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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 10.12.2013, RV/0029-S/09

Haftungsbescheid; Geschäftsführer; Geschäftsführerhaftung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der AA., W-Stadt, vertreten durch Dr. Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt, 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 32, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend Haftungsbescheid gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Haftungsbescheid wird gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom wurde die Berufungswerberin AA. gemäß den §§ 9 und 80 zur Haftung für Umsatzsteuer der F-GmbH in Salzburg im Ausmaß von € 4.305,92 herangezogen. Diesem Haftungsbescheid war ein mit datierter Rückstandsausweis angeschlossen, der die Umsatzsteuer für den Zeitraum 05/2005 im Betrag von € 4.305,92 auswies. Diese Umsatzsteuer beruhte auf einer bescheidmäßigen Festsetzung. Dem Haftungsbescheid bzw. dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass der Abgabenbescheid dem Haftungsbescheid beigefügt war.

In der Bescheidbegründung stellte das Finanzamt fest, dass der Geschäftsführer einer GmbH zur Abfuhr der aus Verkäufen resultierenden Umsatzsteuer verpflichtet sei, auch wenn sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde. Wenn die anfallende Umsatzsteuer nicht abgeführt, sondern für andere Zwecke verwendet werde, stelle dies ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden dar. Die Geschäftsführerin habe auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen ihr die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflicht nicht möglich gewesen sei. Da sie trotz Aufforderung keine Gründe für die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer genannt habe, müsse von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgegangen werden.

Gegen diesen Haftungsbescheid wurde mit Schriftsatz vom berufen und im Wesentlichen ausgeführt, dass die nunmehrige Berufungswerberin im Mai 2005 weder Gesellschafterin noch Geschäftsführer der F-GmbH gewesen sei. Im Zeitpunkt der Umsätze, auf die sich die Umsatzsteuer beziehe, habe sie keinen Einfluss auf die Geschäftsführung gehabt. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Erst mit sei sie als selbständig zeichnungsberechtigter Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen worden, schon mit 29.Juli habe sie diese Funktion beendet. Sie sei also nur rund ein Monat Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen. In diesen Zeitraum falle zwar die Fälligkeit der Umsatzsteuer 05/2005, doch seien keine Mittel zur Bezahlung vorhanden gewesen. Sie habe keine Gelegenheit gehabt diese Mittel zu erwirtschaften, da sie nach Übernahme der Gesellschaftsanteile habe feststellen müssen, dass sie über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens völlig falsch informiert worden sei. Es seien keine liquiden Mittel vorhanden gewesen, weshalb auch keine Geschäftstätigkeit ausgeübt werden konnte und sie daher gezwungen war die Anteile abzutreten. Sie treffe an der Nichtabfuhr der Umsatzsteuer für Mai 2005 keinerlei Verschulden weshalb die ersatzlose Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt werde.

Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt diese Berufung als unbegründet abgewiesen und insbesondere festgehalten, dass die Vertreterhaftung vor allem für Abgaben bestehe, deren Fälligkeitstag in der Zeit der Vertretertätigkeit falle. Die Haftung bestehe insoweit, als der Erwerber die in Betracht kommende Abgabenschuld im Zeitpunkt der Übernahme kannte oder kennen musste. Danach stehe die Unkenntnis der Schuldigkeit einer Haftungsinanspruchnahme dann nicht entgegen, wenn der Vertreter bei allgemein üblicher Sorgfaltsanwendung von der Schuld hätte Kenntnis erlangen müssen.

Durch den am eingelangten Vorlageantrag gilt die Berufung wiederum als unerledigt. Die Berufungswerberin bringt vor, dass die Erstinstanz auf die vorgebrachten Argumente nicht eingehe. Entscheidend sei der Umstand, dass die Berufungswerberin nicht Geschäftsführerin war, als die zu versteuernden Umsätze im Mai 2005 getätigt wurden. Sie hatte daher nicht die Möglichkeit, die hiefür im Zeitraum der Fälligkeit der Umsatzsteuer notwendig werdenden Mittel während des Monats Juni sicherzustellen bzw. in diesem Zeitraum dafür Sorge zu tragen, dass sie auch am 15. Juli vorhanden sind. Selbst die Kenntnis der Umsatzsteuerschuld hätte sie nicht in die Lage versetzt, über Finanzmittel zu verfügen, da diese im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit nicht vorhanden waren. Sie habe ohnehin nach Bekanntwerden der wahren Ausmaße der finanziellen Problematik der Gesellschaft die Geschäftsführertätigkeit beendet und den Geschäftsanteil abgegeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO lautet: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen habe alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der Bestimmung des § 248 BAO (erster Satz) kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen den Bescheid gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid gem. § 224 Abs. 1 leg. cit.) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.

Aus dem dem Haftungspflichtigen gemäß § 248 BAO eingeräumten Berufungsrecht ergibt sich somit, dass ihm anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen ist, und zwar vor allem über Grund und Höhe des feststehenden Abgabenanspruches. Eine solche Bekanntgabe hat durch Zusendung einer Ausfertigung (Ablichtung) des maßgeblichen Bescheides über den Abgabenanspruch zu erfolgen (Ritz, BAO³, § 248 TZ 8 mit Judikaturnachweisen, RAE RZ 1216 und 1222). Wird dies unterlassen, liegt ein Mangel des Verfahrens vor, der im Verfahren über die Berufung gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist (siehe dazu ).

Im gegenständlichen Fall ist nach der Aktenlage davon auszugehen, dass der der Haftung zugrunde liegende Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid der Berufungswerberin nicht übermittelt wurde. Damit ist aber, laut oben zitierter VwGH-Entscheidung vom ein im Rechtsmittelverfahren nicht sanierbarer Mangel gegeben.

Es war daher unter Bedachtnahme auf die durch den Verwaltungsgerichtshof vorgegebene Rechtsansicht mit Aufhebung und Zurückverweisung im Sinne des § 289 Abs. 1 BAO vorzugehen (vgl. auch die UFS-Entscheidung RV/0838-L/10, vom ).

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage war es somit nicht erforderlich, auf die Berufungseinwendungen näher einzugehen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at