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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 14.09.2011, RV/0363-G/11

Kammerumlage 1

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Kammerumlage 1 gemäß § 122 Wirtschaftskammergesetz 1998 für die Zeiträume 2002, 2003, 1. bis 4. Quartal 2009 und 1. bis 2. Quartal 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. begehrte mit Anträgen vom für die Jahre 2002 und 2003, vom für das 1/2009, vom für 2/2009, vom für 3/2009, vom für 4/2009, vom für 1/2010und vom für 2/2010 die Kammerumlage 1 gem. § 122 WKG mit Null festzusetzen. Mit Bescheiden vom wurden diese Anträge abgewiesen.

Die Bw. beantragte außerdem mit den Eingaben vom die Kammerumlage 1 für 3/2010 und vom für 4/2010 mit Null festzusetzen. Das Finanzamt legte auch diese beiden Anträge dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS), ohne zuvor bescheidmäßig darüber abzusprechen, zur Entscheidung vor.

Gegen die Abweisungsbescheide vom brachte die Bw. mit Eingabe vom Berufung ein.

1) Sie führte darin aus, dass einer der wichtigsten Grundsätze des europäischen und damit auch österreichischen Umsatzsteuerrechtes die Neutralität der Umsatzsteuer für den Unternehmer sei.

Nach der Judikatur des EuGH sei die Abzugsfähigkeit von Vorsteuern ein wesentliches Element der Kostenneutralität, welches durch innerstaatliches Recht im Wege der Einschränkung des Vorsteuerabzuges nicht verletzt werden dürfe.

Nach § 122 WKG ist die Bemessungsgrundlage für die KU 1 die Summe der Vorsteuerbeträge aus Lieferungen und sonstigen Leistungen, den Erwerbsteuern auf innergemeinschaftliche Erwerbe, aus Einfuhrumsatzsteuer und der Umsatzsteuerschuld beim Übergang der Steuerschuld (reverse charge). Wirtschaftlich betrachtet schränke daher der § 122 WKG das Recht auf Vorsteuerabzug ein.

Der § 122 WKG verstoße somit gegen Art. 17 Abs. 1 bis 3 der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bzw. Art. 168 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, indem er den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränke, die nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen sei. Es werde dadurch das Prinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer verletzt.

2.) Die Einhebung der KU 1 verstoße weiters gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 7 B-VG. Da die KU 1 von den Vorsteuerbeträgen berechnet werde, nehme diese keine Rücksicht auf die Leistungskraft des Kammermitgliedes und seien hingegen Kammermitglieder trotz vorhandener Leistungskraft umlagenfrei gestellt, während andere Mitglieder durch sehr hohe Umlagen belastet würden. Die Bw. werde nämlich im Vergleich zu anderen Unternehmen verhältnismäßig stärker mit Kammerumlagen belastet, was zum Verstoß gegen den verfassungs- und unionsrechtlichen Gleichheitssatz führe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit der Kammerumlage 1 gemäß § 122 WKG nunmehr mit Erkenntnis (siehe auch ) abschließend entschieden, dass die Einhebung der KU 1 weder dem Unionsrecht, noch dem innerstaatlichen Recht entgegenstehe.

Die maßgebliche gesetzliche Bestimmung laut Wirtschaftskammergesetz 1998 lautet:

§ 122 Abs. 1) Zur Bedeckung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Landeskammern und der Bundeskammer kann von den Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden kann; die Verhältnismäßigkeit ist auch an dem Verhältnis zwischen den Umlagebeträgen und der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen zu messen. Ist an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Kammermitglied, dem für die im Rahmen der Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten keine Unternehmereigenschaft im Sinne der Umsatzsteuer zukommt, gemeinsam mit einer oder mehreren physischen oder juristischen Personen beteiligt, so gelten die Bemessungsgrundlagen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Bemessungsgrundlage für die Umlage; diesfalls kann die Erhebung der Umlage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgen. Die Umlage ist in einem Tausendsatz zu berechnen von jenen Beträgen, die

1. auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,

2. als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist,

3. auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.

Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 1,3 vT und für alle Landeskammern einheitlich 1,9 vT der Bemessungsgrundlagen gemäß Z 1 bis 3. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen.

Abs. 2) Abweichend von Abs. 1 wird die Bemessungsgrundlage für einzelne Gruppen von Kammermitgliedern wie folgt bestimmt:

1. Bei Kreditinstituten im Sinne des Art. 1 (Bankwesengesetz) § 1 Abs. 1 Finanzmarktanpassungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 532/1993, ist die Summe der Bruttoprovisionen und die Summe der mit einem für alle Umlagepflichtigen geltenden Faktor vervielfachten Nettozinserträge heranzuziehen, jeweils unter entsprechender Ausscheidung des Auslandsgeschäftes. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer hat sowohl den Faktor unter Bedachtnahme auf das allgemeine durchschnittliche Verhältnis zwischen Brutto- und Nettozinserträgen als auch Art und Umfang der Ausscheidung des Auslandsgeschäftes festzulegen.

2. Bei Versicherungsunternehmen ist das Prämienvolumen des direkten inländischen Geschäftes, abzüglich eines Abschlages von 80 vH des Prämienvolumens aus Versicherungsgeschäften im Sinne von § 6 Abs. 1 Z 1 Versicherungssteuergesetz 1953, BGBl. Nr. 133/1953, heranzuziehen.

Um die Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme dieser Kammermitglieder im Vergleich zu anderen Kammermitgliedern zu gewährleisten, darf der für diese Bemessungsgrundlage vom Erweiterten Präsidium der Bundeskammer festzulegende Tausendsatz höchstens 0,41 vT betragen. Das Umlagenaufkommen auf Grund dieser Bemessungsgrundlage wird im Verhältnis der für das jeweilige Einhebungsjahr geltenden Hebesätze gemäß Abs. 1 zwischen der Bundeskammer und den Landeskammern aufgeteilt.

Abs. 3) Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann beschließen, dass Teile der Bemessungsgrundlagen außer Betracht bleiben, soweit deren Berücksichtigung in einzelnen Berufszweigen zu einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme der Kammermitglieder führen würde. Dies gilt auch für die Zuordnung von einzelnen Gruppen von Kammermitgliedern zu einer Bemessungsgrundlagenermittlung im Sinne des Abs. 2, die an steuerbarem Umsatz anknüpft.

Abs. 4) Ist die genaue Ermittlung der Bemessungsgrundlagen in einzelnen Berufszweigen für die Kammermitglieder mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden, so kann das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer für die Kammermitglieder in diesen Berufszweigen die Möglichkeit einer pauschalierten Ermittlung der Bemessungsgrundlagen nach den jeweiligen Erfahrungen des Wirtschaftslebens beschließen.

Abs. 5) Die Umlage gemäß Abs. 1 und 2 ist von den Abgabenbehörden des Bundes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben:

1. Die für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften sind mit Ausnahme des § 20 Abs. 1 vierter Satz und des § 21 UStG 1994 sinngemäß anzuwenden.

2. Der zu entrichtende Umlagebetrag ist kalendervierteljährlich selbst zu berechnen und spätestens am fünfzehnten Tag des nach Ende des Kalendervierteljahres zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten. Bei der Berechnung der Umlage für das jeweils letzte Kalendervierteljahr sind Unterschiedsbeträge, die sich zwischen den berechneten Vierteljahresbeträgen und dem Jahresbetrag der Umlage ergeben, auszugleichen. Ein gemäß § 201 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, in der jeweils geltenden Fassung, festgesetzter Umlagenbetrag hat den vorgenannten Fälligkeitstag.

3. Ist auf dem amtlichen Formular für die Umsatzsteuererklärung die Angabe des Jahresbetrages der Umlage vorgesehen, so ist dieser Jahresbetrag in der Umsatzsteuererklärung bekannt zu geben.

4. Von Kammermitgliedern, deren Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, jährlich 150.000 Euro nicht übersteigen, wird die Umlage nicht erhoben.

5. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde oder dem Umfang nach bestritten wird, hat der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen gemäß § 128 Abs. 3.

Abs. 6) Die Umlage gemäß Abs. 1 und 2 ist von den Abgabenbehörden des Bundes an die Bundeskammer zu überweisen. Die auf die Landeskammern entfallenden Anteile sind nach Maßgabe der Eingänge zu verrechnen und von der Bundeskammer an die Landeskammern zu überweisen. Die Aufteilung des Landeskammeranteiles auf die einzelnen Landeskammern erfolgt nach dem Verhältnis der Zahl der Kammermitglieder der Landeskammern; das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann Sockelbeträge vorsehen.

Abs. 7) Die Landeskammern können zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen. Der Hundertsatz ist vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen; er darf 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen. Hat ein Kammermitglied gemeinsam mit einem oder mit mehr als einem anderen Kammermitglied eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, so wird die weitere Umlage hinsichtlich der Arbeitslöhne, die bei der Arbeitsgemeinschaft anfallen, durch diese entrichtet. Bei einer Personengesellschaft des Handelsrechts, bei der ein Komplementär eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist, gehören die diesbezüglichen, bei der Komplementärgesellschaft anfallenden Arbeitslöhne auch dann zur Beitragsgrundlage, wenn die Komplementärgesellschaft keine Berechtigung nach § 2 besitzt. Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde nach bestritten wird, hat der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen nach § 128 Abs. 3; § 128 Abs. 3 und Abs. 5 sind sinngemäß anzuwenden. Ein im Verhältnis zur Summe der Arbeitslöhne der Arbeitnehmer der Mitglieder der einzelnen Landeskammern ungleichgewichtiges Aufkommen aus der weiteren Umlage ist zwischen den Landeskammern auszugleichen (Finanzausgleich).

Abs. 8) Die Bundeskammer kann zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine Umlage nach Abs. 7 festlegen. Absatz 7 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Umlage 0,15 vH der dort angeführten Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf."

I) Im gegenständlichen Berufungsfall, wie auch in der vom VwGH behandelten Beschwerde wird gerügt, das durch die Kammerumlage 1 nach § 122 Abs. 1 bis 6 WKG ein Teil der Vorsteuern zu einem Kostenfaktor werde und daher der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, auf welchen sich der Steuerpflichtige nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen könne, verletzt werde.

II) Weiters werde die Bw. durch die Kammerumlage - dem gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz sowie dem Art. 7 B-VG widersprechend - unverhältnismäßig belastet.

Laut Bw. führe der Umstand, dass die KU 1 die Leistungskraft nicht berücksichtige dazu, dass zum Teil leistungskräftige Kammermitglieder überhaupt nicht, hingegen andere Kammermitglieder durch sehr hohe Umlagen belastet würden. Die Bw. werde nämlich im Vergleich zu anderen Unternehmern mit der Kammerumlage stärker belastet, was gegen den Gleichheitssatz verstoße. Die Bw. stellt diese Behauptung ohne nähere Konkretisierung ganz allgemein in den Raum.

Ad I) Neutralität der Mehrwertsteuer , Die Kammerumlage 1 gemäß § 122 WKG im Verhältnis zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112) :

Der Verwaltungsgerichtshof führt in 2009/15/0172 dazu aus:

"Der , Rs Spar, ausgesprochen, dass die Sechste Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (77/388/EWG), insbesondere ihre Artikel 17 Abs. 2 (Recht auf Vorsteuerabzug) und Artikel 33, der Erhebung einer Abgabe mit den Merkmalen der Kammerumlage 1 (nach § 57 HKG idF BGBl. Nr. 661/1994; vergleiche auch den 96/15/0065 ) nicht entgegenstehe.

Der § 122 WKG entspricht (in allen wesentlichen Teilen) der Bestimmung des § 57 HKG (idF BGBl. Nr. 661/1994) und anderseits Artikel 17 Abs. 2 und 33 der Sechsten Richtlinie den Bestimmungen der Artikel 168 und 401 der Richtlinie 2006/112. Außerdem ergibt sich aus den Erwägungsgründen 1 und 3 der Richtlinie 2006/112, dass diese grundsätzlich keine inhaltlichen Änderungen der Sechsten Richtlinie vornehmen sollte.

Eine Änderung der Rechtsprechung des EuGH seit dem Urteil vom zum "Charakter von Umsatzsteuern" liegt nicht vor (vgl. zu Artikel 33 der Sechsten Richtlinie C-283/06 und C-312/06, Kögaz u.a., Rn 26 ff; zur Richtlinie 2006/112 C-49/09 , Europäische Kommission gegen Republik Polen, Rn 44 ff; vgl. auch den , Monika Vollkommer).

Aus dem Urteil des EuGH, C-318/96 , ergibt sich auch unzweifelhaft, dass eine Abgabe mit den Merkmalen der Kammerumlage 1 nicht in richtlinienwidriger Weise in das Recht auf Vorsteuerabzug eingreift. Auch Ruppe vertritt in SWI 1998, 121 ff [124]), die Ansicht, dass die Kammerumlage 1 nicht im Widerspruch zur Sechsten Richtlinie 77/388 steht.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Richtlinie 2006/112 der Erhebung einer Abgabe mit den Merkmalen der Kammerumlage 1 nach § 122 Abs. 1 bis 6 WKG nicht entgegensteht."

Der Unabhängige Finanzsenat schließt sich diesen Ausführungen des VwGH des Verwaltungsgerichtshof zur Gänze an.

Eine Rechtswidrigkeit der Einhebung der KU 1 gemäß § 122 WKG liegt unter dem Blickwinkel der Verletzung der Steuerneutralität demnach nicht vor.

Ad II) Gleichheitssatz

Der VwGH führt dazu in 2009/15/0172 aus:

"Der Verfassungsgerichtshof hat zu der für das Jahr 1994 geltenden Regelung der Kammerumlage 1 (§ 57 HKG idF BGBl. 21/1995) in seinem Erkenntnis B 1933/94 , VfSlg. 14.072, ausgeführt, der Gesetzgeber habe seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er neben anderen Kriterien unter anderem auch den Umsatz als Bemessungsgrundlage heranziehe, um die Höhe der von den einzelnen Mitgliedern zu leistenden Beträge zu bestimmen. Es liege grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Umlage anknüpfe. Der Gesetzgeber habe sich für ein Mischsystem entschieden. Der Verfassungsgerichtshof könne nicht finden, dass der Gesetzgeber durch ein derartiges System das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot verletzt habe. Weder sei es verfassungswidrig, eine Kombination von Anknüpfungspunkten heranzuziehen, noch unter ihnen auch auf den Umsatz als einen der Anknüpfungspunkte abzustellen. Der Gesetzgeber könnte insoweit (anstelle auf die Umsätze als solche) auch auf die Umsatzsteuer (als Bemessungsgrundlage) abstellen. Das Äquivalenzprinzip könne zwar für die Bemessung von Gebühren, nicht aber für die Festsetzung von Abgaben der Art einer der Gesamtfinanzierung einer Selbstverwaltungsorganisation dienenden Umlage gelten. Eine Zuordnung der zentralen Aufgaben der Kammern, die gemeinsamen Interessen der in ihnen zusammengefassten Personen einerseits gegenüber dem Staat zu vertreten und andererseits gegenüber dem Sozialpartner durchzusetzen zu versuchen, lasse eine individuelle Zuordnung an einzelne Mitglieder naturgemäß nicht zu, weshalb die Kammerumlagen als steuerähnliche Abgaben, nicht aber als Gebühren zu verstehen seien.

Dass der Gesetzgeber mit BGBl. Nr. 661/1994 (in Kraft getreten gleichzeitig mit dem EU Beitrittsvertrag, vgl. Kundmachung BGBl. Nr. 50/1995 Z 7) hinsichtlich der Kammerumlage 1 den Anknüpfungspunkt der Umsätze durch jenen der Vorsteuern ersetzte, vermag beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtliche Bedenken zu erwecken (vgl. 99/15/0112 ), sodass sich der Verwaltungsgerichtshof nicht dazu veranlasst sieht, einen Antrag auf Aufhebung der Bestimmung des § 122 WKG (oder von Teilen dieser Bestimmung) an den Verfassungsgerichtshof zu stellen (vgl. im Übrigen den Ablehnungsbeschluss , u.a., ).

Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass die Erhebung der gegenständlichen Kammerumlage 1 den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts (nunmehr: Unionsrechts) berührt. Demnach liegt auch kein Anwendungsfall der Gemeinschaftsgrundrechte (Unionsgrundrechte), so auch des gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatzes, vor (zu "Einfallstoren" der Unionsgrundrechte in das nationale Recht vgl. Elicker, DStZ 2011, 162 ff, mwN).

Aber selbst für den Fall, dass der gemeinschaftsrechtliche Gleichheitssatz hier anwendbar wäre, erweist sich der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig:

Der EuGH erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine unterschiedliche Behandlung objektiv gerechtfertigt wäre (vgl. C-292/97 , Kjell Karlsson u.a., Rn 39; vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts in Rs C-264/09, Europäische Kommission gegen Slowakische Republik, Rn 41, mwN; zu Artikel 20 der - der für 2008 noch nicht anwendbaren - Charta der Grundrechte vgl. die Erläuterungen 2007/C 303/02, welche gemäß Artikel 6 Abs. 1 EUV in der ab geltenden Fassung des Vertrages von Lissabon bei Auslegung und Anwendung der Charta "gebührend" zu berücksichtigen sind: Artikel 20 entspreche dem allgemeinen Rechtsprinzip, das in allen europäischen Verfassungen verankert sei und das der Gerichtshof als ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts angesehen habe).

Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Umlage überfordere "ihre Leistungskraft im Kampf um ihr wirtschaftliches Überleben in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise" und sei unverhältnismäßig. Dies sei eine Folge der Freigrenze von 150.000 €. Auch seien jene Branchen, die typischerweise in hohem Ausmaß Waren und Dienstleistungen zukauften (bei geringen Gewinnspannen), gegenüber Branchen benachteiligt, die im Vergleich wenig Waren und Dienstleistungen zukaufen müssten und Gewinne etwa durch ihren persönlichen Arbeitseinsatz erzielten.

Nähere Ausführungen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin (und zu ihrer Überforderung durch die Kammerumlage 1 enthält die Beschwerde nicht. Eine (unsachliche) Ungleichbehandlung zeigt die Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis vom nicht auf.

Vor diesem Hintergrund hegt der Verwaltungsgerichtshof zur Kammerumlage 1 im Hinblick auf die Befreiung von Unternehmen mit (geringen) Umsätzen sowie die unterschiedliche Belastung von Unternehmen je nach der Höhe des Betriebsaufwandes keine gleichheitsrechtlichen Bedenken."

Der UFS schließt sich auch in diesem Punkt vollinhaltlich den Ausführungen des VwGH an und kann keine Verletzung des Gleichheitssatzes erkennen.

Die Berufung war daher zur Gänze abzuweisen.

Hinsichtlich der dem UFS vom Finanzamt vorgelegten Anträge auf Nullfestsetzung für das 3. und 4. Quartal 2010 wird festgehalten, dass diese Quartale nicht von der vorliegenden Berufung umfasst sind. Im Übrigen ist der UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht befugt, über Anträge, deren Behandlung in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz fällt, zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Verweise








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