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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 14.11.2013, RV/1121-W/12

Aufbewahrung der Belege; Nachweis der Gleichbehandlung obliegt dem Geschäftsführer; Ermessen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat-10 im Beisein der Schriftführerin D. über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23, vertreten durch F., vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO nach der am in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 9.791,92 (statt bisher € 19.798,06) eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in €
Umsatzsteuer
2002
15.3.2002bis
9.000,00
Einfuhrumsatzsteuer
05/2004
156,10
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/2004
83,82
Einfuhrumsatzsteuer
06/2004
162,15
Einfuhrumsatzsteuer
10/2004
171,21
Einfuhrumsatzsteuer
02/2005
106,92
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2005
39,21
Umsatzsteuer
05/2005
72,51

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom XX. November 2005 wurde über das Vermögen der XY-GmbH der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss vom Datum1 nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben wurde.

Nach einem umfangreichen Vorhalteverfahren wurde der Berufungswerber (Bw.) mit Bescheid vom als Geschäftsführer der genannten GmbH für deren nachstehenden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 19.798,06 gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung herangezogen:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in €
Umsatzsteuer
2002
18.000,00
Einfuhrumsatzsteuer
05/2004
312,20
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/2004
167,64
Einfuhrumsatzsteuer
06/2004
324,30
Einfuhrumsatzsteuer
10/2004
342,42
Einfuhrumsatzsteuer
02/2005
213,85
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2005
78,41
Umsatzsteuer
05/2005
145,02
Lohnsteuer
2002
147,86
Dienstgeberbeitrag
2003
3,05
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2003
0,15
Dienstgeberbeitrag
2004
57,53
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2004
5,63

Nach Zitierung der § 9 und 80 BAO sowie der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw. im Zeitraum Datum2 bis XX . November 2005 unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und damit gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen sei. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer sei der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen. Wie der Nachweis der gleichmäßigen Aufteilung aller Mittel zu erfolgen habe, sei in den Schreiben vom 26. Mai und dargestellt worden. Wenn der Nachweis nicht oder ungenügend vorgelegt werde, so sei die Behörde zur Annahme berechtigt, zu 100% gegenüber anderen Gläubigern geschädigt worden zu sein und somit die volle Forderung in der Haftung geltend zu machen.

Aus der Vorlage von unvollständigen Belegen könne keineswegs eine "Größenordnung zwischen den Verbindlichkeiten gegenüber..." festgestellt werden, wie der Bw. im Schreiben vom anführe.

Da jedoch angeblich nicht alle Unterlagen zum Nachweis der Gleichbehandlung hätten beschafft werden können, bzw. in desolatem Zustand gewesen seien, werde dies derart berücksichtigt, dass die Umsatzsteuer 2002 lediglich mit 70% angesetzt werde.

Zu den Einfuhrumsatzsteuern der einzelnen Monate sei zu bemerken, dass wie bereits in der Vorkorrespondenz angeführt, die Fehlbuchungen bei Überprüfung der laufenden Buchungsmitteilungen hätten auffallen müssen und die Berichtigung innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten jederzeit hätte erfolgen können. Im Übrigen wären dann jedoch andere haftungsrelevante Beträge offen geblieben. Das Haftungsverfahren sei nicht dazu vorgesehen, Versäumnisse der Abgabepflichtigen aus der Vergangenheit zu sanieren. Auch seien Irrtümer oder Fehlverhalten von beauftragten Personen (z.B. Steuerberater) nicht haftungsbefreiend auf die Behörde abwälzbar.

In der gegen diesen Bescheid form- und fristgerecht eingebrachten Berufung führte der Bw. aus, dass ihn bezüglich der Umsatzsteuer 2002 kein wie immer geartetes Verschulden treffe. Er habe als Geschäftsführer stets darauf geachtet, dass sämtliche Abgaben pünktlich bezahlt würden, was allein die Tatsache zeige, dass neben den aufgelisteten geringen Beträgen keine Lohnabgaben und keine laufenden Umsatzsteuern offen gewesen seien. Hinsichtlich der Umsatzsteuerrestschuld 2002, die sich aus der im Jahr 2004 erfolgten Veranlagung ergeben habe, sei um Bezahlung in Raten angesucht und diese auch bewilligt worden. Auch daraus resultiere keine Schlechterstellung gegenüber den Gläubigern.

Der Bw. werde bezüglich der Umsatzsteuerrestschuld 2002 nochmals versuchen, eine verbesserte Darstellung beizubringen und ersuche um Fristgewährung bis .

Sollte die Berufung unmittelbar der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt werden, beantrage der Bw. vorsorglich die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Vorhalt vom führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 21 Abs. 1 UStG Unternehmer spätestens am 15. Tag des auf den den Kalendermonat zweitfolgenden Monats eine Voranmeldung einzureichen bzw. die Umsatzsteuervorauszahlungen zu leisten hätten. Für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 2002 wären dies in monatlichen Abständen der bis gewesen. Tatsächlich seien jedoch für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 2002 Umsatzsteuerüberschüsse in Höhe von € 54.630,22 geltend gemacht worden, während die erklärungsgemäße Veranlagung für 2002 zu einer Vorschreibung von € 28.522,22, somit zu einer Nachforderung von € 83.152,44 geführt hätte. Die Fälligkeiten dieser Forderungen seien jedoch bereits während des Jahres zu den genannten Terminen eingetreten.

Ähnliches gelte für die übrigen im Haftungsbescheid angeführten Beträge.

Der Bw. werde deswegen erneut aufgefordert, für folgende Fälligkeiten und Abgaben den Gleichbehandlungsnachweis zu führen.


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in €
Umsatzsteuer
2002
15.3.2002bis
18.000,00
Einfuhrumsatzsteuer
05/2004
312,20
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/2004
167,64
Einfuhrumsatzsteuer
06/2004
324,30
Einfuhrumsatzsteuer
10/2004
342,42
Einfuhrumsatzsteuer
02/2005
213,85
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2005
78,41
Umsatzsteuer
05/2005
145,02

Es sei also bekanntzugeben, welche Verbindlichkeiten zu den einzelnen oben angeführten Fälligkeiten bestanden hätten (Name des Gläubigers und jeweils fällige Forderung zu den Terminen bis monatlich , , , sowie 15. April und ) und welche Zahlungen wann und in welcher Höhe geleistet worden seien. Dies sei an Hand einer Aufstellung übersichtlich und auf eine Weise aufzulisten, dass die Gleichbehandlung überprüft werden könne. Ansonsten werde auf die Ausführungen in den Vorhalten vom und verwiesen.

Als Termin zur Beantwortung wurde der genannt. Ein Antrag auf Fristverlängerung zur Beantwortung des Vorhaltes wurde mit Bescheid vom abgewiesen.

Der Vorhalt blieb unbeantwortet.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung teilweise statt und schränkte die Haftung auf nachstehende Abgabenschuldigkeiten ein:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in €
Umsatzsteuer
2002
15.3.2002bis
18.000,00
Einfuhrumsatzsteuer
05/2004
312,20
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/2004
167,64
Einfuhrumsatzsteuer
06/2004
324,30
Einfuhrumsatzsteuer
10/2004
342,42
Einfuhrumsatzsteuer
02/2005
213,85
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2005
78,41
Umsatzsteuer
05/2005
145,02
Lohnsteuer
2002
147,86

Nach ausführlicher Darstellung des bisherigen Haftungsverfahrens führte die Abgabenbehörde erster Instanz begründend aus, dass die Berufung vom zwar auf "meine diversen Stellungnahmen" verweise, dennoch der Nachweis des Gleichbehandlungsgrundsatzes für die im Haftungsbescheid angeführten Abgaben, insbesondere für die Restschuld an Umsatzsteuer 2002 in Höhe von € 18.000 nicht geführt worden sei. Dies obwohl hinsichtlich der Umsatzsteuer 2002 ohnehin nur für ca. 70 % der Restschuld die Haftung ausgesprochen worden sei.

Auch hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer 05/04, 06/04, 10/04 und 02/05, der Umsatzsteuer 05/05 sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag 3/05 und 06/04 sei keine Stellungnahme abgegeben worden.

In der Berufungsschrift selbst werde im Wesentlichen lediglich wiederholt, dass hinsichtlich der Umsatzsteuer 2002 um Ratenzahlung angesucht worden sei, woraus sich keine SchlechtersteIlung gegenüber anderen Gläubigern ergebe. Obwohl bereits in den amtlichen Stellungnahmen vom und ausdrücklich angeführt - auf die hier einschließlich der dortigen Ausführungen zum Thema Ratenvereinbarung ausdrücklich verwiesen werde - ergebe sich die SchlechtersteIlung nicht aus erst lange nach Fälligkeit erfolgten Zahlungen (auch wenn im Nachhinein durch Zahlungserleichterung legitimiert), sondern aus den nicht spätestens zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten zumindest gleichbehandlungskonform geleisteten Zahlungen. Das schuldhafte Verhalten des ehemaligen Geschäftsführers bestehe also darin, dass er zu den Fälligkeiten des Jahres 2002, also zum jeweils bis nicht insgesamt € 28.522,22 gezahlt, sondern statt dessen Überschüsse geltend gemacht habe und dass sich durch dieses Verhalten die Uneinbringlichkeit von (mindestens) € 18.000 ergeben habe.

Die Inanspruchnahme zur Haftung des Bw. sei deswegen erfolgt, da andere Einbringungsmöglichkeiten nicht bestünden. Hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2003 und 2004 werde wegen Geringfügigkeit Abstand genommen.

Dagegen beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie die Anberaumung einer mündlichen Senatsverhandlung.

Der Bw. führte aus, dass er dem Ersuchen um Ergänzung auf Grund einer schweren Erkrankung seines Vaters nicht fristgerecht habe entsprechen können.

Zur Einfuhrumsatzsteuer 05/04 sei im Schreiben vom ausgeführt worden:

"Hier handelt es sich auf dem Überweisungsbeleg vom um einen offensichtlich übernommenen Irrtum und wurde irrtümlich, fälschlich 04/04 anstelle richtigerweise 05/04 angegeben, was auch daran ersichtlich ist, dass die zum selben Zeitpunkt fällige USt richtig für das Monat 05 im Jahr 2004 angegeben worden sei. Das Ihnen mit Schreiben vom übermittelte Buchungsjournal bestätigt auch den Betrag der EUST für 05/04 mit € 312,20".

Hier handle es sich um einen offensichtlichen Übertragungsfehler bei der manuellen Eingabe seitens des Bankmitarbeiters, der jedoch bei der Verbuchung dem Finanzamt auf Grund dessen Sachkenntnis auffallen hätte müssen, da in der Regel die Abrechnungszeiträume für Umsatzsteuer und Einfuhrumsatzsteuer ident seien.

Zur Einfuhrumsatzsteuer 06/04 sei im Schreiben vom ausgeführt worden:

"Sowohl USt als auch EUSt sind im zweitfolgenden Monat abzuführen, während Lohnabgaben im darauffolgenden Monat abzuführen sind. Unter Verwendung des vorgedruckten PSK Zahlscheines des Finanzamtes wurde seitens der beauftragten Steuerberatung T. GmbH die Beträge in den Zahlschein eingetragen und mir nur zur Unterfertigung vorgelegt. Ich habe diese im Vertrauen auf deren Ordnungsmäßigkeit unterfertigt.

Mangels Platzes auf dem Zahlschein und ohne Möglichkeit das zu den Lohnabgaben abweichende Monat darzustellen, wurde offensichtlich die EUSt in die letzte verfügbare Zeile unter die Lohnabgaben eingetragen. Der Betrag ist jedoch eindeutig für 06/04 gewidmet, da dies mit der USt für 06/04 korrespondiert und auch so im Ihnen übermittelten Buchungsjournal verbucht wurde und in den Meldungen an das FA ausgewiesen war.

Die USt bezieht sich jedenfalls eindeutig auf das Monat 06/04 und nicht 07/04 und ergab sich die entschuldbare, nicht exakte Zuordnung auf Grund des Platzmangels des verwendeten, vorgedruckten Originalzahlscheines des Finanzamtes."

Auf Grund der betriebsinternen Abläufe der GmbH - die Buchhaltungs- sowie Lohnverrechnungsarbeiten seien ausgelagert und seitens der T. WT GmbH durchgeführt worden - sei es technisch nicht möglich gewesen, eine Zahlung zu leisten, bevor die zugrunde liegende monatliche Umsatzsteuermeldung nicht erfolgt gewesen sei. Zum sei die monatliche Umsatzsteuermeldung an das Finanzamt für das Monat Juli "07" noch nicht erfolgt gewesen, daher sei bei der Verbuchung seitens des Finanzamtes erkennbar gewesen, dass es sich bei der Einfuhrumsatzsteuer nicht für die Periode 07/04, sondern nur für die noch nicht beglichene und somit offene Periode 06/04 handeln könne.

Zur Einfuhrumsatzsteuer 10/04:

Auf dem PSK-Überweisungsbeleg vom sei die Einfuhrumsatzsteuer mit einem Betrag von € 342,42 angegeben. Nachdem die Umsatzsteuer für den Monat 10/04 angegeben gewesen sei, wäre auf Grund der monatlichen Umsatzsteuermeldung eine Zuordnung der Zahlung für 10/04 möglich gewesen. Festgehalten werde außerdem, dass die vom Bw. unterfertigten Überweisungsbelege im Bankinstitut bzw. bei der PSK von Mitarbeitern händisch in den Computer eingegeben worden seien und dabei natürlich Flüchtigkeitsfehler aufgetreten seien.

Zur Einfuhrumsatzsteuer 02/05 sei im Schreiben vom ausgeführt worden:

"Gemäß nochmals beigelegter Monatsvorschreibung v. der ausgelagerten Buchhaltung - übermittelt mit Schreiben vom - durchgeführt seitens der T. Wirtschaftstreuhand GmbH, betrug die Zahllast per € 2.121,55, darin enthalten die EUSt 02/05 im Betrag von € 286,08. Dieser Betrag gelangte gemäß Buchhaltungsjournal - übermittelt mit Schreiben vom - am zur Anweisung."

In allen Fällen sei die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet worden, allenfalls hätten sich Zuordnungsschwierigkeiten auf Grund entschuldbarer Flüchtigkeitsfehler, die jedoch für die Finanz hätten erkennbar sein müssen, ergeben. Jedenfalls habe der Bw. bei keiner der vier Einfuhrumsatzsteuerzahlungen als Geschäftsführer schuldhaft gehandelt.

Auf Grund der Geringfügigkeit der Beträge im Verhältnis zum Jahresumsatz von rund € 3 Mio. seien die Beträge dem Bw. nicht ins Auge gestochen und seien diese unterhalb der internen Controllinggrenzen gewesen.

Auf Grund der Geringfügigkeit der Beträge werde beantragt, auf die Haftungsinanspruchnahme hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer zu verzichten.

Umsatzsteuer 2002:

Festgehalten werde, dass sämtliche Buchhaltungsunterlagen der GmbH der Jahre 1998 bis 2005 vom Bw. als seinerzeitigen Geschäftsführer dem Masseverwalter im Rahmen des Konkursverfahrens Anfang 2006 übergeben worden seien. Nach seinem Wissensstand sei auch seitens des jahrelang für die GmbH tätigen Steuerberatungsunternehmens die Übergabe sämtlicher Unterlagen an den Masseverwalter im Februar 2006 erfolgt.

Der Bw. habe seit Anfang 2006 keinerlei Zugang zu Buchhaltungsunterlagen der GmbH gehabt. Nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer des Lagerungsunternehmens A. seien die Buchhaltungsunterlagen nach Abwicklung des Konkursverfahrens entsprechend den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen fachgerecht entsorgt worden. Die Unterlagen der Jahre 2002-2004 würden daher nicht mehr existieren.

Mangels Existenz der relevanten Buchhaltungsunterlagen sei es dem Bw. daher unmöglich, den Gleichbehandlungsnachweis in der gewünschten Form anzutreten, er werde jedoch nachfolgend aufzeigen, dass er vollkommen gesetzeskonform gehandelt und nicht schuldhaft agiert habe.

Die Abgabenbehörde erster Instanz führe im Ersuchen um Ergänzung vom aus:

"Für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 2002 wären dies, in monatlichen Abständen, der jeweils bis gewesen. Tatsächlich wurden für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 2002 USt-Überschüsse in Höhe von € 54.630,22 geltend gemacht, während die erklärungsgemäße Veranlagung für 2002 zu einer Vorschreibung von € 28.522,22, somit zu einer Nachforderung von € 83.152,44 geführt hatte. Die Fälligkeiten dieser Forderungen waren jedoch bereits während des Jahres zu den oben genannten Terminen eingetreten."

Des Weiteren werde auf Seite 7 der Berufungsvorentscheidung vom ausgeführt:

"Das schuldhafte Verhalten des ehemaligen Geschäftsführers besteht also darin, dass er zu den Fälligkeiten des Jahres 2002, also zum jeweils bis nicht insgesamt € 28.522,22 gezahlt, sondern statt dessen Überschüsse geltend gemacht hat und dass sich durch dieses Verhalten die Uneinbringlichkeit von mindestens € 18.000,00 ergeben hat."

Die obigen Vorhalte aus dem Ersuchen um Ergänzung vom sowie der Berufungsvorentscheidung vom seien vollkommen unzutreffend und würden offenkundig den tatsächlichen Verhältnissen widersprechen.

Der Bw. habe als ehemaliger Geschäftsführer monatlich für vollständige, richtige und zeitgerechte gesetzeskonforme Umsatzsteuervoranmeldungen und die laufende vollständige Abfuhr der fälligen Umsatzsteuer Sorge getragen.

Im Nachfolgenden werde schlüssig dargelegt, dass die Fälligkeit der USt Nachforderung 2002 nicht bereits während des Jahres 2002 eingetreten sei, sondern erst nach dem .

Im Zeitraum bis seien die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen vollständig, richtig und zeitgerecht erklärt worden. Dies wäre auch nicht anders möglich gewesen, da der mit der Buchhaltung, Lohnverrechnung, Bilanzierung beauftragte Wirtschaftstreuhänder berufsrechtlich zur strikten Befolgung der steuerrechtlichen Normen verpflichtet gewesen sei, die Gesellschaft monatliche vollständige Kennzahlenberichte an den Lizenzgeber in den USA habe erstellen müssen und die Gesellschaft umfassende Quartalsberichte an die Förderbanken B.und Ozu erstellen gehabt habe und diese einer strengen Überprüfung durch diese unterlägen hätten.

Die Geschäftsjahre 2001 bis 2003 seien seitens der Großbetriebsprüfung Salzburg einer umfassenden Betriebsprüfung unterzogen worden mit dem Ergebnis, dass bis auf eine Ausnahme - eine Eingangsrechnung einer S-Konzerngesellschaft für einen Baukostenbeitrag in der Fa-XY Filiale XXXsei von dieser im Jahr 2000 gebucht worden, obwohl Jänner 2001 vereinbart worden sei - keinerlei Beanstandungen gegeben gewesen seien.

80% der Umsätze der GmbH seien dem ermäßigten Steuersatz von 10% (Lebensmittel) unterlegen, während die sonstigen Kosten wie Bürokosten, Steuerberater, Anwalt, Marketingagentur, Instandhaltungskosten, Adaptierungen, Reisekosten etc. Vorsteuern zum Steuersatz von 20% beinhaltet hätten.

Im Jahr 2002 seien die Filialen F6 sowie F7 neu gebaut und die Filiale F1 generalsaniert worden. Auf Grund dieser Investitionsmaßnahmen seien inkl. Ingangsetzungskosten ca. netto € 650.000,00 im Laufe des Jahres 2002 investiert worden mit einem Normalsteuersatz von 20%, dies entspreche einer zusätzlichen Vorsteuer im Umfang von rd. € 130.000,00, nur allein aus den Investitionsmaßnahmen.

Die Umsatzsteuernachforderung für das Jahr 2002 sei im Wesentlichen durch zwei Ereignisse bedingt gewesen, die beide erst nach dem entstanden seien und mittels Bilanzbuchung in die Bilanz und Jahresumsatzsteuererklärung 2002 eingeflossen bzw. erklärt worden seien.

1. Gutschriften von Lieferanten für Jahresboni 2002, die im März 2003 für das Geschäftsjahr 2002 verhandelt und mit Bilanzstichtag verbucht worden seien.

2. Eine Schadenersatzforderung in Höhe von rd. netto € 300.000,00 an den langjährigen Generalunternehmer für Filialbauten Firma I. im näher bezeichneten Verfahren des LG Wien auf Anraten der Anwälte rückwirkend mit (USt von ca. € 60.000,00).

Angesichts der im Insolvenzverfahren der GmbH festgestellten Gesamtforderungen in Höhe von € 3,658 Mio. könne man bei einem Rückstand von € 35.236,25, eingeschränkt auf € 19.731,70, dies seien rd 1% bzw. rd. 0,5% der Gesamtforderungen sicherlich keine Benachteiligung der Finanz ableiten bzw. liege eine gleichbehandlungskonforme Behandlung der Finanz vor.

Auf Grund der Ausführungen sei schlüssig dargelegt, dass der Bw. seine Pflichten nicht schuldhaft verletzt habe.

Es werde daher nochmals mangels schuldhafter Verletzung der ihm auferlegten Pflichten ersucht, im Rahmen des Ermessens von einer Haftungsinanspruchnahme unter Berücksichtigung der o.a. Punkte abzusehen.

Im Vorlageantrag zu einem im Zusammenhang mit der Haftung stehenden Verfahren betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO führte der Bw. u.a. aus, dass in den Jahren 2004 und 2005 bis zur Konkurseröffnung auf die Umsatzsteuer 2002 insgesamt mehr als € 44.000,00 und damit mehr als die Hälfte des ursprünglichen Rückstandes entrichtet worden seien, während an die Firma I. rund € 44.000,00 bezahlt worden sein, wobei ein Restbetrag von ca. € 410.000,00 verblieben sei. Die Bank1 habe die fälligen Kapitalraten in Höhe von jeweils € 94.474,68 vom , sowie insgesamt somit € 283.424,04 gestundet, ohne Raten oder Teilzahlungen darauf zu erhalten. Von einer Ungleichbehandlung könne keine Rede sein.

Die Eingabe vom enthält im Wesentlichen eine Zusammenfassung der bisherigen Vorbringen und führt zur Gleichbehandlung aus, dass im Rahmen der bewilligten Ratenansuchen im Zeitraum Mai 2004 bis November 2005 die Umsatzsteuernachforderung von € 83.152,44 auf € 25.254,86, somit um 70% reduziert worden sei.

Darüber hinaus hätten in diesem Zeitraum folgende Stundungen bestanden:


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Gläubiger
Gestundeter Betrag
Geleistete Zahlungen
Reduktion in %
Bauf. I.
454.000,00
44.000,00
9,70
Bank1.
283.424,04
0,00
0,00
FA Wien 1/23
83.152,44
57.897,58
69,63

Zum Ermessen wurde ausgeführt, dass ihm der Zugang zu den Geschäftsunterlagen beim Lagerunternehmen mit einem scharfen Hund verwehrt worden sei.

Auch die Wr. Gebietskrankenkasse hätte von einer Haftungsinanspruchnahme vollkommen abgesehen.

Sein Einkommen betrage derzeit weniger als netto € 10.000,00 im Jahr.

In der mündlichen Berufungsverhandlung führte der Bw. aus, dass die Rechnungsprüfung, die Buchhaltung, die Bilanzierung und die Lohnverrechnung an ein Wirtschaftstreuhandunternehmen ausgelagert gewesen wären, auf dessen steuerliche korrekte Abwicklung der steuerlichen Verpflichtungen er als Geschäftsführer vertrauen habe müssen. Dies insbesondere auch deswegen, weil er damals für ganz Europa zuständig gewesen und sein Aufgabenbereich ein sehr weitreichender und vielschichtiger gewesen sei. Die Steuerberatungskanzlei sei über viele steuerliche Belange viel früher und auch besser informiert gewesen, als der Bw. selbst.

Es seien im Haftungszeitraum ca. 200 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt gewesen und es sei immer wieder zu späteren Korrekturbuchungen gekommen, worauf die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben beruhen (Überstundenabrechnungen und Wechsel zwischen den Filialen). Auch der Prüfer W. habe im Rahmen von Prüfungsmaßnahmen die korrekte Abwicklung der steuerlichen Belange bestätigt.

Im Haftungszeitraum seien hohe Investitionen getätigt worden, die immer wieder zu Vorsteuerguthaben beim Finanzamt geführt hätten. Sämtliche dem Bw. vorgelegten Rechnungen und Zahlscheine seitens des Wirtschaftstreuhandunternehmens habe er als Geschäftsführer immer pünktlich bezahlt. Er sei der Kontrolle des Lizenzgebers und des am Unternehmen beteiligten Wirtschaftsministeriums unterlegen und hätte überhaupt kein Interesse gehabt, steuerliche Verpflichtungen zu verletzen. Allein für Buchhaltung, Bilanzierungsarbeiten und Lohnverrechnungsarbeiten seien monatlich € 100.000,00 im Unternehmen ausgegeben worden.

In Bezug auf die Umsatzsteuerrestschuld des Jahres 2002 führte der Bw. aus, dass es für kein größeres Unternehmen möglich sei, am 17.2. des folgenden Jahres die exakte Höhe des Vorjahrsergebnisses zu ermitteln. Ende Februar bzw. Anfang März hätte frühestens ein Rohbild für 2002 geschaffen werden können und auf Basis dieses Bildes seien dann mit den Lieferanten Bonis verhandelt worden, welche zum von den Lieferanten gutgeschrieben worden seien. Ein weiterer Grund für die Restschuld wäre die bereits schriftlich genannten Schadenersatzforderungen gegen den Generalunternehmer I. gewesen, welche im 1. oder 2. Quartal 2003 auf Anraten des Rechtsanwaltes rückwirkend für das Jahr 2002 gestellt worden sei. Eine Überrechnung dieses Betrages wäre wegen eines Abgabenrückstandes der Firma I. nicht möglich gewesen und eine Überschreitung des Bankrahmens aufgrund der strengen Überwachung des Lizenzgebers und besonders des Wirtschaftsministeriums ebensowenig. I. habe in der Folge diese Schadenersatzforderung nicht bezahlt.

Insgesamt sei auszuführen, dass es keinesfalls zu einer Schlechterstellung der Finanz gegenüber der anderen Gläubiger gekommen sei, sondern im Gegenteil die Sozialversicherungsanstalt und das Finanzamt sogar, wie bereits schriftlich dargestellt, bevorzugt behandelt worden seien. Es fehle auch an einer Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Uneinbringlichkeit.

Nach Eröffnung des Insolvenzerfahrens habe der Masseverwalter aus dem Unternehmen die Unterlagen abgeholt und der Bw. habe diese zuvor noch katalogisieren und ihm wichtige Abschriften von Detailunterlagen machen wollen, was ihm in der Folge verwehrt worden sei. Das Wirtschaftstreuhandunternehmen sei angewiesen worden, ihm keine Unterlagen auszufolgen. Die Behauptung des Masseverwalters, dass die Unterlagen katalogisiert und archiviert worden seien, habe sich in der Folge nicht bewahrheitet. Im Jahr 2009 vor Eröffnung des Haftungsverfahrens habe der Bw. die beim Lagerunternehmen abgelegten Unterlagen einsehen wollen (Altwarenhändler in S-Dorf), sei aber durch Zuhilfenahme von scharfen Hunden daran gehindert worden. Später, als er im Haftungsverfahren Einsicht haben nehmen wollen, wären diese vernichtet und Restbestände unbrauchbar gewesen.

Zur Gleichbehandlung der Gläubiger führte der Bw. aus, dass die Warenlieferanten im Zeitpunkt der Konkurseröffnung im Wesentlichen bezahlt gewesen seien und sich die € 5 Mio. Gesamtverbindlichkeiten wie folgt aufteilten: ca. € 1 Mio. I. , € 2 Mio. an drei Vermieter und ca. € 0,5 Mio. gegenüber diversen Lieferanten.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 9 Abs. 1 BAO lautet: Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

1.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:

Die mit Haftungsbescheid vom geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten erfuhren bis dato keine Änderung, eine Reduktion in Höhe von € 10.556,35 erfolgte durch eine Überrechnung eines Abgabenguthabens des Bw. auf die Haftungsschuldigkeiten vom . Diese Tilgung durch den Haftungsschuldner ändert aber nichts an der Berechtigung zur Heranziehung zur Haftung. Die Haftungsinanspruchnahme ist insofern nicht um den entrichteten Betrag einzuschränken, da diesfalls der Tilgung durch den Bw. nachträglich die Rechtsgrundlage entzogen würde.

2.) Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen:

Mit Beschluss des Gerichtes-X vom XXNovember 2005 wurde über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet, der nach Verteilung an die Massegläubiger mit Beschluss vom Datum1 aufgehoben wurde. Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten sind daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

3.) Stellung des Bw. als Vertreter:

Gemäß Firmenbuchauszug fungierte der Bw. ab Datum2 als handelsrechtlcher Geschäftsführer der GmbH und kann daher zur Haftung gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO herangezogen werden.

4.) schuldhafte Pflichtverletzung des Bw. als Vertreter:

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Der Bw. bringt im Berufungsverfahren vor, dass die die Buchhaltungsunterlagen im Februar 2006 an den Masseverwalter übergeben worden und diese betreffend die Jahre 2002 bis 2004 entsprechend den Aufbewahrungsfristen entsorgt worden seien. Ein Nachweis der Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger könne daher nicht erbracht werden.

Dazu ist festzustellen:

Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörenden Belege sind gemäß § 132 Abs. 1 BAO sieben Jahre aufzubewahren. Darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Soweit Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sollen sie sieben Jahre aufbewahrt werden. Diese Fristen laufen für die Bücher und die Aufzeichnungen vom Schluss des Kalenderjahres, für das die Eintragungen in die Bücher oder Aufzeichnungen vorgenommen worden sind, und für die Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen vom Schluss des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen; bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr laufen die Fristen vom Schluss des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

Die Aufbewahrungsfrist der Unterlagen für die Umsatzsteuer 2002 endete gemäß § 132 Abs. 1 BAO am , für den Dienstgeberbeitrag 2003 und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2003 am . Da nach dieser Bestimmung eine Verlängerung der Aufbewahrungspflicht nur im Falle eines anhängigen Verfahrens vorgesehen ist, war der Bw. nicht dazu verhalten, die Belege für 2002 und 2003 nach Ablauf der Siebenjahresfrist weiter aufzubewahren, da der Konkurs über das Vermögen der GmbH am Datum1 aufgehoben wurde und der erste Vorhalt zur beabsichtigten Geltendmachung der Haftung erst am erging, der Bw. somit Ende 2009 bzw. 2010 keine Kenntnis von der beabsichtigten Geltendmachung der Haftung hatte.

Der Bw. kann jedoch daraus für die Umsatzsteuer 2002 aus nachstehenden Gründen nichts gewinnen:

Der diesbezügliche Bescheid erging im Jahr 2004, somit noch während seiner Geschäftsführertätigkeit.

Zu dieser Abgabenschuldigkeit hat der Bw. dargetan, dass diese Nachforderung dadurch bedingt war, dass Gutschriften von Lieferanten für Jahresboni 2002, die im März 2003 für das Geschäftsjahr 2002 verhandelt und mit Bilanzstichtag verbucht worden seien, sowie eine Schadensersatzforderung in Höhe von rd. netto € 300.000,00 an den langjährigen Generalunternehmer für Filialbauten Firma I. im näher bezeichneten Verfahren des LG Wien auf Anraten der Anwälte rückwirkend mit (USt von ca. € 60.000,00) verbucht worden sei.

Der Bw. führte weiters aus, dass die steuerlichen Agenden von einer beauftragten Steuerberatungskanzlei wahrgenommen worden seien.

Geht man davon aus, dass dem Steuerberater alle abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte vorgetragen wurden und sich der Vertreter von diesem über die Rechtmäßigkeit der eingeschlagenen Vorgangsweise informieren lassen hat, ohne dass zu einem allfälligen Fehler des Steuerberaters hinzutretende oder von einem solchen Fehler unabhängige eigene Fehlhandlungen vorgelegen wären, ist der Umstand, dass bezüglich der UVA für Dezember 2002 keine berichtige Voranmeldung eingereicht wurde, nicht vorwerfbar. Der Bw. wäre jedoch im Hinblick auf die bescheidmäßige Festsetzung dieser Abgabenschuldigkeit verpflichtet gewesen, die Umsatzsteuernachforderung bis zu entrichten.

Der Bw. bringt diesbezüglich vor, Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht zu haben, die auch bewilligt und bis zur Konkurseröffnung eingehalten worden zu sein.

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan, dass ein Geschäftsführer einer GmbH schuldhaft handelt, wenn er die Zahlung (Entrichtung) von Abgabenschulden gegenüber den anderen Verbindlichkeiten hintanstellt. Ein Zahlungserleichterungsansuchen entschuldigt in einem solchen Fall nicht ( 535/80, und vom , 84/17/0224).

Hinsichtlich der Jahre 2004 und 2005 war die siebenjährige Aufbewahrungspflicht im Jahr 2011 (Ergehen des Haftungsbescheides) die Siebenjahresfrist noch nicht abgelaufen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () trifft den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen, sodass er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Wer weiß, dass Unterlagen zu Beweiszwecken bedeutsam sind, riskiert bei ihrer Vernichtung oder ihrem Verlust, dass diese Vorgangsweise - vor allem, soweit ihn eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft - in freier Beweiswürdigung entsprechend berücksichtigt wird.

Der Bw. hat zwar dargetan, dass ihm die Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen nach Konkurseröffnung durch den Masseverwalter verwehrt worden sei, nicht jedoch, weshalb er nicht den Rechtsweg beschritten hat. Etwaige Verfehlungen des Masseverwalters oder des Lagerunternehmens können den Bw. nicht von der Verpflichtung zur Erbringung des Gleichbehandlungsnachweises befreien.

Es wäre daher am Bw. gelegen einen Gleichbehandlungsnachweis zu erbringen, zumal er, wie bereits dargetan verpflichtet war, Vorsorge für den Nachweis seines pflichtgemäßen Verhaltens zu treffen. Diese Pflichtverletzung ist als schuldhaft und haftungsbegründend anzusehen.

Dem Vorbringen, dass im Insolvenzverfahren der GmbH Gesamtforderungen in Höhe von Mio. € 3,658 festgestellt worden seien und der Haftungsbetrag in Höhe von € 19.731,70 lediglich 0,5% der Gesamtforderung ausmache, ist entgegenzuhalten, dass im Gleichbehandlungsnachweis nicht sämtliche Forderungen, sondern sämtliche fällige Forderungen den fälligen Abgabenschuldigkeiten zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt gegenüberzustellen sind. Der Bw. hat zwar dargetan, dass die Bank1 und die Baufirma I. ihre Forderungen gestundet hätten, und an letztgenannte Firma im Zeitraum Mai 2004 bis November 2005 € 44.000,00 überwiesen worden seien, nicht jedoch, welche liquide Mittel zur Verfügung standen, geschweige denn, welche Zug-um Zug Geschäfte getätigt wurden. Der Bw. hat in der Berufungsverhandlung dargetan, dass monatlich für die Buchhaltung ca. € 100.000,00 ausgegeben worden seien und dass die Warenlieferanten im Zeitpunkt der Konkurseröffnung im Wesentlichen bezahlt gewesen seien. Demnach müssen erhebliche liquide Mittel vorhanden gewesen sein.

Hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuern 05/04, 06/04, 10/04 und 02/05 wird darauf verwiesen, dass grundsätzlich gesetzeskonform durchgeführte Verrechnungen nicht nachträglich abzuändern. Eine Ausnahme hievon sieht § 214 Abs. 5 BAO vor. Diese Bestimmung ermöglicht dem Abgabepflichtigen, einen Antrag auf Aufhebung bzw. Nichtherbeiführung der Rechtsfolgen einer Verrechnungsweisung für Selbstbemessungsabgaben (§ 214 Abs. 4) einzubringen, wenn hiebei irrtümlich eine unrichtige Abgabenart oder ein unrichtiger Zeitraum angegeben oder die Verrechnungsweisung irrtümlich nicht erteilt wurde. Dieses Antragsrecht ist mit drei Monaten ab Erteilung der irrtümlichen Verrechnungsweisung befristet. Von § 214 Abs. 5 leg.cit. erfasste Rechtsfolgen sind insbesondere die Verrechnung selbst, Säumniszuschläge und Folgen von Terminverlusten. (vgl. Ritz, BAO4, Tz. 23 zu § 214).

Aus dem Vorbringen des Bw., er hätte den Leiter der Buchhaltung und des Controllings damit beauftragt, alle Steuern entsprechend den gesetzlichen Richtlinien termingerecht zu überweisen, lässt sich ebenfalls nichts gewinnen, da der Vertreter das Personal in solchen Abständen zu überwachen hat, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten verborgen bleiben ().

Mit dem Hinweis darauf, dass die Steuerbeträge unterhalb der internen Controllinggrenzen gewesen seien, gesteht der Bw. ein, dass die getroffenen Maßnahmen von vorn herein nicht geeignet waren, auszuschließen, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, bzw. die Fehler der Verrechnungsweisungen verborgen bleiben.

Die schuldhafte Pflichtverletzung liegt hier zweifelsfrei vor.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer 05/2005 und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/05 hat der Bw. in der Vorhaltsbeantwortung vom zwar dargetan, dass der DZ 03/2005 in Höhe von € 117,47 am und die Umsatzsteuer für 05/2003 in Höhe von € 145,20 am zur Anweisung gebracht worden seien, jedoch hat das Finanzamt im Schreiben vom ausgeführt:

"Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/05 wurde nicht in voller Höhe entrichtet, die Zahlung wurde mit € 2.121,55 geleistet, die Lohnabgaben bestanden aus L 03/05 € 824,14, DB 3/05 € 1.321,57 und DZ 3/05 € 117,47 (=gesamt € 2.263,18). Die Differenz auf die nunmehr bestehende Forderung von € 78,41 wurde durch sonstige Gutschriften aus der Ratenzahlung abgedeckt.

Mit wurde zwar ein Betrag von € 11.788,70 gebucht, die Buchungsweisung Ihrerseits lautete U 05/05 € 7.121,53, L 6/05 € 1.505,48, DB 6/05 € 2.752,18 und DZ 6/05 € 244,64. Die Differenz von € 145,02 wurde erst am mit berichtigter UVA nachträglich gemeldet. Eine Berichtigung der Buchungsweisung (möglich innerhalb von zwei Monaten) wurde nicht eingebracht."

Abgesehen davon, dass der Bw. diesen Ausführungen in der Folge nicht entgegengetreten ist, sind gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftenden und der Abgabenbehörde über die Gebarung auf dem Abgabenkonto nicht im Haftungsverfahren, sondern in einem über Antrag auszulösenden Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO auszutragen (vgl. z.B. ).

Hinsichtlich der Lohnabgaben 2002 bis 2004 ergingen die Bescheide laut Abgabenkonto am , somit während des Konkursverfahrens.

Allerdings fehlen in den Akten des Finanzamtes auch die betreffenden Abgabenbescheide, sodass auch über deren Wirksamkeit (etwa wegen falscher Adressierung im Konkursverfahren) keine Aussage getätigt werden kann.

Hinsichtlich der Lohnsteuer 2002, dem Dienstgeberbeitrag 2003 und 2004, sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2003 und 2004 war der Berufung daher aus diesen Gründen stattzugeben.

Demnach verbleiben nachstehende Abgabenschuldigkeiten zur Haftung:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in €
Umsatzsteuer
2002
15.3.2002bis
18.000,00
Einfuhrumsatzsteuer
05/2004
312,20
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/2004
167,64
Einfuhrumsatzsteuer
06/2004
324,30
Einfuhrumsatzsteuer
10/2004
342,42
Einfuhrumsatzsteuer
02/2005
213,85
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2005
78,41
Umsatzsteuer
05/2005
145,02
Summe:
19.583,84

5.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Abgabenausfall:

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung betreffend die haftungsgegenständlichen Abgaben - mit Ausnahme der Lohnabgaben - konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabe war.

6.) Ermessen:

Die Heranziehung zur Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des §20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen ist.

Der Bw. konnte zwar keinen Gleichbehandlungsnachweis vorlegen, jedoch ist aus der Abfrage der Buchungen ersichtlich, dass ab dem Zeitpunkt des Endes der Zahlungsfrist für die mit Bescheid vom veranlagte Umsatzsteuer 2002 () bis zur Konkurseröffnung (XX. November 2005) der gesamte Abgabenrückstand von ca. € 93.000,00 auf € 49.000,00 reduziert wurde.

In diesem Zusammenhang hat der Bw. auch dargetan, dass an die Firma I. rund € 44.000,00 bezahlt worden sein, wobei ein Restbetrag von ca. € 410.000,00 verblieben sei. Die Bank1 habe die fälligen Kapitalraten in Höhe von jeweils € 94.474,68 vom , sowie insgesamt somit € 283.424,04 gestundet, ohne Raten oder Teilzahlungen darauf zu erhalten.

Die Behauptung des Bw., die Abgabenbehörde nicht schlechter als die übrigen Gläubiger behandelt zu haben, erscheint somit nicht völlig unberechtigt.

Das Finanzamt hat den Bw. zwar nur für einen Teil der aushaftenden Umsatzsteuer 2002 zur Haftung herangezogen, dennoch vertritt der Unabhängige Finanzsenat die Ansicht, dass die Reduzierung des Abgabenrückstandes um ca 50% trotz der vorhandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten als außergewöhnlich anzusehen ist. Dazu kommt dass im Zeitpunkt der Konkurseröffnung die Abgabenforderungen gegenüber den gesamten Verbindlichkeiten tatsächlich im Verhältnis gering waren (€ 3,658 Mio : € 49.009,07), wobei die gewährte Zahlungserleichterung noch aufrecht war.

Im Hinblick auf diese besonderen Umstände wird ausnahmweise der verbleibende Haftungsbetrag im Rahmen des Ermessens um weitere 50%, somit von € 19.583,84 auf € 9.791,92 reduziert.

Die vom Bw. geltend gemachten "Billigkeitsgründe", deren Berücksichtigung er bei der Ermessensübung vermisst, nämlich seine persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (). Soweit der Bw. damit zum Ausdruck bringt, dass die belangte Behörde nach der Aktenlage von der Uneinbringlichkeit der geltend gemachten Verbindlichkeiten bei ihm ausgehen hätte müssen, weshalb die Heranziehung zur Haftung in Ausübung des Ermessens nicht zweckmäßig sei, ist er darauf hinzuweisen, dass die allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervor gekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
AAAAD-30613