Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 31.08.2011, RV/0108-I/11

Bei Umwandlung von materiellem Eigentum in ideelles Miteigentum wird grunderwerbsteuerpflichtiger Tauschvorgang verwirklicht

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des B, Adr, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Im Grundbuch war zur Liegenschaft in EZ1 vormals im Bestandsblatt A eingetragen:

"Materieller Anteil I: B-LNr 1 (= Anteil 1/1 Eigentümer der EZ2 = F) Materieller Anteil II: B-LNr 2 (= Anteil 1/1 B) Materieller Anteil III: B-LNr 3 (= Anteil 1/1 Eigentümer der EZ3 = T) Materieller Anteil IV: B-LNr 4 (= Anteil 1/1 Eigentümer der EZ2 = F) 1a ... Das auf Gst 99 erbaute Wirtschaftsgebäude ist gem. der ... Skizze materiell in 4 Teile geteilt: MATERIELLER ANTEIL I: Im Erdgeschoß: Eine Wagenremise genannt Wagenstall an der Südostecke; eine Tenne mit einem Pillenteile an der Westseite, östlich begrenzt von den Tennen des Anteiles II III und IV. Im 1. Stock: Die Obtenne oberhalb der vorgenannten Tenne und Pille dieses Anteiles, mit dem oberhalb befindlichen Dachraume. MATERIELLER ANTEIL II: Im Erdgeschoß: Der Stall an der Südwestecke, der kleine Schweinestall unterhalb der Tennenbrücke. Im Hochparterre: Eine Pille an der Südostecke, mit dem daranstoßenden Tennenteile, die oberhalb dieser Räume sich befindliche Obtenne bis zum Dache. MATERIELLER ANTEIL III: Im Erdgeschoß: Ein Stall an der Nordwestseite, ein Stall an der Vorderseite zwischen dem erstgenannten und dem Stall des Anteiles IV, die oberhalb des ersteren befindliche Pille im Hochparterre, mit westlich anstoßendem Tennenteil, die oberhalb dieser Räume befindliche Obtenne mit einer südlich anstoßenden kleinen Obtenne. MATERIELLER ANTEIL IV: Im Erdgeschoß: Wie bei Anteil III ein Stall an der Nordwestecke, die Pille an der Ostseite, oberhalb des ostseitigen Einganges; die an die Pille westlich anstoßende Tenne. Die oberhalb der letztgenannten Pille befindliche Obtenne bis zum Dache. Der Durchgang an der Südseite des Stalles ist den Anteilen I und II, der Gang an der Ostseite den Anteilen III und IV, die Tennenbrücke allen vier Anteilen gemeinsam. Die Bedachung teilt sich nach den Eigentumsanteilen im zweiten Stocke. "

Am wurde zwischen obgenannten materiellen Eigentümern vor dem BG X ein prätorischer Vergleich, auszugsweise folgenden Inhaltes, geschlossen:

"1) ... Die Parteien kommen überein, das materiell geteilte Miteigentum einvernehmlich aufzuheben und ideelles Miteigentum zu begründen. Hiezu halten die Parteien fest, dass die in ihrem Eigentum stehenden bisherigen materiellen Anteile einem ideellen Miteigentum wie folgt entsprechen: A) F ... zu 42 % (frühere materielle Anteile I und IV) B) B ... zu 32 % (früherer materieller Anteil II) C) T ... zu 26 % (früherer materieller Anteil III) 2) Die Parteien vereinbaren, diese Aufhebung des materiellen Eigentums und Begründung ideellen Eigentums grundbücherlich durchzuführen. Sie erteilen daher ihre ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund dieses Vergleiches im Grundbuch ... nachstehende Eintragungen durchgeführt und bewilligt werden: a) in EZ1: ... ad) im B-Blatt die Einverleibung des Eigentumsrechtes für - F ... zu 21/50 Anteilen - B ... zu 16/50 Anteilen - T ... zu 13/50 Anteilen ... 3) Die Parteien halten fest, dass laut Mitteilung der Bewertungsstelle des Finanzamtes ... der anteilige Einheitswert der EZ1 EUR 2.841,27 beträgt. Dies ist gleichzeitig der dem Vergleich zugrunde gelegte Streitwert."

Das Finanzamt hat daraufhin den Verkehrswert der Liegenschaft mit dem 10fachen Einheits-wert, ds. € 28.412,70, geschätzt. Ausgehend von einem Tauschvorgang wurde ua. dem B (= Berufungswerber, Bw) mit Bescheid vom 4. Feber 2011, StrNr, von dessen Tauschleistung € 9.092,06 (= 16/50el von € 28.412,70) die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 318,22 vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung wird vorgebracht, das seinerzeit auf dem Grundstück befindliche Wirtschaftsgebäude sei abgerissen und somit dem seinerzeit vereinbarten materiellen Eigentum die Grundlage entzogen worden. Vor Abriss habe eine Begutachtung und Schätzung bzw. Herausrechnung einer prozentuellen "Eigentümergemeinschaft" stattgefunden. Auf Basis dieses Gutachtens sei nach gerichtlicher Aufhebung des materiellen Eigentums das ideelle Miteigentum (laut Punkt 2 a) ad) des Vergleiches) begründet worden. Es habe keine Eigentumsübertragung, keine Eigentumsverschiebung wie auch keine Ausgleichszahlungen gegeben. Es sei daher rechtsirrig von einer Tauschleistung ausgegangen worden, obwohl kein Tauschvertrag gem. § 1045 ABGB bzw. keine wechselseitige Übertragung von Sachwerten im Rahmen eines entgeltlichen, formfreien Konsensualvertrages vorliege. Der Bescheid sei daher aufzuheben.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde dahin begründet, dass die Aufhebung von materiellem Miteigentum unter gleichzeitiger Begründung von ideellem Miteigentum im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes einen Grundstückstausch darstelle.

Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ohne weitere Begründung begehrt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet. Zu diesen "anderen Rechtsgeschäften" iS dieser Gesetzesstelle zählt insbesondere der Tauschvertrag (vgl. , 0112).

Nach § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG ist Gegenleistung bei einem Tausch die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung. Beim Grundstückstausch ist die "Tauschleistung des anderen Vertragsteiles" das von dem Erwerber des eingetauschten Grundstückes hingegebene Grundstück, das als Gegenleistung mit dem Verkehrswert zu bewerten ist (vgl. u.v.a.).

Gem. § 2 Abs. 1 GrEStG sind unter Grundstücken solche iSd bürgerlichen Rechts zu verstehen. Auch Anteile an einem Grundstück sind nach ständiger Rechtsprechung als Grundstücke iSd § 2 GrEStG anzusehen (vgl. ).

Im Gegenstandsfalle wurde materielles Eigentum an einer Liegenschaft, dh. an materiellen und je im Alleineigentum stehenden Anteilen an einem Wirtschaftsgebäude, in ideelles Miteigentum an einem nunmehr unbebauten Baugrundstück umgewandelt, wobei im Rahmen einer bloß prozentuellen Betrachtung im Vergleich der vormaligen Beteiligung an der Gesamtliegenschaft zu den nunmehr festgelegten Miteigentumsanteilen vermeintlich keine Änderung eingetreten ist.

Sind mehrere Personen Eigentümer derselben ungeteilten Sache so besteht Miteigentum; das Eigentumsrecht ist zwischen den Miteigentümern nach Quoten aufgeteilt. Die Miteigentümer haben Eigentum nach "ideellen Anteilen". In allen Fällen des Miteigentums ist das Recht und nicht die Sache geteilt. Dem Einzelnen gehört kein realer Teil, vielmehr bezieht sich sein Anteilsrecht immer auf die ganze Sache. Über den ihm zustehenden Teil kann er allein verfügen. Wer von ihm erwirbt, wird ebenfalls nur Miteigentümer. Da alle Miteigentümer anteilsmäßig berechtigt sind, haben sie das Recht und im Verhältnis zueinander die Pflicht, die Sache gemeinsam zu verwalten. Jedem Miteigentümer steht das Recht zur Benutzung der gemeinsamen Sache zu; im Übrigen bedarf die Festlegung der Art und des Umfanges der Benutzung der Regelung durch die Miteigentümer. Die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten werden nach dem Verhältnis der Anteile bestimmt (siehe zu vor: § 825 ff. ABGB; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Band II, 10. Aufl., S. 50 f.).

Im Gegensatz dazu steht beim real geteilten Eigentum keine Quote als Miteigentümer, sondern Alleineigentum an einem ganz bestimmten Teil der Sache zu. Solches materiell geteilte Eigentum, teilweise noch bestehend in der Form insbesondere des Stockwerkseigentums, kann nicht mehr neu geschaffen werden. Nach § 5 Abs. 4 Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz, BGBl Nr. 2/1930, können die einzelnen Teile eines materiell geteilten Hauses bis zu ihrer Vereinigung als abgesonderte Grundbuchskörper behandelt werden. Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2001/16/0409, zum materiell geteilten Eigentum in Form des "Stockwerkseigentums" unter Verweis auf OGH-Judikatur weiters ausgeführt: "Bei Bestehen von Stockwerkseigentum liegt eine Sammlung von selbständigen Eigentumsrechten und unselbständigen Miteigentumsrechten vor. Stockwerkseigentum bringt dabei keine vollständige Teilung des Gebäudes mit sich, weil bei der waagrechten Teilung stets Teile vorhanden sind, die den Bedürfnissen aller Hauseigentümer dienen, wie Hauptmauern, Stiegenhaus, Dach etc. An solchen Teilen besteht Miteigentum. Mit dem (Allein)Eigentum an den einen materiellen Anteil bildenden Gebäudeteilen ist ein ideeller Anteil an Grund und Boden als Zubehör verbunden. ...In grunderwerbsteuerlicher Hinsicht ist somit beim Stockwerkseigentum als Grundstück iSd § 2 GrEStG ein bestimmter materieller Gebäudeteil zu sehen. ... Im Beschwerdefall haben die Eigentümer der insgesamt vier materiellen Teile der in Rede stehenden Lieegenschaft zunächst den jeweils anderen Eigentümern jeweils Anteile am materiellen Teil übergebenbzw übernommen. In weiterer Folge wurde die Vereinigung der materiellen Teile und damit die Aufhebung des Stockwerkseigentums vorgenommen. Schließlich räumten die (nunmehr ideellen) Miteigentümer einander das Wohnungseigentum an den näher bezeichneten Wohnungen ein. Damit wurde aber ein materieller Teil der Gesamtliegenschaft, sohin ein Grundstück iSd § 2 Abs. 1 GrEStG, gegen einen ideellen Anteil an dem erst durch die Aufhebung des Stockwerkseigentums rechtlich geschaffenen Grundstück ausgetauscht. Mit einem solchen Tauschvorgang werden aber Erwerbsvorgänge iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht. Der Tausch des materiellen Teiles der Liegenschaft gegen den ideellen Anteil an dem durch die Aufhebung des Stockwerkseigentums entstandenen Grundstück ist damit nach § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG zu versteuern."

Gleiches hat aber bei gegenständlichem Sachverhalt, bei dem zwar nicht waagrechtes Stockwerkseigentum, so doch materielles Eigentum an bestimmten Teilen eines Gebäudes vorliegt, zu gelten, wenn die Eigentümer der insgesamt vier materiellen Anteile aufgrund des geschlossenen Vergleiches ebenso das materielle Eigentum aufheben und gleichzeitig ideelles Miteigentum schaffen. Entgegen dem Dafürhalten des Bw ist diesfalls nach obiger Judikatur insofern sehr wohl ein Tausch und damit ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht, da die materiellen Anteile am Grundstück gegen ideelle Miteigentumsanteile an einem Grundstück, das erst durch die Aufhebung des materiellen/realen Eigentums überhaupt entstanden ist, ausgetauscht werden.

Auf den Einwand des Bw, es habe - offenkundig im Hinblick auf den prozentuell gleichbleibenden nunmehrigen ideellen Miteigentumsanteil - keine Eigentumsverschiebung stattgefunden, gilt es zu erwidern, dass zwischen dem Alleineigentum (an realen Anteilen) an einer Liegenschaft und dem Bruchteilseigentum an einer Liegenschaft zweifellos zum Einen in der Ausübung der Herrschaftsbefugnisse über die Liegenschaft und zum Anderen auch hinsichtlich der Verwertbarkeit der Liegenschaft derartige Unterschiede bestehen, sodass durch die getroffene Vereinbarung in wirtschaftlichen Gegebenheiten entscheidende Veränderungen eingetreten sind. Damit kann aber von einer - wirtschaftlich - unveränderten Eigentumssituation der Vertragsparteien keine Rede sein (vgl. ).

Wenn demnach die getroffenen Vereinbarungen rechtlich als Tausch zu qualifizieren sind, so bedarf es hiezu auch keines ausdrücklich abgeschlossenen "Tauschvertrages". Das "Entgelt" bzw. die zu versteuernde Gegenleistung besteht dabei - wie oben ausgeführt - zufolge § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG in dem vom jeweiligen Erwerber der ideellen Anteile hingegebenen (anteiligen) Tauschgrundstück, das mit dem Verkehrswert anzusetzen ist. Festgehalten wird, dass gegen die im Wege der Schätzung vom Finanzamt vorgenommene Bewertung der Tauschleistung keinerlei Einwand erhoben wurde.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass eine Anwendung der Befreiungsbestimmung nach § 3 Abs. 2 GrEStG, wonach nur die Teilung eines (einheitlichen) Grundstückes der Fläche nach, also die Umwandlung von Quoteneigentum (ideellem Miteigentum) in Flächeneigentum begünstigt wird, auf den sohin gegenteiligen Berufungsfall von vorneherein nicht in Betracht kommt (vgl. in ). Überdies wäre auch eine solche "Realteilung" grundsätzlich dem Tauschvertrag nach § 1045 ABGB gleichzusetzen ().

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Berufung kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Tauschvertrag
Quoteneigentum
ideelles Miteigentum
materielles Eigentum
materieller Teil
Stockwerkseigentum
Tauschleistung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at