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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.08.2011, RV/1037-W/11

Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand infolge unentschuldbarer Fehlleistung einer Kanzleiangestellten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., M., vertreten durch st.V., Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, W., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes XYZ, vom betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung des Verfahrens (§ 308 BAO) hinsichtlich Einkommensteuer 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt XYZ den Antrag vom auf Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2005 mit der Begründung ab, die elektronische Erklärungsabgabe für 2005 vom war abzuweisen, da diese verspätet (Abgabefrist: 5 Jahre) abgegeben worden sei.

Am stellte die Bw. durch ihren steuerlichen Vertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung der Erklärung 2005 in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO.

Der Antrag wurde wie folgt begründet:"Am haben wir die Unterlagen zur Abgabe der Erklärungen 2005, 2006 und 2009 erhalten. Die Belege waren derart sortiert, dass man ohne genauere Durchsicht sämtlicher Belege nicht erkennen konnte, dass sich darunter auch Belege betreffend 2005 und 2006 befinden. Als wir am die Erklärungen vorbereiteten, mussten wir vorher genannte Tatsache feststellen. Dieser Irrtum stellt ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar. Beantragt wird somit die Wiedereinsetzung und bescheidmäßige Erledigung laut Erklärung 2005."

Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz den gegenständlichen Antrag der Bw. ab und führte begründend aus, dass die im Wiedereinsetzungsantrag angeführten Gründe kein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 308 Abs 1 BAO darstellten. Zu erkennen, dass sich auch Belege von 2005 in den Unterlagen befanden, sei einem Steuerberater zuzumuten, insofern liege kein unvorhergesehenes Ereignis vor. Einem Durchschnittsmensch sei die Zuordnung von Belegen des Jahres 2005 zu diesem Jahr zumutbar, insofern liege auch kein unabwendbares Ereignis vor.

Gegen den abweislichen Bescheid des Finanzamtes wurde form- und fristgerecht Berufung erhoben und die ersatzlose Aufhebung des Bescheides mit folgender Begründung begehrt: "Gerade beim Durchschnittsmenschen können Irrtümer und Fehlleistungen vorkommen. Auch bei Mitarbeitern des Finanzamtes habe ich schon derartiges erlebt, daraus folgt, dass auch bei Steuerberatern angestellten Personen Fehler zumutbar sind. Vor allem entspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass in einem Betrieb alles fehlerfrei abläuft. Wie schon ausgeführt, hat die Mitarbeiterin die Belege aus 2005 übersehen und beim Erstellen der Erklärungen 2006 und folgende im Jahr 2011 ist ihr dies aufgefallen, für mich ist dies der klassische Fall eines unvorhersehbaren Ereignisses."

Am wurde das Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 308 Abs 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Das der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ziel der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist es, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Rechtsnachteile zu beseitigen, die einer Partei daraus erwachsen, dass sie eine Frist ohne grobes Verschulden versäumt hat (Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, 3., überarbeitete Auflage, Seite 959, Rz. 1 zu § 308). Das Institut der Wiedereinsetzung bezweckt demnach, ein bereits abgeschlossenes Verfahren wieder in Gang zu setzen und die Partei in jenen Stand des früheren Verfahrens zurückzuversetzen, in dem es sich vor Ablauf der versäumten Frist befunden hat.

Zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung zählt der Umstand, dass die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, wobei unter einem Ereignis im Sinne des § 308 BAO nicht nur ein Geschehen in der Außenwelt sondern psychische Vorgänge wie beispielsweise Vergessen oder Übersehen verstanden werden.

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Ereignis unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwartet werden konnte ().

Hingegen ist ein Ereignis unabwendbar im Sinne des § 308 BAO, wenn es bei Anwendung der normalerweise erreichbaren Möglichkeiten und Mittel durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte ().

Keine Wiedereinsetzungsgründe sind nach der Rechtsprechung Arbeitsüberlastung und familiäre Probleme ().

Als weitere Voraussetzung darf auf Seiten der Partei bzw. des Vertreters kein Verschulden an der Versäumung der Frist vorliegen, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht. Zufolge der Bestimmung des § 308 Abs. 1 BAO hat der Wiedereinsetzungswerber zu behaupten und glaubhaft zu machen, dass er unverschuldet infolge eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses verhindert war, eine Frist einzuhalten.

Im Wiedereinsetzungsantrag wird die Fristversäumnis lediglich darauf zurückgeführt, dass die Unterlagen zur Abgabe der Erklärung 2005 erst am dem steuerlichen Vertreter übermittelt worden und die Belege derart sortiert gewesen seien, dass man ohne genauere Durchsicht sämtlicher Belege nicht habe erkennen können, dass sich darunter auch Belege betreffend 2005 befunden haben und erst am im Zuge der Erklärungsvorbereitung diese Tatsache festgestellt worden sei. In der gegenständlichen Berufung wurde darauf hingewiesen, dass die Mitarbeiterin die Belege aus 2005 übersehen habe und ihr erst beim Erstellen der Erklärungen 2006 und folgende im Jahr 2011 dies aufgefallen sei, dies sei der klassische Fall eines unvorhersehbaren Ereignisses.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleich zu halten, nicht jedoch das Verschulden anderer Personen (). Das Verschulden eines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Vertreters darf demnach dem Verschulden der Partei oder des Vertreters nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden ().

Daher muss der steuerliche Vertreter die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass die richtige und fristgerechte Vormerkung von Terminen und damit eine rechtzeitige Einbringung von Rechtsmitteln sichergestellt ist (). Zusätzlich ist durch entsprechende Kontrollen vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind ().

Die Unterlassung der Ausübung dieser Verpflichtung bedeutet ein Überwachungsverschulden, welches letztlich der Partei selbst zu Lasten fällt. Maßgebend ist demnach, ob dem Parteienvertreter mangelhafte Überwachung und Kontrolle anzulasten sind.

Ob ein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt bzw. ob grobes Verschulden anzunehmen ist, muss stets nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Bw. bzw. seines Vertreters beurteilt werden (Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, 3., überarbeitete Auflage, Seite 962, Rz. 16 zu § 308).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Sorgfaltspflicht jedenfalls dann noch gewahrt, wenn dem Vertreter nur ein minderer Grad des Versehens unterläuft (). Ein lediglich minderer Grad des Versehens ist der leichten Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB gleichzusetzen. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (). Auffallend sorglos handelt derjenige, der die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und persönlich zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt, wobei an rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist, als an rechtskundige Personen ().

Nach einhelliger Rechtsprechung ist allerdings das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers im Wiedereinsetzungsantrag gesteckt wird ().

Die einzige Behauptung, die die Bw. in ihrem Wiedereinsetzungsantrag und in der Berufung aufgestellt hat bzw. als Wiedereinsetzungsgrund ins Treffen führt und die als erwiesen angenommen wird, ist das Übersehen der Belege (Beilagen) für die Antragsveranlagung 2005, ohne hiefür irgendwelche Rechtfertigungsgründe ins Treffen zu führen, die sich aus dem persönlichen Umfeld der damit betrauten Kanzleimitarbeiterin ergeben könnten. Offensichtlich und unbestritten ergibt sich aus der Aktenlage, dass diese das durch die Bw. deren Steuerberater am ( noch fristgerecht ) übermittelte Konvolut für die Einreichung der Erklärungen der Veranlagungsjahre 2005, 2006 und 2009 einfach ungeprüft abgelegt und durch diese Sorgfaltswidrigkeit die Frist für die Erklärungsabgabe 2005 schuldhaft versäumt hat.

Ein derart nachlässiges Verhalten stellt nach Ansicht des UFS aber ein grobes Verschulden dar, das über einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) hinausgeht, zumal diesfalls die nach der geltenden Rechtsprechung definierte "persönlich zumutbare Sorgfalt" jedenfalls außer Acht gelassen wurde. Daran vermag auch das Argument, wonach der steuerliche Vertreter bei Finanzamtsmitarbeitern auch derartige Fehlleistungen erlebt hätte, woraus für ihn folge, dass auch bei Steuerberatern angestellten Personen Fehler zumutbar seien, nichts zu ändern.

Mangels jeglichen Vorbringens des steuerlichen Vertreters, wonach dieser durch entsprechende organisatorische Vorsorge- und Kontrollmaßnahmen in seiner Kanzlei die ihm auferlegte Sorgfalts- bzw. Überwachungspflicht zur Vermeidung derartiger Fristversäumnisse erfüllt habe, stellt das Fehlverhalten der Kanzleibediensteten für den Vertreter und damit auch für die von ihm vertretene Partei kein rechtfertigendes Ereignis im Sinne des § 308 BAO dar.

Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages war daher als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Wiedereinsetzung
Versehen
ungeprüftes Ablegen von Belegen
Kanzleimitarbeiterin
Fristversäumnis
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at