelt es sich um eine Zahlungsschuld kraft Gesetzes, deren Entstehungszeitpunkt § 95 EStG i. V. m. § 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO normiert. Der jeweilige Fälligkeitstermin ergibt sich aus § 96 EStG, dessen Fälligkeitsregeln speziellere Bestimmungen zu § 224 Abs. 1 zweiter Satz BAO sind.

Nach § 96 Abs. 1 Z 1 EStG hat der Schuldner der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer von Beteiligungserträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG, worunter auch verdeckte Gewinnausschüttungen fallen, binnen einer Woche nach dem Zufließen an das Finanzamt abzuführen. Im Berufungsfall ist die der Kapitalertragsteuer unterliegende verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 95 Abs. 4 Z 4 EStG nach Maßgabe des Zufließens im Sinne des § 19 EStG im Lauf der Jahre 2000 bis 2009 zugeflossen. Somit hätte die Bw. die auf diese Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer einbehalten und in Befolgung der Anordnung des § 96 Abs. 1 Z 1 EStG innerhalb einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge an das Finanzamt abführen müssen. Aus dieser Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer zum gesetzlich festgelegten Termin folgt, dass die Kapitalertragsteuer gegenüber der Bw. bei Festsetzung der Abgabenschuld durch die Betriebsprüfung schon fällig gewesen ist.

Zwar hat ein Aussetzungsantrag, soweit ihm einbringungshemmende Wirkung nach § 230 Abs. 6 BAO zukommt, auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung (§ 217 Abs. 4 lit. b BAO). Die Einbringung eines Aussetzungsantrages berührt aber bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht. Wird ein Aussetzungsantrag somit erst nach Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht, so erfährt dadurch der durch Fristablauf bereits verwirkte Säumniszuschlag keine Änderung (vgl. ; ; Ritz, SWK 2001, S 312 ff, Punkt V.2.2.1; Stoll, BAO, 2275).

Hinsichtlich der Säumniszuschläge zu den Voranmeldungszeiträumen 6-10/2009 ist zu festzuhalten, dass für diese Monate die Umsatzsteuervorauszahlungen nur gemeldet (dies zudem hinsichtlich der Monate 6-9/2009 auch verspätet) aber nicht entrichtet wurden.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweit folgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Diese Entrichtungsverpflichtung wurde somit hinsichtlich der Monate 6-10/2009 nicht eingehalten, daher wurde der Säumniszuschlag verwirkt.

Der Einwand die Abgabenbehörden hätten über alle in einer Berufungsschrift enthaltenen Berufungen gegen Bescheide zeitgleich abzusprechen geht ins Leere, da sowohl der organisatorische Aufbau eines Finanzamtes als auch die Geschäftsverteilung des Unabhängigen Finanzsenates unterschiedliche Zuständigkeiten für die Erledigung von Berufungen gegen Abgabenbescheide und Berufungen des Bereiches "Einhebung- und Einbringung" vorsehen.

Zum Antrag der Bw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, 70) im Hinblick darauf, dass nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates infolge der vorstehenden Ausführungen und bei gegebener Gesetzeslage ausgeschlossen werden kann, dass es bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen war.

Da das Finanzamt demnach die Säumniszuschäge zutreffend festgesetzt hat, war die Berufung abzuweisen.

Informativ wird - wie auch schon in der Berufungsvorentscheidung - darauf hingewiesen, dass auf Antrag der Bw. gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld (falls die Berufung gegen die Abgabenfestsetzung ganz oder teilweise erfolgreich sein sollte) die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at