Haftung für Abgabenschulden
Rechtssätze
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RV/0178-K/08-RS1 | Ein Geschäftsführer, der nur mehr solche Lieferungen und Leistungen bezahlt, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind, bewirkt durch die Bevorzugung einzelner Gläubiger eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubiger. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des H , Ä, vertreten durch Dr. GF, Rechtsanwalt, plz St. J , KR Promenade 10, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. J, vertreten durch Mag. Z, vom betreffend Haftungsbescheid gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Über die Primärschuldnerin, die Firma H Ges.m.b.H, ein Tankstellenbetrieb, wurde am beim LG St. J ein Konkursverfahren eröffnet. Im Konkursverfahren wurden Konkursforderungen in Höhe von € 207.549,09 angemeldet. Neben dem Finanzamt war die Hausbank mit Forderungen in Höhe von ca. € 90.000,00 größter Gläubiger der Gemeinschuldnerin. Das Unternehmen wurde infolge Masseunzulänglichkeit durch den Masseverwalter geschlossen.
Der Berufungswerber, geboren 1958, war seit bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer.
Am erhob das Finanzamt die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers. Dieser gab dabei an, einen Reingewinn aus seinem Betrieb in Höhe von € 16.000,00 jährlich zu erwirtschaften. Er sei sorgepflichtig für drei Kinder. Er besitze eigentümlich ein Haus, welches als Sicherheit für ein Bauspardarlehen der Bausparkasse hypothekarisch belastet ist. Darüber hinaus besitzte er einen Mercedes, welcher ebenso der Bank als Sicherstellung verpfändet wurde.
Nachdem das Finanzamt unter Hinweis auf die gesetzlichen Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH den Berufungswerber (im Folgenden: Bw.) um Bekanntgabe der Gründe ersuchte, welche dazu führten, dass die Abgaben nicht entsprechend den Pflichten der GmbH entrichtet wurden, gab der Bw. mit Schriftsatz vom eine Stellungnahme ab.
Es habe nach der Konkurseröffnung eine Betriebsprüfung gegeben, in welcher Gesamtforderungen des Finanzamtes in Höhe von € 106.842,67 festgesetzt wurden. Es sei grundsätzlich richtig, dass er als Geschäftsführer im Jahre 2006 für die in diesem Zeitraum entstandenen Abgaben in Höhe von € 30.246,50 zur Haftung herangezogen werden könne. Er habe die Geschäftsführung zu einem Zeitpunkt übernommen, als bereits die grundlegenden Bedürfnisse nur mehr mit Zustimmung der Lieferfirma MV geregelt werden konnten. Diese habe ihm als Geschäftsführer jeglichen Gestaltungsspielraum genommen und unterbrochen, weil die Lieferfirma bei jeder Treibstofflieferung Barzahlung verlangt habe.
Er sei daher als Geschäftsführer gezwungen gewesen, sämtliche einlangenden Gelder und finanziellen Mittel auf dem Bankkonto anzusammeln, sodass es der MV möglich war, bei der nächsten Lieferung den Einziehungsauftrag vollständig durchzuführen.
Tatsache sei, dass im Jahre 2006 lediglich jene Zug um Zug Geschäfte getätigt und bezahlt wurden, welche ausschließlich zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes notwendig waren. Es sei jedoch zu keiner Benachteiligung des Finanzamtes gekommen, weil auch die anderen Gläubiger nicht befriedigt worden sind. Es gebe daher keinen Gläubiger deren Forderungen im Jahre 2006 eine Verringerung oder Tilgung erfahren hätten. Es ist daher von einer Gleichbehandlung aller Gläubiger auszugehen.
Unter ausführlichem Hinweis darauf, dass die Heranziehung zur Haftung eine Ermessensentscheidung ist, wies der Bw. darauf hin, dass bislang eine solche nicht im hinreichend notwendigem Maße erfolgt ist.
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurden offengelegt. Der Bw. verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von circa € 900,00. Seine Liegenschaften EZ qqw GB 2222l F und EZ 1qqq GB 3333l TG sind mit Pfandrechten zu Gunsten der Banken und Bausparkasse belastet.
Erhebungen des Referenten ergaben dazu, dass der Berufungswerber nur mehr eine Liegenschaft eigentümlich besitzt, auf welcher sich sein Wohnhaus befindet. Diese Liegenschaft ist mit Pfandrechten zu Gunsten der Bausparkasse in Höhe von ATS 894.700,00 (Pfandurkunde vom ) und zu Gunsten der Hausbank in Höhe von € 200.000,00 (Pfandurkunde vom ) belastet.
Mit angefochtenem Bescheid vom zog das Finanzamt den Berufungswerber zur Haftung für uneinbringliche Abgaben in Höhe von € 30.246,50 heran. Die Abgaben wurden mittels Rückstandsaufgliederung nach Abgabenart, Höhe und Fälligkeit tabellarisch dargestellt. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass er als gesetzlicher Vertreter eine schuldhafte Pflichtverletzung zu verantworten habe. Hinsichtlich der Ermessensübung wies das Finanzamt darauf hin, dass die Abgabenschulden nachweislich bei der Primärschuldnerin nicht eingebracht werden können. Es sei offenkundig, dass während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Abgabenrückstand stark angestiegen ist und er die Möglichkeit gehabt hätte, gesetzliche Haftungsfolgen hintanzuhalten.
Die Abgaben wurden tabellarisch wie folgt aufgeschlüsselt:
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Abgabenart Umsatzsteuer Umsatzsteuer Umsatzsteuer Umsatzsteuer Umsatzsteuer Umsatzsteuer Umsatzsteuer Umsatzsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer Lohnsteuer | Zeitraum 01/2006 02/2006 03/2006 04/2006 05/2006 06/2006 07/2006 09/2006 2005 03/2006 04/2006 05/2006 07/2006 08/2006 09/2006 10/2006 11/2006 | Höhe 820,59 1.127,89 1.172,32 1.302,20 957,98 1.338,60 1.663,00 2.045,91 15.887,53 357,84 357,84 357,84 529,20 529,20 529,20 529,20 740,16 |
30.246,50 |
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Bw. wie folgt aus:
"Der gegenständliche Haftungsbescheid wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten. Mit dem gegenständlichen Haftungsbescheid wird mir vorgeworfen, ich hätte es als Geschäftsführer der H GesmbH unterlassen, eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung im Rahmen des Zeitraumes 2005 bis Ende 2006 bzw. bis zur Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Firma H GesmbH durchzuführen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe einerseits sehr wohl eine ausgewogene Gläubigergleichbehandlung durchgeführt, da ab dem Zeitpunkt, ab welchem die Ansprüche des Finanzamtes L nicht mehr befriedigt wurden, auch andere Gläubiger nicht befriedigt worden sind. Wenn in diesem Zusammenhang seitens des Finanzamtes L damit argumentiert wird, dass die Zug um Zug - Geschäfte diese Behauptung widerlegen würden, so ist dies nicht richtig, da ich aufgrund der Zug um Zug Geschäfte gar nicht im Stande gewesen bin oder im Stande gewesen wäre, über die Mittel tatsächlich zu verfügen und der diesbezügliche Umsatz nicht als liquider Umsatz und nicht als liquide Mittel zur Verfügung gestanden haben. Es ist absurd, die von der Geschäftstätigkeit her aufgezwungenen Zug um Zug Geschäfte als normale Geschäfte zu betrachten und die dabei erzielten theoretischen Umsätze als Liquidität schaffende Umsätze zu betrachten. Das Gegenteil ist der Fall, weil ich als Geschäftsführer der H GesmbH zwar möglicherweise hätte die Zug um Zug - Geschäfte stoppen können, doch dann wäre das gesamte Gefüge sofort zusammengebrochen.
In diesem Zusammenhang halte ich weiters fest, dass ein wesentlicher Teil des Haftungsbetrages, nämlich der anteilige Betrag für Lohnsteuer 2005, wie dieser mit € 15.887,53 in der Rückstandsaufgliederung ausgewiesen wird, mir als Geschäftsführer der Gesellschaft nicht bekannt war. Ich bin faktisch mit Jahresende 2005 als Geschäftsführer der Gesellschaft nominiert worden und tätig geworden, wobei mir zu diesem Zeitpunkt all jene Verhältnisse, wie sie vorher in der Firma geherrscht hatten, nicht bekannt waren, da ich eine generelle Umstellung der Aktivitäten der Gesellschaft vorgenommen habe. Wenn nun für das Geschäftsjahr 2005 durch das Finanzamt L in einer nach Eröffnung des Konkursverfahrens vorgenommenen Lohnsteuerprüfung entsprechende Rückstände für das Jahr 2005 errechnet werden, dann berührt mich dies als Geschäftsführer des Jahres 2006 deshalb nicht, weil ich weder das Ergebnis der Lohnsteuerprüfung, die nach der Konkurseröffnung durchgeführt wurde, kannte noch über jene Verhältnisse informiert war, wie sie möglicherweise Anlass zu der erhöhten Vorschreibung von Lohnsteuern waren. Da ich bei Übernahme der Geschäftsführung Ende Dezember 2005 ein Steuerguthaben auf dem Steuerkonto ausgewiesen vorfand, hatte ich wahrlich keinen Anlass dafür, Nachforschungen darüber anzustellen, ob möglicherweise im Jahre 2005 eine erhöhte Lohnsteuerpflicht vorgelegen hätte. Auch seitens des Finanzamtes L wurden keinerlei Hinweise gesetzt, um auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen oder gar Vorhalte an mich ausgefertigt, um mich auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Tatsache ist es jedenfalls, dass ich im Zuge meiner gesamten Geschäftsführung weder die ursächlichen Verhältnisse noch die Steuerschuld selbst kannte und daher für die mangelnde Berücksichtigung dieser Steuerschuld auch keine Haftung tragen kann.
Ausdrücklich verweise ich im Zusammenhang mit dem gegenständlichen angefochtenen Haftungsbescheid des Finanzamtes L darauf, dass grundsätzlich die Inanspruchnahme von Haftungen seitens des Finanzamtes im Ermessen der Abgabenbehörde liegt. Diese Ermessensentscheidung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht genommenen Umstände gemäß § 20 BAO zu treffen. Eine Auslegung des § 20 BAO wird somit in diesem Zusammenhang dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berichtigte Interessen der Partei" und dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben beizumessen sein. In gleicher Weise wird dies durch das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom , 95/16/0082 zum Ausdruck gemacht.
Bei der Ermessensentscheidung sind nicht nur das öffentliche Interesse an einem gesicherten und zeitnahen Abgabenaufkommen und die Einbringlichkeit der Abgabenschuld (Haftungsschuld), sondern auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Haftungspflichtigen in Betracht zu ziehen (Vergleiche VWGH , 2003/17/0132). Der Erlass von Haftungsbescheiden ist eine Einhebungsmaßnahme, wie dies auch vom Verwaltungsgerichtshof in dessen Entscheidung vom , 94/14/0156 zum Ausdruck gebracht wird. Ist die haftungsgegenständliche Abgabe beim Haftungsschuldner uneinbringlich, so wird dies gegen die Erlassung eines gegen ihn gerichteten Haftungsbescheides sprechen."
.........
"Die Ermessensentscheidung umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgesehenen Rahmens, wie dies vom Verwaltungsgerichtshof in dessen Entscheidung vom , 2002/14/0123 zum Ausdruck gebracht wird. Da die Abgabenbehörde somit den Haftenden auch nur hinsichtlich einer Teilschuld in Anspruch nehmen kann, ist im Rahmen der Ermessensübung daher auch zu begründen, aus welchen Erwägungen eine Inanspruchnahme mit dem gesamten unberichtigten Abgabenbetrag und nicht nur mit einem Teilbetrag erfolgt. Bisher war jedoch den diesbezüglichen Vorwürfen und Ankündigungen des Finanzamtes L eine Begründung für die vom Finanzamt angekündigte "Ermessensentscheidung", mich für alle Lohn- und Umsatzsteuerverbindlichkeit der H GesmbH in Anspruch zu nehmen, nicht vorhanden. Ich verweise in diesem Zusammenhang darauf, dass ich derzeit über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. € 1.000,00 verfüge, dass ich drei Sorgepflichten nachzukommen habe und dass gegen mich weiter Forderungen insbesondere der Raiffeisenbank Region A regGenmbH in der Höhe von über € 1.000.000,00 der Bausparkasse sowie weiter Forderungen, über die ich gerne Aufschluss geben werde, gegen mich gerichtet sind.
Wenn nun zu kalkulieren ist, dass mir zu Abdeckung dieser Gesamtverbindlichkeiten ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.000,00 zur Verfügung steht, dann ergibt sich allein aus diesem Grund, dass mit der gegenständlichen Entscheidung durch den angefochtenen Haftungsbescheid jedenfalls die Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit verletzt werden. Allein aus diesem Grund ist der gegenständliche Haftungsbescheid unrechtmäßig."
Über die Berufung wurde erwogen:
Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können (§ 9 Abs. 1 BAO). Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden (§ 80 Abs. 1 BAO).
Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Haftung eines Vertreters - im gegenständlichen Verfahren eines Vertreters einer juristischen Person - sind,
- eine Abgabenforderung(en) gegen den Vertretenen,
- die Stellung als Vertreter der juristischen Person,
- die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung(en) beim Vertretenen,
- eine Pflichtverletzung des Vertreters der juristischen Person,
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und
- die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.
Im gegenständlichen Verfahren steht fest, dass der Berufungswerber im (haftungs-) gegenständlichen Zeitraum als Geschäftsführer zum Kreis der Vertreter im Sinne des § 80 Abs. 1 BAO zählt und daher für die uneinbringlichen Selbstbemessungsabgaben der GmbH herangezogen werden kann.
Weiters ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass die Primärschuldnerin ihre Abgabenschuldigkeiten weder zum Zeitpunkt deren Fälligkeiten entrichtet hat und diese bis heute nicht entrichtet wurden. Die Bw. war für deren Entrichtung allein verantwortlich. Derzeit haften am Abgabenkonto mehr als € 106.000,00 unberichtigt aus. Der Haftungsbetrag entfällt auf jene Abgaben, die im Jahre 2006 gesetzlich fällig geworden sind. Im Jahr 2006 war der Bw. alleinverantwortlicher Geschäftsführer der GmbH.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Vertreters (Geschäftsführers), darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter (Geschäftsführer) schuldhaft seine Pflicht für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, verletzt, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (siehe für viele das Erkenntnis vom , 99/13/0032, mwN).
Der Vertreter (Geschäftsführer) haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (siehe für viele das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0218, mwN).
Der Bw. bringt in seiner Stellungnahme und Berufung im Wesentlichen vor, er habe bis auf die Zug um Zug erfolgten Treibstofflieferungen, welche zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes unbedingt notwendig gewesen sind, sämtliche anderen Gläubiger gleichermaßen nicht befriedigt. Es habe kein anderer Gläubiger Zahlungen erhalten, weil er gezwungen war, die Lieferfirma vorrangig zu bezahlen. Diese habe nur gegen Barzahlung geliefert.
Damit steht fest, dass der Bw. im gesamten Haftungszeitraum eine Differenzierung zwischen seinen Gläubigern vorgenommen hat, indem er ausschließlich die Zug um Zug Lieferanten bezahlt hat.
Das Vorbringen, er habe auch an andere Gläubiger gleichermaßen nichts bezahlt geht ins Leere, weil eine Differenzierung zwischen den Gläubigern tatsächlich stattgefunden hat.
Damit liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung, welche für den Abgabenausfall (Schaden) ursächlich war, vor.
Im gegenständlichen Verfahren wäre eine Haftung des Berufungswerbers für die offenen Abgabenschulden der Primärschuldnerin allenfalls dann nicht zum Tragen gekommen, wenn von der Primärschuldnerin bei der Verteilung der zur Verfügung gestanden Mittel alle Gläubiger gleich behandelt worden wären (Gleichbehandlungsgrundsatz). Von einer Gleichbehandlung der Abgabenschulden mit anderen Verbindlichkeiten (Zug um Zug Geschäften) kann bei vollständiger Begleichung von laufenden Kosten, wie Betriebskosten und Treibstofflieferanten, bei gleichzeitiger Nichtbezahlung der Abgabenschulden unter Außerachtlassung abgabenrechtlicher Pflichten wohl keine Rede sein (siehe unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 91/17/0124). In diesem Fall haftet dann der Vertreter (Geschäftsführer) für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze (siehe ).
Im Verwaltungsverfahren wurde der Bw. ersucht, durch Erstellung einer Liquiditätsaufstellung seiner Nachweispflicht nachzukommen, dass im Haftungszeitraum keine Mittel zur Bezahlung der Verbindlichkeiten der GmbH vorhanden waren und auch keine Ungleichbehandlung der Gläubiger in der Befriedigung ihrer Forderungen stattgefunden hat ().
Der Berufungswerber hat keine Liquiditätsaufstellung beigebracht.
Der Referent des UFS ist auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes und der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Ansicht gelangt, dass der Bw. auf Grund der Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aller Gläubiger durch die Benachteiligung des Abgabengläubigers seiner Abgabenzahlungspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist und daher für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden der Gesellschaft dem Grunde nach zu Recht zur Haftung heranzuziehen ist (vgl. Erkenntnis des ).
Der Bw. meint, er sei aufgrund des Druckes der Lieferfirma nicht fähig gewesen, sich dagegen durch zu setzen. Dieses Vorbringen ist glaubhaft und schlüssig nachvollziehbar. Es befreite ihn aber nicht von seiner Pflicht, für die Entrichtung der Abgaben Vorsorge zu treffen.
Für den Fall der Beschränkung der Vertretungsbefugnisse durch Dritte wäre der Bw. verpflichtet gewesen, die ungehinderte Ausübung seiner Funktion zu erzwingen. Der Bw. hat jedoch die unmittelbar andrängenden Gläubiger gegenüber dem Finanzamt bevorzugt behandelt und dadurch eine Besserstellung unter verschiedenen Gläubigern herbeigeführt. Der Umstand, dass die Bank über einlangende Verkaufserlöse verfügen konnte und der Treibstofflieferant bezahlt wurde, andererseits die Abgabenbehörde einen Abgabenausfall (Schaden) erlitten hat, hat zweifelsfrei seine Ursache in der Ungleichbehandlung aller Gläubiger.
Erklärt sich ein Vertreter mit der Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden bzw. nimmt er eine solche Beschränkung in Kauf, die die künftige Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen unmöglich macht, so liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein grobes Verschulden vor (). Genau dies trifft auf den vorliegenden Sachverhalt zu.
Bei der Verletzung von abgabenrechtlichen Zahlungspflichten bedarf es - anders als bei der Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten - keiner näheren Begründung der Kausalität der Pflichtverletzung für die eingetretene Uneinbringlichkeit der Abgaben (vgl ). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang ().
Dem allgemein gehaltenen Einwand, er habe betreffend die Jahre vor seiner Geschäftsführung nicht gewusst, was im Unternehmen passiere, ist zu entgegnen, dass er diese GmbH bereits im Jahr 1995 bis 1999 als allein verantwortlicher Geschäftsführer geführt hat. Danach wurde die GmbH von seinem Bruder geführt. Im Allgemeinen pflegen Wirtschaftstreibende sich auch über jene Unternehmen, deren Geschäftsführung sie übernehmen genau zu erkundigen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bw. die wirtschaftliche Situation gekannt hat.
Schließlich wurde er ohnehin nur für solche Abgaben zur Haftung herangezogen, welche während seiner Geschäftsführungsperiode fällig geworden sind.
Hinsichtlich der Höhe des Haftungsbetrages kommt der Berufung daher keine Berechtigung zu.
Die Geltendmachung der Haftung ist - wie in der Berufung dargestellt - in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt ( unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 94/17/0122). Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens.
Im Rahmen der Ermessensübung ist dem Bw. anzulasten, dass er den Abgabengläubiger und andere Gläubiger vorsätzlich wissentlich außer Acht gelassen hat und den laufenden Abgabenverbindlichkeiten keine weitere Bedeutung beigemessen hat.
Wenn er nun meint, er müsse derzeit mit € 1.000,00 auskommen und er sei für drei Kinder sorgepflichtig, ist ihm zu entgegnen, dass es - angesichts des Alters des Bw. (Geburtsjahr: 1958) - nicht ausgeschlossen ist, zumindest einen Teil des erlittenen Schadens einbringlich zu machen.
Die Nichtentrichtung der Selbstbemessungsabgaben stellt eine grobe abgabenrechtliche Pflichtverletzung dar; welche auch in strafrechtlicher Hinsicht zu überprüfen sein wird.
Der Umstand, dass der Bw. verschuldet ist, fällt nicht ins Gewicht, weil der Bw. nach wie vor erwerbstätig und Eigentümer einer Liegenschaft ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Teil des erlittenen Abgabenausfalles einbringlich gemacht werden kann.
Es ist damit dem Interesse des Staates an der Einbringung (eines Teiles) der Abgaben (Schadenswiedergutmachung) der Vorrang vor dem Interesse des Berufungswerbers, nicht zur Haftung herangezogen zu werden, einzuräumen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | |
Verweise | -K/06 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at