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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 15.11.2013, RV/0290-F/13

Zahlungserleichterung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (in der Folge kurz: Bw.) brachte am betreffend eines zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Abgabenrückstandes in Höhe von 7.801,29 € ein Ansuchen um Stundung bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerden gegen die Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0384-F/12, und vom , RV/0504-F/12, ein. Zur Begründung brachte die Bw. vor, die sofortige Bezahlung dieser Abgabenschuld sei für sie mit erheblichen Härten verbunden. Die Einbringlichkeit sei nicht gefährdet, weil beim Verwaltungsgerichtshof bereits ein Verfahrenshilfeantrag gestellt worden sei.

Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt der Bw. mit, eine allfällige Stundung des derzeitigen Abgabenrückstandes von 6.472,29 € käme allenfalls bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über einen allfällig gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden in Betracht. Es werde daher ersucht, den derzeitigen Stand des Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof unter Anschluss entsprechender Kopien bekannt zu geben.

Im Antwortschreiben vom teilte die Bw. dem Finanzamt mit, sie beantrage, dass über ihr Stundungsansuchen vom bescheidmäßig verfügt werde.

Mit Bescheid vom wurde das Stundungsansuchen mit der Begründung abgewiesen, die Bw. verkenne offenbar, dass ein Ergänzungsersuchen zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht in Bescheidform ergehe. Ein Zahlungserleichterungsbescheid (Stundung, Rateneinräumung) sei ein Begünstigungsbescheid. Daher habe der Antragsteller im Ansuchen die Voraussetzungen für eine Zahlungserleichterung (erhebliche Härte und Nichtgefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenschuld) aus eigenem überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen.

Gegen einen Abgabenbescheid der zweiten Instanz sei nur das außerordentliche Rechtsmittel einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde oder einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde möglich. Aufschiebende Wirkung komme solchen Beschwerden nicht zu, allenfalls könnten diese Höchstgerichte über einen begründeten Antrag den Beschwerden eine solche aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Die Bw. habe weder über das Verwaltungsgerichtshofverfahren Auskunft gegeben noch habe sie ausreichend begründet, weshalb gegenständlich eine erhebliche Härte der sofortigen Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten sowie eine Nichtgefährdung der Einbringlichkeit vorliege.

In der fristgerecht erhobenen Berufung brachte die Bw. vor, der Finanzbehörde werde der Stand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen bekannt gegeben. Der Verfahrensgang sei aus den gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen und dürfte bekannt sein. Der Vorwurf, "die Bw. verkenne offenbar, dass ein Ergänzungsersuchen zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht in Bescheidform ergehe", sei wiederum nicht objektiv, zumal die Behörde das Schreiben vom nicht ordnungsgemäß tituliert habe. Auch die übrige Bescheidbegründung sei keine eine Abweisung des Stundungsansuchens rechtfertigende Begründung.

Die Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat vom Finanzamt ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde der Bw. aufgetragen, eine detaillierte Aufstellung über ihre derzeitigen monatlichen Nettoeinnahmen, ihre derzeitigen monatlichen Fixkosten (Miete, Betriebskosten, Kreditraten, Versicherungen, etc.) sowie über sämtliche Verbindlichkeiten und Vermögenswerte vorzulegen und die Richtigkeit der Angaben durch Unterlagen (zB Zahlungsbelege) zu belegen. Anzugeben sei überdies Name und Alter jener Personen, denen gegenüber Unterhaltspflichten bestünden.

Mit Schreiben vom (eingelangt beim Unabhängigen Finanzsenat am ) ersuchte die Bw. um eine Fristverlängerung für die Vorhaltbeantwortung um weitere drei Wochen. Zur Begründung brachte die Bw. vor, auf Grund ihres Umzugs nach XX könne sie die notwendigen Unterlagen nicht fristgerecht vorlegen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213), erstrecken.

Gemäß § 212 Abs. 4 BAO sind die für Ansuchen um Zahlungserleichterungen geltenden Vorschriften auf Berufungen gegen die Abweisung derartiger Ansuchen und auf solche Berufungen betreffende Vorlageanträge (§ 276 Abs. 2) sinngemäß anzuwenden.

Im vorliegenden Fall besteht Streit darüber, ob die Bewilligung einer Zahlungserleichterung im Hinblick auf die rechtlichen Voraussetzungen des § 212 BAO möglich ist. Es ist daher zu prüfen, ob die sofortige (volle) Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Erst bei Vorliegen dieser Voraussetzungen steht es im Ermessen der Behörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern die Abgabenbehörde hat den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen. Dabei obliegt die Darlegung der Voraussetzungen dem Begünstigungswerber, der diese aus eigenem Antrieb konkretisiert anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen hat (siehe dazu ). Denn die Gewährung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar, weshalb die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt.

Eine seitens des Unabhängigen Finanzsenates am vorgenommene Buchungsabfrage zeigt, dass die antragsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten zwischenzeitig durch Verbuchung einer aus der Einkommensteuerveranlagung 2012 resultierenden Gutschrift in Höhe von 1.329,00 € sowie einer am verbuchten Überweisung von 553,00 € zum Teil getilgt wurden. Offen ist daher nur noch ein Betrag von 5.919,09 €. Da somit die zum Antragszeitpunkt bestandene Möglichkeit von Einbringungsmaßnahmen betreffend der damals aushaftenden Abgaben in Höhe von 7.801,29 € im jetzigen Zeitpunkt der Rechtsmittelerledigung hinsichtlich der zwischenzeitig getilgten Abgaben nicht mehr besteht, können im Ausmaß des Tilgungsbetrages keine Einbringungsmaßnahmen mehr gesetzt und infolgedessen auch keine Zahlungserleichterung mehr gewährt werden. Die Prüfung des Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen des § 212 BAO hat sich daher auf den noch offenen Abgabenbetrag von 5.919,09 € zu beschränken.

Von einer erheblichen Härte ist auszugehen, wenn der Abgabepflichtige durch die sofortige (volle) Abgabenentrichtung in eine wirtschaftliche Notlage bzw. in finanzielle Bedrängnis gerät oder ihm die Einziehung, gemessen an den sonstigen Verbindlichkeiten und unter Berücksichtigung seiner anzuerkennenden berechtigten Interessen an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen nicht zugemutet werden kann (siehe dazu Stoll, BAO-Kommentar, S. 2247 f). Diese in der Beengtheit wirtschaftlicher Dispositionen bestehenden Härten dürfen aber nicht von der Wirkung und der Schwere sein, dass in ihnen bereits die Quelle einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gelegen ist. Eine Zufristung ist daher nur bei gerechtfertigter Erwartung späterer Leistungsfähigkeit möglich. Dagegen kann bei einer drohenden, ernsthaft zu besorgenden Leistungsunfähigkeit keine Zahlungserleichterung gewährt werden. Derartige eine Gefährdung darstellende Umstände sind im Allgemeinen anzunehmen bei einer Überschuldung des Abgabepflichtigen, bei schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen, voraussehbar geringem künftigem Einkommen, Vermögenslosigkeit oder Vorbelastungen (siehe dazu Stoll, a.a.O. S. 2249 f).

Obwohl § 212 Abs. 1 BAO darauf abstellt, dass die Einbringlichkeit der Abgaben "durch den Aufschub" nicht gefährdet wird, ist nach ständiger Rechtsprechung (z.B. ; ; ; ) eine Zahlungserleichterung bereits dann ausgeschlossen, wenn auch ohne Zahlungsaufschub die Einbringlichkeit gefährdet ist. Daher sind Zahlungserleichterungen z.B. bei Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Abgabepflichtigen ausgeschlossen ().

Ob die sofortige (volle) Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten eine erhebliche Härte darstellt und ob eine Gefährdung der Einbringlichkeit vorliegt, kann regelmäßig nur auf Grund einer Gegenüberstellung der Abgabenforderung und des dem Abgabepflichtigen zur Begleichung dieser Forderung zur Verfügung stehenden Einkommens und Vermögens beurteilt werden (vgl. mit Hinweis auf ). Das Finanzamt hat nun bereits am angefochtenen Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bw. das Vorliegen einer erheblichen Härte und die Nichtgefährdung der Einbringlichkeit lediglich behauptet hat, ohne diese Behauptung näher zu begründen. Trotz dieses als Vorhalt zu wertenden Hinweises des Finanzamtes hat der Unabhängige Finanzsenat die Bw. unter Setzung einer Frist von drei Wochen nochmals mit Schreiben vom um ziffernmäßige Darstellung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse sowie um Beibringung entsprechender Unterlagen aufgefordert. Am wurde um dreiwöchige Verlängerung der Frist zur Vorhaltbeantwortung mit der Begründung ersucht, bedingt durch den Umzug der Bw. sei eine fristgerechte Vorlage nicht möglich. Der Unabhängige Finanzsenat erachtet gegenständlich eine dreiwöchige Frist zur Vorhaltsbeantwortung schon aufgrund des obig angesprochenen Vorhalts des Finanzamtes im angefochtenen Bescheid für ausreichend, zumal die Möglichkeit bestanden hätte, bereits im Zuge der Berufung nähere Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen. Auch wird in Anbetracht des Umstandes, dass die Bw. laut Zentralem Melderegister bereits seit in XXX, gemeldet ist, davon ausgegangen, dass der Wohnsitzwechsel im August stattgefunden hat. Ein vor ca. zweieinhalb Monaten stattgefundener Umzug wird aber nicht als Hindernis für eine fristgerechte Vorhaltsbeantwortung gewertet. Hinzu kommt, dass der Fristverlängerungsantrag erst einen Tag nach Ablauf der dreiwöchigen Frist zur Beantwortung mittels Fax beim Unabhängigen Finanzsenat eingebracht wurde (die Zustellung des Schreiben der Abgabenbehörde zweiter Instanz vom erfolgte nachweislich am Montag, dem , sodass die dreiwöchige Frist gemäß § 108 Abs. 2 BAO am Montag, den abgelaufen war). In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass ein Ansuchen um Verlängerung der Frist zur Vorlage bestimmter Unterlagen bzw. zur Beantwortung eines Ergänzungsersuchens als ein in den Abgabenvorschriften nicht vorgesehenes Anbringen nicht einer Entscheidungspflicht unterliegt (siehe dazu Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 110 E 16).

Wird die in anderen Verfahren (insbesondere im Nachsichtsverfahren, das unter RV/0289-F/13 beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig ist) getätigte - allerdings weder ziffernmäßig dargestellte noch durch Unterlagen belegte - Aussage der Bw. "sie lebe mit vier Kindern am Existenzminimum" für zutreffend erachtet (dafür sprechen vor allem die Feststellungen im gegenüber der Bw. ergangenen Urteil des Schöffengerichtes Feldkirch vom yyy, sowie die Feststellungen im Zl. AW 2013/15/0019, mit dem der Beschwerde gegen die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0384-F/12, keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde), muss davon ausgegangen werden, dass die gegenständlichen Abgaben bei ihr derzeit im Exekutionsweg uneinbringlich sind. In einem solchen Fall liegt aber eine massive Gefährdung der Einbringlichkeit vor, die der Bewilligung einer Zahlungserleichterung entgegensteht. Auch die Stellung eines Verfahrenshilfeantrages beim Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit den Beschwerden gegen die Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0384-F/12, und vom , RV/0504-F/12 (die Behandlung letzterer wurde mit , abgelehnt) ist nicht als Nachweis dafür geeignet, dass keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben vorliegt. Vielmehr würde die Gewährung einer Verfahrenshilfe deshalb für eine bestehende Gefährdung der Einbringlichkeit sprechen, weil eine solche einer Partei gemäß § 61 VwGG iVm § 63 Abs. 1 ZPO nur dann gewährt wird, wenn diese außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens vor dem Höchstgericht ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zur Gänze oder zum Teil zu bestreiten.

Da die Bw. somit nicht ausreichend darlegte, dass keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben vorliegt, vielmehr auf Grund der angeführten Umstände von einer solchen auszugehen ist, fehlt es an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung. Für eine Ermessensentscheidung verbleibt daher kein Raum und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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