Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 02.12.2013, RV/2959-W/10

Aufteilung gemischt genutzter Gebäude


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Miterledigte GZ:
RV/3804-W/09
RV/1355-W/13

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder Mag. Wolfgang Tiwald, Werner Just und Johann Vysek im Beisein der Schriftführerin Andrea Moravec über die Berufungen des HK., Adresse, vertreten durch Woditschka & Picher Wirtschaftstreuhand GmbH, Steuerberater, 2130 Mistelbach, Bahnstraße 26, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009 und Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2010 und Folgejahre sowie vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 nach der am in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Den Berufungen wird im eingeschränkten Umfang Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern bzw hinsichtlich den Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2010 und Folgejahre dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

1. Einkommensteuer für das Jahr 2007

Der Berufungswerber (Bw) - Herr HK. - erklärte im Streitjahr 2007 neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -1.378,95 €:


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Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung:


Mieten
4.200,00 €

Betriebskosten
840,00 €
5.040,00 €
Werbungskosten:


Gebühren anteilig
25,01 €

Gemeindeabgaben anteilig
595,49 €

Heizung anteilig
372,95 €

Gebäudeversicherung anteilig
317,85 €

Stromkosten anteilig
199,52 €

Sollzinsen anteilig
1.630,92 €

Instandhaltungen anteilig
51,96 €

Abschreibungen: Afa gemäß § 16 Abs 1 Z 8 EStG
3.225,25 €
6.418,95 €
Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen

-1.378,95 €

Dem Anlageverzeichnis für das Jahr 2007 ist ein Gebäudewert von 64.505 € und eine Abschreibung (5 % - 20 Jahre) von 3.225,25 € zu entnehmen.

Mit Schreiben vom wurde der Bw ersucht, den Mietvertrag zu übermitteln. Dem in der Folge übermittelten Mietvertrag ist ua zu entnehmen, dass Räumlichkeiten im Gesamtausmaß von 90 m2 im Erdgeschoss des Hauses PJ an Frau BÖ vermietet worden seien. Das Mietverhältnis habe am begonnen, der monatliche Mietzins habe 700 € und die Betriebskosten 20 % der Gesamtkosten betragen.

Mit Schreiben vom wurde der Bw ersucht, Unterlagen vorzulegen, aus denen die Abschreibungsbemessungsgrundlage des Mietobjektes PJ, und die anteiligen Sollzinsen hervorgingen. Der Bw übermittelte mit Schriftsatz vom eine Krediturkunde über einen Einmalkredit (Hypo NÖ Landesbank) in Höhe von 138.000 € zum Ankauf eines Wohn- und Geschäftsgebäudes, ein Sachverständigengutachten von Herrn Baumeister Dipl-Ing. HL, allgemein gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger und teilte mit, dass von den gesamten Aufwandszinsen des Jahres 2007 von 8.154,61 € ein Anteil von 1.630,92 € (ds 19,99 %) als Werbungskosten in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 abgesetzt worden seien. Dem übermittelten Sachverständigengutachten ist ua zu entnehmen, dass die Gesamtfläche des Hauses PJ 418 m2, die Größe der im Bauplan als "Verkauf" bzw als "Büro" ausgewiesenen Räumlichkeiten 59,40 m2 bzw 25,60 m2 und die Nutzungsdauer 20 Jahre betrage. Mit Schriftsatz vom übermittelte der Bw die nachfolgende Berechnung zur Ermittlung des Gebäudewertes bzw der Afa-Bemessungsgrundlage:


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Kaufpreis laut Kaufvertrag

135.000,00 € €
Nebenkosten laut Rechnungen:
(Notar, GrEStG, Eintragungsgebühr)


+ 7.613,06 €
Anschaffungskosten gesamt

142.613,06 €
Anteil der Anschaffungsnebenkosten vom Kaufpreis: 7.613,06 € x 100 / 135.000 € = 5,64 %


Wert lauf Gutachten
147.839,00 €

davon Grund und Boden laut Gutachten
12.877,00 €

Nebenkosten von 5,64 %
+ 726,06 €
- 13.603,06 €
Gebäudewert

129.010,00 €
davon 50 % laut Gutachten

64.505,00 €

Mit Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 vom wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.430,46 € festgesetzt. Begründet wurde der Bescheid ua damit, dass der Anteil der vermieteten Fläche an der Gesamtfläche des Hauses PJ 20,33 % betrage und daher die auf die Vermietung entfallende Abschreibung 20,33 % vom Gebäudewert (129.010 €), ds 26.227,73 € betrage. Aufgrund der im Sachverständigengutachten ausgewiesenen Nutzungsdauer von zwanzig Jahren sei die Abschreibung im Streitjahr 2007 mit 5 % von 26.277,73 €, ds 1.311,38 € in Ansatz gebracht worden. Da kein Nachweis der "Sollzinsen anteilig" erbracht worden sei, seien die geltend gemachten Zinsen und die restlichen anteiligen Werbungskosten ebenfalls im Ausmaß von 20,33 % berücksichtigt worden.

In seiner gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 erhobenen Berufung vom wies der Bw ua darauf hin, dass die vom Finanzamt vorgenommene Aufteilung der Werbungskosten und der Normalabschreibung ausgehend von der Gesamtfläche unzutreffend sei. Wie aus dem Gutachten zu entnehmen sei, betrage die verbaute Fläche zwar 418 m2. Nutzbar und daher werthaltig sei im Erdgeschoss das Verkaufslokal und im Obergeschoss die Wohnung. Die sich ebenfalls im Erdgeschoss befindliche ehemalige Backstube sei entgeltlich nicht vermietbar, sondern diene dem Mieter des Verkaufslokals teilweise als Abstellfläche. Sie könne daher auch nicht für private Zwecke des Eigentümers genutzt werden. Auf Seite 9 des Gutachtens sei daher die Aufteilung des Sachwertes von 147.839 € mit je 50 % entfallend auf das Verkaufslokal und auf die Wohnung festgelegt worden. Diese Aufteilung werde auch durch die Ertragswertberechnung bestätigt, wonach bei einer Monatsmiete von 700 € der Ertragswert inklusive Grund und Boden 73.634 € betrage. Die Afa-Berechnung des Finanzamtes mit einem Anteil von 20,33 % sei daher unrichtig und werde der Antrag gestellt, die Abschreibung mit 3.225,25 € festsetzen zu wollen, wobei eine Jahresabschreibung zu berücksichtigen sei, da die Vermietungsabsicht bereits im ersten Halbjahr bestanden habe.

Weiters verwies der Bw darauf, dass die Feststellung des Finanzamtes, wonach kein Nachweis der Sollzinsen erbracht worden sei, insofern unrichtig sei, als mit Ergänzungsauftrag vom der angeforderte Kreditvertrag über 138.000 € zur Vorlage gebracht und dazu festgestellt worden sei, dass der gesamte Kreditbetrag zur Anschaffung der Liegenschaft verwendet worden sei. Die Nichtberücksichtigung der Aufwandszinsen sei daher ebenfalls unrichtig, weshalb die Berücksichtigung von Aufwandszinsen im Ausmaß von 50 % von 8.154,61 €, ds 4.077,31 € beantragt werde.

Der Bw führte weiter aus, dass auf Grund der Bescheidausführungen angenommen habe werden müssen, dass auch die anteiligen Werbungskosten von 1.510,82 € ebenfalls um 79,67 % gekürzt worden seien, sodass ein Anteil von 20,33 % verbleibe (1.510,82 x 20,33 % = 307,15 €), obwohl die Werbungskosten nur anteilig in der Überschussermittlung enthalten gewesen seien, sodass es durch das Finanzamt zu einer doppelten Kürzung gekommen sei. Der Bw beantragte die Berücksichtigung der anteiligen Werbungkosten im Ausmaß von 1.510,82 €.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurden im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.269 € festgesetzt und wie folgt begründet: Die Liegenschaft PJ, sei im Jahre 2006 käuflich erworben worden. Der Kauf sei mit einem Darlehen finanziert worden. Laut Mietvertrag vom sei das im Erdgeschoss gelegene Verkaufslokal, das Büro und das WC im Gang rechts im Gesamtausmaß von ca 90 m2 vermietet worden. Das Mietverhältnis habe am begonnen und der monatliche Mietzins sei mit 700 € festgelgt worden. Der auf den Bestand entfallende und vereinbarte Betriebskostenschlüssel (Gasverbrauch, Heizung etc) betrage laut Mietvertrag 20 %. Dieser Prozentsatz entspreche auch der anteilsmäßigen unternehmerischen Nutzung. Laut Schätzungsgutachten betrage die Gesamtfläche 418 m2 und davon seien 85 m2 vermietet. Aufgrund des gegebenen Sachverhaltes werde ein Anteil von 20 % der Aufwendungen als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung anerkannt. Laut Aussage des steuerlichen Vertreters des Bw vom seien die Aufwendungen in der vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit 50 % als Werbungskosten erfasst. Im Zuge der Berufungserledigung würden die Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung mit 3.771 € berücksichtigt:


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Gebühren
50,01 € x 20 %
11,00 €
Gemeindeabgaben
1.190,98 € x 20 %
262,02 €
Heizung
745 € x 20 %
164,10 €
Gebäudeversicherung
635 € x 20 %
139,70 €
Strom
398 € x 20 %
87,89 €
Sollzinsen
8.154 € x 20 %
1.794,00 €
Afa
129.010 € x 20 % davon 5 %
1.290,00 €
Summe

3.771,00 €


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Mieterlöse
5.040 €
- Werbungskosten
3.771 €
Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
1.269 €

Da dem Berufungsbegehren des Bw nur teilweise stattgegeben wurde, stellte dieser den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

2. Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009 und Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2010 und Folgejahre:

Für die Jahre 2008 und 2009 übermittelte der Bw seine Einkommensteuererklärungen elektronisch und erklärte im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung folgende Einnahmen und Ausgaben:


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Kennzahl
2008
2009
Einnahmen
9460
8.010,00 €
8.800,00 €
Absetzung für Abnutzung
9500
3.225,25 €
3.225,25 €
Fremdfinanzierungkosten
9510
4.430,78 €
2.618,47 €
Instandhaltungs-/-setzungskosten
9520
440,33 €
8,26 €
übrige Werbungskosten
9530
2.964,03 €
2.701,48 €

In den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2008 und 2009 vom wurden die Vermietung und Verpachtung betreffenden Einnahmen und Ausgaben in folgender Höhe veranlagt:


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Kennzahl
2008
2009
Einnahmen
9460
8.010,00 €
8.800,00 €
Absetzung für Abnutzung
9500
1.290,10 €
1.290,10 €
Fremdfinanzierungkosten
9510
1.772,31 €
1.047,38 €
Instandhaltungs-/-setzungskosten
9520
176,17 €
3,30 €
übrige Werbungskosten
9530
1.185,61 €
1.080,59 €

In der Bescheidbegründung wurde darauf hingewiesen, dass in Anlehnung an die Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 die Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung mit 20 % anerkannt worden seien.

Die mit Schriftsatz vom eingebrachte Berufung gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009 und den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für das Jahr 2010 und Folgejahre vom richtet sich gegen die Festsetzung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 3.585,81 € (2008) bzw 5.378,63 € (2009) und von Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2010 und Folgejahre mit 1.776,84 €. Begründend führte der Bw ua aus, dass die Kürzung der Werbungskosten rechnerisch nicht nachvollziehbar sei, die berufungsgegenständlichen Bescheide daher mangelhaft und somit aufzuheben seien. Die weiteren Berufungsausführungen zu den Werbungskosten seien bereits für 2007 erfolgt und es werde auf diese verwiesen. Hinsichtlich der Berufung gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2010 und Folgejahre führte der Bw aus, dass bei erklärungsgemäßer Veranlagung der Jahre 2008 und 2009 ein Steuerguthaben zu erwarten gewesen wäre und daher beantragt werde, die Einkommensteuervorauszahlungen für 2010 mit Null festzusetzen.

Mit Vorhalt vom wurde der Bw ua ersucht, den Grundriss des ersten Stockwerkes und des Dachgeschosses nachzureichen, die tatsächliche Nutzfläche des Erdgeschosses, des ersten Stockwerkes und des Dachgeschosses mitzuteilen, die dem Vater des Bw überlassenen Räumlichkeiten und die im Gutachten als Ausgedinge für EK bezeichneten Räumlichkeiten im Grundriss deutlich zu markieren, den Mietvertrag, mit welchem auch die Backstube mitvermietet werde, zu übermitteln, aufzuklären, weshalb im Mietvertrag mit Frau BÖ eine Übernahme der Betriebskosten durch die Mieterin in Höhe von 20 % festgelegt worden sei, während in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 50 % der angefallenen Werbungskosten in Ansatz gebracht worden seien, alle Ausgaben, die im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der Streitjahre 2007 bis 2009 in Ansatz gebracht wurden mittels Belegen nachzuweisen, aufzuklären, weshalb in der Berufung vom Aufwandszinsen im Betrag von 4.077,31 € beantragt worden seien, obwohl in der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2007 für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als "Sollzinsen anteilig" 1.630,92 € als Werbungskosten in Ansatz gebracht wurden und mitzuteilen und Auskunft darüber zu geben, weshalb in der Berufung vom ausgeführt werde, dass eine Jahresabschreibung zu berücksichtigen sei, da die Vermietungsabsicht bereits im ersten Halbjahr bestanden habe, obwohl das Mietverhältnis mit Frau BÖ laut Mietvertrag erst am begonnen habe.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte der Bw ua mit, dass sich die Räumlichkeiten im Erdgeschoss - außer jene, die an Frau BÖ bzw später an Herrn ES vermietet worden seien - in einem schlechten Bauzustand befunden hätten und es nicht möglich gewesen sei, dafür ein gesondertes Mietentgelt zu verlangen, sodass zwischen dem Bw und Herrn ES über das gesamte restliche Erdgeschoss (Backstube etc) ein Bitteihvertrag abgeschlossen worden sei. Hinsichtlich der Höhe des Anteils der Betriebskosten, der vom Mieter zu tragen gewesen sei, teilte der Bw mit, dass hinsichtlich des Energieverbrauchs ein Anteil von 20 % festgelegt worden sei. Aufgrund dieser Vereinbarung habe die Mieterin Frau BÖ darauf bestanden, auch von den übrigen Betriebskosten nur 20 % zu bezahlen, obwohl aufgrund eines mündlichen Übereinkommens Frau BÖ zur Nutzung des gesamten übrigen Erdgeschosses für betriebliche Zwecke berechtigt gewesen sei. Der Bw teilte auch mit, dass die Fläche der vom Stiegenhaus aus rechts gelegenen Räumlichkeiten im ersten Stockwerk insgesamt 62,74 m2 betrage, das von der Nutzungsüberlassung ebenfalls umfasste Zimmer links vom Stiegenaufgang ein Ausmaß von 18,67 m2 habe und seinem Bruder als Schlafmöglichkeit diene. Das Ausgedinge umfasse zwei Zimmer, sowie Bad und WC. Die Absetzbarkeit der Aufwandszinsen in Höhe von 4.077,31 € begründete der Bw dahingehend, dass die Sollzinsen für das gesamte Jahr 2007 8.154,61 € betragen hätten und davon ein Anteil von 50 % in Ansatz gebracht worden sei, weil - wie aus dem Gutachten zu entnehmen sei - die werthaltigen Elemente des Gebäudes bestehend aus dem Verkaufslokal im Erdgeschoss und der Wohnfläche im ersten Stock vom Gutachter mit jeweils 50 % angesetzt worden seien. Hinsichtlich des Nachweises, dass die Vermietungsabsicht bereits im ersten Halbjahr 2007 bestanden hätte, wies der Bw darauf hin, dass diesbezüglich mit der Mieterin Frau BÖ bereits Ende 2006 Gespräche geführt worden seien und Frau BÖ nachweislich zu Beginn des Jahres 2007 Hilfsstoffe und Inventarteile aus der Bäckerei des Vaters des Bw erworben habe und die Inventarteile auch in den angemieteten Räumlichkeiten verwendet habe.

Mit Vorhalt vom wurde der Bw ua ersucht, die Fläche des Ausgedinges, des Flurs im ersten Stockwerk und des Stiegenhauses nachzureichen.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte der Bw ua mit, dass die verbaute Grundfläche mit 415 m2 außerordentlich hoch sei und der Sachverständige mit dieser Fläche keinen realistischen Neubauwert errechnen habe können. Es sei daher notwendig gewesen, die verbaute Fläche auf werthaltige Flächen zu reduzieren, sodass der Gutachter diese mit 195 m2 für Wohnflächen und Verkaufslokal ermittelt habe. Bei Parifizierungen sei es durchaus üblich, dass ein ebenerdiges Verkaufslokal höher gewichtet werde, als Wohnflächen, sodass trotz einer geringfügigen höheren Wohnfläche die Gewichtung zwischen Verkaufslokal und Wohnung mit 50 zu 50 getroffen worden sei. Hinsichtlich der Fläche des Ausgedinges führte der Bw aus, dass die Schätzung durch den Unabhängigen Finanzsenat mit rund 50 m2 als realistischer Ansatz zur Kenntnis genommen werde und hinsichtlich der Geschossfläche des ersten Stockwerkes teilte der Bw mit, dass die Hoffläche - welche mit rund 100 m2 geschätzt werde - von der Gesamtfläche von 415 m2 in Abzug zu bringen sei sodass die Geschossfläche des ersten Stockwerkes rund 315 m2 betrage; daraus errechne sich eine Gesamtfläche von 730 m2. Neben dem Mietvertrag mit Herrn ES übermittelte der Bw auch sämtliche Ausgabenbelege der Jahre 2007 bis 2009 und die Überweisungsbelege der Mieter für 2007 bis 2009.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass vom Bw von den laufenden Betriebskosten 20 % Werbungskosten in Ansatz gebracht worden seien. Lediglich die Abschreibung und die Kreditkosten der Jahre 2008, 2009 und 2011 seien mit 50 % angesetzt worden. Im Jahr 2007 seien die Kreditkosten nur im Ausmaß von 20 % berücksichtigt worden. Der steuerliche Vertreter erklärte, dass laut Gutachten von dem erworbenen Gebäude lediglich das vermietete Geschäftslokal und der im Obergeschoss befindliche Wohnbereich als werthaltig zu bezeichnen seien, weshalb davon ausgegangen worden sei, dass der Wert des Geschäftslokales rund 50 % des Gebäudes ausmache. Daher seien sowohl von den Kreditkosten als auch von den Anschaffungskosten des Gebäudes 50 % auf das Geschäft entfallen. Die Finanzamtsvertreterin erklärte, ihrer Meinung nach sei das Gutachten insofern nicht schlüssig, als es nicht das gesamte Gebäude beschreibe, nicht darlege, wie man zu der Annahme komme, dass gewisse Gebäudeteile nutzlos bzw wertlos seien und auch kein Anhaltspunkt dafür gegeben sei, warum lediglich von einer Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgegangen werde. Der steuerliche Vertreter entgegnete, anhand der im Gutachten befindlichen Fotos des Gebäudes sei ersichtlich, dass verschiedene Bauteile bereits zumindest über 100 Jahre alt sein müssten (siehe Kreuzgewölbe) und die Feuchtigkeit sowie die Risse unter den Fenstern, die Baufälligkeit und die mangelnde Nutzbarkeit des Gebäudes dokumentiert worden seien. Das Gebäude stehe an der XStraße, deren beträchtliches Verkehrsaufkommen bekannt sei. Mehrere Fahrzeuge seien bereits in die Backstube des Gebäudes gefahren. Ab dem Jahr 2009 sei die Backstube prekaristisch an den Mieter des Geschäftslokals abgegeben worden. Der steuerliche Vertreter des Bw und die Finanzamtsvertreterin erklärten, sie seien mit der Berücksichtigung der Abschreibung für Abnutzung und der Kreditkosten im Ausmaß von 20 % einverstanden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sacherhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bw erwarb mit Kaufvertrag vom von seinem Vater die Liegenschaft PJ um 135.000 € und übernahm zusätzlich ein Landesdarlehen in Höhe von 9.000 €. Das sich auf der Liegenschaft befindliche - in der Zwischenzeit nicht mehr existente - Gebäude des Bw erstreckte sich auf einer Gesamtfläche von 418 m2 wovon 415 m2 das eigentliche Gebäude betrafen. 90 m2 des Erdgeschosses (Verkaufslokal, Büro und WC) wurden in den Streitjahren zuerst an Frau BÖ und anschließend an Herrn ES vermietet. Die restlichen Räumlichkeiten des Erdgeschosses (zB mehrere Backstuben, Abstellräume, Lager, Versand) wurden mangels Vermietbarkeit mittels Bittleihvertrages ab Herrn ES unentgeltlich zum Gebrauch überlassen. Im Obergeschoss, das um 100 m2 kleiner war als das Erdgeschoss, befanden sich unter anderem Räumlichkeiten im Ausmaß von 62,74 m2, die der Vater des Bw bewohnte, ein Zimmer mit 18,67 m2, das dem Bruder des Bw zur Verfügung stand und ein Ausgedinge von zirka 50 m2, in dem die Großmutter des Bw wohnte. Hinsichtlich des Bauzustandes des Gebäudes in den Streitjahren ist festzuhalten, dass verschiedene Bauteile (Kreuzgewölbe) bereits mehr als über 100 Jahre alt waren, Fassadenschäden wie Risse unter den Fenstern vorhanden waren und eine Mauerdurchfeuchtung im Stiegenhauskern gegeben war.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus einem Gutachten, das zwecks Feststellung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer zum Stichtag erstellt wurde, der Berufungen vom und , der Vorhaltsbeantwortungen vom und vom und zweier Bestandspläne die Liegenschaft PJ betreffend.

Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

Werden einzelne, bestimmt abgegrenzte Teile eines Gebäudes betrieblich genutzt, andere hingegen privat benützt, dann ist das Gebäude nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Zwecke der Ermittlung der Abgabenbemessungsgrundlagen in einen betrieblichen und in einen privaten Teil aufzuteilen, wovon nur dann Abstand zu nehmen ist, wenn der betrieblich genutzte oder der privat benützte Teil von bloß untergeordneter Bedeutung ist (, , 98/15/0019, , 96/15/0051, , 94/15/0211, und , 94/14/0151).

Die anteilsmäßige Zurechnung bei Gebäuden (Liegenschaften) findet ihre Begründung vor allem darin, dass sie zeitgleich in einem räumlich abgrenzbaren Teil betrieblich und in einem anderen räumlich abgrenzbaren Teil privat genutzt werden können (vgl , und , 2008/15/0096). Gebäudeteile, die gemeinschaftlichen Zwecken dienen, beeinflussen dabei nicht das Aufteilungsverhältnis, sondern sind entsprechend dem Verhältnis der anderen Räumlichkeiten aufzuteilen (, und , 91/14/0110). Nicht benutzbare Räume sind nicht in die Verhältnisrechnung einzubeziehen (). Ein nicht genutzter Raum eines gemischt genutzten Gebäudes zählt zum Privatteil des Hauses ().

Die Aufteilung hat grundsätzlich nach der Nutzfläche der unterschiedlich (betrieblich und nicht betrieblich) genutzten Gebäudeteile zu erfolgen. Ergibt diese Ermittlungsmethode auf Grund der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles keine sachgerechten Ergebnisse, so kann auch ein anderer Aufteilungsmaßstab herangezogen werden (vgl Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 2.EL § 4 Anm 14). Gebäudeteile, die zwar eindeutig einer betrieblichen oder privaten Nutzung zuzuordnen sind, die aber wertmäßig deutlich hinter den anderen Räumen zurückbleiben, sind bei Berechnung des Aufteilungsschlüssels des Gebäudes nicht mit ihrer gesamten Nutzfläche anzusetzen (vgl Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 4 Abs 1, Tz 59). Weicht somit die Nutzbarkeit der Räume wesentlich voneinander ab, dann muss die unterschiedliche Nutzbarkeit bzw Wertigkeit auch bei der Zuordnung zum Betriebsvermögen bzw Privatvermögen berücksichtigt werden (vgl Doralt, EStG11, § 4 Tz 85).

Maßgeblich für die vorzunehmende Aufteilung ist dabei jeweils die konkrete Nutzung oder Benützung der Räumlichkeiten in jenem Streitjahr, dessen Abgabenbemessungsgrundlagen es zu ermitteln gilt (, , 93/15/0110, und , 90/14/0066). Wie der Verwaltungsgerichtshof im letztzitierten Erkenntnis klargestellt hat, handelt es sich bei der Beurteilung des Überwiegens einer beruflichen Nutzung oder einer privaten Benützung eines Gebäudeteiles um die Beantwortung einer Tatsachenfrage, die von der Abgabenbehörde auf der Ebene ihrer Befugnis und Obliegenheit zur freien Beweiswürdigung zu lösen ist.

Bei der Ermittlung der tatsächlich nutzbaren Gesamtfläche des Hauses sind zunächst die privat genutzten Gebäudeteile (Wohnung des Vaters: 62,74 m2, Zimmer des Bruders: 18,67 m2 und Ausgedinge: ca. 50 m2) im Ausmaß von insgesamt rund 131,41 m2 sowie die vermietete Fläche von 90 m2 heranzuziehen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Gebäude zum Teil bereits mehr als 100 Jahre alt war, Fassadenschäden wie Risse unter den Fenstern vorhanden waren und eine Mauerdurchfeuchtung im Stiegenhauskern gegeben war und verschiedene Räumlichkeiten infolge der langjährigen Nutzung als Backstube und Lagerräumlichkeiten derart in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass eine weitere sinnvolle Nutzung unmöglich war, ist davon auszugehen, dass nur rund 60 % der Gesamtfläche, das sind rund 450 m2 tatsächlich genutzt werden konnten.

Stellt man der als benutzbar geschätzten Fläche von 450 m2 die vermietete Fläche von 90 m2 gegenüber, so ergibt dies einen Anteil der vermieteten an der benutzbaren Fläche von 20 %. Da der steuerliche Vertreter des Bw und die Finanzamtsvertreterin im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erklärt haben, dass sie mit der Berücksichtigung der Abschreibung für Absetzung (Afa) und der Kreditkosten im Ausmaß von 20 % einverstanden sind, werden diese - wie die außer Streit stehenden "übrigen" Werbungskosten - in Höhe von 20 % der tatsächlich angefallen Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen der Jahre 2007, 2008, 2009 und 2011 in Abzug gebracht.

Aus dem am zwischen dem Bw und dessen Vater geschlossenen Kaufvertrag geht hervor, dass der Käufer (Bw) für die erworbene Liegenschaft nicht nur 130.000 € bar bezahlt, sondern auch ein Landesdarlehen in Höhe von 9.000 € übernommen hat. Da bei der im Schreiben vom vom Bw vorgenommenen Berechnung der Afa-Berechnungsgrundlage (Ermittlung der Anschaffungskosten) das Landesdarlehen in Höhe von 9.000 € nicht berücksichtigt wurde, wird nun der vom Bw berechnete Gebäudewert von 129.010 € um 9.000 € erhöht, wodurch sich die Anschaffungskosten für das Gebäude auf 138.010 € erhöhen. Im Hinblick darauf, dass die Nutzungsdauer für das Gebäude laut Gutachten von Herrn Dipl.-Ing. HL 20 Jahre beträgt (5 % p.a.) und - wie oben dargestellt - die Absetzung für Abnutzung im Ausmaß von 20 % berücksichtigt wird, ergibt dies für die einzelnen Streitjahre eine Abschreibung von 1.380,10 € (= 5 % von 20 % von 138.010 €) jährlich.

Die Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die einzelnen Streitjahre ergibt sich wie folgt:


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Streitjahr 2007:


Mieteinnahmen laut Erklärung

5.040,-- €
Werbungskosten laut Erklärung
6.418,95 €

- Abschreibung laut Erklärung
3.225,25 €

+ Abschreibung laut BE
1.380,10 €

Werbungskosten laut BE
4.573,80 €
- 4.573,80 €
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laut BE

466,20 €

Da laut Schreiben vom die gesamten Aufwandszinsen (Sollzinsen) des Jahres 2007 8.154,61 € betrugen und bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Betrag von 1.630,92 € (= 20 %) als Werbungskosten in Ansatz gebracht wurde, war die Höhe der Sollzinsen im Streitjahr 2007 nicht zu korrigieren.


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Streitjahr 2008:


Mieteinnahmen laut Erklärung

8.010,-- €
Werbungskosten laut Erklärung
11.060,50 €

- Abschreibung laut Erklärung
3.225,25 €

+ Abschreibung laut BE
1.380,10 €

- Sollzinsen laut Erklärung
4.430,78 €

+ Sollzinsen laut BE
1.772,31 €

Werbungskosten laut BE
6.556,88 €
- 6.556,88 €
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laut BE

1.453,12 €

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden vom Bw 50 % der im Streitjahr 2008 angefallenen Sollzinsen in Ansatz gebracht. Wie oben dargelegt sind die Sollzinsen im Ausmaß von 20 % (4.430,78 € : 50 x 20 =) ds 1.772,31 € als Werbungskosten absetzbar.


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Streitjahr 2009:


Mieteinnahmen laut Erklärung

8.800,-- €
Werbungskosten laut Erklärung
8.553,46 €

- Abschreibung laut Erklärung
3.225,25 €

+ Abschreibung laut BE
1.380,10 €

- Sollzinsen laut Erklärung
2.618,47 €

+ Sollzinsen laut BE
1.047,39 €

Werbungskosten laut BE
5.137,23 €
- 5.137,23 €
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laut BE

3.662,77 €

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden vom Bw 50 % der im Streitjahr 2009 angefallenen Sollzinsen in Ansatz gebracht. Wie oben dargelegt sind die Sollzinsen im Ausmaß von 20 % (2.618,47 € : 50 x 20 =) ds 1.047,39 € als Werbungskosten absetzbar.


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Streitjahr 2011:


Mieteinnahmen laut Erklärung

7.800,-- €
Werbungskosten laut Erklärung
7.817,97 €

- Abschreibung laut Erklärung
3.225,25 €

+ Abschreibung laut BE
1.380,10 €

- Sollzinsen laut Erklärung
1.898,52 €

+ Sollzinsen laut BE
759,41 €

Werbungskosten laut BE
4.833,71 €
- 4.833,71 €
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laut BE

2.966,29 €

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden vom Bw 50 % der im Streitjahr 2011 angefallenen Sollzinsen in Ansatz gebracht. Wie oben dargelegt sind die Sollzinsen im Ausmaß von 20 % (1.898,52 € : 50 x 20 =) ds 759,41 € als Werbungskosten absetzbar.

Für die Festsetzung der Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2010 und Folgejahre ist die Veranlagung das Jahr 2009 betreffend maßgeblich. Wie aus dem beigefügten Berechnungsblatt für das Jahr 2009 ersichtlich ist, wurde die Einkommensteuer in Höhe von 1.082,21 € festgesetzt. Gemäß § 45 Abs 1 EStG 1988 wird daher die maßgebliche Abgabenschuld in Höhe von 1.082,21 € um 4 % erhöht und die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2010 und Folgejahre in Höhe von 1.125,50 € festgesetzt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 4 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
gemischt genutzte Gebäude
unterschiedliche Nutzbarkeit bzw Wertigkeit von Räumen
betrieblich genutzt
privat genutzt
Aufteilungsschlüssel
Aufteilungsmaßstab
anteilsmäßige Zurechnung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at