Nicht steuerbare Auszahlung von Kilometergeldern
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Miterledigte GZ: |
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RV/0721-S/09 |
RV/0782-S/09 |
RV/0783-S/09 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vertreten durch Bernd Sykora, 3011 Neu-Purkersdorf, Tullnerbachstraße 92A, gegen die Bescheide des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See, vertreten durch Mag. Siegfried Moser, betreffend Haftung des Arbeitgebers für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 und Festsetzung von Dienstgeberbeitrag sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum - entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die berufungswerbende GmbH (kurz: Bw.) betreibt den Handel mit medizinischen Produkten wie künstlichen Gelenken und Implantaten. Im streitgegenständlichen Zeitraum hatte sie ihren Sitz in A_Dorf. Sie vertreibt ihre Produkte über Außendienstmitarbeiter.
Bei einer über den Streitzeitraum abgehaltenen GPLA-Prüfung wurde ein Teil der Kilometergelder, die an den Außendienstmitarbeiter Herrn D. bezahlt wurden, als steuerpflichtiger Arbeitslohn beurteilt. Der Prüfer traf die Feststellung, dass eine Nachprüfung der verrechneten Strecken mittels Routenplaner zu Differenzen von etwa 18% führen würde. Daher beurteilte er 18% der steuerfrei ausbezahlten Kilometergelder als steuerpflichtigen Arbeitslohn und unterzog diese Beträge einer Nachversteuerung. Das Finanzamt erließ entsprechende Haftungs- und Abgabenbescheide.
Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung wurde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag der Bw. auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Der Unabhängige Finanzsenat befragte im Zuge des Rechtsmittelverfahrens Herrn D. zu seiner Reisetätigkeit und seinen Fahrtaufzeichnungen und traf Ermittlungen zu seinen Fahrzeugen und deren Kilometerständen. Das Ergebnis dieser Ermittlungen wird unter Pkt. 1) Sachverhalt dargestellt. Zum festgesetzten Termin für ein Erörterungsgespräch ist nur der Vertreter des Finanzamtes erschienen, der frühere steuerliche Vertreter der Bw. teilte kurzfristig mit, aus gesundheitlichen Gründen verhindert zu sein. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom steuerlichen Vertreter der Bw. zurückgezogen.
Über die Berufung wurde erwogen:
1) Sachverhalt:
Aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten, dem Vorbringen der Bw. und den Ermittlungen des Unabhängigen Finanzsenates geht der folgende Sachverhalt hervor:
Herr D. war von November 2003 bis Dezember 2009 Dienstnehmer der Bw. Er war als Vertriebsleiter und gewerberechtlicher Geschäftsführer der Bw. tätig. Sein Aufgabengebiet umfasste im Wesentlichen die Akquisition von Neukunden, sprich Krankenhäuser und deren orthopädische und traumatologische Abteilungen sowie den laufenden Kontakt zu bestehenden Krankenhauskunden. Seine Tätigkeit umfasste auch die beratende Operationsbegleitung für orthopädische und unfallchirurgisch tätige Ärzte. Er nahm direkt an Operationen teil, wenn Implantate der berufungswerbenden GmbH verwendet wurden. Er fuhr mehrmals in der Woche verschiedene Krankenhäuser an, um diese Tätigkeiten ausüben zu können. Teilweise wurden Termine vereinbart, teilweise wurden Krankenhäuser auch ohne vorherige Terminplanung angefahren, wobei es vorkommen konnte, dass ein geplantes Arztgespräch aufgrund der akuten Arbeitssituation im Krankenhaus nicht geführt werden konnte. Schriftliche Bestätigungen von Krankenhäusern über absolvierte Besuche sind laut steuerlicher Vertretung der Bw. in der Branche nicht üblich, solche Bestätigungen gibt es daher nicht.
Herr D. wickelte seine berufliche Reisetätigkeit mit seinem privaten PKW ab. Er plante seine Termine handschriftlich in einem Kalender mit täglichen Aufzeichnungen, die den Berufungsausführungen zufolge auch den täglichen Kilometerstand am Abend beinhalten sollen. Den im Akt des Lohnsteuerprüfers erliegenden Kopien dieser Kalender sind allerdings keine Kilometerstände zu entnehmen. Weiters gibt es Reiseberichte, die am Computer erstellt wurden und diverse Notizen über jeden Reisetag enthalten. Die handschriftlichen Aufzeichnungen wurden von Herrn D. in den Computer übertragen, laut seinen Angaben erfolgte dies täglich am Abend. Die Reisetätigkeit wurde in ein Formular übertragen, das über MS Excel geführt wird. In diesem Formular ist jeweils das Datum, die Uhrzeit, das Reiseziel, die gefahrenen Kilometer, der Kilometerstand und die sonstigen Reisekosten notiert. Am Ende eines jeden Monats wurde das Formular ausgedruckt, von Herrn D. unterschrieben und mitsamt den zugehörigen Originalbelegen an den Dienstgeber weitergeleitet. Zusätzlich zu den Ausdrucken hat Herr D. monatlich die ganze Excel-Mappe per Mail an die steuerliche Vertretung seiner Arbeitgeberin weitergeleitet. Diese Ausdrucke, die der Lohn verrechnenden Stelle übermittelt wurden und die Grundlage der monatlichen Auszahlungen des km-Geldes darstellen, sind im Akt des Finanzamtes als Schwarz-Weiß-Kopie enthalten. Sie wurden durch die Lohnverrechnung einer Kontrolle unterzogen und teilweise korrigiert, allerdings nur hinsichtlich der Taggelder und sonstigen Spesen, nie hinsichtlich der km-Gelder.
Laut Angaben der steuerlichen Vertretung unterhielt die berufungswerbende Gesellschaft in A_Dorf nur ein Lager, Herr D. verfügte dort weder über ein eigenes Büro noch einen eigenen Schlüssel. Er sei dieses Lager nur in unregelmäßigen Abständen zur Kontrolle der Bestände und Verwaltung der Musterware angefahren. Nach der Darstellung des Herrn D. war die Bw. in A_Dorf bei der Fa. XY eingemietet. Dort gibt es ein Großraumbüro, in dem auch Herr D. einen Schreibtisch hatte. Nach seinen Angaben war er zumindest jeden Freitag dort tätig, oft auch zweimal in der Woche.
Als Dienstort hat Herr D. seinen Wohnsitz in M_hofen vertraglich vereinbart. Sein Dienstvertrag enthält keine besondere Regelung die Reisetätigkeit betreffend, sondern führt dazu nur aus, dass sich "die Reisespesen Vergütung nach den üblichen österreichischen Spesensätzen richtet, welche durch die Finanzbehörde angegeben sind". Auf das Dienstverhältnis ist der Kollektivvertrag für Handelsangestellte anwendbar. Dieser definiert einen Dienstreisebegriff und sieht für Dienstreisen mit dem Privat-PKW des Angestellten folgende km-Gelder vor: Für 2003 - 2005: bis 10.000 km pro Jahr Euro 0,356 von 10.001 bis 20.000 km Euro 0,276 über 20.000 km Euro 0,203. Für 2006: bis 10.000 km pro Jahr Euro 0,376 von 10.001 bis 20.000 km Euro 0,30 über 20.000 km Euro 0,22
Herr D. verrechnete in den Streitjahren etwa 50.000 km jährlich mit seinem Arbeitgeber und erhielt für alle verrechneten Kilometer das volle amtliche Kilometergeld. Auf die Frage, warum dies so vereinbart wurde, antwortete die steuerliche Vertretung der Bw., "im Dienstvertrag D. wurde kein Bezug auf den Kollektivvertrag erstellt, sondern lediglich auf die Spesenersätze des EStG verwiesen. Aus diesem Grund wurde keine Kilometerstaffelung vorgenommen. Erst ab 2008 wurde bei Überschreitung von 30.000 km die Vergütung steuerpflichtig abgerechnet."
Aus diesem Grund vertrat das Finanzamt in seiner Stellungnahme vom die Ansicht, dass im gegenständlichen Fall keine Dienstreisen im Sinne einer lohngestaltenden Vorschrift vorgelegen hätten. Es wäre daher eine nicht steuerbare Auszahlung von Kilometergeldern nur für maximal 30.000 km pro Jahr zulässig gewesen.
Die Reisekostenaufzeichnungen des Herrn D. enthalten nur die beruflich gefahrenen Kilometer, nicht auch privat veranlasste Fahrten. Bis zum fuhr er einen BMW 525d, der an diesem Tag abgemeldet wurde. Am gleichen Tag wurde ein Audi A6 behördlich zugelassen. Seinen Ausführungen zufolge legte er mit seinen Privatfahrzeugen so gut wie keine privat veranlassten Kilometer zurück. Die privaten Fahrten wurden nach seiner Darstellung immer mit dem Fahrzeug seiner Ehefrau getätigt. Über Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates, dass es ungewöhnlich sei, ein Privatfahrzeug ausschließlich für berufliche Fahrten anzuschaffen, antwortete Herr D., dass er eigentlich ein Dienstfahrzeug haben wollte, dass ihm von Seiten der Firma aber gesagt worden sei, es wäre besser so.
Seine Reisekostenaufstellungen enthalten diverse Kilometersprünge, die vom Lohnsteuerprüfer beanstandet wurden. Einige kleinere Kilometersprünge wurden von der steuerlichen Vertretung mit Privatfahrten des Herrn D. erklärt. Dieser meinte - dazu befragt - dass er in diesen Fällen wohl privat gefahren sein werde. Der Prüfer rechnete weiters verschiedene gefahrene Routen per Routenplaner nach und ermittelte so zahlreiche Differenzen.
Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde die Bw. mit Vorhalt des Finanzamtes vom aufgefordert, die Kilometersprünge zu erklären (: von 130.600 km auf 261.497 km; Juli/August 2004: von 267.217 km auf 136.658 km; Juli/August 2005: 185.086 km auf 805.104 km; August/September 2005: 806.655 km auf 186.780 km; Mai 2006: 225.315 km auf 21.216 km). In der Vorhaltsbeantwortung wurden die Kilometersprünge mit "Übermittlungsfehlern" erklärt und darauf hingewiesen, dass sich in der Buchhaltung des Unternehmens am Firmensitz in A_Dorf die Aufzeichnungen befinden, die von Herrn D. ausgedruckt und unterschrieben wurden und keine Kilometersprünge aufweisen würden. Kopien dieser Aufzeichnungen (Farbkopien) wurden gemeinsam mit der Vorhaltsbeantwortung dem Finanzamt vorgelegt. Der Kilometersprung vom Mai 2006 wurde mit einem Autotausch erklärt.
Herr D. gab im Zuge seiner Befragung vor dem Unabhängigen Finanzsenat an, dass ihn der Prüfer während der GPLA-Prüfung mit den Kilometersprüngen konfrontiert habe und er daraufhin diese Kilometersprünge in seiner Excel-Tabelle korrigiert habe, um den Fehler nicht weiterziehen. Er sagte auch aus, dass er seine Reisespesenabrechnungen monatlich in ausgedruckter Form der Arbeitgeberin bzw. deren steuerlicher Vertretung übermittelt habe und zusätzlich immer die ganze Excelmappe per Mail mitgeschickt habe. Damit ist evident, dass es von den Reisekostenabrechnungen für etliche Monate verschiedene Versionen gibt, so wie dies auch aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten ersichtlich ist. Deutlich wird dadurch auch, dass diese Exceldateien nachträglich verändert wurden, wobei in den veränderten Dateien nicht sichtbar ist, dass sie verändert wurden, wann und von wem.
Laut Abfrage der Meldedaten im KFZ-Zentralregister meldete Herr D. am seinen BMW 525d ab und meldete am gleichen Tag einen Audi 4F an. Dieser Autotausch schlägt sich in den Fahrtaufzeichnungen des Herrn D. aber erst am nieder. Bis zum wurde der Kilometerstand des alten Fahrzeuges weitergeführt (End-km-Stand 225.315), dann folgen Urlaubstage ohne Eintragungen eventueller Privatfahrten, und am betrug der Anfangs-km-Stand 21.216 km.
Sowohl die ursprüngliche als auch die nachträglich korrigierte Version der Fahrtaufzeichnungen weisen darüber hinaus zahlreiche Fehler und Unstimmigkeiten auf. So beträgt der Anfangskilometerstand am 139.934 km und der Endkilometerstand am 143.718 km. Nach einigen Urlaubstagen ohne Aufzeichnungen findet sich zum Monatsende eine als "Nachtrag" bezeichnete Eintragung "" mit dem Endkilometerstand 139.934 (wie Anfangsstand am 1.9.). Mit diesem Kilometerstand wurde auch im Oktober weitergerechnet. Dies bedeutet, dass einerseits die Fahrt vom 31.8. offenkundig doppelt verrechnet wurde, weil sie auch in der Reisekostenabrechnung vom August enthalten ist, und andererseits wurden dadurch sämtliche im September 2004 zurückgelegten Kilometer (insgesamt 4.318 km) nicht im km-Stand des Fahrzeuges erfasst. Dazu befragt meinte Herr D. nur, das könne er sich nicht erklären. Er bleibe dabei, dass er täglich seinen Km-Stand am Tacho abgelesen habe.
Weiters fällt auf, dass der End-km-Stand am 156.945 km beträgt und der Anfangs-km-Stand am 159.945 km. Dieser Sprung von 3.000 km fand auch in der Folge keine Korrektur, sondern es wurde dieser Kilometerstand so weitergeführt.
Aus diversen Service-Rechnungen, die dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt wurden, sind Kilometerstände ablesbar, die mit den Kilometerständen laut den Fahrtaufzeichnungen des Herrn D. verglichen wurden. Der Stand am beträgt laut § 57a Überprüfung 120.741, laut Fahrtenbuch Tagesendstand 110.570 km. Am ist der Stand laut Reparaturrechnung 133.575 km, laut Fahrtenbuch 123.699 km. Am weist eine Reparaturrechnung einen km-Stand von 140.307 km aus. Die Reisespesenabrechnung, die der Lohnverrechnung zugrunde gelegt wurde, enthält einen km-Stand von 265.753, weil im Vormonat ein unerklärbarer Kilometersprung von ca. 130.000 km aufgetreten war, der den ganzen Juli über "weitergezogen" wurde. Die nachträglich korrigierte Version für Juli 2004 weist am 15.7. einen km-Stand von 135.097 aus. Am lautet der Stand laut Reparaturrechnung auf 185.194 km und laut Fahrtenbuch auf 173.143 (Tagesendstand). An diesem Tag wurden am Fahrzeug umfangreiche Spengler- und Lackiererarbeiten durchgeführt, dennoch weist die Reiserechnung die Strecke Wohnort - Absam mit 476 km und offenkundig dem Besuch zweier Krankenhäuser auf der Strecke aus. Zu den festgestellten Differenzen bei den Kilometerständen laut Rechnungen und laut Reisekostenaufstellung nahm die Bw. nicht Stellung, ebenso wenig dazu, warum sich der im Mai 2006 erfolgte Autotausch erst Wochen später in der Reisekostenaufstellung des Herrn D. niederschlug.
Sowohl das Finanzamt als auch der Unabhängige Finanzsenat nahmen stichprobenartige Überprüfungen diverser Fahrten vor und rechneten die Entfernungen mittels unterschiedlicher Routenplaner nach, wobei jeweils nicht die kürzeste, sondern die schnellste Route berechnet wurde. Dabei ergaben sich bei zahlreichen Fahrten Differenzen im Bereich von etwa 20%. Da die genauen gefahrenen Routen aus den Fahrtaufzeichnungen nicht ablesbar sind, ergibt sich ein Spielraum, der teilweise erklärbar sein kann. Zusammen mit den übrigen Fehlern der Fahrtaufzeichnungen ergibt sich jedoch ein Bild voller Unstimmigkeiten und Ungenauigkeiten. Zum Beispiel beträgt die Eintragung vom 209 km und gibt als Route M_hofen -Klagenfurt - Berlin an. Bei der Strecke Klagenfurt-Berlin handelt es sich um einen Flug, daher betrifft die gefahrene Strecke die Entfernung vom Wohnort des Herrn D. zum Flughafen in Klagenfurt. Laut Routenplaner Google Maps beträgt die Entfernung auf Autobahnen 136 km. Die Differenz zu den verrechneten 209 bzw. 211 km bleibt unaufgeklärt.
2) Rechtliche Würdigung:
Nach § 26 Z 4 EStG 1988 in der im Streitzeitraum geltenden Fassung gehören Kilometergelder, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers - seinen Dienstort zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt oder - so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort nicht zugemutet werden kann. Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort. Enthält eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs 5 Z 1 bis 6 eine besondere Regelung des Begriffes Dienstreise, ist die Regelung anzuwenden.
Mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl II 306/1997("Reisekostenverordnung") wurde in deren § 2 normiert, dass Fahrtkostenvergütungen, die aus Anlass einer nach einer lohngestaltenden Vorschrift vorliegenden Dienstreise gezahlt werden, insoweit steuerfrei bleiben, als sie der Höhe nach die tatsächlichen Kosten oder bei Verwendung eines arbeitnehmereigenen Kraftfahrzeuges die Sätze gemäß § 26 Z 4 lit a EStG nicht übersteigen. Diese Verordnung wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Ablauf des als gesetzwidrig aufgehoben, ebenso wurde in § 26 Z 4 EStG der 4. Satz als verfassungswidrig aufgehoben. Im streitgegenständlichen Zeitraum ist die Verordnung jedoch grundsätzlich anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () und der herrschenden Lehre und Verwaltungspraxis können für Dienstreisen im Sinne der Legaldefinition (und außerhalb des Geltungszeitraumes der genannten VO für alle Dienstreisen) Kilometergelder höchstens für 30.000 km pro Jahr nicht steuerbar ausbezahlt werden. Da im gegenständlichen Fall ein Kollektivvertrag, der einen Dienstreisebegriff normiert, anwendbar ist und die gegenständlichen Reisekosten aus Anlass derartiger Dienstreisen gezahlt wurden, ist die Reisekostenverordnung anzuwenden. Die nicht steuerbare Auszahlung von Kilometergeldern ist daher grundsätzlich auch für mehr als 30.000 km pro Jahr möglich.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Finanzsenates sowie nach der herrschenden Lehre darf ein Arbeitgeber Reisekosten, die er seinen Arbeitnehmern erstattet, im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens nur unter der Voraussetzung als nicht steuerbare Einnahmen behandeln, dass entsprechende Nachweise vorliegen. Die Richtigkeit der vom Arbeitgeber vorgenommenen Beurteilung muss jederzeit für das Finanzamt leicht nachprüfbar, vor allem aus Lohnaufzeichnungen, Geschäftsbüchern oder sonstigen Unterlagen ersichtlich sein. Unter einem Nachweis dem Grunde nach ist der Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen eine Dienstreise vorliegt und die dafür gewährten Tagesgelder, die je nach der Dauer der Dienstreise bemessenen Tagesgelder des § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht überschreiten. Dies ist zumindest durch das Datum, die Dauer, das Ziel und den Zweck der einzelnen Dienstreise darzulegen und durch entsprechende Aufzeichnungen zu belegen (siehe etwa ; , 87/14/0192; , 92/15/0001; , 98/15/0068).
Eine sich aus dieser Rechtsprechung ergebende erhöhte Nachweispflicht und das Erfordernis der leichten Überprüfbarkeit durch die Finanzbehörde im Zusammenhang mit Zahlungen nach § 26 Z 4 EStG 1988 ergibt sich nicht zuletzt auch dadurch, dass § 26 EStG 1988 die Nichtsteuerbarkeit von Arbeitgeberzahlungen normiert, die ohne diese Bestimmung im Rahmen der Lohnverrechnung eindeutig als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln wären. Dies hätte zur Konsequenz, dass nicht nur der Arbeitnehmer von einer (nicht unbeträchtlichen) Abgaben- und Beitragsbelastung betroffen wäre, sondern auch der Arbeitgeber im Rahmen der Lohnnebenkosten und der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung höhere Kosten zu tragen hätte. Daraus resultiert, dass es zur Erreichung eines höheren Nettoauszahlungsbetrages sowohl im Interesse des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers gelegen sein kann, Arbeitslohn unter dem Titel des § 26 EStG 1988 zur Auszahlung zu bringen (siehe dazu -I/07).
Zur Geltendmachung des Kilometergeldes ist grundsätzlich ein Fahrtenbuch zu führen (). Da das Gesetz aber keine Einschränkung der Beweismittel kennt, kommen außer einem Fahrtenbuch, welches ohnehin nach allgemeinen Erfahrungen nicht immer die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt, auch andere Beweismittel zur Führung des erforderlichen Nachweises in Betracht ().
Ein Fahrtenbuch hat die beruflichen und privaten Fahrten zu enthalten, es muss fortlaufend, zeitnah und übersichtlich geführt sein und Datum, Kilometerstrecke, Ausgangs- und Zielpunkt sowie Zweck jeder einzelnen Fahrt zweifelsfrei und klar angeben. Gegenständlich wurden Reisekostenaufzeichnungen mit Hilfe des Programms MS Excel geführt. Zusätzlich wurden im erstinstanzlichen Verfahren Kalender mit Terminaufzeichnungen und am Computer erstellte Reiseberichte vorgelegt. Aus den Kalendern und Reiseberichten lassen sich jedoch weder Angaben über die zurückgelegten Strecken entnehmen noch bieten sie eine Möglichkeit zur Überprüfung dahingehend, ob die Fahrten tatsächlich durchgeführt wurden. Besuchsbestätigungen von Krankenhäusern wurden nicht vorgelegt, weil sie nach den Aussagen der Bw. "in der Branche nicht üblich sind". Für das gegenständliche Verfahren haben diese Unterlagen daher nur eine eingeschränkte Aussagekraft.
Das primär vorliegende Beweismittel dafür, dass und in welchem Ausmaß Herr D. Dienstreisen mit seinem privaten Kraftfahrzeug unternommen hat, sind also die per Excel geführten Reisekostenabrechnungen. Zu Fahrtaufzeichnungen dieser Art hat der Unabhängige Finanzsenat festgestellt, dass sie formell nicht ordnungsgemäß sind, weil die Software die Möglichkeit eröffnet, den bereits erfassten Datenbestand im Nachhinein abzuändern, wobei der ursprüngliche Bestand und die erfolgten Änderungen nicht mehr nachvollziehbar sind (-I/06). Allerdings berechtigt dies für sich allein noch nicht zu einer Änderung des Anteils der privat veranlassten Fahrten (die zitierte Entscheidung des UFS erging zur Sachbezugs-VO).
Im vorliegenden Fall wurde aber unzweifelhaft festgestellt, dass die Reisekostenaufstellungen nicht nur technisch veränderbar sind, sondern dass sie auch tatsächlich nachträglich verändert wurden, ohne dass feststellbar wäre, wann und von wem und ohne den ursprünglichen Bestand nachvollziehen zu können. Laut den Aussagen des Arbeitnehmers hat er selbst im Zuge der GPLA-Prüfung Änderungen hinsichtlich der Kilometerstände vorgenommen, weil er vom Prüfer mit Kilometersprüngen konfrontiert worden sei und er diese Fehler nicht habe "weiterziehen" wollen. Er hat monatlich seine Reisespesenabrechnung dem früheren steuerlichen Vertreter der Bw. per Mail übermittelt und dabei auch stets die gesamte Excel-Mappe mitgeschickt. So befanden sich diese unterschiedlichen Versionen auch beim steuerlichen Vertreter, der die veränderte Version im Zuge des Berufungsverfahrens dem Finanzamt vorlegte zum angeblichen Beweis dafür, dass die vom Finanzamt monierten Kilometersprünge nicht vorliegen.
Nachvollziehbar ist, dass der monatlichen Lohnverrechnung die ursprünglichen Versionen der Reisekostenabrechnungen zugrunde gelegt wurden. Durch die geschilderten Vorgänge ist aber anschaulich dargestellt, dass die Reisekostenaufstellungen leicht manipulierbar sind und tatsächlich manipuliert wurden, ohne dass dies offenkundig würde. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenat ist bereits damit die Nachprüfbarkeit und Glaubwürdigkeit der vorgelegten Fahrtaufzeichnungen stark erschüttert.
Dazu kommt aber noch eine Reihe von Fehlern und Unstimmigkeiten, die weder im erstinstanzlichen Verfahren noch vor dem Unabhängigen Finanzsenat aufgeklärt werden konnten. Folgende Kilometersprünge wurden mit "Übermittlungsfehlern" an die lohnverrechnende Stelle erklärt: : von 130.600 km auf 261.497 km; Juli/August 2004: von 267.217 km auf 136.658 km; Juli/August 2005: 185.086 km auf 805.104 km; August/September 2005: 806.655 km auf 186.780 km. Es ist nicht nachvollziehbar und erklärlich, wie diese Kilometersprünge falsch übermittelt worden sein sollen, wenn Herr D. täglich den Kilometerstand am Tacho abgelesen hat, täglich in die Exceldatei übertragen hat und diese Exceldatei dann am Monatsende per Mail an die Arbeitgeberin und deren lohnverrechnende Stelle übermittelt hat. Es ist auch nicht erklärlich, warum diese Kilometersprünge der Arbeitgeberin nicht aufgefallen sind, wenn sie - so wie in der Berufung behauptet - tatsächlich diese Reisekostenaufstellungen kontrolliert hat, und zwar nicht nur hinsichtlich der Diäten, sondern auch hinsichtlich der Kilometergelder.
Wie bereits unter Pkt. 1) Sachverhalt dargestellt wurde durch die doppelte Erfassung einer Fahrt am - nämlich in den Reisekosten August und als Nachtrag nochmals in den Reisekosten September - nicht nur diese eine Fahrt dem Arbeitgeber doppelt verrechnet, sondern im Ergebnis die im September verrechneten 4.318 km nicht im Kilometerstand des Fahrzeuges erfasst. Der Anfangskilometerstand am ist gleich dem Kilometerstand am . Von auf gibt es einen Sprung im Kilometerstand von 3.000 km, der in der Folge nicht korrigiert, sondern so weitergeführt wurde. Schließlich stimmen die aus diversen Service-Rechnungen ablesbaren Kilometerstände auch nicht annähernd mit den Kilometerständen laut Reisekostenabrechnungen überein.
Der Kilometersprung vom Mai 2006 wurde mit einem Autotausch erklärt. Dazu ergab das Ermittlungsverfahren des Unabhängigen Finanzsenates, dass Herr D. tatsächlich im Mai 2006 ein neues Fahrzeug angeschafft hat. Allerdings erfolgte dieser Autotausch laut der amtlichen An- und Abmeldung am . In den vorgelegten Fahrtaufzeichnungen wurde aber der Kilometerstand des alten Fahrzeuges bis zum weitergeführt, dann folgen Urlaubstage ohne Eintragung von Privatfahrten, und am betrug der Anfangskilometerstand des neuen Fahrzeuges 21.216 km. Allein damit ist die Unrichtigkeit der Fahrtaufzeichnungen eindeutig dokumentiert.
Alle diese Unstimmigkeiten und Fehler sind nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht in Einklang zu bringen mit der Darstellung des Herrn D., dass er die Kilometerstände täglich vom Tacho abgelesen habe. Dass diese groben inhaltlichen Mängel der Bw. nie aufgefallen sind oder zumindest nie beanstandet wurden, deutet aber auch darauf hin, dass es der Bw. zumindest hinsichtlich der km-Gelder kein Anliegen war, inhaltlich richtige Aufzeichnungen vorgelegt zu erhalten und diese auch gesetzeskonform abzurechnen.
Durch die dargestellte Vorgangsweise ist die Glaubwürdigkeit der Aufzeichnungen derart stark beeinträchtigt, dass sie keinerlei Aussagekraft hinsichtlich der tatsächlich beruflich zurückgelegten Kilometer haben und eine dahingehende Überprüfbarkeit nicht gewährleistet ist. In diesem Zusammenhang fällt auch ins Gewicht, dass es im Prüfungszeitraum nach den Ausführungen in der Berufung praktisch keine Privatfahrten gegeben haben soll, weil Privatfahrten ausschließlich mit dem Fahrzeug der Ehefrau getätigt worden wären. Zum einen widerspricht diese Aussage der allgemeinen Lebenserfahrung, wonach es gerade im ländlichen Raum schwer vorstellbar erscheint, dass ein Privatfahrzeug - auch bei Vorhandensein eines Zweitwagens - über Jahre nie privat verwendet wird. Und zum anderen widerspricht es der Darstellung des Arbeitnehmers, der diverse kleinere Kilometersprünge mit Privatfahrten erklärte.
Im Konnex mit all diesen Unrichtigkeiten - die aufzuzeigen der GPLA-Prüfer allerdings weitgehend unterlassen hat - kommt damit den Prüfungsfeststellungen, dass die verrechneten Wegstrecken laut Routenplaner um durchschnittlich 18% kürzer sind, durchaus Bedeutung zu. Auch das Finanzamt führte im Berufungsverfahren aktenmäßig dokumentierte Vergleichsrechnungen durch, die durch weitere Vergleichsrechnungen des Unabhängigen Finanzsenates mit unterschiedlichen Routenplanern jeweils hinsichtlich der schnellsten - und nicht der kürzesten - Strecke ergänzt wurden. Alle Vergleichsrechnungen ergeben dasselbe Bild, nämlich Divergenzen von etwa 20%.
Da die vorgelegten Aufzeichnungen weder formell noch inhaltlich richtig sind und somit eine Schätzungsbefugnis gegeben ist, vertritt der Unabhängige Finanzsenat die Ansicht, dass die bei der Prüfung vorgenommene Nachversteuerung jedenfalls gerechtfertigt ist. Im übrigen wird auch auf die ausführliche Begründung in der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes verwiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 26 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at