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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSK vom 02.12.2013, RV/0371-K/08

Investitionszuwachsprämie - Behaltefrist und Unwägbarkeiten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Zemrosser und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Mainhart, Bernd Querfeld und Gerhard Raub im Beisein der Schriftführerin Melanie Zuschnig über die Berufung der ZRGmbH, M,Wx, vertreten durch BKS Steuerberatungsgesellschaft mbH, Steuerberatungskanzlei, 3390 Melk, Sterngasse 13, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Investitionszuwachsprämie wird festgesetzt mit € 66.934,98, die Nachzahlung an Investitionszuwachsprämie beträgt € 128.550,00.

Entscheidungsgründe

Die Firma ZRGmbH (in der Folge Bw.) begehrte mit beim Finanzamt am eingelangter "Beilage zur Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung für 2003 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e" die Zuerkennung einer Investitionszuwachsprämie (in der Folge IZP) in der Höhe von € 195.484,98 (10% von € 1.954.849,79). Die Investitionszuwachsprämie wurde der Bw. im begehrten Ausmaß vom Finanzamt gutgeschrieben.

Im Zuge einer von der Großbetriebsprüfung am durchgeführten Nachschau nach § 144 BAO wurde festgestellt, dass die Bw. einen großen Teil der im Jahr 2003 angeschafften Wirtschaftsgüter (Groß- und Kleinbusse) zuerst an eine andere Firma vermietet und anschließend jeweils mit Rechnung vom an diese verkauft hat. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter müsste zumindest mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer im Wege der Afa abgesetzt werden müssen, sodass die Prämiengutschrift auf € 61.305,34 geändert werden müsse.

Die nachstehende Tabelle zeigt bei den in Rede stehenden Wirtschaftsgütern folgendes Bild:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anlagen-Neuzugänge 2003
Anl.Nr./ Inv.Nr.
Ingbert. Datum = Anschaffung Datum
Anlagen Inventar /KFZ-Kennzeichen
Ansch. Wert €
Jahre Dauer AfA
"Behalte frist" Hälfte Afa Dauer
"Behaltefrist" Ende
Tatsächl. Abgang Wi-Gut
640/23-00
Omnibus Setra S 315 GT-HD Ma
244.000,00
8
4,0
640/25-00
Omnibus Setra S 316 UL Mb
209.000,00
10
5,0
640/26-00
Omnibus Setra S 316 UL Mc
210.000,00
10
5,0
640/30-00
VW Multivan Comf. Md
38.106,59
5
2,5
640/31-00
VIV Combi L1 Me
18.189,83
5
2,5
640/32-00
Omnibus Setra S 416 HDH Mf
342.000,00
8
4,0
640/34-00
Mercedes 416 CDI Mg
77.500,00
8
4,0
640/35-00
Omnibus Setra S 315 H Mh
203.000,00
10
5,0

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 mit € 61.305,34 festgesetzt und dem Bw. eine Nachzahlung von € 134.179,64 vorgeschrieben. Darin wurde auf die Niederschrift vom über die Nachschau der Großbetriebsprüfung verwiesen, worin wortwörtlich Folgendes festgehalten ist: "Investitionszuwachsprämie 2003: Punkt 1 Verkäufe vor Ablauf der halben Nutzungsdauer: Das geprüfte Unternehmen hat 2003 die Anschaffung von prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern (AK € 1.959.476,45) die Investitionszuwachsprämie in der Höhe von insgesamt € 195.484,98 geltend gemacht. Die Gutschrift der beantragten Prämie erfolgte erklärungsgemäß (Juli 2003 bis Februar 2004). Die im Oktober 2004 im Rahmen einer Nachschau erfolgte Überprüfung wurde ohne Ergebnis abgeschlossen; ein Bescheid über die Investitionszuwachsprämie 2003 ist - da keine Abweichungen von der bisher gutgeschriebenen Prämie festgestellt wurden - nicht ergangen. Die Bw. hat einen großen Teil der 2003 angeschafften Wirtschaftsgüter (Groß- und Kleinbusse) zuerst an die KRGmbH vermietet und anschließend mit Rechnung vom an diese Gesellschaft verkauft. Entsprechend dem Erkenntnis des , müssen die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter zum langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt sein, Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten müssen daher zumindest mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer im Wege der Afa abgesetzt werden. Ist dies nicht der Fall. stellt das vorzeitige Ausscheiden ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar, das zu einer Änderung der Prämiengutschrift führt. Ermittlung der Investitionszuwachsprämie lt. BP: Anschaffungen 2000 € 1.745,21, 2001 € 4.114,74, 2002 € 8.020,03, Durchschnitt € 4.626,66, AK prämienbegünstigte WG 2003 bisher € 1.959.476,45, Kürzung wegen Verkauf € 1.341.796,42, prämienbegünstigte WG lt. BP € 617.680,00, abzüglich Durchschnitt 2000 - 2002 € 4.626,66, Zuwachs lt. BP € 613,053,37, Prämie 10% € 61.305,34, Prämie bisher € 195.484,98, Kürzung Prämie lt. BP € 134.179,64. Details sind der nachfolgenden Aufstellung zu entnehmen."

Mit Eingabe vom , beim Finanzamt eingelangt am , erhob die Bw. im Wege ihrer steuerlichen Vertreterin Berufung gegen den angeführten Bescheid. Darin führte sie an, dass sie im Jahre 2003 prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter in der Höhe von € 1.959,476,45 angeschafft und dafür nach Abzug der durchschnittlichen prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter der Jahre 2000 bis 2002 in Höhe von € 4.626,66 eine Investitionszuwachsprämie im Ausmaß von 10% der verbleibenden Anschaffungskosten von € 1.954.849,79 beantragt habe. Die Anschaffungskosten der prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter seien im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt worden. Das Gesetz gebe jedoch keinen Hinweis in welcher Form bzw. wie lange die Absetzung für Abnutzung gefordert sei. Es würden sich demnach aus dem Gesetzeswortlaut nach § 108e EStG keinerlei Behaltefristen für prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter ergeben. Im Oktober 2004 sei im Rahmen einer Nachschau der Abgabenbehörde die Ordnungsmäßigkeit der beantragten Investitionszuwachsprämie überprüft und für in Ordnung befunden worden. Im Jahre 2007 sei eine weitere Nachschau für den Zeitraum 1 - 12/2003 durchgeführt worden, bei welcher nunmehr die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2003 um € 134.179,64 gekürzt und wiederum vorgeschrieben worden sei. Die Begründung stütze sich auf das VwGH-Erkenntnis vom , 2005/15/0156, wonach prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter zumindest mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer im Wege der Afa abgesetzt werden müssten, was jedoch keineswegs aus dem Gesetzeswortlaut hervorgehe. Die Bw. verweise hier auf Zorn, SWK-Heft 1/2007, S 024, der im Punkt 12. "Behaltefrist für IZP" im 3. Absatz ausführt: "Über das genaue Ausmaß dieses längeren Zeitraumes über welchen die Wirtschaftsgüter im Betrieb bleiben müssen (möglicherweise zumindest die Hälfte der Nutzungsdauer) ist dem Erkenntnis allerdings nicht zu entnehmen." Dr. Zorn, der als Richter am o.a. Erkenntnis des VwGH mitgewirkt hat, schreibe also, dass die Rechtsansicht der Abgabenbehörde vollkommen ins Leere gehe, weil sich die Abgabenbehörde auf den Inhalt des Erkenntnisses stütze, der diesem jedoch nicht zu entnehmen sei. Die von der Streichung der Investitionszuwachsprämie betroffenen Wirtschaftsgüter seien zwischen 17. Februar und erworben worden und seien bis zum Verkauf am im Betrieb der Bw. im Einsatz gewesen. Bei einigen Wirtschaftsgütern werde die Hälfte der Nutzungsdauer laut Literatur erreicht, bei den restlichen Wirtschaftsgütern erreiche diese ca. 40% der Nutzungsdauer. Im angeführten Erkenntnis des VwGH würden sich - wie bereits erwähnt - keine Hinweise auf diese Aussage des Finanzamtes, dass zumindest die Hälfte der Nutzungsdauer im Wege der Afa abgesetzt sein müsse, finden. Das Erkenntnis erfordere lediglich einen längeren Zeitraum, in welchem die Wirtschaftsgüter dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssten, was im konkreten Fall gegeben sei. Die im Jahre 2003 angeschafften prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter hätten bis zum dem Betrieb der Bw. gedient und seien die Anschaffungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt worden. Im Gesetzeswortlaut des § 108e EStG 1988 finde sich auch kein Hinweis, in welchem Betrieb die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt werden müssten. Die Überlegungen des Gesetzgebers seien ja auf eine Stärkung der österreichischem Wirtschaft ausgelegt gewesen, sodass die Anschaffung von prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern gefördert werden sollte, die im Wege der Absetzung für Abnutzung (laut § 7 eine Nutzung von mehr als einem Jahr) abgesetzt werden. Das Erkenntnis des VwGH verweise u.a. auch auf Hofstätter-Reichel, § 108e EStG 1988, TZ 3, Seite 4f, Behaltefrist, wobei hier der Kommentar ebenfalls von Dr. Zorn erstellt worden sei. Dieser schreibe u.a., dass § 108e jedoch als Anspruchsvoraussetzung normiere, dass das Wirtschaftsgut langfristig dem Unternehmen gewidmet sei und damit Anlagevermögen (in einem steuerlichen Verständnis) werde. Wegen der Anknüpfung mit der Afa in § 108e Abs. 1 EStG seien Wirtschaftsgüter, deren Nutzungsdauer weniger als ein Jahr betrage, nicht begünstigt. Aus dem Zweck der Bestimmung des § 108e ergebe sich allerdings, dass die Prämie auch zustehe, wenn das Wirtschaftsgut zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt gewesen ist. Werde das Wirtschaftsgut (z.B. ein Kleinbus) kurze Zeit nach der Anschaffung entnommen, könne nicht von einer "Investition" die Rede sein. Im gegenständlichen Fall seien die Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Anschaffung langfristig dem Betrieb gewidmet, länger als ein Jahr im Wege der Afa gemäß § 7 EStG abgeschrieben worden und seien diese daher nicht nur kurzfristig in Einsatz gewesen (s. dazu auch Doralt, EStG-Kommentar, § 108e, TZ 6, wonach Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer von nicht mehr als einem Jahr nicht zum Anlagevermögen gezählt werden und somit einer Investitionszuwachsprämie nicht zugänglich sind). Eine Behaltefrist im Bereich des § 108e EStG 1988 bestehe aber - anders als beim IFB - nicht (Thurnshirn/Untiedt, SWK 3/2004, S 069ff). Weiters sei zu bemerken, dass aufgrund der Zeitabfolge der gesetzten Schritte bzw. der Begründung des Finanzamtes für die Bw. eine erhebliche Rechtsunsicherheit gegeben sei. Die Bw. habe die getätigten Investitionen basierend auf den Gesetzeswortlauf des § 108e EStG 1988 durchgeführt. Eine Überprüfung im Jahr 2004 habe keinerlei Beanstandungen ergeben. Im Jahr 2007 stütze sich das Finanzamt bei einer weiteren Überprüfung auf die Aussagen des VwGH-Erkenntnisses vom , welches die Begründungen des Finanzamtes hinsichtlich des Bescheides vom über die Kürzung der Investitionszuwachsprämie in keinster Weise unterstütze, sondern die Aussagen des VwGH-Erkenntnisses würden die Vorgangsweise der Bw. bestätigen, dass die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum (im konkreten Fall 20 oder 30 Monate) im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt werden müssten. Aus verfahrensrechtlicher Sicht gehe die Begründung des Bescheides, dass es sich um ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO handle, vollkommen ins Leere, da es sich um einen Bescheid handle, der laut § 108e (5) EStG gemäß § 201 BAO zu erlassen sei (Ritz, BAO3, § 201, TZ 5). Dem Hinweis auf der Buchungsmitteilung, dass es sich um eine Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der befristeten Investitionszuwachsprämie 2003 handle, könne nicht gefolgt werden. Aus dem angefochtenen Bescheid über die Festsetzung der IZP sei in keinster Weise erkennbar, auf welcher Rechtsgrundlage der Festsetzungsbescheid für die Kürzung der befristeten IZP basiere. Dass ein Bescheid die Rechtsgrundlage enthalten müsse, auf Basis welcher er ergangen sei, ergebe sich aus der Literatur und der Rechtsprechung (so u.a. aus -K/03). Wie groß die Problematik der Bescheiderlassung gerade im Bereich der Festsetzung der IZP sei, ergebe sich schon allein aus . Umso mehr verwundere es, dass es der Abgabenbehörde nicht gelinge, verfahrensrechtlich richtige Bescheide zu erlassen. Die Abgabenbehörde verweise im angefochtenen Bescheid in der Begründung auf die Niederschrift vom , wo hier wiederum auf den § 295a BAO als rückwirkendes Ereignis Bezug genommen werde. Die Abgabenbehörde übersehe jedoch, dass die Anwendung des § 295a BAO einer Ermessensübung bedürfe, die sich weder der oa. Niederschrift noch der Bescheidbegründung entnehmen lasse (Ritz, BAO3, § 295a, TZ 38ff). Weiters übersehe die Abgabenbehörde, dass eine Bescheidabänderung gemäß § 295a voraussetze, dass ein Bescheid vorliegen müsse. Nachdem die IZP 2003 erklärungsgemäß (ohne Bescheid) festgesetzt worden, könne kein Bescheid nunmehr abgeändert werden, sodass die Voraussetzungen des § 295a BAO gar nicht vorliegen und die Bescheidbegründung sowie die Textierung in der Niederschrift ins Leere gehen würden.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom wurde die Berufung der Bw. als unbegründet abgewiesen. Darin wurde angeführt, dass im Bescheid die Rechtsgrundlage, nämlich § 108e EStG 1988 angeführt worden sei. Im Absatz 5 dieser Gesetzesbestimmung werde wiederum normiert, dass solche Bescheide nach § 201 BAO zu erlassen seien. In Abs. 2 Z 5 des § 201 werde wiederum festgelegt, dass die Festsetzung erfolgen könne, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295a BAO die Voraussetzungen für eine Abänderung erfolgen würden. Der angefochtene Bescheid enthalte alle Merkmale. Die erstmalige Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Die bisher fehlende Ermessensbegründung stelle keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar und könne im Berufungsverfahren nachgeholt werden (vgl. UFS-Entscheidungen vom , RV/0583-W/04, und vom , RV/1946-W/04). Die Berechtigung zur gewählten Vorgangsweise sei vorgelegen, wobei von folgenden Ermessensüberlegungen auszugehen gewesen sei: Die Festsetzung sei unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten Abgabenprüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung, insbesondere der beträchtlichen Höhe der Nachforderung (€ 134.179,64), erfolgt. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen gewesen. So fordere der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Zl. 85/13/0076, Fehler bei der Steuerbemessung mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu beseitigen. Die Außenprüfung habe Fehler in der bisherigen Steuer-(Selbst-)bemessung der IZPr-Berechnung festgestellt, woraus rechtskonform der angefochtene Bescheid vom resultiere. In materiellrechtlicher Hinsicht werde auf die Niederschrift und auf das VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 2005/15/0156, verwiesen, wonach auf einen mehrjährigen Zeitraum abzustellen sei.

Mit Eingabe vom , beim Finanzamt eingelangt am , stellte die Bw. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin führte sie aus, dass lediglich in standardisierter Form auf die Ermessensausübung eingegangen worden sei. Durch die Überprüfung im Jahr 2004, die keine Beanstandungen ergeben habe, liege weder der Tatbestand des § 295a BAO noch der des § 303 Abs. 4 leg.cit. vor.

Im weiteren Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat wurde mit den Verfahrensparteien am ein Erörterungsgespräch abgehalten. Dabei wurde seitens des UFS angeführt, dass für die Wirtschaftsgüter mit den Inventarnummern 640/30-00 und 640/31-00 die vom VwGH im Erkenntnis Zl. 2009/15/0082 angeführten Bedingungen für eine längerfristige Nutzung auf Grund der von der Bw. angesetzten Nutzungsdauer gegeben seien. Der Geschäftsführer der Bw. gab an, dass er das Einzelunternehmen seines Onkels im Jahr 2002 übernommen habe und im Jahr 2003 in eine GmbH umgegründet habe. Drei Omnibusse habe er von seinem Onkel übernommen und im Jahr 2003 Busse von der Fa. Evobus in einem Paket angekauft. Mangels Auslastung seien diese Busse sukzessive vermietet und auf Grund eines Liquiditätsproblems im Sommer 2005 verkauft worden. Im Jahr 2006 sei ein Reisebüro gebaut und seit diesem Zeitpunkt wieder Busse angeschafft worden (derzeitiger Stand 15 Busse). Die kleinen Busse VW Multi Van und VIV Combi L1 hätten dem Taxi- und Schülerverkehr gedient. Zwischen den Verfahrensparteien wurde vereinbart, dass die Bw. Unterlagen hinsichtlich des vorgebrachten Liquiditätsproblems, insbesondere den Schriftverkehr mit den Banken im Zusammenhang mit der drohenden Insolvenz und einen Nachweis hinsichtlich andrängender Drittgläubiger vorgelegt werde.

Mit Eingabe vom , beim Unabhängigen Finanzsenat eingelangt am , erstattete die Bw. noch folgendes Vorbringen: "Im Jahre 2003 wurde ein unternehmensrechtliches Betriebsergebnis von - € 167.440,00 ausgewiesen, was jedoch durch die Investitionszuwachsprämie von rund € 195.000,00 verfälscht wurde. Ohne Investitionszuwachsprämie wäre ebenso 2002 (-64.000,-) und 2004 (-18.000,-) ein negatives Betriebsergebnis von rund - € 28.000,- gegeben gewesen. Es konnte daher durch die Nutzung bzw. Vermietung der im Jahr 2003 angeschafften Autobusse kein positives Betriebsergebnis erzielt werden. Ebenso konnte im Jahr 2005 trotz einem Anlagenertrag von € 32.000,- kein positives Betriebsergebnis erzielt werden. Im Jahre 2005 wurde ein unternehmensrechtlicher Verlust von - € 44.500,- ausgewiesen. Im Hinblick darauf, dass durch die Investitionen und die negativen Betriebsergebnisse keinerlei Liquidität frei wurde für Neuinvestitionen bezüglich des Geschäftsfeldes Reisebüro bzw. im Hinblick auch der gesetzlichen Vorschriften gemäß § 3 Abs. 1 BZP-VO, aus der hervorgeht, dass für Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr ein Eigenkapital von zumindest € 18.000,00 für das erste und zumindest € 10.000,00 für jedes weitere Fahrzeug hinterlegt werden muss, wurden die in Rede stehenden Autobusse im Jahr 2005 verkauft. Unter dem Druck angespannter Liquidität sowie der Vorgaben des § 3 Abs. 1 BZP-VO war für unser Unternehmen eine Unwägbarkeit gegeben, die zum Verkauf der Autobusse führte. Durch den Verkauf der Autobusse konnten die Vorgaben des § 3 Abs. 1 BZP-VO erfüllt werden. Ein Gutachten über die erforderliche Eigenkapitaldeckung, der Eigenkapitalquote, der Schuldentilgungsdauer sowie des erforderlichen Netto Cashflow zum Stichtag ist diesem Schreiben angefügt. Hier war für das Unternehmen erstmals dieses Gutachten zu erstellen, wodurch Handlungsbedarf gegeben war. Schulden: Verbindlichkeiten gegenüber Banken zum € 675.498,07, zum € 2.144,816,00, zum € 1.963.248,97 und zum € 894.574,75. Diese Aufstellung zeigt auch, dass die Verbindlichkeiten gegenüber Banken zumindest das 1,5 fache des Jahresumsatzes in den Jahren 2003 und 2004 ausmachten, sodass durchaus von einer angespannten Liquidität gesprochen werden kann bzw. für das Unternehmen keinerlei Kreditlinien bei der Bank zur Verfügung standen. Seitens der Bank konnte lediglich eine Bewertung für die Jahre 2002 und 2003 gefunden werden, die jedoch unter Einbeziehung der IZP im Jahr 2003 keinerlei Aussagekraft bietet, wobei die Bank für 2003 trotz allem von einem negativen Eigenkapital von € 21.000,- ausgeht."

Beigelegt wurde diesem Schreiben

1. das von einem Kreditunternehmen am erstellte Gutachten zur Feststellung der finanziellen Leistungsfähigkeit von Personenkraftverkehrsunternehmen gemäß § 3 Abs. 1 BZP-VO, BGBl. II Nr. 46/2001, in dem bei der Bw. eine Anzahl von 10 Autobussen ausgewiesen ist, sich der Vermerk befindet, dass das Eigenkapital über die mind. 108.000 Euro hinausgeht und bestätigt wird, dass das Unternehmen eine Summe von Eigenkapital und unversteuerten Rücklagen in der Höhe von zumindest 18.000 Euro für das erste und zumindest 10.000 Euro für jedes weitere Kraftfahrzeug aufweist; dies basierend auf dem Jahresabschluss ; und

2. eine von einer Raiffeisenbank vorgenommene Bewertung der Bw. wobei unter den Passiva das Eigenkapital 2002 mit -226 und im Jahr 2003 mit -21 ausgewiesen ist.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung führte die steuerliche Vertretung der Bw. aus, dass durch die Notwendigkeit des Nachweises einer bestimmten Liquiditätshöhe für die Erhaltung der Genehmigung zur Durchführung des Personenverkehrs eine Unwägbarkeit vorliege, die die steuerunschädliche Veräußerung der Kraftfahrzeuge ermöglicht habe. Weiters brachte sie vor, dass erst durch die ab 2006 ergehenden höchstgerichtlichen Erkenntnisse das Erfordernis einer Behaltefrist von 50% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer hervorgekommen sei. Der Amtsvertreter tritt diesen Ausführungen entgegen und hält den Liquiditätsengpass als in das normale Unternehmerrisiko fallend. Eine Unwägbarkeit im Sinne von Lehre und Rechtsprechung liege nicht vor. Die Finanzämter hätten bereits im Jahr 2006 Rückforderungsbescheide bei vorzeitigen Verkäufen erlassen. Weiters gibt er an, dass der gegenständliche Sachverhalt sich von jenem, der dem VwGH-Erkenntnis Zl. 2009/15/0082 zu Grunde liege, insofern unterscheide, als bei den Bussen kein betrieblicher Austauschturnus vorgelegen habe. Es sei vielmehr die Rechtsprechung weiterhin anzuwenden, wonach 50% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer grundsätzlich zu beachten sei. Der steuerliche Vertreter führt die amtliche deutsche Afa-Tabelle ins Treffen, welche eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Reiseomnibussen von 6 Jahren annehme. Aus dieser Sicht wäre kein begünstigungsschädlicher Verkauf vorliegend. Der Amtsvertreter tritt dieser Rechtsansicht entgegen und verweist auf den aktenkundigen und unzweifelhaften Willen der Bw., wonach die Busse mit 8 bzw. 10 Jahren betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer angesetzt worden seien und sich auch der erzielte Verkaufserlös danach orientiert habe. Durch den höheren Buchwert beim Verkauf sei ein höherer Erlös erzielt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im gegenständlichen Fall ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Bw., ein Busunternehmen, schaffte im Zeitraum vom 17. Februar bis Groß- und Kleinbusse an, deren Gesamtkosten sich auf € 1.959.476,45 beliefen und machte für diese Wirtschaftsgüter die Investitionszuwachsprämie beim Finanzamt geltend. Der Bw. wurde im Jahr 2004 eine Investitionszuwachsprämie € 195.484,98 gutgeschrieben.

Im Jahr 2007 wurde bei der Bw. anlässlich einer Nachschau festgestellt, dass ein Großteil der im o.a. Zeitraum angeschafften Busse im Juli 2005 verkauft wurden. Zufolge des Umstandes, dass diese Wirtschaftsgüter nicht zumindest mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer im Wege der Afa abgesetzt wurden und somit nicht zum langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt waren, erfolgte eine Kürzung der Prämie auf € 61.305,34, was eine Nachforderung von € 134.179,64 nach sich zog. Dieser Betrag wurde der Bw. vom Finanzamt mit Bescheid vom unter Bezugnahme auf § 108e EStG 1988 zur Vorschreibung gebracht.

Festzuhalten ist, dass der aus dem wiedergegebenen Vorbringen sich ergebende Sachverhalt zwischen den Verfahrensparteien unstrittig ist. Strittig ist einerseits, ob die vom Finanzamt erfolgte Vorschreibung verfahrenskonform erfolgte (Auffassung des Finanzamtes) oder ob eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt (Auffassung der Bw.) und andererseits ob Unwägbarkeiten gegeben sind, die einen steuerunschädlichen Verkauf der genannten Wirtschaftsgüter ermöglichen.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 295a BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand und Umfang eines Abgabenanspruches hat.

Die Rückwirkung von Ereignissen muss sich aus den Abgabenvorschriften ergeben; welchen Ereignissen Rückwirkung (bezogen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches) zukommt, ist daher eine Frage des Inhaltes bzw. der Auslegung der Abgabenvorschriften.

§ 108e Abs. 5 EStG 1988 hat folgenden in diesem Zusammenhang relevanten Inhalt: "Die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie ist auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid nach § 201 BAO zu erlassen. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung des Verzeichnisses zurück. Sowohl die Prämie als auch eine Prämiennachforderung bzw. Rückforderungsansprüche aufgrund einer geänderten Bemessungsgrundlage gemäß Abs. 3 gelten als Abgabe vom Einkommen im Sinne der Bundesabgabenordnung und des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes."

Mit der verfahrensrechtlichen Seite bei Rückforderung der Investitionszuwachsprämie hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Zl. 2005/15/0156 vom auseinandergesetzt und führt darin Folgendes aus: "Dass der § 108e EStG 1988 - anders als § 10 leg.cit. - keine Nachforderungsbestimmung enthält, steht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Anmerkung: hinsichtlich der Auffassung, dass Wirtschaftsgüter dem investierenden Unternehmen für längere Zeit zur Verfügung stehen müssen) der von ihm vorgenommenen Auslegung nicht entgegen, weil es hinsichtlich des Investitionsfreibetrages einer Regelung bedurfte, da über die Geltendmachung des Freibetrages stets abschließend im Bescheid über die Veranlagung (bzw. Gewinnfeststellung) des Jahres der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes abgesprochen wird, während zu Unrecht geltend gemachte Investitionszuwachsprämien in richtiger Höhe mit Bescheid nach § 201 BAO festzusetzen sind (§ 108e Abs. 5)."

Wenn sich das Finanzamt bei der gegenständlichen Rückforderung auf § 108e EStG 1988 bezogen hat, so kann der Unabhängige Finanzsenat diese Vorgangsweise deshalb nicht beanstanden, weil § 108e EStG 1988 im Absatz 5 auf § 201 BAO hinweist und die Rückforderung ihre Deckung im Absatz 5 der letztgenannten Gesetzesbestimmung findet. Damit ist einerseits der Einwand der Bw., dass in diesem Bescheid die Rechtsgrundlage nicht angeführt ist, verfehlt und andererseits geht auch ihr Argument, dass § 295a BAO einen abzuändernden Bescheid voraussetze, deshalb ins Leere, weil der gegenständliche Bescheid seine Rechtsgrundlage im § 201 BAO, nicht hingegen im § 295a leg.cit. hat.

Wenn die Bw. vorgebracht hat, dass zufolge der gesetzten Schritte des Finanzamtes und der Begründung des in Streit stehenden Bescheides für sie eine erhebliche Rechtsunsicherheit entstanden ist, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof zum Grundsatz von Treu und Glauben wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, dass dieser die Behörde nicht hindert, von einer als unrichtig erkannten Rechtsauffassung später abzugehen; dieser Grundsatz schützt nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Nur wenn der Abgabepflichtige von der Finanzbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert werde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstelle, dürfe er vertrauen (vgl. Zl. 2007/15/0253). Der genannte Ausnahmefall ist hier nicht gegeben.

Es kann auch nicht beanstandet werden, dass das Finanzamt die im Jahre 2004 überprüfte und ergebnislos gebliebene IZP-Berechnung des Bw. im Jahr 2007 erneut überprüft hat, zumal unstrittig im Jahr 2004 kein Bescheid betreffend Investitionszuwachsprämie ergangen ist, sondern ein solcher erstmalig im Jahr 2007 erlassen wurde.

Dass nach den Angaben des Bw. in der Buchungsmitteilung von einer Wiederaufnahme des Verfahrens die Rede war, ist irrelevant, weil der in Rede stehenden Buchung kein Bescheidcharakter zukommt, sondern diese lediglich Ausdruck einer rechtsmittelfähigen Erledigung auf dem Abgabenkonto ist. Dass der gegenständlichen Verfahrenshandlung des Finanzamtes eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zu Grunde zu legen war, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass eine solche Maßnahme ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren zur Voraussetzung hätte; ein solches war im gegenständlichen Verfahren nicht vorhanden.

Keinen Ausschlag kann geben, dass sich das Finanzamt durch den Verweis auf die Niederschrift der Großbetriebsprüfung vom (auch) auf § 295a BAO bezogen hat, weil einerseits aus dem Bescheid des Finanzamtes vom der Inhalt zweifelsfrei hervorgeht, die Begründung zur Deutung des Bescheidspruches somit entbehrlich ist und andererseits Begründungsmängel im erstinstanzlichen Verfahren im Rechtsmittelverfahren sanierbar sind (vgl. z.B. , 0282).

Die von der Bw. ins Treffen geführte fehlende Ermessensübung des Finanzamtes im Erstbescheid wurde in der Berufungsvorentscheidung vom nachgeholt und dieser Verfahrensmangel damit saniert (vgl. uam.). Wenn das Finanzamt bei der Ermessensabwägung dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit den Vorrang gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit eingeräumt hat und sich auf die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung unter Bedachtnahme auf die sich daraus ergebende steuerliche Auswirkung (Höhe der Nachforderung) bezogen hat, kann der Unabhängige Finanzsenat dem nichts mehr hinzufügen. Dem Einwand der Bw., dass die Ermessensübung selbst mangelhaft ist, kommt keine Berechtigung zu.

Insgesamt wurde das gegenständlichen Abgabenverfahren unter Beachtung der geltenden Abgabenvorschriften durchgeführt und liegt nach der Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor.

In materiellrechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

§ 108e EStG 1988 lautet auszugsweise:

(1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(2) Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen:

- Gebäude.

- Geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Personen- und Kombinationskraftwagen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Wirtschaftsgüter, die nicht in einer inländischen Betriebsstätte verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend im Ausland eingesetzt werden, nicht als in einer inländischen Betriebsstätte verwendet.

Eine explizit ausformulierte Behaltefrist ist dem angeführten Gesetzestext nicht zu entnehmen.

Auch die parlamentarischen Materialien zur Gesetzwerdung treffen weder zur Behaltefrist noch zu einer Mindestnutzungsdauer Aussagen. Die Regelung wurde in dieser Hinsicht weder in der Regierungsvorlage noch im Ausschussbericht kommentiert [Regierungsvorlage 1277 d.B. (XXI. GP) bzw. Ausschussbericht vom ,1285 d.B. (XXI. GP)].

Die Investitionszuwachsprämie war als Anreiz für Investitionen gedacht (siehe Ausschussbericht 1285 d.B. XXI. GP).

Er sollte die Mehrung von Investitionen im Verhältnis zur Vergangenheit fördern. Ziel dieser Förderung war es, die Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft in den Jahren 2002 bis 2004 aus konjunkturellen Gründen anzukurbeln (Quantschnigg, ÖStZ 2003/239).

Bereits im Erkenntnis vom , 2005/15/0156, betreffend einen Fall, in dem angeschaffte LKWs im zweiten und den darauf folgenden Jahren des fünfjährigen Abschreibungszeitraumes einer ausländischen Betriebsstätte zugeordnet wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf Hofstätter/Reichel (Die Einkommensteuer, Kommentar, § 108e, Tz 3, Seite 4 "Behaltefrist") dargelegt, dass Wirtschaftsgüter, für welche eine Investitionszuwachsprämie begehrt wird, über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssten, zumal nur in einem solchen Fall von Absetzung "im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" die Rede sein könne.

Zorn geht davon aus, dass zumindest ein Teil der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten über die AfA nach §§ 7 und 8 EStG 1988 abgeschrieben wird, wenn dann auch ein weiterer Teil wegen eines späteren Verkaufes im Wege des "Ausscheidens des Buchwertes verkaufter Anlagen" ausscheiden darf. Aus dem Zweck der Bestimmung ergibt sich seiner Ansicht nach, dass die Prämie aber auch dann zusteht, wenn das Wirtschaftsgut zwar zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt war, nach der Anschaffung eintretende Unwägbarkeiten (z.B. Schaden aufgrund höherer Gewalt, unvorhergesehene Unbrauchbarkeit im Betrieb) zum Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen geführt haben (Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 108e Tz 3).

In mehreren Entscheidungen vertrat der Unabhängige Finanzsenat zunächst die dem Erkenntnis 2005/15/0156 widersprechende Ansicht, dass der Gesetzestext eine Behaltefrist nicht normiere. Diesem sei auch nicht explizit zu entnehmen, dass sich die IZP-verhangenen Wirtschaftsgüter zumindest die Hälfte der Nutzungsdauer oder volle vier Jahre im Betriebsvermögen befinden müssten (vgl. u.a. ).

Im Erkenntnis vom , Zl. 2009/15/0082, blieb der VwGH bei seiner Forderung nach einem "längeren Zeitraum" des Verbleibs der Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen und führte unter Anderem aus:

" Maßgebend für die AfA ist die objektive betriebsindividuelle Nutzungsdauer, das ist jene Zeitspanne, innerhalb derer das Wirtschaftsgut einen wirtschaftlichen Nutzen abwerfen kann und im Betrieb nutzbringend einsetzbar sein wird, also die objektive Möglichkeit der Nutzung des Wirtschaftsgutes (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 7 Tz 38). § 108e Abs. 1 EStG 1988 normiert als Voraussetzung für die IZP, dass die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter im Wege der AfA abgesetzt werden....

Ein Ausmaß der Absetzung für Abnutzung von 50% der Anschaffungskosten kann dabei auf Grund des ausdrücklichen Verweises auf die "Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" in § 108e Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 als Indiz für die Bejahung eines solchen längeren Zeitraums gewertet werden (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG § 108e Tz 3). Für eine monatsweise Berechnung der betrieblichen Behaltedauer, wie sie das Finanzamt in der Beilage seines Abgabenbescheides vorgenommen hat, finden sich dagegen in der Bestimmung des § 108e Abs. 1 EStG 1988 keine Anhaltspunkte........

Im gegenständlichen Fall steht in sachverhaltsmäßiger Hinsicht fest, dass es der im Betrieb der mitbeteiligten Partei geübten Praxis entsprach, die LKW-Zugmaschinen regelmäßig ungefähr mit Erreichen der Hälfte ihrer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer auszutauschen, wobei diese Praxis auch einen betrieblich begründeten üblichen (Re-) Investitionszyklus widerspiegelt. Bei dieser Sachlage, also der Anwendung bzw. Beibehaltung einer aus den betrieblichen Erfordernissen abgeleiteten regelmäßigen Erneuerung des Fuhrparkes mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von sechs Jahren, kann ein Austauschintervall von ca. drei Jahren vor dem Hintergrund des Zwecks der Regelung des § 108e EStG 1988 als längerer Zeitraum der Zugehörigkeit zum Anlagevermögen angesehen werden.

Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall davon ausgegangen ist, dass die planmäßige Nutzungsdauer bei allen betroffenen Wirtschaftsgütern auf Absetzung von etwa 50% der Anschaffungskosten gerichtet gewesen ist, und in Anbetracht des Gesamtbildes der Verhältnisse ein in Einzelfällen eingetretenes geringfügiges Unterschreiten dieses Wertes als unschädlich angesehen hat, so kann darin keine Rechtswidrigkeit in der Anwendung des § 108e EStG 1988 erkannt werden..."

Diesen Ausführungen zufolge ist der Verbleib der Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen über einen längeren Zeitraum hinweg streitentscheidend.

Wie im Sachverhaltsteil dargestellt, erfolgte die Anschaffung/Inbetriebnahme der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter im Zeitraum vom 17. Februar bis . Am wurden diese verkauft und schieden damit aus dem Betrieb der Bw. aus.

Aus den geschilderten Vorgängen lässt sich hinsichtlich der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter Folgendes ersehen:


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Anl.Nr./ Inv.Nr.
Inbet. Datum = Anschaffungs Datum
Abgang Wi-Gut
Nutzungsdauer in Monaten
Behaltedauer in Monaten
Behaltedauer in%
AfA Anzahl
AfA in %
640/23-00
96
30
31,3%
3
37,5%
640/25-00
120
30
25%
3
30%
640/26-00
120
30
25%
3
30%
640/30-00
60
22
37%
2,5
50%
640/31-00
60
22
37%
2,5
50%
640/32-00
96
21
22%
2,5
31%
640/34-00
96
20
21%
2
25%
640/35-00
96
20
21%
2
25%

Daraus erschließt sich, dass die am 24. und angeschafften Wirtschaftsgüter (Kleinbusse/640/30-00 und 640/31-00 mit Anschaffungskosten von € 38.106,59 bzw. € 18.189,83) die von der Lehre und höchstgerichtlichen Rechtsprechung erforderlichen Bedingungen für die Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie jedenfalls erfüllen, weil durch je zwei volle und eine halbe Abschreibung(en) für Abnutzung bei der von der Bw. angesetzten Nutzungsdauer eine Afa-Quote (d.i. das Verhältnis Gesamt-Afa zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten) von 50% gegeben ist. Für diese Wirtschaftsgüter erfolgte - auch ungeachtet des Umstandes, dass diese Wirtschaftsgüter nicht ausgetauscht wurden - die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie zu Recht; der Berufung war im Umfang von € 5.629,64 somit Folge zu geben.

Die übrigen Wirtschaftsgüter erfüllen hingegen diese Bedingungen nicht. Sie weisen einen Verbleib im Betrieb der Bw. zwischen 20 und 30 Monaten bei einer geplanten betrieblichen Nutzungsdauer von 96 und 120 Monaten und Afa-Quoten von 25% bis 37,5% auf. Von einem geringfügigen Unterschreiten des für die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie erforderlichen Zeitraumes der Betriebszugehörigkeit kann bei diesen Wirtschaftsgütern nicht gesprochen werden.

Wenn sich die Bw. auf die deutsche Afa-Tabelle und die darin enthaltene - gegenüber österreichischen Verhältnissen - geringfügigere Nutzungsdauer bei Omnibussen berufen hat, so kann diese Argumentation nicht durchschlagen, weil es gleichartige Vorgaben in Österreich (für die in Rede stehenden Wirtschaftsgüter) nicht gibt und ein Abgehen von dem von der Bw. selbst gewählten Planungszeitraum schon im Hinblick auf die im Jahr 2005 erzielten Veräußerungserlöse nicht in Betracht kommt. Damit geht auch der Einwand der Bw., dass von einer "Nutzungsdauer laut Literatur" auszugehen ist, ins Leere.

Die Bw. hat für den vorzeitigen Verkauf der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter einen Liquiditätsengpass und eine entsprechende Eigenkapitalausstattung für das Erlangen einer Genehmigung zur Durchführung des Personenverkehrs ins Treffen geführt, die ihrer Meinung nach "Unwägbarkeiten" darstellen.

Unter Unwägbarkeiten sind grundsätzlich Ereignisse zu verstehen, die bei Anwendung eines durchschnittlichen Sorgfaltsmaßstabes unerwartet auftreten und die nicht vorhersehbar sind (z.B. Schäden auf Grund höherer Gewalt, unvorhergesehene Unbrauchbarkeit im Betrieb). Die von der Bw. ins Treffen geführten Umstände lassen einen derartigen Hintergrund nicht erkennen. Vielmehr stellen sie aus der Sicht des Unabhängigen Finanzsenates gewöhnliche Risiken dar, die jeden Unternehmer als Ausfluss des Unternehmerrisikos treffen. Gerade der Ankauf einer großen Fahrzeugflotte am Beginn einer wirtschaftlichen Betätigung, deren Ausmaß noch nicht abschätzbar ist, lässt sich nach der Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates nur unter dem Blickwinkel der Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie erklären. Von Unabwägbarkeiten ist im gegenständlichen Fall somit nicht auszugehen.

Auf Grund der vorstehenden Ausführungen war der Berufung insofern teilweise Folge zu geben, als die der Bw. zuzuerkennende Investitionszuwachsprämie um dem Betrag von € 5.629,64 zu erhöhen war; der nachzufordernde Betrag an Investitionszuwachsprämie reduziert sich um diesen Betrag und beläuft sich auf € 128.550,00.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at