Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder Hofrätin Mag. Anna Mechtler-Höger, Johann Vysek und Werner Just über die Berufung der Bw., X.,R-Straße, vertreten durch Interexpert Treuhand Ges.m.b.H & Co. OHG, 1120 Wien, Gierstergasse 6, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2003 bis 2005 nach der am in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden gemäß § 188 BAO wie folgt festgestellt:
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2003 | 2004 | 2005 | |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | 158.674,16 € | 171.448,92 € | 130.292,24 € |
Die Einkünfte werden auf die Beteiligten wie folgt aufgeteilt:
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2003 | 2004 | 2005 | |
M. GmbH | 62.825,87 € | 67.740,24 € | 51.208,42 € |
D.I. M. | 93.548,56 € | 101.226,95 € | 77.209,59 € |
J. M. | 2.299,43 € | 2.481,73 € | 1.874,23 € |
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.) betrieb in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft einen Handel mit chemischen und pharmazeutischen Artikeln. Im September 2012 ging gemäß § 142 UGB das Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die M. GmbH über, und es wurde der Antrag auf Löschung im Firmenbuch gestellt.
Im Zuge einer die Jahre 2003 bis 2005 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden
1. die unter dem Titel "Rückstellung Beratungskosten" gemäß § 24 Handelsvertretergesetz gebildeten Rückstellungen für Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter und
2. die unter dem Titel "Rückstellung Garantie/Bonifikation" geltend gemachten Beträge für noch abzurechnende "Diskonten" nicht anerkannt.
In der innerhalb verlängerter Frist eingebrachten Berufung wurde ausgeführt:
Ad Rückstellung "Beratungskosten"
Das Finanzamt sei davon ausgegangen, dass es sich um eine Rückstellung für selbständige Handelsvertreter gemäß § 24 Handelsvertretergesetz handle. Die Bw. habe aber nicht Handelsvertreter im Sinne der zitierten Bestimmung beschäftigt und daher auch keine derartigen Zahlungsverpflichtungen gehabt. Die Bw. sei selbst Handelsvertreter im Sinne des § 24 Handelsvertretergesetz gewesen und habe Anspruch auf diese Vergütungen gehabt. Die Bw. sei zwar Eigenhändler, aber insbesondere in der Preisgestaltung und der Auswahl der Kunden derart an die Weisungen der Fa. A. gebunden, dass § 24 Handelsvertretergesetz zur Anwendung gekommen sei.
Im Jahr 2003 sei mit der Fa. A. eine Vereinbarung über die Auflösung des Handelsvertretervertrages getroffen worden. Aus betriebsinternen Gründen sei vereinbart worden, dass die gesamte Vergütung, die die Bw. zu erhalten gehabt hätte, in einem abgerechnet würde, obwohl die Auflösung der Tätigkeit der Bw. in zwei Raten erfolgt sei. Im Jahr 2003 sei nur der Großkundenvertrieb von der Fa. A. übernommen worden, während der Vertrieb an Zahnärzte und Apotheken bei der Bw. verblieben sei. Folgerichtig sei daher die für die Ablöse dieses Vertriebsteiles gewährte Vergütung passiviert und erst in dem Zeitpunkt aufgelöst worden, in dem dieser Vertriebsteil an die Fa. A. übertragen worden sei. Dieser Zeitpunkt sei aus den Büchern des Unternehmens leicht nachzuvollziehen und könne aus der Kundenliste abgelesen werden.
Ad Rückstellung "Bonifikationen"
Je nach aktueller Marktlage habe die Fa. A. den Kunden Preisnachlässe und Rabatte gewährt. Dies habe dazu geführt, dass die Bw., die in technischer Hinsicht als Verkäuferin gegenüber den durch die Preisnachlässe begünstigten Kunden auftrat, nicht nachvollziehbare Rohgewinne bzw. Rohgewinnverminderungen erhalten bzw. erlitten hätte.
Es sei daher mit der Fa. A. ein bestimmter Rohgewinnsatz vereinbart worden und die darüber hinausgehenden Erträge seien in Form von Nachlässen an die von der Fa. A. genannten Kunden weiterzugeben gewesen.
In den Jahren 2003 bis 2005 sei es jeweils zu einem Überhang des erzielten Rohgewinnes und zur Bildung einer entsprechenden Rückstellung für noch zu gewährende Nachlässe gekommen. Eine genaue Berechnung der Rückstellungen sei kaum möglich gewesen, Anpassungen gegenüber der ersten Berechnung seien wegen Geringfügigkeit unterlassen worden. Wegen des im Wesentlichen gleich bleibenden Geschäftsvolumens sei auch 2004 eine Anpassung der Rückstellung unterblieben. Auf Grund der Erweiterung des Abnehmerkreises sei 2005 eine Anpassung vorgenommen worden.
In seiner Stellungnahme zur Berufung führte der Betriebsprüfer aus:
Ad Rückstellung "Beratungskosten"
Grundsätzlich sei zu bemerken, dass der Grundsatz der Bilanzklarheit eine sachgerechte Bezeichnung der einzelnen Aktiven und Passiven erfordere.
Falls die Bw. selbst einen Vergütungsanspruch gegenüber der Fa. A. gehabt habe, wäre dieser nachzuweisen, diesbezügliche vertragliche Vereinbarungen seien bis dato nicht vorgelegt worden. Sollte tatsächlich ein Vergütungsanspruch bestanden haben, dann sei darin kein Grund für eine Rückstellungsbildung zu erblicken, zumal es sich dabei um keine Verbindlichkeit, sondern um eine Forderung der Bw. gehandelt habe. Eine erfolgswirksame Erfassung dieser Forderung habe richtigerweise im Zeitpunkt der Gewinnrealisierung zu erfolgen. Habe davor eine erfolgswirksame Verbuchung des zu erwartenden Vergütungsanspruchs stattgefunden, so wäre dieser im Wege einer passiven Rechnungsabgrenzung zu neutralisieren gewesen. Eine derartige Vorgangsweise sei im Betriebsprüfungsverfahren weder vorgebracht noch nachgewiesen worden.
Ad Rückstellung "Bonifikationen"
Im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens sei erläutert worden, dass die Fa. A. regelmäßig Rabatte eingeräumt habe, ohne die Bw. davon in Kenntnis zu setzen. Diese Nachlässe seien zu Lasten der Bw. gegangen, da sich die Kunden die "Boni" abgezogen und die von der Bw. gelegten Rechnungen um diesen Betrag zu niedrig bezahlt hätten. Dadurch sei die Bw. mit Verlusten aus schwebenden Geschäften konfrontiert gewesen, denen im Wege einer Rückstellungsbildung Rechnung getragen worden sei.
Eine Vereinbarung, wonach sich die Fa. A. verpflichtet habe, der Bw. solche Preisnachlässe zu vergüten, sei bis dato nicht vorgelegt worden. Die Existenz einer solchen Abmachung bewirke eine Forderung der Bw. gegenüber der Fa. A.. Bei einer vorherigen erfolgswirksamen Verbuchung der zu erwartenden Vergütungsansprüche komme nur eine Gewinnneutralisierung im Wege einer passiven Rechnungsabgrenzung in Betracht.
In der Gegenäußerung zur Stellungnahme des Betriebsprüfers führte der steuerliche Vertreter der Bw. wie folgt aus:
Ad Rückstellung "Beratung"
Dem Betriebsprüfer sei beizupflichten, dass ein Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Handelsvertretergesetz grundsätzlich eine Forderung darstelle. Die Fa. A. habe aus betriebsinternen Gründen im Jahr 2003 die gesamte Vergütung für alle Sparten in Einem beglichen, obwohl die Bw. für den Apotheken- und Ärztebereich bis tätig geblieben sei.
Eine erfolgswirksame Erfassung dieses Anspruchs habe richtigerweise erst im Zeitpunkt der Gewinnrealisierung zu erfolgen. Dies sei aber nicht der Zeitpunkt der Zahlung durch die Fa. A., sondern der Eintritt des den Anspruch auslösenden Ereignisses, somit die Beendigung der Tätigkeit des Handelsvertreters. Sinnvollerweise hätte dies in Form einer passiven Rechnungsabgrenzung und nicht in Form einer Rückstellung erfolgen müssen, doch könne dies auf die steuerliche Beurteilung keinen Einfluss haben.
Ad Rückstellung "Bonifikationen"
In der Praxis seien die Forderungsansprüche der Bw. gegenüber den Kunden oft ohne Wissen der Bw. reduziert worden, sodass die Kunden nur die verringerten Beträge an die Bw. geleistet hätten. Eine konkordante Anpassung der Fakturen von der Fa. A. an die Bw. sei alleine schon auf Grund der zeitlichen Unterschiede nicht möglich gewesen.
Um der Bw. dennoch eine gesicherte wirtschaftliche Basis zu gewährleisten, seien mit der Fa. A. artikelgruppenabhängige Margen vereinbart worden. Die Bw. habe tatsächlich jeweils höhere Durchschnittsmargen erreicht, wobei die Fa. A. das Recht gehabt habe, die Weitergabe der überhöhten Beträge in Form von Werbekostenzuschüssen, Bonifikationen, etc. an die Kunden zu verlangen. Bei der Bilanzierung sei davon ausgegangen worden, dass im Folgejahr nicht abgerufene Beträge als zusätzlicher Ertrag betrachtet werden könne.
Die endgültige Abrechnung sei erst nach Aufstellung der Jahresabschlüsse erfolgt, weshalb die gebildeten Rückstellungen nicht genau mit den Ansprüchen der Fa. A. übereingestimmt hätten. Eine Forderung hätte aber nur bestehen können, wenn die tatsächlich erzielten Margen unter den vereinbarten gelegen wären; eine Rechtsgrundlage für die Vornahme einer passiven Rechnungsabgrenzung sei nicht erkennbar.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde die Bw. in Anlehnung an das Vorbringen in der Gegenäußerung, es handle sich bei den unter dem Titel "Rückstellung Beratungskosten" eigentlich um passive Rechnungsabgrenzungen, darauf hingewiesen, dass in den Bilanzen der Streitjahre jeweils bereits passive Rechnungsabgrenzungen aus demselben Grund gebildet worden seien. Sie wurde daher ersucht,
- dazu Stellung zu nehmen,
- bekannt zu geben, welche Verpflichtung der Rückstellung "Beratungskosten" tatsächlich zu Grunde liege,
- die diesbezüglichen Vereinbarungen vorzulegen,
- nachzuweisen, dass mit dem Entstehen der Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen gewesen sei,
- die Ermittlung des jeweils in der Bilanz in Ansatz gebrachten Betrages darzustellen und nachzuweisen und
- hinsichtlich der Bilanzposition "Passive Rechnungsabgrenzung" die buchhalterische Behandlung beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 2001/02 bis zum Wirtschaftsjahr 2006/07 darzustellen und jene Konten vorzulegen, auf denen die Gegenbuchungen zur passiven Rechnungsabgrenzung in diesen Wirtschaftsjahren vorgenommen worden seien.
Zum Berufungspunkt "Rückstellung Bonifikationen" wurde ersucht,
- die mit der Fa. A. abgeschlossene Vereinbarung artikelgruppenabhängiger Margen zur Einsicht vorzulegen, da dem der Behörde vorliegenden Protokoll Meeting Q3 eine derartige Vereinbarung nicht zu entnehmen sei,
- bekannt zu geben, ob die Weitergabe der höheren Margen nur über Aufforderung durch die Fa. Gillette erfolgt sei,
- wenn ja, wann diese Aufforderung jeweils erfolgt sei,
- nachzuweisen, dass es tatsächlich in den Streitjahren zur Aufforderung durch die Fa. A. gekommen sei bzw. dass mit der Einhaltung einer allenfalls vertraglichen Verpflichtung hätte gerechnet werden müssen,
- die Ermittlung der in Ansatz gebrachten Zahlen nachvollziehbar darzustellen und
- die zu den jeweiligen Bilanzstichtagen offenen Forderungen - getrennt nach den beiden Vertriebsarten - bekannt zu geben.
In der am beim Unabhängigen Finanzsenat eingebrachten Stellungnahme wurde zum Punkt "Rückstellung Beratungskosten" ausgeführt, formalrechtlich sei die Bw. zwar Eigenhändler gewesen, auf Grund der innerbetrieblichen Abhängigkeit von der Fa. A. sei die Anwendbarkeit des Handelsvertretergesetzes akzeptiert worden. Der letzte Schritt der Auflösung der Geschäftsbeziehung sei für geplant gewesen, die Fa. A. sei jedoch nicht in der Lage gewesen, bis zu diesem Zeitpunkt die Logistik aufzubauen, um die österreichischen Zahnärzte vom deutschen Zentrallager aus zu beliefern. Es sei daher eine Verlängerung bis September 2007 vereinbart worden, wobei Herr DI M. auf Grund der Abhängigkeit von der Fa. A. gezwungen gewesen sei, neuerlich einen Schadenersatzanspruch im Ausmaß von 25.000 Euro /Monat zu übernehmen, wenn er seine Geschäftsbeziehung nicht aufrechterhalten hätte können. Ohne diese Vereinbarung hätte das Unternehmen schon damals eingestellt werden müssen. Dennoch habe die Schadenersatzverpflichtung einen realen Hintergrund gehabt, da mit einer deutlichen Reduktion des Umsatzes aus Kleinlieferungen zu rechnen gewesen sei, sodass die Tragung des Schadenersatzes für einen Teil der Periode eine realistische Alternative dargestellt habe. In der Hoffnung, andere Auftraggeber zu finden, die eine Aufrechterhaltung der eigenen Infrastruktur gewährleistet hätten, sei Herr DI M. auf diese Bedingungen eingegangen.
Häufige Wechsel der Zuständigkeiten bei der Fa. A. hätten de facto eine schriftliche Festlegung der Vertragsverlängerung verhindert, sie sei aber - wie aus den Bilanzen hervorgehe - beidseitig durch konkludentes Handeln manifestiert.
Zur Bonifikationsrückstellung wurde wie folgt Stellung genommen: Es sei innerbetrieblich mit der Fa. A. vereinbart gewesen, dass der Bw. lediglich eine 12%ige bzw. 18%ige Vergütung auf die erzielten Umsätze zugestanden sei, weil einerseits die verschiedenen Kundenkategorien zu jeweils kurzfristig von der Fa. A. bezeichneten Preisen zu beliefern gewesen seien und andererseits Aktionen durchgeführt worden seien, bei denen die Waren speziell verbilligt veräußert worden seien. Da es auf Grund der Zwischenlagerungsfunktion bei der Bw. unmöglich gewesen sei, die Einkaufspreise rechtzeitig diesen Gegebenheiten anzupassen, seien die Einkaufspreise von der Fa. A. so fixiert worden, dass mit Sicherheit ein Überhang über die vereinbarte Marge zu erwarten gewesen sei. Es sei vereinbart worden, dass diese Beträge entweder im Auftrag von der Fa. A. für weitere Werbemaßnahmen zu verwenden gewesen seien oder allenfalls an die Fa. A. rückzuzahlen gewesen seien. Im Endeffekt sei es bei Auflösung des Vertrages bei der teilweisen Verwendung für Werbemaßnahmen geblieben, der Rest habe einen zusätzlichen Ertrag der Bw. dargestellt, auf den aber bis zur endgültigen Vertragsauflösung kein Rechtsanspruch bestanden habe. Über diese Gelder hätte bis dahin nur die Fa. A. verfügen können. Die Berechnung des Überhanges sei extrem kompliziert und aufwendig gewesen. Sie habe daher auch nur annähernd erfolgen können, sodass gegenüber den Vorjahren nur wesentliche Veränderungen hätten berücksichtigt werden können. Dies sei möglicherweise auch der Grund gewesen, dass die Fa. A. auf den zum Zeitpunkt des endgültigen Auslaufens der Beziehung bestehenden Saldo keinen Rückforderungsanspruch geltend gemacht habe.
In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt:
Ad Rückstellung "Beratung"
Anlässlich der Umstrukturierung der Fa. A. sei vertraglich vereinbart worden, dass die Bw. ATS 9,2 Mio erhalten und dafür den Großkundenvertrieb aufgeben sollte. Sie habe sich aber verpflichten müssen, den Kleinkundenvertrieb weiter aufrechtzuerhalten. Hätte sie den Kleinkundenvertrieb nicht aufrechterhalten können, hätte sie den vereinnahmten Betrag von ATS 9,2 Mio zurückzahlen müssen. Es sei daher eine passive Rechnungsabgrenzung gebildet worden, um den Gewinn dem jeweils richtigen Jahr zuzuordnen. Darüber hinaus sei aber auch eine Rückstellung gebildet worden, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es zu einer Rückzahlung kommen könnte. Der Rückstellungsbetrag sei mit der Hälfte geschätzt worden. Faktisch sei der Vertrag aber bis 2007 verlängert worden, weshalb die Auflösung der passiven Rechnungsabgrenzung nicht im September 2003, sondern erst 2007 erfolgt sei.
Ad Rückstellung "Bonifikation"
Die vertraglichen Vereinbarungen mit den Großkunden seien von Dienstnehmern der Fa. A. verhandelt worden, die Bw. sei bei ihren Lieferungen daran gebunden gewesen. Sie habe von der Fa. A. eine großzügige Marge von ca 40% erhalten und sei verpflichtet gewesen, über Anweisung der Fa. A. Bonifikationen an verschiedene Großhändler zu zahlen. Vertraglich vereinbart sei lediglich eine Marge von ca 12% gewesen. Für die Zahlung dieser Bonifikationen sei die Rückstellung gebildet worden. Anlässlich der Beendigung des Vertragsverhältnisses sei von der Fa. A. kein Anspruch geltend gemacht worden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Behörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an und legte ihn ihrer Entscheidung zu Grunde:
Die Bw. ermittelte ihren Gewinn nach § 5 Abs. 1 EStG 1988 nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr. Bilanzstichtag war der 31.3.
1. Rückstellung "Beratung"
Die Bw. war als Handelsvertreter für die Fa. A. tätig. Formalrechtlich war die Bw. zwar Eigenhändler, innerbetrieblich, insbesondere in der Preisgestaltung und der Auswahl der Kunden, war sie von der Fa. A. abhängig. Anlässlich der Umstrukturierung der Fa. A. wurde die Geschäftsbeziehung in mehreren Schritten und jeweils mit mehrjähriger Verzögerung aufgelöst. Zunächst wurde nur der Großkundenvertrieb von der Fa. A. übernommen und der Vertrieb an Zahnärzte und Apotheken verblieb bei der Bw.. Aus - bei der Fa. A. gelegenen - betriebsinternen Gründen erhielt die Bw. für die Auflösung der Geschäftsbeziehungen eine Zahlung in Höhe von insgesamt ATS 9,2 Mio. Gleichzeitig bestand für die Bw. die Verpflichtung, den Kleinkundenvertrieb weiter aufrechtzuerhalten. Sollte das nicht gelingen, war sie zur Rückzahlung des Betrages von ATS 9,2 Mio verpflichtet. Die Höhe des wahrscheinlichen Rückzahlungsbetrages schätzte die Bw. in Höhe von 50% der erhaltenen Vergütung.
Die aus obigem Anlass gebildete Rückstellung wurde in der Bilanz zum gewinnerhöhend aufgelöst.
2. Rückstellung "Garantie/Bonifikationen"
Die Bw. führte ihre Geschäfte zwar formalrechtlich als Eigenhandelsgeschäfte durch, innerbetrieblich war aber mit der Fa. A. vereinbart, dass ihr artikelgruppenabhängig lediglich eine 12%ige bzw. 18%ige Vergütung auf die erzielten Umsätze zustand. Die Bedingungen, zu denen die Bw. die Großhändler beliefern musste, wurden von Dienstnehmern der Fa. A. verhandelt. Die Bw. war verpflichtet, die Großhändler zu den von den Dienstnehmern der Fa. A. vereinbarten Preisen zu beliefern. Aus diesem Grund wurden die Einkaufspreise für die Bw. von der Fa. A. so festgesetzt, dass mit Sicherheit ein Überhang von ca. 40% erwirtschaftet wurde. Über die Differenz zwischen dem tatsächlich erwirtschafteten Überhang und der vertraglich eingeräumten Marge von 12% bzw. 18% hatte die Fa. A. das Recht in der Art zu verfügen, dass die Bw. auf Anweisung Bonifikationen an verschiedene Großhändler auszubezahlen hatte.
Die Höhe der aus diesem Grund rückgestellten Beträge wurde im Schätzungswege ermittelt.
Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt befindlichen Unterlagen, auf das glaubwürdige Vorbringen von Herrn D.I. M. im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung und auf die im Folgenden dargestellte Beweiswürdigung:
Auf Grund der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Bw. von der Fa. A. erschien es dem Berufungssenat glaubwürdig, dass die Bw. die von der Fa. A. vorgeschlagenen Bedingungen akzeptieren musste. Auch das Risiko des Schlagendwerdens der Rückzahlungsverpflichtung des anlässlich der schrittweisen Auflösung der Geschäftsbeziehung geflossenen Betrages war dadurch als sehr hoch einzustufen. Ebenso waren die Ein- und Verkaufspreise der Disposition der Bw. entzogen. Die Vorgangsweise bei der Weitergabe von Bonifikationen an Großhändler wurde von der Fa. A. bestimmt. Das Vorbringen von Herrn D.I. M. in der mündlichen Berufungsverhandlung ist auf Grund der oben bereits angesprochenen wirtschaftlichen Abhängigkeit der Bw. einsichtig; es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Bw. in beiden Fällen ernsthaft mit der Inanspruchnahme zur Rückzahlung bzw. zur Weitergabe von Bonifikationen rechnen musste.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 9 EStG 1988 in der für das Jahr 2003 geltenden Fassung lautet:
"§ 9. (1) Rückstellungen können nur gebildet werden für
1. Anwartschaften auf Abfertigungen
2. laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen
3. sonstige ungewisse Verbindlichkeiten,
4. drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
....
(3) Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 dürfen nicht pauschal gebildet werden. Die Bildung von Rückstellungen ist nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist.
...
(5) Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 sind mit 80% des Teilwertes anzusetzen. ...."
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 in der für die Jahre 2004 und 2005 maßgeblichen Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, können Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden, wenn sie nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen.
Voraussetzung einer steuerrechtlich anzuerkennenden Rückstellung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein die Vergangenheit betreffender Aufwand bestimmter Art, dessen wirtschaftliche Veranlassung im Abschlussjahr gelegen ist, ernsthaft, somit mit größter Wahrscheinlichkeit, droht (vgl. , und die dort zitierte Judikatur). Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann, voraus (BFH IV R 45/09).
Bei der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG 1988 bewirkt die bei dieser Gewinnermittlungsart zu beachtende Maßgeblichkeit der unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, dass innerhalb des von den steuerlichen Vorschriften vorgegebenen Rahmens eine Verpflichtung zur Rückstellungsbildung für die steuerliche Gewinnermittlung besteht, wenn eine solche Verpflichtung für die Unternehmensbilanz gegeben ist.
Entsprechend der Bestimmung des § 198 Abs. 8 UGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste zu bilden, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind.
Wie den obigen Feststellungen entnommen werden kann, hatte die Bw. ernsthaft damit zu rechnen, dass die Fa. A. den anlässlich der ursprünglich vereinbarten Beendigung des Vertragsverhältnisses bezahlten Betrag von € 668.590,07 zumindest teilweise rückfordert, da die endgültige Auflösung der Geschäftsbeziehungen erst 2007 erfolgte. Auf Grund der firmeninternen starken wirtschaftlichen Abhängigkeit bestand für die Bw. eine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintretende Rückzahlungsverpflichtung. Ebenso bestand - wie Herr D.I. M. glaubwürdig versicherte - eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die über der vereinbarten Marge von der Bw. erwirtschafteten Beträge in Form von Bonifikationen auf Anweisung der Fa. A. an von dieser namhaft gemachte Großkunden weiterzugeben waren, zumal derartige Anweisungen tatsächlich immer wieder erfolgt sind.
Da die Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen in beiden Fällen vorlagen und auch die Höhe der im Schätzungswege ermittelten Rückstellungsbeträge dem Berufungssenat nachvollziehbar und plausibel erschien, war der Berufung stattzugeben und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Streitjahre wie folgt einheitlich und gesondert festzustellen:
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2003 | 2004 | 2005 | |
Einkünfte aus Gw laut Bp | 631.359,56 €
| 169.634,50 €
| 147.415,75 €
|
abzüglich Rückstellung "Beratung" | 266.814,42 €
| -1.814,42 €
| - |
abzüglich Rückstellung "Bonifikation" | 205.870,98 €
| - | 17.123,51 €
|
Einkünfte aus Gw laut BE | 158.674,16 € | 171.448,92 € | 130.292,24 € |
Der Gewinn war wie folgt auf die Gesellschafter aufzuteilen:
1. Gewinnverteilung 2003
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M. GmbH | D.I. M. | J. M. | Gesamt | |
40% Gewinnvorweg | 97,56% | 2,44% | ||
Ergebnis | 62.825,87 € | 91.939,38 € | 2.299,43 € | 157.064,68 € |
Außerbilanzielle Zurechnung lt Bp | 1.609,48 € | 1.609,48 € | ||
62.825,87 € | 93.548,56 € | 2.299,43 € | 158.674,16 € |
2. Gewinnverteilung 2004
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M. GmbH | D.I. M. | J. M. | Gesamt | |
40% Gewinnvorweg | 97,56% | 2,44% | ||
Ergebnis | 67.740,24 € | 99.131,08 € | 2.479,29 € | 169.350,61 € |
Außerbilanzielle Zurechnung lt Erkl. | 97,56 € | 2,44 € | 100,00 € | |
Außerbilanzielle Zurechnung lt Bp | 1.998,31 € | 1.998,31 € | ||
67.740,24 € | 101.226,95 € | 2.481,73 € | 171.448,92 € |
3. Gewinnverteilung 2005
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M. GmbH | D.I. M. | J. M. | Gesamt | |
40% Gewinnvorweg | 97,56% | 2,44% | ||
Ergebnis | 51.208,42 € | 74.938,41 € | 1.874,23 € | 128.021,06 € |
Außerbilanzielle Zurechnung lt Bp | 2.271,18 € | 2.271,18 € | ||
51.208,42 € | 77.209,59 € | 1.874,23 € | 130.292,24 € |
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 24 HVertrG 1993, Handelsvertretergesetz, BGBl. Nr. 88/1993 § 5 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 198 Abs. 8 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 |
Verweise | BFH , IV R 45/09 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at