Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Vorsitzender), UFSW vom 13.09.2011, FSRV/0060-W/11

Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug; gesetzliche Voraussetzungen

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden des Finanzstrafsenates 5 Wien, Hofrat Dr. Robert Huber, in der Finanzstrafsache gegen A., wegen Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 2 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des A vom gegen die Beschlagnahme von 719 Packungen zu je 250 Gramm Tabakersatzwaren der Marke "C." am in seinem Geschäftsräumlichkeiten in X., durch Organe des Zollamtes Wien in Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Nach dem Aktengeschehen des Zollamtes Wien langte am beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz eine Anzeige ein, dass an der Adresse X, unversteuerter Wasserpfeifentabak zum Verkauf angeboten wird. Am begaben sich Organe des Zollamtes Wien zum Geschäftslokal an der bezeichneten Adresse, wo der Geschäftsinhaber A, der zufolge Eintrag im Firmenbuch als Einzelunternehmer einen Handel mit orientalischen Wasserpfeifen betreibt, persönlich angetroffen wurde. Nachdem A mit der in Rede stehenden Anzeige konfrontiert worden war, stimmte er einer freiwillig gestatteten Nachschau im Geschäftslokal zu, worüber eine von A unterfertigte Niederschrift aufgenommen wurde. Bei dieser Nachschau wurden in einem Lagerraum insgesamt 719 Packungen a`250 Gramm des Tabak(ersatz)erzeugnisses der Marke "C" sowie in einem anderen Lagerraum 2.940 Stück Zigaretten der Marke Marlboro vorgefunden und beschlagnahmt. A gab dazu spontan an, die C-Erzeugnisse selbst aus Indien importiert zu haben. Er konnte jedoch zum gegebenen Zeitpunkt die dazugehörigen Importunterlagen nicht vorweisen. Vorgewiesen wurde von ihm lediglich eine verfahrensleitende Verfügung des Zollamtes Wien, welche auf Grund eines Antrages auf ein Steuerlager an Herrn D. für den Standort Y. ergangen war.

Weil die Entrichtung der Eingangsabgaben, insbesondere aber die der Tabaksteuer, im Zuge der Amtshandlung am von A nicht nachgewiesen werden konnte, habe - nach Darstellung des Zollamtes Wien - der begründete Verdacht der vorsätzlichen Abgabenhehlerei gem. § 37 Abs. 1 FinStrG und des vorsätzlichen Eingriffes in Monopolrechte gem. § 44 Abs. 1 FinStrG bestanden. Die Ware sei sohin gem. §§ 37 Abs. 2 und 44 Abs. 3 FinStrG vom Verfall bedroht gewesen. Zudem sei den Organen des Zollamtes Wien bekannt gewesen, dass A auf Grund eines am in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Spruchsenates beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz wegen vorsätzlicher Abgaben- und Monopolhehlerei gem. §§ 37 Abs. 1 lit. a und 46 Abs. 1 lit. a FinStrG hinsichtlich geschmuggelten Wasserpfeifentabak vorbestraft war. Das Zollamt begründete die Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug überdies mit dem Umstand, dass die beschlagnahmten Waren als Beweismittel in einem Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes eines vorsätzlichen Finanzvergehens in Betracht gekommen wären. Zum Zwecke der Nämlichkeitssicherung und einer genaueren technischen Analyse durch die Technische Untersuchungsanstalt der Steuer- und Zollkoordination der Finanzverwaltung (TUA) wurden von den insgesamt 719 beschlagnahmten Packungen von jeder der 15 verschiedenen Geschmacksrichtungen des "C-Produktes" je ein Musterpaket übernommen; die restlichen beschlagnahmten 709 Packungen wurden gem. § 90 Abs. 1 FinStrG im Geschäftslokal belassen und gegenüber den Geschäftsinhaber ein Verbot ausgesprochen über die Gegenstände zu verfügen.

Über die Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug gemäß § 89 Abs. 2 FinStrG wurde im Rahmen der in Rede stehenden Amtshandlung am durch den Leiter der Amtshandlung mit A die im Strafakt des Zollamtes Wien aufliegende Niederschrift aufgenommen, in welcher festgehalten wurde, A werde mitgeteilt, dass 15 Packungen je 250 Gramm "C." verschiedener Sorten, 2.940 Stück Zigaretten der Marke Marlboro und 704 Packungen je 250 Gramm "C." verschiedener Sorten beschlagnahmt wurden. In der Niederschrift wurden festgehalten, dass die genannten Gegenstände gemäß § 17 FinStrG vom Verfall bedroht seien und als Beweismittel in Betracht kämen. Die Beschlagnahme erfolge wegen Gefahr im Verzug ohne bescheidmäßige Beschlagnahmeanordnung, weil zu besorgen gewesen sei, dass ein Zuwarten bis zur Beibringung eines von der Finanzstrafbehörde zu erlassenden schriftlichen Bescheides den Zweck der Maßnahme gefährdet hätte. Darüber hinaus wurde in dieser Niederschrift das Verfügungsverbot bezüglich der 704 Packungen Tabakersatz und die Aussage, A habe die beschlagnahmten Zigaretten, die von der UNO stammten, vor 3 Tagen von seinem Kollegen namens "E." zum Preis von € 22,00 je Stange gekauft, aufgenommen. Der Inhalt der Niederschrift wurde von A zur Kenntnis genommen und die Niederschrift mit seiner Unterschrift unterfertigt. Eine Rechtsbelehrung zur Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug und zwei Beschlagnahmequittungen wurden ihm ausgefolgt. Im Zuge der Amtshandlung am wurde A auch mitgeteilt, dass er zufolge der Bestimmung des § 5 Abs. 3 des Tabakmonopolgesetzes zum Verkauf der Tabakersatzerzeugnisse nicht befugt ist.

Erst in weiterer Folge der Ermittlungen stellte das Zollamt Wien fest, dass bereits im Zuge der Importverzollungen der beiden Sendungen des Tabakersatzes C vom , CRN-Nr b und vom , CRB-Nr. c eine Analyse des gleichen Erzeugnisses durch die TUA durchgeführt worden war. Von einer neuerlichen Untersuchung konnte daher Abstand genommen werden. Zudem wurde auch erst nach dem festgestellt, dass die Eingangsabgaben, so auch die auf den Waren lastende Tabaksteuer, ordnungsgemäß entrichtet worden waren. Die Beschlagnahme wurde daher am wieder aufgehoben und auch darüber mit A eine Niederschrift aufgenommen.

Dem Zollamt Wien wurde bekannt, dass A abgesehen von der Vorstrafe auf Grund des am in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Spruchsenates beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz wegen vorsätzlicher Abgaben- und Monopolhehlerei gem. §§ 37 Abs. 1 lit. a und 46 Abs. 1 lit. a FinStrG von geschmuggeltem Wasserpfeifentabak bereits am wegen des Verstoßes gegen § 5 Abs. 3 Tabakmonopolgesetz infolge des widerrechtlichen Verkaufes von Produkten der Marke "C" rechtskräftig bestraft worden war.

Gegen die Beschlagnahme der bezeichneten 719 Packungen des Tabakersatzproduktes "C." richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Herrn A vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Der Beschwerdeführer (B f.) erachtete sich unter Hinweis auf § 89 Abs. 2 FinStrG in seinen Rechten verletzt, weil ihm keine Niederschrift ausgehändigt worden sei, in welcher die Beschlagnahmegründe festgehalten wurden. Ihm seien lediglich eine Beschlagnahmequittung, aus welcher die Gründe für die Beschlagnahme nicht ersichtlich gewesen seien, und eine Rechtsmittelbelehrung ausgefolgt worden. Er könne seine Beschwerde nur auf die ihm mündlich genannten Gründe stützen, welche er aufgrund seiner mäßigen Deutschkenntnisse nicht zur Gänze verstanden habe bzw. dies zumindest befürchten müsse. Er müsse aufgrund der mangelnden Aufklärung über die Beschlagnahmegründe davon ausgehen, dass die Beschlagnahme den Zweck hatte festzustellen, ob die von ihm gekaufte Ware der Marke "C" ein Tabakerzeugnis im Sinne des § 1 TabakG ist. Mangels Niederschrift und Aufklärung über die Beschlagnahmegründe sei der Bf. in seinen Möglichkeiten sein Beschwerderecht auszuüben eingeschränkt worden, weshalb bereits aus diesem Grund der Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären sei. Zudem erachtet der Bf. den Verwaltungsakt als rechtswidrig, weil ihm kein Grund für die Annahme von Gefahr im Verzug genannt worden sei.

Schließlich verweist der Bf. in seiner Beschwerdeeingabe auf die Bestimmung des § 1 Z .1 TabakG. Dieser zufolge stelle das Produkt der Marke "C" als tabak- und nikotinfreies Produkt - belegt durch eine verbindliche Zolltarifauskunft- kein Tabakerzeugnis im Sinne des TabakG dar. Die Bestimmungen des Tabakgesetzes seien auf das in Rede stehende Produkt daher nicht anzuwenden. Zudem führt der Bf. aus, er habe anlässlich der Verzollung der Waren beim Zollamt am Flughafen Wien die Eingangsabgaben, so auch die Tabaksteuer, entrichtet. Ihm sei von der Zollbehörde nicht mitgeteilt worden, dass er nicht zum Verkauf der Tabakersatzwaren berechtigt sei, weil er weder Tabakgroßhändler noch Tabaktrafikant sei. Es sei nicht hinzunehmen, dass er zwar den hohen finanziellen Aufwand der Entrichtung der Eingangsabgaben zu tragen habe, es ihm jedoch verwehrt sein soll keinen wirtschaftlichen Nutzen aus den Waren zu ziehen.

Der Bf. beantragte den gesetzten Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, die beschlagnahmte Ware zurückzustellen und die Anordnung, dass die Ware nicht verkauft werden darf, aufzuheben.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gem. § 89 Abs. 1 erster Satz FinStrG hat die Finanzstrafbehörde mit Bescheid die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalles oder zur Beweissicherung geboten ist. Gem. § 89 Abs. 2 FinStrG sind bei Gefahr im Verzug neben den Organen der Finanzstrafbehörden auch die Organe der Abgabenbehörden und des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt, die im Abs. 1 bezeichneten Gegenstände auch dann in Beschlag zu nehmen, wenn eine Anordnung der Finanzstrafbehörde nicht vorliegt. In diesem Fall sind dem anwesenden Inhaber die Gründe für die Beschlagnahme und für die Annahme von Gefahr im Verzug mündlich bekanntzugeben und in einer Niederschrift festzuhalten. Die beschlagnahmten Gegenstände sind, falls nicht nach § 90 Abs. 1 zweiter Satz vorgegangen wird, der zuständigen Finanzstrafbehörde abzuführen. Nach § 90 Abs. 1 FinStrG sind beschlagnahmte Gegenstände amtlich zu verwahren. .... ; sie können aber auch dem bisherigen Inhaber belassen werden, wenn hierdurch der Zweck der Beschlagnahme nicht gefährdet wird. In solchen Fällen ist ein Verbot zu erlassen, über die Gegenstände zu verfügen. Gem. § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt. Gem. Abs. 2 leg.cit. letzter Satz ist auf Verfall nach Maßgabe des § 17 FinstrG zu erkennen. Gem. § 44 Abs. 1 FinStrG macht sich des vorsätzlichen Eingriffes in Monopolrechte schuldig, wer zu seinem oder eines anderen Vorteil vorsätzlich die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Gebote oder Verbote hinsichtlich des Handels mit Monopolgegenständen verletzt; hievon ausgenommen ist der Handel mit Tabakerzeugnissen, für die Tabaksteuer entrichtet wurde oder die von der Tabaksteuer befreit sind. Nach Abs. 3 leg.cit. ist auf Verfall nach Maßgabe des § 17 FinStrG zu erkennen.

Für abgaben- und finanzstrafrechtliche Aspekte ist nicht das Tabakgesetz sondern sind die Bestimmungen des Tabaksteuergesetzes 1995, BGBlNr. 704/1994 idgF (TabStG) und jene des Tabakmonopolgesetzes 1996, BGBlNr. 1995/830 idgF (TabMG) maßgeblich. Es war daher unmaßgeblich, ob auf die in Rede stehenden Tabakersatzerzeugnisse die Bestimmungen des Tabakgesetzes anzuwenden waren.

Nach § 2 TabStG sind Tabakwaren im Sinne dieses Bundesgesetzes Zigaretten, Zigarren und Zigarillos und Rauchtabak (Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten und anderer Rauchtabak). Gem. § 3 Abs. 3 TabStG leg.cit. ist u.a. Rauchtabak geschnittener oder anders zerkleinerter, gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet. Gem. § 3 Abs. 6 TabStG gelten als Rauchtabak auch Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 oder 3 erfüllen. Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten gelten (nur dann) nicht als Tabakwaren, wenn sie ausschließlich medizinischen Zwecken dienen.

Gem. § 1 Abs. 2 TabMG sind Tabakerzeugnisse im Sinne des TabMG u.a. Tabakwaren im Sinne des § 2 des TabStG. Gem. § 5 Abs. 1 TabMG ist der Großhandel mit Tabakerzeugnissen den nach § 6 berechtigten Personen oder Personenvereinigungen (das sind die Inhaber einer Bewilligung zum Großhandel) vorbehalten. Nach Abs. 2 leg.cit. ist der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, den Tabaktrafikanten vorbehalten. Der Kleinhandel im Sinne des TabMG ist die entgeltliche Abgabe von Tabakerzeugnissen an Verbraucher im Monopolgebiet, die auf Grund eines Bestellungsvertrages erfolgt. Gem. § 5 Abs. 3 TabMG ist der Handel mit Tabakerzeugnissen verboten, soweit er nicht auf Grund einer Bestellung zum Tabaktrafikanten oder einer Bewilligung als Großhändler betrieben wird oder nicht gemäß Abs. 5 (Abgabe unter Freilassung von der Tabaksteuer im Rahmen von diplomatischen und berufskonsularischen Beziehungen, sowie auf Flughäfen, in Flugzeugen und auf Donauschiffen an Reisende und als Bordvorrat) oder § 40 Abs. 1 (zulässiger Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten) erlaubt ist.

Beim Rechtsinstitut der Beschlagnahme handelt es sich um eine Art vorläufiges Verfahren, das der zwangsweisen Entziehung der Gewahrsame an einer Sache (Wegnahme) zum Zweck ihrer Verwahrung dient und in dem Entscheidungen im Verdachtsbereich und keine abschließenden Lösungen zu treffen sind. Tatbestandsvoraussetzungen für die Verfügung der Beschlagnahme sind unter anderem der Verdacht der Begehung eines Finanzvergehens, die Bedrohung des Gegenstandes mit der Strafe des Verfalles und das Gebotensein der Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalles. Es genügt somit zunächst, dass der Verdacht eines Finanzvergehens besteht. Es müssen hinreichende Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass zufolge der Begehung eines Finanzvergehens die Sanktion eines Vermögensverlustes in Gestalt des Verfalles in Frage kommt und/oder der Gegenstand als Beweismittel im Finanzstrafverfahren in Betracht kommt. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Organe des Zollamtes Wien am war der Finanzstrafbehörde noch nicht überprüfbar bekannt, dass die in Rede stehenden Tabakersatzwaren bereits bei einem anderen Zollamt verzollt und für sie die Eingangsabgaben einschließlich der Tabaksteuer entrichtet worden waren. Ein Verdacht kann immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz erachtete den Tatverdacht betreffend die Abgabenhehlerei und den Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols zum betreffenden Zeitpunkt zu Recht als hinreichend begründet. Aufgrund des Inhaltes der dem Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz zugegangenen Anzeige im Zusammenhalt mit der Kenntnis von den einschlägigen finanzstrafrechtlichen Vorstrafen des Bf. bestand der begründete Verdacht, dass die in seinen Geschäftsräumlichkeiten aufgefundenen Waren - sei es als tabakhaltige oder tabakfreie Tabakerzeugnisse im Sinne des TabStG - Gegenstände eines vorsätzlichen Finanzvergehens waren, sie demnach vorsätzlich vorschriftwidrig in das Zollgebiet verbracht und vom Bf. verhehlt worden sein konnten und/oder auch Gegenstände eines vorsätzlichen Eingriffes in die Monopolrechte waren, zumal der Bf. den Umstand, dass sie ordnungsgemäß in den zoll- und steuerrechtlichen Verkehr durch Verzollung übergeführt worden waren, zum Zeitpunkt des Einschreitens der Zollorgane am nicht glaubhaft erweisen konnte. Auch der Unabhängige Finanzsenat gelangt zur Ansicht, dass die Finanzstrafbehörde erster Instanz zu Recht begründet den Verdacht hatte, die in Rede stehenden Waren wären Gegenstand von vorsätzlichen mit der Strafe des Verfalles bedrohten Finanzvergehen. Die Beschlagnahme war auch geboten, um den Zugriff an den beschlagnahmten Gegenständen als Beweisgegenstände zu sichern. Eine Gefährdung des Zweckes der Beschlagnahme im Falle eines Zuwartens bis zur Einholung eines schriftlichen Beschlagnahmebescheides konnten die Organe des Zollamtes annehmen, zumal durch ihr Erscheinen und ihren Verweis darauf, dass der Bf. die Tabakwaren im Sinne des § 2 TabStG, von welchen zunächst nicht auszuschließen war sondern der begründete Verdacht bestand, sie wären Gegenstände vorsätzlicher Finanzvergehens, nicht verhandeln durfte, die Annahme gerechtfertigt erschien, dass der Bf. die Waren beiseiteschaffen könnte, sobald die Organe die Geschäftsräumlichkeiten des Bf. verlassen hätten. "Gefahr im Verzug" liegt nach ständiger Rechtsprechung dann vor, wenn die Beschlagnahme von Gegenständen durch die Einholung eines schriftlichen Auftrages der zuständigen Finanzstrafbehörde verzögert würde und dadurch gefährdet wäre (z.B. Zl. 89/16/0163). Im vorliegenden Fall hätte die Einholung und Herbeischaffung eines schriftlichen Beschlagnahmebescheides zu einer nicht vertretbaren und unzumutbaren weiteren Inanspruchnahme des Bf geführt. Andererseits wäre nach dem Ermittlungs- und Kenntnisstand der Zollorgane die Gefahr, dass der Bf. ohne Durchführung der Beschlagnahme die verfahrensgegenständlichen Tabak(ersatz)erzeugnisse dem Zugriff der Organe der Finanzstrafbehörde entzogen hätte, hoch gewesen.

Wie sich erst in der Folge überprüft herausstellte, enthielten die beschlagnahmten Waren keinen Tabak. Sie stellten sich als verarbeiteter Tabakersatzstoff dar, der aus einem groben Zuschnitt von Pflanzenteilen sowie aus Melasse und Aroma bestand, jedoch unbestritten ein Tabakerzeugnis im Sinne des § 2 TabStG war.

Dem Bf. wurden die Gründe für die Beschlagnahme im Zuge der Amtshandlung am mündlich bekannt gegeben. Zufolge des Inhaltes der hierüber gem. § 89 Abs. 2 FinStrG aufgenommenen Niederschrift wurde festgehalten, dass die genannten Gegenstände gem. § 17 FinStrG vom Verfall bedroht sind und als Beweismittel in Betracht kommen, sowie dass die Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug ohne bescheidmäßige Beschlagnahmeanordnung erfolgte, weil zu besorgen war, dass ein Zuwarten bis zur Beibringung eines von der Finanzstrafbehörde zu erlassenden schriftlichen Bescheides den Zweck der Maßnahme gefährdet hätte. Der Bf. bestätigte mit seiner Unterschrift auf der Niederschrift unter anderem, den Inhalt der Niederschrift gelesen zu haben. Die Ausfolgung einer Ausfertigung der Niederschrift ist vom Gesetzesauftrag des § 89 Abs. 2 FinStrG nicht umfasst; die Unterlassung der Ausfolgung einer Ausfertigung der Niederschrift war daher der Finanzstrafbehörde nicht als rechtswidrig anzulasten. Dem Bf. blieb es unbenommen, eine Ausfertigung (Kopie) der Niederschrift anzufordern oder auch jederzeit Akteneinsicht zu nehmen. Dem Bf. wurden die Gründe für eine Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug mitgeteilt, wenn er zur Kenntnis genommen hatte, dass zu besorgen war, dass ein Zuwarten bis zur Beibringung eines finanzstrafbehördlichen Beschlagnahmebescheides den Beschlagnahmezweck (Beweismittelverlust und/oder Verfallsvereitelung) gefährdet hätte. Dem Aktengeschehen ist nicht zu entnehmen, dass der Bf. im Zuge der Amtshandlung den Zollorganen gegenüber bedeutet hätte, mangels hinreichender Deutschkenntnisse die ihm mündlich bekannt gegebenen Beschlagnahmegründe und den Inhalt der diesbezüglichen Niederschrift nicht zur Gänze verstanden zu haben. Anlässlich seiner darauffolgenden Vernehmung als Verdächtiger am war ein Dolmetsch der arabischen Sprache beigezogen worden um unter anderem zu gewährleisten, dass allenfalls entstandene Unklarheiten zur Amtshandlung am beseitigt werden hätten können. In der fortgesetzten Verdächtigtenvernehmung vom war von der Beiziehung eines Dolmetsch schließlich Abstand genommen worden, weil der Bf. zugestand die deutsche Sprache in Wort und Schrift soweit zu beherrschen, um der Niederschriftsaufnahme ohne Mühe folgen zu können. Es finden sich demnach keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Bf. die Bekanntgabe der Beschlagnahmegründe und der Annahme von Gefahr im Verzug missverstanden hätte.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschlagnahme ohne einer schriftlichen Anordnung der dafür zuständigen Finanzstrafbehörde zu Recht erfolgte.

Zu den Anträgen des Bf., ihm die beschlagnahmten Waren zurückzustellen und die Anordnung, dass die Ware nicht verkauft werden darf, aufzuheben, wird darauf verwiesen, dass am anlässlich der Niederschriftaufnahme die Beschlagnahme und das Verfügungsverbot von der Finanzstrafbehörde aufgehoben wurden. Eine behördliche Anordnung, die Ware nicht zu veräußert besteht demnach nicht mehr. Sie gründet sich aber für den Bf. in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen des § 5 TabMG.

Aus den dargelegten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 89 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 2 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 3 Abs. 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 3 Abs. 6 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 5 Abs. 1 TabMG 1996, Tabakmonopolgesetz 1996, BGBl. Nr. 830/1995
§ 5 Abs. 2 TabMG 1996, Tabakmonopolgesetz 1996, BGBl. Nr. 830/1995
§ 5 Abs. 3 TabMG 1996, Tabakmonopolgesetz 1996, BGBl. Nr. 830/1995
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at