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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 15.09.2011, RV/1954-W/09

Tätigkeit für Verein nicht ehrenamtlich, sondern entgeltlich ausgeübt

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes X. betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:

Der Berufung wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die vom Finanzamt der Berufungswerberin (Bw.) zugesendete Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung war trotz Erinnerung nicht beim Finanzamt eingegangen, daher wurde die Veranlagung auf Grund des seitens des Arbeitgebers der Bw. übermittelten Lohnzettels durchgeführt (Begründung, Blatt 2 des Einkommensteuerbescheides 2007) und erging am der Einkommensteuerbescheid 2007. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen mangels Nachweis nicht berücksichtigt werden konnten.

Das Rechtsmittel der Berufung wurde eingebracht und festgehalten, "die noch ausstehenden Unterlagen in Kürze" nachzureichen.

In der Folge ersuchte das Finanzamt um Nachreichung der in der Berufung angekündigten Unterlagen. Für den Fall der Geltendmachung von Aufwendungen wurde um Vorlage einer Aufstellung der einzelnen Positionen sowie um belegmäßigen Nachweis der Entrichtung im Jahr 2007 ersucht.

Nach Verstreichen einer Frist von fünf Wochen erließ das Finanzamt eine abweisende Berufungsvorentscheidung mit nachstehender Begründung: "Da Sie trotz Aufforderung die ... benötigten Unterlagen nicht beigebracht haben, konnten die geltend gemachten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden, als die Beweismittel vorlagen."

Der Vorlageantrag wurde folgendermaßen begründet: "Ich war am vor Ort im Finanzamt incl. Unterlagenmappe 2007. [Die Sachbearbeiterin] und [die Bw.] führten ein Gespräch, ein Kollege zeigte mir vor Ort den Finanzonlineeinstieg mit meinen neuen Logindaten, habe zZ kein ok. Anbei Unterlagen betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2007."

Laut dem vom Verband der Tierarztfrauen, TierärztInnen und TierarzthelferInnen Österreichs ausgestellten Fortbildungszertifikat hat die Bw. am VTÖ-Workshop mit der Thematik "Praxis- und Selbstmanagement" am teilgenommen und den Seminarbeitrag von € 180,-- bezahlt. Laut dem von diesem Verband weiters ausgestellten Fortbildungszertifikat hat die Bw. am VTÖ-Workshop mit der Thematik Haarschnitte und Fellpflege als Zusatzleistung in der tierärztlichen Praxis am teilgenommen und den Seminarbeitrag von € 100,-- bezahlt.

In einem Aktenvermerk wurde vom Finanzamt unter Bezugnahme auf ein Telefonat mit der Bw. festgehalten, die Bw. sei beim Bund als Beruf tätig. Sie sei auch ehrenamtlich für einen Verein tätig. Im Zuge dieser Tätigkeit habe sie Kosten für tiergestützte Therapie und Pädagogik gehabt.

Im Oktober 2009 wurde von der nunmehr beauftragten steuerlichen Vertretung der Bw. nachstehendes Schreiben mit dem Betreff: Nachreichung von Unterlagen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gerichtet: " ... erlauben wir uns, Ihnen in der Beilage Ausgangsrechnungen (der Bw.) zu übermitteln. Diese belegen, dass die von der Behörde erster Instanz nicht anerkannten Fortbildungskosten nicht für eine ehrenamtliche Tätigkeit, sondern sehr wohl zur Erzielung von Einnahmen verausgabt worden sind. Da (die Bw.) nicht fachkundig ist und den Vorlageantrag an (die Abgabenbehörde zweiter Instanz) gemäß Anweisung der Behörde erster Instanz selbst erstellt hat, hat sie auf die o.a. Tatsache leider nicht hingewiesen."

Dem Schreiben waren fünf Rechnungen der Bw., jeweils an das Landesklinikum ..., beigelegt:

Rechnung vom :

"Betreff: Abrechnung tiergestützte Aktivitäten

Besuche im April 2009:

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

Vereinbarter Tarif: pro Besuch (veranschlagt mit 5 Std.) 250€

Aufgeschlüsselt: 25€ pro Stunde und 125€ Fahrtkostenzuschuss (250km/0,50)

Summe für April 2009: 750,- €

Gemäß 86 Abs.1 Zi19 UStG."

Rechnung vom :

"Betreff: Abrechnung tiergestützte Aktivitäten

Besuche im Juni 2009:

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

Vereinbarter Tarif: pro Besuch (veranschlagt mit 5 Std.) 250€

Aufgeschlüsselt: 25€ pro Stunde und 125€ Fahrtkostenzuschuss (250km/0,50)

Summe für Juni 2009: 1.000,- €

Gemäß 86 Abs.1 Zi19 UStG."

Rechnung vom :

"Betreff: Abrechnung tiergestützte Aktivitäten

Besuche im Juli 2009:

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

Vereinbarter Tarif: pro Besuch (veranschlagt mit 5 Std.) 250€

Aufgeschlüsselt: 25€ pro Stunde und 125€ Fahrtkostenzuschuss (250km/0,50)

Summe für Juli 2009: 1.250,- €

Gemäß 86 Abs.1 Zi19 UStG."

Rechnung vom :

"Betreff: Abrechnung tiergestützte Aktivitäten

Besuche im August 2009:

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

Vereinbarter Tarif: pro Besuch (veranschlagt mit 5 Std.) 250€

Aufgeschlüsselt: 25€ pro Stunde und 125€ Fahrtkostenzuschuss (250km/0,50)

Summe für August 2009: 1.000,- €

Gemäß 86 Abs.1 Zi19 UStG."

Rechnung vom :

"Betreff: Abrechnung tiergestützte Aktivitäten

Besuche im September 2009:

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

12h - 17h

Vereinbarter Tarif: pro Besuch (veranschlagt mit 5 Std.) 250€

Aufgeschlüsselt: 25€ pro Stunde und 125€ Fahrtkostenzuschuss (250km/0,50)

Summe für September 2009: 1.000,- €

Gemäß 86 Abs.1 Zi19 UStG."

Im Mai 2011 richtete der unabhängige Finanzsenat nachstehendes Schreiben an die Bw.:

"Für das Jahr 2007 wurden folgende Aufwendungen geltend gemacht: Laut dem vom Verband der Tierarztfrauen, TierärztInnen und TierarzthelferInnen Österreichs ausgestellten Fortbildungszertifikat hat die Bw. am VTÖ-Workshop mit der Thematik "Praxis- und Selbstmanagement" am teilgenommen und den Seminarbeitrag von € 180,-- bezahlt. Laut dem von diesem Verband weiters ausgestellten Fortbildungszertifikat hat die Bw. am VTÖ-Workshop mit der Thematik Haarschnitte und Fellpflege als Zusatzleistung in der tierärztlichen Praxis am teilgenommen und den Seminarbeitrag von € 100,-- bezahlt.

Weder für das Jahr 2007 noch für das Jahr 2008 wurden diesbezüglich Einnahmen erklärt.

Sie werden daher um Übermittlung der Einnahmen-Ausgabenrechnungen für die in Rede stehende Tätigkeit (tiergestützte Aktivitäten) betreffend die Jahre 2009 und 2010 ersucht."

Am erließ das Finanzamt auf Grund der mittlerweile eingereichten Steuererklärung den Einkommensteuerbescheid 2009 (vgl. unten).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 1. und 4. Satz EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Gemäß Abs. 2 leg.cit. dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden.

Werbungskosten sind Wertabgaben, die durch die auf die Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte ausgerichtete Tätigkeit veranlasst sind (Hofstätter - Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 16 allgemein Tz 2). Es muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der auf Einnahmenerzielung gerichteten außerbetrieblichen Tätigkeit und den Aufwendungen gegeben sein ().

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Aufwendungen, die mit Einnahmen in keinem oder nur in einem mittelbaren Zusammenhang stehen, keine Werbungskosten. In dem VwGH-Erkenntnis vom , 93/15/0113 hebt etwa ein Steuerpflichtiger selbst seine ehrenamtliche politische Funktion in Vereinen bzw. in einer Teilorganisation einer politischen Partei hervor. Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang der Tätigkeit bzw. der Spesen mit einer Einkunftsquelle als Gemeinderat bzw. (Vize)Bürgermeister wurde laut dem Gerichtshof im betreffenden Beschwerdeverfahren damit aber nicht dargetan.

Die Bw. bezog im Jahr 2007 - wie in den Vorjahren - ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Bundesbedienstete (BerufY) und war für einen Verein tätig: tiergestützte Aktivitäten. Die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen (Workshop Verband der Tierarztfrauen, TierärztInnen, und TierärztehelferInnen Österreichs: Haarschnitte und Fellpflege als Zusatzleistung in der tierärztlichen Praxis, Workshop Verband der Tierarztfrauen, TierärztInnen, und TierärztehelferInnen Österreichs: Praxis- und Selbstmanagement) aus dieser letztgenannten Tätigkeit tatsächlich angefallen sind. Diese Feststellungen beruhen bezüglich der ausgeübten Tätigkeiten auf dem Inhalt der Einkommensteuerbescheide bzw. den Eingaben der Bw. (im Berufungsverfahren).

Zunächst deutete der Umstand der Nichterfassung diesbezüglicher Einkünfte in den Einkommensteuerbescheiden 2007 und 2008 darauf hin, dass die letztgenannte Tätigkeit ehrenamtlich war und daher nicht entlohnt wurde.

Wie sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der zitierten Gesetzesbestimmung ergibt, sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen; sie setzen somit das Vorhandensein von Einnahmen voraus.

Dies folgt auch aus § 16 Abs. 1 4. Satz EStG 1988, wonach Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen sind, bei der sie erwachsen sind: Einkünfte (als Nettogröße von Betriebseinnahmen abzüglich Betriebsausgaben bzw. Einnahmen abzüglich Werbungskosten) sind nur bei Zufluss von Einnahmen denkbar (vorweggenommene Werbungskosten gehen in der Folge erzielten Einnahmen voran).

Auf Grund der für das Jahr 2009 erklärten Einnahmen liegt eine ehrenamtliche Tätigkeit der Bw. nicht vor; sie erzielt auf Grund ihrer (tiergestützten) Vereinsarbeit Einnahmen in die Werbungskosten entsprechend übersteigender Höhe. Da die Vereinstätigkeit somit steuerpflichtige Einkünfte vermittelt hat, sind auch die damit verbundenen vorweg angefallenen Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig (vgl. ).

Die Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe von € 280,00 sind daher auf Grund der Gesetzesbestimmung des § 16 Abs. 1 EStG 1988 als Werbungskosten anzuerkennen.

Der Berufung war somit stattzugeben.

Beilagen: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at