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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.11.2013, RV/1905-W/13

Keine Tilgung von Abgabenschuldigkeiten durch Aufrechnungserklärung des Abgabenschuldners

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2014/15/0003 eingebracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, gegen den Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) des Finanzamtes Waldviertel vom entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom beantragte der Berufungswerber (Bw) die Ausstellung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO.

Der Bw habe mit Aufrechnungserklärung vom den Forderungen des Finanzamtes seine gegenüberstehende Forderung als Gegenforderung aufgerechnet.

Der Forderungsbetrag des Bw von € 5.000,00 sei der Forderung des Finanzamtes gegenüberzustellen und mit dieser zu kompensieren (gemäß § 1441 ABGB).

Mit gleichzeitigem Schreiben an die Finanzprokuratur vom habe der Bw der Republik Österreich seine Forderung von € 5.000,00 für Schadenersatz aus schuldhaft strafbarer Handlung (Diebstahl und Erpressung) bekannt gegeben, verbunden mit der Aufforderung um Abgabe einer Anerkenntniserklärung innerhalb von 4 Wochen, andernfalls klagsweise Betreibung gegen die Republik Österreich erfolgen müsste.

Mit Abrechnungsbescheid vom entschied das Finanzamt, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Abgaben im Betrag von € 10.859,34 nicht erloschen ist.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte der Bw aus, dass die im Bescheid erfolgte lapidare Anführung einer Steuer, eines Verspätungszuschlages, einer Zwangs- und Ordnungsstrafe, einer Pfändungsgebühr, eines Barauslagenersatzes oder eines Säumniszuschlages ohne jegliche Anführung einer Geschäftszahl und insbesondere ohne Datum keinesfalls ausreichend sei, um die Gebarung objektiv nachvollziehen und überprüfen zu können.

Mangels entsprechender Angaben sei eine Überprüfung dieser tabellarischen Aufstellung und insbesondere einer ordnungsgemäßen Postzustellung der angeführten Positionen auf diese Weise unmöglich. Keine Aktenzahl, kein Datum, kein Zeitraum für Verspätungs- und Säumniszuschläge, kein Bezug für Zwangs- und Ordnungsstrafen, keine nähere Bezeichnung der Barauslagen.

Für den Großteil der erwähnten angeblichen Vorgänge gebe es keinerlei Belege bzw. seien dem Bw keine zugekommen.

Es müsse daher davon auszugehen sein, dass die Bescheide, aus denen sich die angeblichen Steuerrückstände, Verspätungszuschläge, Strafen, Pfändungsgebühren, Barauslagen und Säumniszuschläge ergeben sollten, nicht in Rechtskraft erwachsen seien und daher in einem Abrechnungsbescheid keinen Platz fänden.

Die vorliegende Art einer Abrechnung sei grob unvollständig und leide der angefochtene Abrechnungsbescheid daher an Mangelhaftigkeit.

Auch die im Spruch erwähnte Entscheidung, dass die Verpflichtung nicht erloschen sei, stelle in Hinblick auf den gestellten Antrag keine ausreichende und sachbezogene Erledigung dar.

Aus der Begründung sei keine in die tatsächliche Sachlage eingehende Erledigung zu ersehen, sein Vorbringen sei in keiner Weise behandelt worden.

Der PKW des Bw sei als unentbehrliches Hilfsmittel eines 70% schwer Körperbehinderten mit Behindertenpass und entsprechender KFZ-Behindertentafel hinter der Frontscheibe von vornherein ein unpfändbarer Gegenstand im Sinne der EO und der AbgEO gewesen, und zwar bereits anlässlich der rechtswidrigen Pfändung am durch AB. Dies sei für die amtsmissbräuchlich agierenden Beamten deutlich erkennbar gewesen.

Nach Befassung des VwGH und des UFS seien gemäß Bescheid des Finanzamtes vom die bezüglich der Pfandgegenstände (ua. sein PKW) vollzogenen Vollstreckungsschritte mit rückwirkender Rechtskraft aufgehoben worden. Die Aufhebung einer rechtswidrigen Pfändung sei rückwirkend rechtswirksam.

Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung eines aufhebenden Bescheids gemäß § 289 Abs. 1 BAO des UFS bedeute nicht nur, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheids und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten sei, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre, sondern habe auch zur Folge, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Bescheids auf dessen Basis gesetzt worden seien, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen worden sei; solche Rechtsakte würden infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Bescheids mit diesem dann als beseitigt gelten, wenn sie mit dem aufgehobenen Bescheid in einem unlösbaren rechtlichen Zusammenhang stünden (siehe ).

Daher habe der Bw von vornherein über sein unpfändbares Eigentum frei verfügen und auch an die CB veräußern dürfen. Was letztlich ja dann mit Bescheid vom bestätigt worden sei.

Die Entwendung der KFZ-Kennzeichentafeln durch Abmontieren derselben von dem im Eigentum der CB stehenden PKW am stelle somit einen strafrechtlichen Tatbestand dar (Diebstahl, zumindest aber Urkundenunterdrückung).

Als 70% Gehbehindertem sei dem Bw die Beweglichkeit im Zeitraum von bis zum , also für 135 Tage, aufgrund strafgesetzwidriger Handlung (Urkundenunterdrückung,Diebstahl) und aus grobem amtsmissbräuchlichem Verschulden von Organen des Finanzamtes entzogen worden. Der Bw sei zur Inanspruchnahme von Mietwagen (Taxi) sowie Leihwagen und Gefälligkeitshandlungen von Mitmenschen angewiesen gewesen.

Gemäß Amtshaftungsgesetz verjähre eine Schadenersatzforderung aus strafrechtlicher Handlungsweise erst nach Ablauf von 10 Jahren, unabhängig von einer Verjährung der Untat an sich. Die Einstellung einer Strafsache durch die Staatsanwaltschaft ändere nichts am erfolgten strafrechtswidrigen Tatbestand.

Bei äußerst kulanter Berechnung bei 135 Tagen zu je € 37,00 ergebe sich ein Betrag von € 4.995,00, gerundet also € 5.000,00.

Die Forderung des Bw in Höhe von € 5.000,00 für die entgangene Benützung des PKW sei der angeblichen Forderung des Finanzamtes gegenüberzustellen und aufzurechnen.

Der angefochtene Bescheid sei daher infolge Nichtanerkennung seiner berechtigten Schadenersatzforderung rechtswidrig.

Der Bw stelle daher den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Wenn Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig, und so beschaffen sind, dass eine Sache, die dem einen als Gläubiger gebührt, von diesem auch als Schuldner dem andern entrichtet werden kann; so entsteht gemäß § 1438 ABGB, insoweit die Forderungen sich gegen einander ausgleichen, eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeiten (Kompensation), welche schon für sich die gegenseitige Zahlung bewirkt.

Gemäß § 1441 ABGB kann ein Schuldner seinem Gläubiger dasjenige nicht in Aufrechnung bringen, was dieser einem Dritten und der Dritte dem Schuldner zu zahlen hat. Selbst eine Summe, die jemand an eine Staatskasse zu fordern hat, kann gegen eine Zahlung, die er an eine andere Staatskasse leisten muss, nicht abgerechnet werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist der Abrechnungsbescheid seinem Wesen und möglichen Inhalt nach ein Feststellungsbescheid, der Klarheit zu schaffen hat, durch welche Verrechnungsvorgänge und Tilgungstatbestände das Erlöschen einer bestimmten Zahlungsverpflichtung bewirkt wurde.

Strittig ist laut Eingabe vom und Berufung vom , ob aufgrund der Aufrechnungserklärung vom eine Aufrechnung von aushaftenden Abgabenschuldigkeiten des Bw und somit deren Erlöschen mit dem vermeintlichen Forderungsbetrag des Bw von € 5.000,00 bewirkt wurde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () können Abgaben auch durch Kompensation gemäß § 1438 ABGB entrichtet werden. Die Aufrechnung (Kompensation) ist die Aufhebung einer Forderung durch eine Gegenforderung, wobei die einverständliche von der einseitigen Kompensation unterschieden werden muss.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (, 0310) sind im öffentlichen Recht mangels spezieller Vorschriften über die rechtlichen Voraussetzungen einer Aufrechnung die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes heranzuziehen. Eine Kompensation im Sinne der §§ 1438 ff ABGB setzt unter anderem voraus, dass Forderung und Gegenforderung einander aufrechenbar im Sinne der Liquidität gegenüberstehen. Eine solche ist aber jedenfalls dann zu verneinen, wenn - wie im gegenständlichen Fall - für Forderung und Gegenforderung verschiedene Wege zur Rechtsdurchsetzung vorgesehen sind.

Die aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemachte Gegenforderung ist jedenfalls nicht im Abgabenbemessungsverfahren geltend zu machen, daher ist eine Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung schon aus diesem Grund zu verneinen.

Abgesehen davon ist zufolge der Bestimmung des § 1441 ABGB ein Abgabenschuldner nicht berechtigt, ihm zustehende Geldforderungen privatrechtlicher Natur an den Bund gegen die Abgabenforderung des Bundes aufzurechnen.

Zudem erweist sich auch die Forderung des Bw als strittig, da ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten von Organen der Republik Österreich laut Aktenlage nicht vorliegt. Die Amtshandlung vom war durch eine vom zuständigen Organ erlassene Vollstreckungsverfügung gedeckt. Zudem bestand an dem gegenständlichen PKW seit ein wirksames finanzamtliches Pfandrecht und erfolgte die Abnahme des Kfz Typenscheins und der Kennzeichentafeln im Rahmen dieses Vollstreckungsauftrages als rechtmäßige und zulässige Einbringungsmaßnahme zur Realisierung des bestehenden forderungsbekleideten Pfandrechtes der Republik Österreich. Der Erwerb des PKW durch die CB erfolgte erst nach der Pfandrechtsbegründung durch die Republik Österreich und konnte der Bw nur das pfandbelastete Eigentum übertragen. Es besteht sohin schon dem Grunde nach kein Ersatzanspruch zu Recht. Diesbezüglich wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2008/15/0113, verwiesen.

Der Rüge, dass die im Bescheid erfolgte lapidare Anführung einer Steuer, eines Verspätungszuschlages, einer Zwangs- und Ordnungsstrafe, einer Pfändungsgebühr, eines Barauslagenersatzes oder eines Säumniszuschlages ohne jegliche Anführung einer Geschäftszahl und insbesondere ohne Datum keinesfalls ausreichend sei, um die Gebarung objektiv nachvollziehen und überprüfen zu können, ist zu erwidern, dass im angefochtenen Abrechnungsbescheid nur über die vom Bw konkretisierten strittigen Verrechnungsvorgänge (Tilgung eines Teilbetrages von € 5.000,00 durch Kompensation mit der behaupteten Forderung des Bw) abzusprechen war, sodass es der Auflistung der aushaftenden Abgabenschuldigkeiten gar nicht bedurfte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at