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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.11.2013, RV/2281-W/13

Kein zwingender Studienwechsel bei Umstieg vom Lehramtsstudium Französisch auf Lehramtsstudium Deutsch

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., X., gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2012 bis Februar 2013 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) bezog für ihre Tochter A., geb. 1990, im Streitzeitraum März 2012 bis Februar 2013 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

A. begann im Wintersemester 2010/11 mit dem Doppelstudium LA Geografie/Französisch und wechselte im Sommersemester 2012 auf das Doppelstudium LA Geographie/Deutsch.

Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom die für den oben genannten Zeitraum bezogenen Beträge unter Verweis auf die Bestimmungen der §§ 2 Abs. 1 lit. b und 25 FLAG 1967 sowie § 17 StudFG zurück und führte aus, dass bei A. durch den Studienwechsel eine Wartezeit von 3 Semestern (Sommersemester 2012, Wintersemester 2012 und Sommersemester 2013) entstanden sei. Ab dem Wintersemester 2013 könne die Familienbeihilfe wieder beantragt werden.

Die Bw. erhob gegen den Rückforderungsbescheid Berufung und führte darin im Wesentlichen aus, dass A. im Zeitraum von Oktober 2010 bis März 2012 laufend Prüfungen für das Lehramtsstudium Französisch/Geographie und Wirtschaftskunde abgelegt habe. Für das Französischstudium wäre ein Auslandsaufenthalt erforderlich gewesen, um das persönliche Sprachniveau zu heben. Ihre Tochter hätte sich jedoch während ihres Studiums einer psychotherapeutischen Behandlung unterziehen müssen, weil sie an Panikattacken gelitten habe. Auf Grund wiederkehrender Zustände, auch während des Studiums, hätte sie Hilfe für ihre Tochter gesucht und diese hätte sich einer Behandlung unterzogen. A. hätte sich aus diesem Grund zu einem Studienwechsel von Französisch auf Deutsch veranlasst gesehen. Der Studienwechsel sei dem Finanzamt persönlich gemeldet worden und es sei ihr mitgeteilt worden, dass die Unterlagen weitergeleitet würden. Bis zum notwendigen Wechsel aus gesundheitlichen Gründen habe A. ihre Prüfungen sorgsam und korrekt abgelegt.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung unter Verweis auf die relevanten Bestimmungen (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, § 17 StudFG) im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass nach § 17 StudFG ein günstiger Studienerfolg unter anderem dann nicht vorliege, wenn das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldetem Semester gewechselt werde. Eine vollständige Studienbehinderung infolge eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses, zB wegen Krankheit, oder ein nachgewiesenes Auslandsstudium während des im Inland betriebenen Studiums würden die vorgesehene Studienzeit verlängern. Eine Verlängerung der Studienzeit erfolge nur semesterweise, wobei eine Verlängerung nur möglich sei, wenn die Studienbehinderung pro Semester mindestens drei Monate lang ununterbrochen angedauert habe.

Da Tochter A. das Studium nach dem dritten Semester gewechselt habe, erlösche der Anspruch auf Familienbeihilfe. Ein Verlängerungssemester auf Grund einer Krankheit könne nicht gewährt werden, da A. laut Bestätigung der Uni Wien laufend Prüfungen abgelegt habe und keine Unterbrechung von mindestens drei Monaten pro Semester vorgelegen sei.

Die Bw. brachte einen Vorlageantrag ein und führte darin aus, dass ihre Tochter zwar nach dem dritten Semester, aber vor Beginn des vierten Semesters, den Studienwechsel vollzogen habe. Die Fristüberschreitung als Ablehnungskriterium heranzuziehen, sei in diesem Fall für sie nicht nachvollziehbar und eine besondere Härte, zumal der Wechsel ja nicht, wie im Ablehnungsbescheid angeführt, nach dem zweiten, sondern noch während des zweiten Ausbildungsjahres erfolgt sei und ihre Tochter Prüfungen für ihre Ausbildung weiter erfolgreich abgelegt habe.

A. habe am ihre Uminskribierung an der Uni gemeldet und sei für das Sommersemester für die Unterrichtsfächer Deutsch/Geographie zugelassen worden. Ihre abgelegten Geographieprüfungen seien für das neue Studium angerechnet worden.

Betreffend die Erkrankung ihrer Tochter führte die Bw. aus, dass die Beeinträchtigung der Entscheidungsfindung ihrer Tochter durch Panikattacken nicht mit einer körperlichen Erkrankung gleichgesetzt werden könne, mit der eine Absenz vom Studium zwangsläufig einhergehe. Die Erkrankung ihrer Tochter habe sich über mehr als ein Jahr hingezogen, somit mehr als drei Monate. Wäre ihre Tochter auf Grund ihrer Erkrankung für mehr als drei Monate pro Semester der Universität ferngeblieben und hätte so keine Prüfungen abgelegt, wäre dem Gesetz genüge getan gewesen. A. habe keinen erfolgreichen Abschluss im vorhergesehenen Zeitraum erreichen können, da sie für Kurse nachweisbar gemeldet gewesen, aber ihre Anmeldung wegen der zu geringen Anzahl von Kursplätzen abgelehnt worden sei und auf Grund ihrer Ummeldung auf Geographie/Deutsch auch in der Prüfungsliste für Geographie neu gereiht worden wäre. A. ist und sei stets bemüht gewesen, die Prüfungen zeitgerecht abzulegen. Der Abschluss des ersten Abschnittes in Geographie sei mit der letzten erforderlichen Prüfung absolviert.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Tochter der Bw. nahm im Wintersemester 2010/11 an der Universität Wien das Doppelstudium LA Geografie/Französisch auf und wechselte im Sommersemester 2012, somit nach drei Semestern, auf das Doppelstudium LA Geographie/Deutsch.

A. leidet bzw. litt im Streitzeitraum an einer generalisierten Angststörung (Arztbrief Dr. W. E., FA für Psychiatrie und Neurologie, vom ). Sie befand sich nachweislich vom bis wegen ihrer generalisierten Angststörung und episodisch paroxysmaler Angst in medizinisch-therapeutischer Betreuung (Attest Dr. F., MAS, Praxis für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin, vom ).

2. Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gelten bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf die Familienbeihilfe. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.

§ 17 StudFG lautet wie folgt:

"(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.

(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.

(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Studienwechsel

Im gegenständlichen Fall erfolgte die Rückforderung der Familienbeihilfe deshalb, da A. von dem im Wintersemester 2010/11 begonnenen Doppelstudium LA Geografie/Französisch im Sommersemester 2012, also nach dem dritten Semester, auf das Doppelstudium LA Geographie/Deutsch wechselte.

Das StudFG enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffes des Studienwechsels bzw. keine nähere Umschreibung, wann davon auszugehen ist, dass iSd § 50 Abs. 2 Z. 3 StudFG "ein anderes Studium" aufgenommen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits zu § 2 Abs. 3 lit. a des Studienförderungsgesetzes 1983 und in der Folge zum StudFG (vgl. ; , 98/12/0163; , 2000/12/0053; , 2001/10/0144) ausgesprochen, dass ein Studienwechsel dann vorliegt, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des Studienförderungsgesetzes fallendes Studium beginnt.

In seinem erwähnten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis darauf, dass der Begriff "Studium" im Sinne des StudFG jeweils durch die Inskription bzw. nach dem UniStG durch die Zulassung zu einem bestimmten (Diplom- oder Doktorats-) Studium und die Meldung der Fortsetzung des Studiums der jeweiligen Studienrichtung (vgl. § 32 UniStG) bestimmt wird, insofern also eine grundsätzliche Übereinstimmung zwischen Studienrecht und Studienförderungsrecht vorliegt, die Auffassung vertreten, dass die Zulassung zu einer anderen Studienrichtung - bei Nichtfortsetzung des bisher betriebenen Studiums - auch im Sinne des StudFG ein Studienwechsel ist und (iSd Erläuterungen zur RV zur Stammfassung des § 13 StudFG) jede Änderung einer der kombinationspflichtigen Studienrichtungen einen Studienwechsel darstellt. Diese Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis vom bestätigt.

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen handelt es sich bei dem von der Tochter der Bw. im Sommersemester 2012 vorgenommenen Wechsel des Studiums um einen schädlichen Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 2 StuFG, da A. erst am Ende des dritten Semesters nach Beginn des bisherigen Studiums LA Geografie/Französisch (Wintersemester 2010/11) im Sommersemester 2012 auf das Doppelstudium LA Geographie/Deutsch wechselte. Eine Bedachtnahme auf "Ausbildungsjahre" ist nur in den Fällen relevant, in denen ein Studium nicht in Semester eingeteilt ist (sh. Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 99 mit Hinweis auf ).

3.2. Zwingender Studienwechsel?

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis , aus, mit der Wendung "zwingend herbeigeführt" verlange der Gesetzgeber einen qualifizierten Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung, der über eine "bloße Kausalität" hinausgehe. Als Beispiele hierfür werden in , eine gravierende Handverletzung genannt, die zwar das Studium eines Musikinstruments ausschließt, nicht aber ein geisteswissenschaftliches Studium, sowie eine Beeinträchtigung des Bewegungsapparates, die zwar die Weiterführung eines sportwissenschaftlichen Studiums unmöglich macht, nicht aber etwa ein rechtswissenschaftliches Studium. In , anerkennt der Gerichtshof auch psychische Störungen von erheblichem Krankheitswert als mögliche Gründe, ein Studium zu wechseln (sh. auch Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 104).

Als einzigen Grund, warum der Tochter die Weiterführung des bisherigen Lehramtsstudiums Französisch nicht möglich war und sie auf Deutsch wechselte, bringt die Bw. vor, die Tochter hätte aufgrund ihrer psychischen Probleme kein Auslandssemester absolvieren können.

Der Studienplan Teil Lehramt Französisch, Italienisch und Spanisch (s. Mitteilungsblatt der Universität Wien vom , Stück XXXII, Nr. 321; inklusive Änderungen erschienen im Mitteilungsblatt, 26. Stück, Nr. 220, ) sieht allerdings in Punkt 9.2.3 Folgendes vor:

"9.2.3 Auslandsstudium und Auslandsaufenthalte

9.2.3.1 Allen Studierenden der romanistischen Unterrichtsfächer wird die Absolvierung mindestens eines Auslandssemesters an Universitäten oder Hochschulen im Sprachraum der studierten romanischen Sprache dringend empfohlen. In diesem Zusammenhang wird insbesondere geraten, die Angebote der europäischen Mobilitätsprogramme wahrzunehmen, die im Falle eines Auslandsstudiums eine Minimierung des Planungsaufwands erlauben und im voraus bestimmbare Anerkennungsmöglichkeiten absolvierbarer Prüfungsteile bieten.

9.2.3.2 Falls ein solches Auslandsstudium nicht realisierbar ist, wird den Studierenden dringend empfohlen, dieses durch wiederholte Aufenthalte im Sprachraum der studierten romanischen Sprache zu kompensieren, die insbesondere zur Festigung sprachpraktischer Fertigkeiten genutzt werden sollten."

Hieraus ergibt sich, dass sowohl ein Auslandssemester als auch ein Auslandsaufenthalt "dringend empfohlen" wird, aber nicht Voraussetzung für die Absolvierung des Französischstudiums ist. Überdies bringt die Bw. nicht vor, warum ihrer Tochter nicht zumindest wiederholte Aufenthalte im französischsprachigen Raum möglich gewesen sein sollen.

Somit wurde der Studienwechsel nicht zwingend herbeigeführt. Eine Weitergewährung von Familienbeihilfe kann nach § 17 Abs. 4 StudFG erst dann erfolgen, wenn in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie im vor dem Studienwechsel betriebenen Studium zurückgelegt worden sind. Sollten allerdings Prüfungen aus Französisch für Deutsch anerkannt worden sein, würde dies die Wartezeit verkürzen.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at