Taggeld bei eintägigen Reisen
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A K, PLZ Ort, Str, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Einkommensteuer 2009 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Aufgrund der erklärten Daten in der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2009 vom10. Februar 2010 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom .
Mit Eingabe vom beantragte der Abgabepflichtige den Einkommensteuerbescheid 2009 gemäß § 299 BAO aufzuheben. Begründet wurde der Antrag damit, dass der Abgabepflichtige vergessen habe Werbungskosten (Reisekosten ohne Fahrtkosten Wohnung-Arbeitsstätte) in Höhe von 642,01 € in die Erklärung "einzuschreiben".
Mit Vorhalt vom wurde der Abgabepflichtige ersucht detaillierte Nachweise (mit Bestätigung des Arbeitgebers) über die beantragten Reisekosten nachzureichen.
Zur Beantwortung legte der Abgabepflichtige Reisekostenabrechnungen (mit Reiseziel, Kilometer, Uhrzeit des Beginnes und des Endes der Reise, Differenzbetrag zwischen Diäten und steuerfreien Ersatz etc.) vor.
Mit Bescheid vom wurde der bisherige Einkommensteuerbescheid 2009 gem. § 299 BAO aufgehoben.
Im neuen Einkommensteuerbescheid 2009 vom wurde vom Finanzamt nicht der beantragte Betrag von 642,01 €, sondern nur ein Betrag von 190,75 € als Werbungskosten anerkannt. Begründend führte das Finanzamt an, dass eine Reise im Sinne des § 16 EStG dann vorliege, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass mindestens 25 km vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entferne, eine Reisedauer von mehr als eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bei Inlandsreisen (mehr als fünf Stunden bei Auslandsreisen) vorliege und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werde. Dies sei bei einem durchgehenden oder wiederkehrenden Einsatz in einer Ortsgemeinde, in der man erstmals oder zuletzt vor 6 Monaten tätig war, nur in den ersten fünf Tagen der Fall. Die Werbungskosten seinen daher um 451,26 € gekürzt worden.
Mit Schreiben vom erhob der Abgabepflichtige Berufung gegen diesen Bescheid mit der Begründung, dass die Berechnung der Reisekosten nicht korrekt ausgeführt worden sei.
Mit langte eine Stellungnahme des Arbeitgebers des Berufungswerbers zu den Reisekosten mit folgendem Inhalt ein:
"Anbei die detaillierte Aufstellung zu den Reisekosten für die Monate September bis Dezember 2009. In den ursprünglichen Aufzeichnungen von Herrn K wurde die Beladestelle " N" als Reiseziel angeführt, was nicht korrekt ist Die Aufzeichnungen wurden von uns entsprechend richtig gestellt. Dazu unsere folgende Anmerkung: Ausgangspunkt der Dienstreise: PLZ1TKBeladestelle: Schottergrube N , PLZ2BEntladestelle = Reiseziel: div. Orte entlang der neuen Gasleitung, Auftraggeber Fa. GLZwischen der Beladestelle N und den div. Entladestellen finden pro Tag mehrere Fahrten statt. Es sind daher Reisekosten für das Jahr 2009 in Höhe von 642,01 € zu berücksichtigen."
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt an, dass eine Fahrtätigkeit hinsichtlich des Fahrzeuges einen weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit begründe, wenn die Fahrtätigkeit regelmäßig in einem lokal eingegrenzten Bereich ausgeübt werde oder die Fahrtätigkeit auf nahezu gleich bleibenden Routen erfolge. Nach einer Anfangsphase von 5 Tagen könnten daher keine Werbungskosten berücksichtigt werden.
In seinem Vorlageantrag vom führte der Berufungswerber ergänzend aus:
"1. Es liegt kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit vor, da die Einsatzorte bzw. Baustellen entsprechend weit auseinander liegen. 2. Die Fahrtätigkeit wurde nicht regelmäßig ausgeführt, da ich in allen Monaten auf unterschiedlichen Baustellen im Einsatz war, die zum Teil weniger als 25 km und zum Teil mehr als 25 km von meinem Dienstort entfernt lagen. Die Dienstorte, die weniger als 25 km von meinem Dienstort entfernt sind, wurden bei der Reisekostenabrechnung nicht berücksichtigt. 3. Es handelt sich bei meiner Tätigkeit um keine Warenauslieferung, sondern um den An- und Abtransport von Kies, Sand (von div. Schottergruben), Aushub und Betonabbruch (wird auf verschiedene Deponien verbracht) und Ausführung div. Hebearbeiten auf der Baustelle mit deinem Kran, der auf einem LKW montiert ist. 4. Die Baustellen lagen ebenfalls nicht auf einer gleich bleibenden Route. Meine Tätigkeit kann nicht mit einem Zustelldienst verglichen werden. Entsprechende Routenausdrucke lege ich bei."
Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung vom Finanzamt dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Vorhalt vom wurde der Berufungswerber aufgefordert bekannt zu geben, ob er an den Tagen für die Taggelder begehrt würden auswärts übernachtet habe oder jeden Tag nach der Arbeit an seinen Wohnort zurückgekehrt sei.
Mit E-Mail vom wurde dieser Vorhalt vom Arbeitgeber des Berufungswerbers dahingehend beantwortet, dass der Berufungswerber jeden Tag nach der Arbeit an seinen Wohnort zurückgekehrt sei und keine auswärtigen Nächtigungen stattgefunden hätten.
Über die Berufung wurde erwogen:
Allgemein sind Werbungskosten in § 16 EStG 1988 geregelt.
Werbungskosten sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Geltend gemachte Tagesgelder/Diäten:
Rechtlich ist diese Frage durch § 16 EStG 1988 sowie § 20 EStG 1988 und die dazu erfolgte Auslegung in Rechtsprechung und Lehre zu prüfen.
Abgegrenzt werden müssen Ausgaben und Aufwendungen, die den Privatbereich betreffen. Explizit führt § 20 Abs. 1 Z 2 lit. c EStG 1988 Reisekosten an, die keine Werbungskosten sind soweit sie nicht gemäß § 4 Abs. 5 EStG 1988 und § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 abzugsfähig sind.
In § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Reisekosten nur dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen entstehen. Diese Aufwendungen sind ohneNachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.
In Abgrenzung zu den privaten Lebenshaltungskosten ist der Begriff Mehraufwendungen für Verpflegung im gegenständlichen Sachverhalt zu klären.
Mehraufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen dann, wenn einem Reisenden durch die Unkenntnis der örtlichen Gegebenheiten im Verhältnis zum "normalen" und nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 nicht abzugsfähigen Verpflegungsaufwand höhere Kosten entstehen. Diese Voraussetzung kann dann erfüllt sein, wenn sich ein Steuerpflichtiger im Rahmen einer Reise nicht am Mittelpunkt seiner Tätigkeit aufhält (Unabhängiger Finanzsenat, RV 1202-L/02).
Die Verwaltungspraxis (Finanzamt) lässt eine Berücksichtigung von Tagesdiäten bei einer größeren Entfernung vom Mittelpunkt der Tätigkeit, wobei eine Entfernung von zumindest 25 Kilometern ausreichend ist, zu. Für die Anerkennung einer Reise wird weiters eine Mindestdauer von 3 Stunden vorausgesetzt. Eine kürzere Dauer ist für die Anerkennung, dass eine beruflich veranlasste Fahrt eine Reise sei, nicht ausreichend.
Im Gegensatz dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen (VwGH 28.1997, 95/140156; ) ausgesprochen, dass bei nur eintägigen Reisen keine Berücksichtigung von Tagesdiäten erfolgt. Begründet wird dies damit, dass bei derartig kurzen Reisen entsprechend Vorsorge getroffen werden könne und so ein Verpflegungsmehraufwand nicht entstehe. Er führt dezidiert an, dass durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. Mitnahme von Lebensmitteln ein Verpflegungsmehraufwand abgefangen werden könne (VwGH 28.1997, 95/140156; ; ). Dieser Auffassung hat sich der Unabhängige Finanzsenat in mehreren Entscheidungen (u.a. RV 4358-W/02; -I/03; ; ; -I/05) angeschlossen.
Die Begründung für die Nichtanerkennung von Tagesgeld /Diäten bei halb- bzw. eintägigen Reisen ist zusammengefasst folgende:
Die Rechtfertigung für die Annahme von Werbungskosten im Zusammenhang mit Reiseverpflegung liegt in dem in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Mehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen üblichen Verpflegungsaufwendungen, die der privaten Lebensführung zuzurechnen sind. Mehraufwendungen für Gasthausverpflegung (Verpflegung außer Haus) gehören grundsätzlich zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung, zumal ein bedeutend großer Teil der Erwerbstätigen darauf angewiesen ist, Mahlzeiten in öffentlichen Speiselokalen (generell außer Haus) einzunehmen. Verpflegungsmehraufwand im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liegt daher nur dann vor, wenn durch eine Reise zusätzliche Verpflegungskosten verursacht werden, die über in typisierender Betrachtungsweise zu beurteilenden Verpflegungsausgaben der Erwerbstätigen am ständigen Arbeitsort hinausgehen. Es können dabei aber Erschwernisse anderer Art, die mit einer Reise verbunden sind, nicht bei der rechtlichen Beurteilung Berücksichtigung finden. Allfällige aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierende Verpflegungsmehraufwendungen können in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden (siehe ausdrücklich sowie ).
Diese Auffassung wird in der Entscheidungspraxis des UFS noch durch folgende Überlegungen begründet:
Höhere Verpflegungsaufwendungen entstehen bei der Berufsausübung - unabhängig vom Vorliegen einer Reise - aus verschiedenen Gründen. Zum Beispiel besteht für viele Steuerpflichtige die Notwendigkeit sich in hochpreisigen Innenstadtlagen oder Touristenorten verköstigen zu müssen, da ihnen die Zeit fehlt, für ihre Mahlzeiten weiter entfernte billigere Verköstigungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen oder ihr Arbeitsort eben in solchen Tourismusorten gelegen ist, was die Einnahme der Mahlzeiten dort unumgänglich macht. Es macht somit keinen Unterschied, ob ein Steuerpflichtiger ständig an einem solchen Ort (im Innendienst) arbeitet oder ein Außendienstmitarbeiter solche Orte im Rahmen einer beruflichen Fahrt aufsucht. Ein Großteil der Erwerbstätigen findet am Arbeitsplatz auch keine Kochgelegenheit vor.
Oft wird es auch nicht die Ortsunkenntnis sein, die die Inanspruchnahme der günstigsten Verpflegungsmöglichkeit verhindert, sondern werden vielmehr andere Ursachen den Ausschlag geben. So kann die beruflich zur Verfügung stehende Pausendauer zu kurz sein oder ein Fahrmittel fehlen, um eine bekannte günstigere Verpflegungsmöglichkeit wahrzunehmen. Vielfach ist es auch eine persönliche Wertentscheidung oder Geschmacksfrage, ob günstige Verpflegungsmöglichkeiten (zB Mitnahme von Speisen und Getränken, Einkauf von Fertiggerichten im Lebensmittelhandel, Menükost oder Fastfood) in Anspruch genommen werden, aus Gründen der Qualität oder wegen der wirtschaftlichen bzw. gesellschaftlichen Stellung bewusst höhere Ausgaben für Verpflegung in Kauf genommen werden.
Diese Kostenunterschiede der Verpflegung treffen Steuerpflichtige an ihrer ständigen Arbeitsstätte genauso wie Steuerpflichtige während einer beruflich bedingten Reise.
Daher werden in der ständigen Rechtsprechung des VwGH und der inzwischen gefestigten Entscheidungspraxis des UFS aus oben angeführten Gründen - im Gegensatz zur Verwaltungspraxis (Finanzamt) - für halb- bzw. eintägige Reisen keine Diäten/Taggelder gewährt.
Im gegenständlichen Berufungsfall begehrt der Berufungswerber Taggelder für ausschließlich eintägige Reisen, bei denen der Abgabepflichtige jeden Tag nach Hause zurückgekehrt ist und keine auswärtigen Nächtigungen vorliegen.
Im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen daher bei diesen eintägigen Reisen keine Taggelder (Diäten) zu.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at