Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 13.09.2011, RV/0498-L/10

Investitionen bei Betriebsfortführung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom , mit dem der Berufungswerber gemäß § 14 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der KEG im Ausmaß von € 2.790,91 in Anspruch genommen wurde, entschieden:

Der Berufung wird dahin stattgegeben, dass die Haftungsinanspruchnahme auf folgende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 2.490,91 eingeschränkt wird.


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Zeitraum
Abgabenart
Betrag in €
11/2008
Umsatzsteuer
306,91
01-09/2009
Umsatzsteuer
2.080,00
01-09/2009
Verspätungszuschlag
104,00
2.490,91

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde die KEG errichtet. Gegenstand des Unternehmens war die Ausübung des reglementierten Gastgewerbes. Betrieben wurde das Unternehmen in einem dafür gemieteten Lokal. Bereits seit dem Jahr 2007 setzte das Finanzamt gegenüber dieser Gesellschaft und ab 2008 gegenüber dem Gesellschafter Einbringungsmaßnahmen, wobei die Einbringungsversuche großteils erfolglos verliefen.

Mit Übergabsvertrag vom übernahm der Berufungswerber von der KG nachstehende Gegenstände (Schankbereich: Einbaugeschirrspüler, Eismaschine, Getränkekühlschrank, Kaffeemaschine, Musikanlage; Küche: Gefriertruhe, Kühlschrank). Als Übergabepreis waren laut Vertrag € 9.000 vorgesehen; wobei vom Bw. € 4.000 erlegt und übergeben wurden. Der Restbetrag sollte hingegen von Herrn X in Raten aufgebracht werden. Der Pachtvertag (Mietvertrag) wurde mit dem Bestandgeber neu abgeschlossen. Bereits am wurde der Betrieb eröffnet.

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Bw als Haftungspflichtiger gem. § 14 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der KG im Ausmaß von € 2.790,91 in Anspruch genommen, wobei € 306,91 auf die Umsatzsteuer 11/2008, € 300 auf die Zwangsstrafe 2009, € 2.080 auf die Umsatzsteuer 1-9/2009 und € 104 auf den Verspätungszuschlag 1-9/2009 entfielen. So habe der Bw den Betrieb um den Übernahmepreis von € 9.000 übernommen.

In der Berufung vom wurde festgehalten, dass kein Betrieb vom Vorgänger sondern lediglich Teile des Anlagevermögens, insbesondere Maschinen übernommen worden seien. Keinesfalls hingegen seien Vorräte jeglicher Art oder ein Kundenstock übernommen worden. Eine Betriebsübernahme liege nicht vor.

Mit Schreiben vom wurde der Bw von der erkennenden Behörde aufgefordert, bekannt zu geben, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, mit dem gekauften Inventar den Betrieb fortzuführen bzw. eine Liste der getätigten Investitionen vorzulegen. Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet. Im Zuge eines Telefonates erklärte der Bw Investitionen größeren Ausmaßes getätigt zu haben. Ein weiterer, ergänzender Vorhalt vom blieb gleichfalls unbeantwortet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 14 Abs. 1 BAO

a) für Abgaben, bei denen die Abgabenpflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;

b) für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren.

Dies gilt nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Übereignung eines Unternehmens im Ganzen vor, wenn der Erwerber ein lebendes bzw. lebensfähiges Unternehmen übernimmt. Dabei müssen nicht alle zum Unternehmen gehörigen Wirtschaftsgüter übereignet werden, sondern nur jene, welche die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden und den Erwerber in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzuführen.

Die Frage, welche Gegenstände zu den wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens bzw. eines Betriebes gehören, ist in funktionaler Betrachtungsweise nach dem jeweiligen Unternehmens- bzw. Betriebstypus (z.B. ortsgebundene Tätigkeit, kundengebundene Tätigkeit, Produktionsunternehmen usw.) zu beantworten. Bei Gastronomieunternehmen zählen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager und das Personal zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens. Hinsichtlich der tragenden Unternehmensgrundlagen Lokal und Geschäftseinrichtung muss der Erwerber in der Lage sein, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne wesentliche Unterbrechung einen dem vorangegangenen gleichwertigen Gewerbebetrieb fortzuführen (vgl. ).

Laut Übergabevertrag vom erwarb der Bw eine Reihe gebrauchter Geräte um den Preis von € 4.000.

Unter "Übereignung" im hier maßgebenden Zusammenhang ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht anzusehen. Es kommt nicht auf eine besondere zivilrechtliche Gestaltung an. Maßgebend ist somit der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vom Vorgänger auf den Erwerber. Ein solcher Übergang liegt - entgegen der Ansicht des Bw - auch dann vor, wenn der Erwerber des Unternehmens des Vormieters einen neuen Mietvertrag mit dem Bestandgeber der Geschäftsräumlichkeiten abschließt. Wurde die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Lokal verschafft und kann der Erwerber den Betrieb des Vormieters in diesen Geschäftsräumen und mit dem gekauften Inventar fortführen, dann kann von einer Übereignung des Unternehmens ausgegangen werden. Dazu kommt noch, dass es sich bei dem Lokal um eine Art Café handelt, bei dem laut in Akt aufliegender Karte nur Getränke und Speisen kleinerer Art angeboten werden. Mit den gekauften Geräten sollte dieses Angebot abgedeckt werden können.

Nicht zu den wesentlichen Unternehmensgrundlagen zählen hingegen das Warenlager und der Kundenstock (Ellinger-Iro-Kramer-Sutter-Urtz, BAO §14 E 59).

Tatsache ist, dass der Übergabsvertrag am abgeschlossen und das Lokal bereits am eröffnet wurde. Damit mussten entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die tragenden Unternehmensgrundlagen bereits vorhanden gewesen sein.

Was den Einwand der getätigten Investitionen betrifft, so ist der Bw. trotz mehrfacher Urgenz den Nachweis schuldig geblieben, dass die Investitionen für die Betriebsfortführung notwendig waren.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () wäre es Sache des Bw, als sorgfältiger Erwerber des Unternehmens gewesen, sich über die aushaftenden Schulden des Vorgängers zu erkundigen. Der Bw wäre daher verpflichtet gewesen, sich insbesondere über die Entrichtung der Abgaben zu erkundigen. Dies hätte durch Befragung des Verkäufers, durch Einsichtnahme in dessen Geschäftsbücher erfolgen können. Für den Bw. hätte jedenfalls erkennbar sein müssen, dass für die Monate Jänner bis September 2009 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden waren, die Primärschuldnerin also ihren abgabenrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten in keiner Weise nachgekommen war. Diese Umstände hätten jedenfalls den Verdacht bestehender Abgabenrückstände nahe gelegt, weshalb zumindest eine diesbezügliche Abklärung mitunter auch beim Finanzamt geboten gewesen wäre.

Insgesamt gesehen liegt daher dem Bw eine schuldhafte Unkenntnis der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Last. Der Vorhalt vom ist auch in diesem Punkt unbeantwortet geblieben.

Die Haftung gemäß § 14 BAO besteht seit der Neufassung durch BGBl. 1992/448 nur insoweit, als der Erwerber an haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt. Vom Bw wurde auch nicht behauptet, dass die gegenständliche Haftungsschuld die übernommenen Aktiva übersteigt.

Die Haftungsinanspruchnahme des Erwerbers liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Wie bei jeder Ermessensübung ist vor allem der Zweck der Ermessen einräumenden Norm zu berücksichtigen. Bereits eingangs wurde ausgeführt, § 14 BAO diene dem Zweck, die im Unternehmen als solchem liegende Sicherung für die auf den Betrieb sich gründende Abgabenschuld durch den Übergang des Unternehmens nicht verloren gehen zu lassen. Bei der Ermessensübung ist ferner der Grundsatz der Nachrangigkeit der Haftung zu beachten, d.h. der Haftende darf in der Regel nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Einbringung der Abgabe beim Hauptschuldner gefährdet oder wesentlich erschwert ist. Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin bereits mit Beschluss vom mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Die geltend gemachte Gesellschafterhaftung verlief ergebnislos, sodass die haftungsgegenständlichen Abgaben tatsächlich uneinbringlich sind, weshalb für eine Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme kein Raum blieb. Auch wurden vom Berufungswerber keine Billigkeitsgründe vorgebracht, die einen Verzicht auf die Geltendmachung der Haftung rechtfertigen würden. Ein Teil der Haftungsschuld konnte zudem bereits durch Umbuchung eines Guthabens am Abgabenkonto des Haftungsschuldners auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin abgedeckt werden (€ 1.774,56 am ). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Zahlungen eines Haftungsschuldners zwar den von ihm zu entrichtenden Haftungsbetrag vermindern, aber nichts am grundsätzlich im Haftungsbescheid (im gegenständlichen Fall in der Berufungsentscheidung) aufzuerlegenden Umfang der Haftungspflicht ändern (vgl. ). Auf Grund des Alters des Berufungswerbers (Jahrgang 1979) und der Erwerbsmöglichkeiten kann zudem nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Rest der Haftungsschuld auch beim Haftungspflichtigen zur Gänze uneinbringlich ist. Im Übrigen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Haftung nicht etwa nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte bzw. des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen zulässig. Dies im Hinblick auf das mangels Kostendeckung nicht eröffnete Insolvenzverfahren beim Bw selbst.

Die Zwangsstrafe im Ausmaß von € 300 war hingegen auszuscheiden, zumal diese auf den Betrieb des Unternehmens nicht ursächlich zurückzuführen ist.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 14 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at