Nachvermächtnis
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der IG, Adr, vertreten durch Mc Tax Steuerberatung GmbH, Steuerberatungskanzlei, 4020 Linz, Am Winterhafen 11, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird wie in der Berufungsvorentscheidung abgeändert.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuerpflichtiger Erwerb | 20.552,00 €
| Abgabe | 1.074,38 €
|
Entscheidungsgründe
HP und ihr Ehegatte Ing. AP waren ua. Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ XY. Am xx.xx.1995 ist HP verstorben. In ihrem Testament vom hat sie ihren Ehegatten Ing. AP als Universalerben eingesetzt. Hinsichtlich ihres Liegenschaftsbesitzes hat die Erblasserin eine fideikommissarische Substitution zugunsten ihrer beiden Töchter IG und AK angeordnet.
Der erbl. Witwer hat die unbedingte Erbserklärung abgegeben und ist daher im Grundbuch hinsichtlich der Nachlassliegenschaften das Eigentumsrecht für Ing. AP eingetragen und gleichzeitig die fideikommissarische Substitution zugunsten der Töchter angemerkt worden.
Am xx.xx.2008 ist Ing. AP verstorben. In der Folge hat das Bezirksgericht aufgrund des eingetretenen Substitutionsfalles ob dem (von der Mutter herstammenden) Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ XY die Einverleibung des Eigentumsrechtes für IG und die Löschung der Anmerkung der fideikommissarischen Substitution angeordnet.
Das Finanzamt hat daraufhin mit Bescheid vom der IG Erbschaftssteuer (ErbSt) für einen Erwerb von Todes wegen nach HP, Stichtag xx.xx.1995, wie folgt vorgeschrieben.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
½ 3-facher Einheitswert | 315.000,10 S =22.891,95 €
| ||
Kosten | - 1.923,69 S | ||
Freibetrag | - 30.000,00 S | ||
steuerpflichtiger Erwerb | 283.070,00 S | davon 3 % | 8.492,10 S |
1 %
Äquivalent (von 315.000) | 3.150,00 S | ||
11.642,00 S | |||
ErbSt | = 846,06 €
|
Dagegen hat IG, nunmehrige Berufungswerberin, =Bw, mit der Begründung Berufung eingelegt, sie habe bereits im Jahr 1995 das Erbe angetreten und sei die Erbschaft ordnungsgemäß angezeigt und die ErbSt entrichtet worden. Jetzt sei der Fruchtnießer verstorben. Daher sei Verjährung eingetreten. Zum Beweis hat die Bw den seinerzeitigen ErbSt-Bescheid vom beigelegt.
Mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom hat das Finanzamt dem Grunde nach die Berufung als unbegründet abgewiesen, die ErbSt allerdings neu berechnet.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
½ 3-facher Einheitswert | 22.891,95 €
| ||
½ Notarkosten | 139,80 €
| ||
Freibetrag | 2.200,00 €
| ||
steuerpflichtiger Erwerb | 20.552,00 €
| davon 3 % | 616,56 €
|
2 %
Äquivalent (von 22.891) | 457,82 €
| ||
ErbSt | 1.074,38 €
|
Dagegen hat die Bw am sinngemäß einen Vorlageantrag gestellt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Erwerbe von Todes wegen unterliegen der Erbschaftssteuer. Gemäß § 2 Abs. 1 Z1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1987 (ErbStG) gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Hinsichtlich Vor- und Nacherbschaften bestimmt § 5 ErbStG Folgendes:
(1) Der Vorerbe gilt als Erbe.
(2) Beim Eintritt des Falles der Nacherbfolge haben diejenigen, auf die das Vermögen übergeht, den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Auf Antrag ist der Besteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen.
(3) Tritt der Fall der Nacherbfolge nicht durch den Tod des Vorerben ein, so gilt die Vorerbfolge als auflösend bedingter, die Nacherbfolge als aufschiebend bedingter Anfall. In diesem Falle ist dem Nacherben die vom Vorerben entrichtete Steuer abzüglich desjenigen Steuerbetrages anzurechnen, welche der tatsächlichen Bereicherung des Vorerben entspricht.
(4) Nachvermächtnisse und beim Tode des Beschwerten fällige Vermächtnisse stehen den Nacherbschaften gleich.
Gemäß § 8 Abs. 4 lit. a ErbStG erhöht sich die ... Steuer bei Zuwendungen an ... ein Kind des Zuwendenden um 2 %.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z1 lit. h ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen grundsätzlich mit dem Tode des Erblassers, jedoch ... h) für den Erwerb des Nacherben mit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Nacherbfolge.
Zivilrechtlich erlangt der Vorerbe mit der Einantwortung die Stellung eines zeitlich beschränkten Eigentümers (Fruchtnießers). Das Erbrecht des Nacherben ist aufschiebend bedingt durch den Eintritt des Substitutionsfalles. Vor- und Nacherbe haben zusammen Volleigentum. Ihre Berechtigungen ergänzen einander, sodass eine Eigentumsrechtsteilung eigener Art besteht.
Erbschaftssteuerlich bedeutet aber die Vorschrift des § 5 Abs. 1 ErbStG, dass der Vorerbe und der Nacherbe als selbständige Erben betrachtet werden. Damit hat das ErbStG für steuerliche Zwecke eine Regelung getroffen, die vom bürgerlichen Recht abweicht. Der Vorerbe gilt steuerrechtlich als voller unbedingter Erbe. Der Erwerb des Nacherben stellt eine - weitere - Übertragung von Todes wegen dar. Erwerbe des Nacherben fallen also unter § 2 Abs. 1 Z1 ErbStG. Auf Grund der Bestimmung des § 5 Abs. 4 ErbStG stehen Nachvermächtnisse den Nacherbschaften gleich.
Wegen der ausdrücklichen Bestimmung des § 12 Abs.1 Z1 lit. h ErbStG unterliegt erst der Vermögenserwerb durch Eintritt des Nacherbfalls der Steuer. Der Nacherbe wird erst steuerpflichtig, wenn sein Erbschaftsanfall eintritt - das ist mit dem Tod des Vorerben - und er die Erbschaft antritt. Beim Eintritt des Falles der Nacherbfolge haben diejenigen, auf die das Vermögen übergeht, den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Auch die Abgabenschuld des Nachvermächtnisnehmers entsteht im Zeitpunkt des Todes des Vorvermächtnisnehmers.
Nach einer Aussage des Bundesfinanzhof ist dies gerechtfertigt, weil die durch den Tod des Erblassers dem Nacherben zuwachsende Anwartschaft eine noch nicht genügend greifbare Vermögensposition darstellt, der Übergang von Vermögen vielmehr erst mit dem Eintritt des Nacherbfalles erfolgt, bzw. vielleicht niemals erfolgen wird.
Der Zeitpunkt, in dem die Steuerschuld entsteht, ist insbesondere für die Anwendung des Gesetzes und für den Beginn der Verjährungsfrist entscheidend.
Im Berufungsfall hat die Erblasserin HP, die Mutter der Bw, ihren Hälfteanteil an der gegenständlichen Liegenschaft zunächst ihrem Ehegatten Ing. AP vererbt. Somit war Ing. AP, der Vater der Bw, der Vorerbe. Der Vorerbe ist im Jänner 2008 verstorben. Erst nach dessen Tod erhielt die Bw sodann das Legat als Nachvermächtnisnehmerin entsprechend der fideikommissarischen Substitution durch die Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes vom .
Auf Basis der dargestellten Rechtslage ist die Liegenschaft XY, erst im Zeitpunkt des Todes des Vaters an die Bw angefallen und die ErbSt-Schuld im Jänner 2008 entstanden. Das Finanzamt hat den angefochtenen ErbSt-Bescheid am erlassen. Entgegen der Ansicht der Bw ist daher Bemessungsverjährung gemäß § 207 BAO nicht eingetreten.
Für die Steuerberechnung ist ebenfalls die im Jänner 2008 gültige Rechtslage heranzuziehen, sodass das Finanzamt in seiner BVE zu Recht den (ab ) erhöhten Prozentsatz von 2 % "Grunderwerbsteueräquivalent" angewendet hat. Dem ErbSt-Bescheid aus dem Jahr 1997 liegt ein weiteres Barlegat über 200.000,00 S zugrunde. Im Übrigen hat die Bw keine Bedenken gegen die ErbSt-Vorschreibung vorgebracht.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 5 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 12 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at