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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 20.11.2013, RV/0031-G/10

Überprüfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung im Falle einer Hinzuschätzung von behaupteten Darlehen als bislang nicht erklärte Umsätze bzw. Einkünfte

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Erwin Csaszar und die weiteren Mitglieder Mag. Roland Setina, Mag. Christiane Riel-Kinzer und Mag. Friedrich Koiner im Beisein der Schriftführerin Dagmar Brus über die Berufung des Bw., (ursprünglich) vertreten durch Mag. Brigitte Ferk, 8010 Graz, Schießstattgasse 5/1, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer jeweils für 2002 bis 2005 nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Umsatzsteuer wird für das Jahr 2002 mit € 4.952,03, für 2003 mit € -28.094,77, für 2004 mit € -2.402,05 und für 2005 mit € 2.967,75 festgesetzt.

Die Einkommensteuer für 2002 bis 2005 wird jeweils mit € 0,-- festgesetzt.

Hinsichtlich der Berechnung der Abgaben sowie der maßgeblichen Bemessungsgrundlagen wird auf die Begründung bzw. auf das beiliegende Berechnungsblatt verwiesen.

Entscheidungsgründe

(1) Strittig ist, ob das Finanzamt den Umsätzen bzw. Einkünften des Bw. in den Streitjahren zu Recht Beträge iHv. € 60.833 (2002), € 50.000 (2003 und 2004) und € 62.500 (2005) hinzugerechnet hat oder nicht.

(2) Der Berufungswerber (Bw.) erzielte in den Streitjahren gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb eines Cafés in G (bis Juli 2003) bzw. S (ab Oktober 2003). Bis einschließlich 2001 erklärte er auch (jeweils positive) Einkünfte aus einer in Kroatien ausgeübten "selbständigen Vertretertätigkeit". Aus der Beilage zu den Abgabenerklärungen für 2002 bzw. aus einem Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom (Antrag auf Herabsetzung der EVZ) geht hervor, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit in Kroatien ab 2002 nicht mehr erklärt würden, da zu diesem Zeitpunkt das DBA mit Kroatien in Kraft getreten sei. Daher seien diese Einkünfte nunmehr im Ausland steuerpflichtig, im Inland könne - bei Vorliegen positiver inländischer Einkünfte - allenfalls der Progressionsvorbehalt zum Tragen kommen.

(3) Im Zuge einer beim Bw. in den Jahren 2007 und 2008 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung hielt der Prüfer in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom (auf welche im Bericht verwiesen wird) Folgendes fest:

"(...) TZ 2.) Private Darlehensaufnahme:

Im Prüfungszeitraum 2003 - 2005 wurden folg. Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt:


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2003
2004
2005
Einkünfte
-11.089,25
-30.327,57
-27.188,09
(...)

Des Weiteren wurde vom Sohn des Abgabepflichtigen, DY, geb. 1979, eine Eigentumswohnung in G mit Kaufvertrag v. um den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von ATS 700.000 gekauft. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass außer dem Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten [des Bw.] keine weiteren Verbindlichkeiten (Darlehen, Pfandurkunden etc.) angemerkt sind.

Im Zuge von Erhebungen konnte festgestellt werden, dass die Eltern [der Bw. und dessen Gattin AY] für den Lebensunterhalt ihres Sohnes DY aufkommen. Da AY und DY nur geringe Einkünfte erzielen, kann somit nur [der Bw.] den oa. Kaufpreis in der Höhe von ATS 700.000,--bezahlt haben.

Mangels positiver Vermögensdeckungsrechnung sowie eines fehlenden betrieblich veranlassten Darlehens wurde durch das ho. Finanzamt die Frage hinsichtlich der Geldmittelherkunft gestellt.

Der Abgabepflichtige behauptete er hätte das Geld von einem Freund geliehen bekommen und brachte vier Bestätigungen vor, dass er zu den ua. Zeitpunkten folg. Geldbeträge erhalten hätte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum Übergabe
Datum Ausstellung
Betrag in €
73.000
60.000
60.000
75.000
Darlehen gesamt
268.000

Am erging seitens des Finanzamtes folg. Ersuchen um Ergänzung:

"Zwecks Sachverhaltsermittlung hinsichtlich der von Ihnen im Zuge der Außenprüfung vorgelegten Darlehensbestätigungen v. in der Höhe von € 60.000 und € 73.000 sowie vom in der Höhe von € 60.000 und € 75.000 wird um Beantwortung folg. Fragen sowie Übermittlung folg. Bezug habender Unterlagen bis ersucht:

1.) Um Bekanntgabe, ob es sich bei den oa. Geldzuwendungen um Darlehen oder um Bezahlung für erbrachte Leistungen handelt, wird ersucht.

1.1.) Darlehen

Sollte es sich bei den erhaltenen Geldbeträgen um Darlehen handeln, wird ersucht bekannt zu geben:

1.1.1. Wann wurden die Geldbeträge ausgehändigt? (...)

1.1.2. Wie wurden diese überreicht?

Um detaillierte Schilderung/Darstellung der Übergabe/Überweisung wird ersucht! (...) Um Namhaftmachung von Zeugen sowie schriftlicher Bestätigungen etc. wird ersucht.

1.1.3. Wo wurden die Geldbeträge übergeben?

Um detaillierte Bekanntgabe der örtlichen Darlehensübergabe wird ersucht. Sollten die Beträge bar überreicht worden sein, ist bekannt zu geben, wie diese in das Inland gelangten. Wer hat wann wie viel und welche Devisen in das Inland importiert? (...)

1.1.4.Rückzahlungsmodalitäten, Verzinsung:

Um Vorlage von Vereinbarungen in Schriftform (Darlehensverträge, zusätzliche Vereinbarungen etc.) wird ersucht. Welche Sicherheiten sind seitens des Darlehensnehmers beigebracht worden (z. B. Einräumung eines Pfandrechtes etc.). Entspr. Nachweise sind vorzulegen! Welcher Kreditrahmen wurde vereinbart? Welche Rückzahlungsmodalitäten (Höhe und Zeitpunkt der Tilgung) wurden vereinbart bzw. sind überhaupt Rückzahlungen im oa. Beobachtungszeitraum gewollt oder tatsächlich erfolgt. Auch hier sind entspr. Nachweise zu erbringen (Vorlage von sämtlichen Unterlagen!) Weiters wird um Vorlage entspr. ausländischer Handelsregisterauszüge ersucht, die die Existenz der Darlehensgeber nachweisen sollen!

1.2.) Leistungserbringung

Sollte es sich bei den oa. Geldbeträgen um Zahlungen für erbrachte Leistungen handeln, wird um Übermittlung sämtlicher Leistungsberichte, Stundenaufzeichnungen, Ausgangsrechnungen etc. ersucht, woraus ersichtlich ist, um welche Leistung es sich handelt. (...)"

Am wurde eine beglaubigte Übersetzung aus der kroatischen Sprache beim ho. Finanzamt eingebracht in der folg. Sachverhalt erklärt wurde:

"Ich, [der Bw.], aus G erkläre unter der materiellen und strafbaren Verantwortung, dass ich von SC, Sohn des J, aus Medjugorje in der Zeit von 2002 bis 2005 einen Geldbetrag von € 268.000 ausgeliehen habe. Das Geld hat mir SC als Dankbarkeit für die Unterbringung von seinen Eltern während des Krieges ausgeliehen. Ich verpflichte mich den Betrag ihm zurückzugeben sobald ich mein Haus in G verkauft habe. Ich, SC, erkläre, dass alles was [der Bw.] angeführt hat, der Wahrheit entspricht. Gleichzeitig teile ich mit, dass ich bereit bin [dem Bw.] weiterhin Geld zu leihen, wenn er es notwendig hat. Das Geld werde ich zurückbekommen, sobald [der Bw.] sein Haus in G verkauft. "

Weiters wurde vom Abgabepflichtigen am folgender Sachverhalt ergänzt:

"Wie aus den bereits vorgelegten Unterlagen ersichtlich, handelt es sich bei den erhaltenen Geldbeträgen um Darlehen, von den übermittelten Unterlagen abgesehen gibt es darüber keine weiteren Dokumente. Die Übergabe des Geldes erfolgte folgendermaßen: Gegen Ende des Jahres 2001 wurde offenbar, dass meine Geschäfte nicht so liefen wie erwartet und ich in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Ich habe daraufhin meinen Bekannten ersucht, ob er mir bis zum Verkauf meines Hauses in G immer wenn nötig mit monatlichen Zahlungen aushelfen könnte. Das Geld wurde dann je nach Zusammentreffen monatlich bis zweimonatlich entweder in Zagreb oder Mostar bar direkt von meinem Freund übergeben (zwischen € 2.000 und € 10.000 pro Zusammenkunft). Ich habe das Geld dann nach Bedarf auf meine österreichischen Konten eingezahlt. Da sich der Verkauf des Hauses in G hinausgezögert hat, wurden die zwischenzeitlich angelaufenen, ausgeborgten Summen 2005 offiziell protokolliert. Die Aufzeichnungen der einzelnen Beträge habe ich, da ich sie nicht mehr benötigte, bei Beurkundung der jeweiligen Gesamtsummen vernichtet. Zeugen gibt es leider zumindest meinerseits keine. Wie bereits erwähnt, erfolgt die Rückzahlung der Darlehen bei Verkauf des Hauses in G. Ich ersuche bei der Würdigung des vielleicht auf den ersten Blick ungewöhnlichen Sachverhaltes zu berücksichtigen, dass die Verbindung zum Darlehensgeber auf einer emotionalen Ebene beruht (Hilfe meinerseits für seine Familie im Balkankrieg) die seiner Meinung nach, jegliche "komplizierte" Vereinbarungen überflüssig macht."

Dem Ersuchen um Ergänzung wurde somit nicht vollständig entsprochen, da folg. Fragen durch den Abgabepflichtigen nicht beantwortet wurden bzw. Unterlagen nicht vorgelegt werden konnten:

-- Nichtvorlage bzw. Vernichtung der entspr. Aufzeichnungen betr. die Geldübergabe-- Detaillierte Bekanntgabe der örtlichen Darlehensübergabe-- Wer hat wann wie viel und welche Devisen in das Inland importiert?-- Detaillierte Schilderung insbesondere die Vorgespräche anlässlich der Übergabe-- Vorlage von Vereinbarungen in Schriftform-- Welche Sicherheiten sind seitens des Darlehensnehmers beigebracht worden (Einräumung von Pfandrechten etc.)?-- Welche Rückzahlungsmodalitäten wurden vereinbart bzw. sind überhaupt Rückzahlungen im oa. Prüfungszeitraum gewollt oder tatsächlich erfolgt?

Stellungnahme der steuerlichen Vertretung v. zur Punktation:

"Dass die Leihbeträge nicht ausreichend dokumentiert worden sind, kann rückwirkend leider nicht mehr geändert werden.

1.) Es handelt sich eben nicht um ein fremdübliches Darlehen, aber auch um kein Darlehen zwischen Familienangehörigen, sondern wie bereits dargelegt um Leihgeld, das auf Grund einer speziellen Beziehung gewährt wurde, deren Vergleichbarkeit mit unserer Rechtsprechung wegen Fehlens entsprechender Situationen m. E. nicht ohne weiteres möglich ist.

2.) Zu Bedenken wird gegeben, dass es wohl auch nicht fremdüblich ist, dass jemand ein notariell beglaubigtes Schuldanerkenntnis über € 268.000 abgibt, wenn er dem Betreffenden nichts schuldet.

3.) Zu den Rückzahlungsmodalitäten wurde mehrmals erklärt, dass bei Verkauf des Hauses in G alles rückgezahlt werden wird. [Der Bw.] hatte seit Frühjahr 2003 einen Kaufinteressenten (KF, G, A-Gasse). Da dieser einen guten Preis bot (ca. € 700.000) hat sich [der Bw.] trotz wiederholter Verzögerungen (KF erwartete eine größere Geldsumme, deren Eintreffen sich hinauszog) nicht um einen anderen Käufer umgeschaut und auch SC wurde immer wieder vertröstet. Nunmehr hat [der Bw.] das Haus via Internet zum Verkauf angeboten.

4.) Es konnten zwar keine genauen Daten für die jeweiligen Geldübergaben bekannt gegeben werden, doch lässt sich an Hand der Einzahlungen auf das Privat- und Girokonto ersehen, dass die Beträge in mehreren kleinen Summen verteilt übers Jahr eingelangt sind.

5.) Die Hinzuschätzung der Darlehen als Gewinn aus Gewerbebetrieb entbehrt wirtschaftlich jeder Grundlage. Der einem solchen Gewinn zu Grunde zu legende Umsatz ist in den jeweiligen Lokalen nicht erzielbar. So wurde das Lokal in G wegen des schlechten Geschäftsgangs aufgegeben. Sämtliche Pächter dieses Lokals haben seither nach wenigen Monaten wegen UnrentabiIität das Pachtverhältnis wieder beendet. Auch das Cafe in S wird ab Jänner 2009 wegen der schlechten Gewinnsituation verpachtet werden. Da von SC zwischenzeitlich keine Leihgelder mehr gewährt werden, muss [der Bw.) mehrere Darlehen aufnehmen.

6.) Der Abgabepflichtige hat bis 2001 auch in Kroatien Einkünfte erzielt und sich auch in den Prüfungsjahren oft in Kroatien aufgehalten. Es wurde seitens der BP nicht dargelegt, warum (wenn die Darlehen nicht gegeben sein sollten) die fehlenden Geldbeträge (ausschließlich) in Österreich erwirtschaftet sein sollten."

TZ 3.) Rechtliche Würdigung

Zu den Punkten 2 - 6.)

Auf Grund der vorgebrachten Bestätigungen geht lediglich hervor, dass die Identität auf Grund des Reisepasses etc. notariell bestätigt bzw. festgestellt wurde, nicht jedoch der Inhalt!

Die steuerliche Vertretung gibt an, dass lediglich bis einschließlich 2001 Einkünfte in Kroatien erzielt wurden und nicht auch in den Prüfungsjahren 2002 - 2005! Somit wird zu Protokoll gegeben, dass in den Jahren 2002 - 2005 keine Einkünfte in Kroatien erzielt wurden. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung konnten auf Anfragen des Prüfers weder von der steuerlichen Vertretung noch vom Abgabepflichtigen Einkommensteuererklärungen, -bescheide und sonstige Einkommensnachweise vorgebracht werden, die die Herkunft der Gelder aus Kroatien dokumentieren konnten. Der Umstand, dass sich [der Bw.] in den Prüfungsjahren oft in Kroatien aufgehalten hat, beweist nicht, dass er auch Einkünfte erzielt hat.

Zwischen Fremden abgeschlossene Darlehensverträge enthalten im Regelfall klare Kündigungs-,Tilgungs- und Zinszahlungsvereinbarungen (). Für mangelnde Fremdüblichkeit spricht z. B.:

-- Keine Verpflichtung zur Rückzahlung der Geldbeträge binnen einer bestimmten Zeit;

-- keine konkreten Rückzahlungsvereinbarungen;

-- Hingabe von Beträgen in ATS-Millionenhöhe ohne schriftliche Rückzahlungsvereinbarung ohne die Forderungen durch schriftliche Verträge oder nach außen tretende Sicherstellungen abzusichern ();

-- Hingabe von Darlehensbeträgen in einer Höhe von insgesamt rund 45 Mio. ATS mit einer Darlehenslaufzeit von 20 Jahren, ohne darüber eine schriftliche Urkunde mit den wesentlichen Darlehenskonditionen (etwa Tilgung, Verzinsung, Sicherheiten) zu verfassen ();

-- kein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch wäre bereit, einer ihm fremden Person ohne attraktiven Ertrag ein riskantes Darlehen zu gewähren ();

-- keinerlei schriftliche Unterlagen über die Darlehensgewährung, Verzinsung, Rückzahlungsvereinbarungen und Sicherheiten sowie Beginn der Rückzahlung erst drei Jahre nach Zuzählung bei fehlenden Sicherheiten ().

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabebehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabeverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die dazu von der belangten Behörde vorzunehmende Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen ().

Jemand, der einen unwahrscheinlichen, der allg. Lebenserfahrung widersprechenden Sachverhalt behauptet, ist verpflichtet, hiefür entsprechende Nachweise beizubringen ().

Da jedoch solche Nachweise trotz Aufforderung unterblieben sind, kann das Finanzamt davon ausgehen, dass die Behauptungen des Unternehmers nicht der Wirklichkeit entsprechen.

Generell trifft dem Abgabepflichtigen die erhöhte Mitwirkungspflicht bei abgabenrechtlich relevanten Beziehungen zum Ausland (...)

Dem Abgabepflichtigen kommt bei der Herkunft der oa. Beträge aus Kroatien und Bosnien eine erhöhte Mitwirkungspflicht zu, welche in eine Umkehr der Beweislast mündet ().

Da [der Bw.] der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen nicht nachkam und die Behörde weitere Erfolg versprechende Ermittlungen kaum anstellen konnte, war sie zur Hinzuschätzung des Umsatzes berechtigt. Siehe dazu . (...)".

(3) Der Auffassung des Prüfers folgend erließ das Finanzamt im Wege der Wiederaufnahme die angefochtenen Sachbescheide, in denen sowohl die Umsätze als auch die Einkünfte jeweils um € 60.833 (2002), € 50.000 (2003 und 2004) sowie € 62.500 (2005) erhöht wurden.

(4) Die dagegen erhobene Berufung wird im Wesentlichen mit einem Verweis auf die bereits im Prüfungsverfahren getätigten Ausführungen begründet. Da dem Finanzamt diese Argumente jedoch nicht ausreichen, werde beantragt, den Darlehensgeber vorzuladen und persönlich zu befragen. Die Hinzurechnung der Darlehen in der angesetzten Höhe führe zu einem Gesamtumsatz, der in einem Betrieb dieser Art und an diesem Standort nicht realisierbar sei. Die Umsätze würden sich mehr als verdoppeln, obwohl sich im Zuge der Prüfung keine Hinweise ergeben hätten, dass Einkünfte nicht ordnungsgemäß erfasst worden wären oder die Kalkulation nicht in Ordnung gewesen wäre. Eine Schätzung soll aber den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten nahe kommen. Offen sei, warum die zugeschätzten Einnahmen ausschließlich dem Café zugerechnet werden. Es wäre genauso möglich, dass es sich um nicht deklarierte Einnahmen aus einer Tätigkeit in Kroatien handelt, zumal sich der Bw. etwa zweimal pro Woche in Kroatien aufgehalten habe.

(5) Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Der Bw. übersehe, dass die im Zuge der Prüfung durchgeführte Kontrolle der Vermögensdeckungsrechnung/Geldmittelherkunft in den Streitjahren einen ungeklärten Vermögenszuwachs iHv. insgesamt € 268.000 ergeben habe, sodass sich die Schätzungsberechtigung auf § 184 Abs. 2 BAO gründe (und nicht auf Abs. 3 leg. cit.). Soweit der Abgabepflichtige einen Vermögenszuwachs nicht aufklären kann, sei die Annahme gerechtfertigt, dass dieser aus nicht einbekannten Einkünften stammt. Ob ein Vermögenszuwachs als aufgeklärt oder als ungeklärt geblieben anzusehen ist, sei eine auf Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage. Es sei dem Bw. nicht gelungen, der Abgabenbehörde eine Unschlüssigkeit ihrer Beweiswürdigung vorzuwerfen, wenn sie "ohne Beleg" ausführt, die fraglichen Gelder könnten aus einer Tätigkeit in Kroatien herrühren. Da der Bw. keine Aufzeichnungen bzw. (Rückzahlungs-)Vereinbarungen vorlegen konnte, verletzte er zudem die bei Auslandssachverhalten bestehende erhöhte Mitwirkungspflicht. Dem Vorbringen, die zugerechneten Beträge seien im Betrieb des Bw. gar nicht erzielbar, wird seitens des Finanzamtes erwidert, dass "Umstände, die bei einer schlüssigen bzw. nicht mangelhaften Sachverhaltsermittlung im Dunkeln geblieben sind, allein dem Abgabepflichtigen selbst zur Last zu legen" seien. Zum Antrag auf Einvernahme des Darlehensgebers führt das Finanzamt im Wesentlichen aus: Der Antrag bezeichne weder das Beweismittel noch das Beweisthema hinreichend konkret. Dass der "vermeintliche Zeuge" (SC) das aussagen würde können, was er bereits schriftlich bekundet hat, lege die Abgabenbehörde ihren Erwägungen ohnehin erkennbar zugrunde. Dass er mehr als das hätte bekunden können, wäre seitens des Bw. durch präzise Formulierung des Beweisthemas zu erklären gewesen.

(6) In seiner "Berufungsergänzung" vom stellte der Bw. einige weitere Beweisanträge und führte ua. aus, die eidesstättige Erklärung des Bw. stelle zivilrechtlich ein forderungsbegründendes Anerkenntnis dar, auf Grund dessen SC den angeführten Betrag selbst dann fordern könnte, wenn tatsächlich kein Geld geflossen sein sollte. Wollte man dem Bw. eine derart riskante Handlung unterstellen, würde dies seine Zurechnungsfähigkeit in Frage stellen. Das Finanzamt habe - abgesehen vom angeführten Darlehen - keine Feststellungen getroffen, die eine Schätzung rechtfertigen würden. Es gebe keine Feststellungen betreffend der Vermögenszuwächse und der Lebensführung des Bw. Das Finanzamt habe lediglich das Darlehen auf die Streitjahre aufgeteilt, unabhängig davon, ob die (unterstellten) Erlöse im Lokal des Bw. auch tatsächlich erzielbar seien. Darüber hinaus seien Aufwendungen zur Erzielung des geschätzten Umsatzes nicht berücksichtigt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Während die Berufungsschrift ihren inhaltlichen Ausführungen zufolge sowohl die Wiederaufnahme- als auch die neuen Sachbescheide bekämpft hat, richtet sich der nunmehrige Vorlageantrag nur noch gegen die im wieder aufgenommenen Verfahren ergangenen Sachbescheide.

Das Finanzamt ging in den angefochtenen Bescheiden davon aus, die Umsätze bzw. Einkünfte des Bw. seien um die eingangs unter (1) angeführten Beträge zu erhöhen, da in dieser Höhe bisher nicht einbekannte Umsätze bzw. Einkünfte vorliegen würden. Es stützt sich dabei (ausschließlich) auf vier vom Bw. vorgelegte "Bestätigungen", welchen zufolge ihm ein Freund Leihgelder bzw. Darlehen gewährt habe (siehe oben).

Wenngleich der vom Bw. dargelegte Vorgang der Gewährung von Leihgeld bzw. Darlehen durch seinen Freund in der Tat ungewöhnlich erscheint, war die Beweiswürdigung der Abgabenbehörde erster Instanz nach Auffassung des Berufungssenates dennoch aus folgenden Gründen nicht haltbar:

Der Prüfer (bzw. diesem folgend das Finanzamt) stützt sich ganz wesentlich auf eine Vermögensdeckungsrechnung (s. Tz 2 der Niederschrift über die Schlussbesprechung). Eine solche wurde jedoch nicht - nicht einmal ansatzweise - angestellt. Weder aus den berufungsgegenständlichen Bescheiden bzw. dem diesen zugrunde liegenden Prüfungsbericht noch aus dem sonstigen Akteninhalt geht in irgendeiner Weise hervor, dass von Seiten des Prüfers eine derartige Rechnung vorgenommen worden wäre.

Im Falle der Erstellung einer solchen Vermögensdeckungsrechnung hätten aber jedenfalls auch die - bis zumindest 2002 erzielten (jeweils positiven) - Einkünfte aus der Tätigkeit des Bw. in Kroatien sowie das im Jahr 2002 bei der X-Bank aufgenommene Darlehen iHv. € 359.000 Berücksichtigung finden müssen.

Das Finanzamt hat daher nicht schlüssig bzw. nachvollziehbar dargelegt, wie es zu der Ansicht gelangt, in den Streitjahren würden ungeklärte Vermögenszuwächse in der hinzugeschätzten Höhe vorliegen.

Der Prüfer stellte im Jahr 2001 - sohin außerhalb des hier strittigen Zeitraumes - einen Vermögenszugang im privaten Bereich des Bw. fest (Anschaffung einer Eigentumswohnung für den Sohn um den Kaufpreis von rund € 50.800). Auf die Frage nach der Mittelherkunft legte der Bw. - so die Ausführungen des Prüfers in seinem Bericht - die genannten Bestätigungen vor, wonach der Bw. in den Streitjahren (2002 bis 2005) von seinem Freund SC jeweils verschieden hohe Geldbeträge geliehen bekommen habe.

Völlig abgesehen davon, dass diese die Jahre 2002 bis 2005 betreffenden Bestätigungen eine Geldmittelherkunft im Jahr 2001 wohl nicht zu erklären vermögen, bleibt das Finanzamt eine explizite Feststellung dahingehend schuldig, dass bzw. in welcher Form und in welcher Höhe in den Streitjahren beim Bw. ungeklärte Vermögenszugänge erfolgt wären. Den Berufungsausführungen ist zwar zu entnehmen, dass der Bw. die ihm bar ausgehändigten Beträge auf sein Bankkonto einbezahlt haben soll. Feststellungen, ob und in welcher konkreten Höhe tatsächlich Einzahlungen am Konto des Bw. erfolgt sind, hat das Finanzamt jedoch nicht getroffen. Dies wiegt umso schwerer, als das Finanzamt einerseits zwar die Richtigkeit des Inhaltes der vorgelegten Bestätigungen zur Gänze in Zweifel zieht, es andererseits jedoch seine Schätzung allein auf eben diese Bestätigungen stützt.

Das Finanzamt hat zudem weder Aufzeichnungsmängel festgestellt noch eine (im Akt dokumentierte) Verprobung der Umsätze (Kalkulation) vorgenommen, welche allenfalls Anhaltspunkte für "Schwarzumsätze" des Bw. bzw. eine Verkürzung der Umsätze und Einkünfte liefern würden. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wie der Bw. aus dem Betrieb seines Cafés die vom Finanzamt angesetzten Umsätze erzielt haben soll, zumal diese der Höhe nach - bei letztlich unverändert gebliebenem Wareneinsatz - in etwa das Zweifache der erklärten Erlöse betragen.

Während der Bw. für seinen Standpunkt auf schriftliche Bestätigungen eines namentlich genannten Darlehensgebers verweisen konnte, ist es dem Finanzamt nicht gelungen, hinreichend konkrete Umstände oder Anhaltspunkte dafür darzutun, dass es sich bei den hinzugeschätzten Beträgen - deren Zufluss im Übrigen weder dem Grunde, noch der Höhe nach festgestellt wurde - um bislang nicht erklärte Umsätze aus dem Gewerbebetrieb des Bw. handeln könnte, weshalb der Berufung - quasi im "Zweifelsfalle" - Folge zu geben war.

Die Ermittlung der maßgeblichen Bemessungsgrundlagen sowie die Berechnung der Abgaben (laut Spruch) ergeben sich aus den (Erst-)Bescheiden des Finanzamtes vom (für 2002), vom (2003), vom (2004) und vom (Umsatzsteuer 2005), auf die aus verwaltungsökonomischen Gründen verwiesen wird. Die Einkommensteuer 2005 war erklärungsgemäß zu veranlagen (Ansatz von Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv. € -27.188,99; s. beiliegendes Berechnungsblatt).

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Hinzuschätzung
freie Beweiswürdigung
Vermögenszuwachs
Vermögensdeckungsrechnung.
Zitiert/besprochen in
StExp 2014/9

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at