Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 12.11.2013, RV/4243-W/09

Berichtigung eines ESt-Bescheides gemäß § 293 BAO sowie Ersetzung eines fehlerhaften ESt-Bescheides durch einen neuen ESt-Bescheid gemäß § 295 Abs. 1 BAO


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Miterledigte GZ:
RV/4242-W/09


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/4243-W/09-RS1
Die Berichtigung eines Bescheides gemäß § 293 BAO soll den (die) tatsächliche(n) Bescheidwillen (Bescheidabsicht), welche(r) in der Bescheidausfertigung zunächst nicht richtig ausgedrückt worden ist, durchsetzen. Zur Anwendung des § 293 BAO ist es erforderlich, diese Bescheidabsicht aus der Aktenlage klar zu erkennen. Wenn die Aktenlage (inklusive Bescheidbegründung), wie sie zum Zeitpunkt der ursprünglichen Bescheidausfertigung war, keinen von dem ursprünglich ausgefertigten Bescheidspruch abweichenden Bescheidwillen erkennen lässt, kann der Spruch des Bescheides nicht gemäß § 293 BAO berichtigt werden.
RV/4243-W/09-RS2
Wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einkommensteuerbescheides gemäß § 295 Abs. 1 BAO gegeben sind, ist diese durchzuführen. Wenn damit bisherige Fehler der Einkommensteuerveranlagung behoben werden, so ist dies ein Nebeneffekt, der nicht als Ausnahme von der zwingenden, ohne Ermessensübung erfolgenden Erlassung des neuen Einkommensteuerbescheides normiert ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Christian Seywald, Elfriede Fischer und Johann Gamper am über die Berufungen der Bw, Deutschland, vertreten durch östStbgmbH,

1.) vom gegen den gemäß § 295 Abs 1 BAO erlassenen Einkommensteuerbescheid 2006 des Finanzamtes X vom ,

2.) vom gegen den - mit "EINKOMMENSTEUERBESCHEID 2005Berichtigung gem. § 293 BAO zu Bescheid vom " bezeichneten - Bescheid des Finanzamtes X vom zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2005 vom gemäß § 293 BAO

entschieden:

1.) Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vom wird als unbegründet abgewiesen.

Dieser angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

2.) Der Berufung gegen den Bescheid vom zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2005 gemäß § 293 BAO wird Folge gegeben. Der Berichtigungsbescheid vom wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw) ist in Deutschland steuerlich ansässig (vgl. Bestätigungen des Finanzamtes D auf Formular E9 für die Streitjahre mit jeweils negativen Einkünften, für die der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht hat: ESt-Akt Bl 11/2005, Bl 2 f/2006).

A) (betreffend Spruchpunkt 2) Chronologischer Ablauf des erstinstanzlichen Einkommensteuerverfahrens der Bw für das Streitjahr 2005 sowie der auf die Bw bezogenen Einkünftefeststellung für 2005:

a) Einkünftefeststellung für das Jahr 2005:

Das Finanzamt X stellte mit Bescheid vom unter der Steuernummer a die Einkünfte der A-Personengesellschaft gemäß § 188 BAO fest, wobei auf die Bw folgende Anteile entfielen:

  • Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 84.815,50 €;

  • darin enthalten:

    • Kapitalerträge aus endbesteuerungsfähigen Kapitalanlagen zum vollen Steuersatz iHv 715,87 €,

    • Kapitalerträge aus endbesteuerungsfähigen Kapitalanlagen zum halben Steuersatz iHv 53.384,19 €;

  • davon einbehalten: Kapitalertragsteuer (KESt), soweit sie auf endbesteuerungsfähige Kapitalerträge entfällt, iHv 13.506,41 €.

Eine Mitteilung des Finanzamtes X über die für die Bw festgestellten Anteile wurde zum Steuerakt der Bw genommen (ESt-Akt Bl 12 f/2005).

b) Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005:

Die Bw beantragte durch ihre steuerliche Vertretung mit Schreiben vom (ESt-Akt Bl 1/2005) gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig.

In der diesem Schreiben beigelegenen Einkommensteuererklärung der Bw auf Papierformular E1 für das Jahr 2005 waren die Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer ohne endbesteuerungsfähige Kapitalerträge mit 30.715,43 € und die darin nicht enthaltenen betrieblichen Kapitalerträge, deren Mitveranlagung beantragt werde (Kennzahl 784) mit 54.100,07 € angegeben, was in Summe 84.815,50 € (unter Kennzahl 330 eingetragen) ergab. Unter Kennzahl 364 - neben Kennzahl 365 eine der beiden Kennzahlen zur Eintragung anzurechnender österreichischer KESt - war KESt iHv 13.506,41 € eingetragen. Unter Kennzahl 462 waren die offenen Verlustabzüge aus Vorjahren mit 369.783,10 € angegeben. Laut Beilage E106b zur Einkommensteuererklärung stammten die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 30.715,43 € sowie die auf betriebliche Kapitalerträge entfallende KESt (Kennzahl 365, im Formular E106b die einzige KESt-Kennzahl) iHv 13.506,41 € aus der Beteiligung der Bw an a-Gesellschaft, St.Nr. A.

c) Vorbereitung und Erlassung des Bescheides vom :

Aus dem elektronischen Akt nachvollziehbar ist die weitere Verarbeitung beim Finanzamt (nur) hinsichtlich des Inhaltes der Kennzahlen bzw der Datenfelder ohne Kennzahl (die Ursachen für vor Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom vorgenommene Veränderungen wurden vom Finanzamt in einem Schreiben vom bzw. dessen Beilagen angegeben und werden hier in der letzten Spalte der anschließenden Tabelle dargestellt):


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Kennzahl bzw. Datenfeld
Ersteingabe
Veränderung vor
vom Finanzamt im Schreiben vom angegebene Ursache für Veränderung
E106b: Anteil an den Einkünften aus Gewerbebetrieb
30.715,43
E106b: Kzl. 365
keine (abwei- chend zu E106b)
keine weitere ggü. Ersteing.
[vgl. auch zu Kzl. 365 auf E1] Kzl. 365 [insgesamt, d.h. aus E1] darf nicht kleiner sein als Kzl. 365 aus E106b
E1: Kzl. 784
54.100,07
Löschung
E1: Kzl. 330
84.815,50
30.715,43
E1: Kzl. 365
13.506,41
[vgl. auch zu Kzl. 365 auf E106b] Kzl. 365 [insgesamt, d.h. aus E1] darf nicht kleiner sein als Kzl. 365 aus E106b
E1: Kzl. 364
13.506,41
Löschung
Kzl. 364 darf nicht größer sein als Kzl. 366. Die Kzl. 366 und 364 betreffen ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen
E1: Kzl. 423
30.715,43
Die 53.384,19 laut Tangente (Mitteilung über Einkünftefeststellungsanteile) wären zu hoch gewesen, nämlich höher als die Gesamteinkünfte (Kzl. 330)
E1: Kzl. 462
369.783,10

Aus dem Jahr 2005 im Papierakt, welcher gemeinsam mit dem elektronischen Akt die gesamte relevante Aktenlage ergibt, sind nachvollziehbar (nur) die o.a., in der dritten Spalte angeführten Änderungen durch das Finanzamt bei den Kennzahlen 364 und 365, indem diese mit Bleistift auf der Steuererklärung ergänzt bzw. durchgestrichen wurden, sowie eine (andere) Änderung bei Kennzahl 423, indem dort mit Bleistift eingetragen wurde: "lt. Tgte 53.384,19".

Die Berufungsbehörde hält hier fest, dass es folglich eine Diskrepanz zwischen Papierakt und elektronischem Akt gibt. Die relevante Aktenlage - wie sie am war - sagt auch nichts über die Motive der Änderungen an den Kennzahlen aus.

Der Zweck der an den Kennzahlen vorgenommenen Adaptierungen durch das Finanzamt sei laut dessen Schreiben vom (vgl. Punkt C / a) gewesen, dem Spruch des Feststellungsbescheides 2005 im Einkommensteuerbescheid der Bw zum Durchbruch zu verhelfen und eine EDV-unterstützte Bescheiderstellung überhaupt erst zu ermöglichen.

Aufgrund der Daten laut 3. Spalte der vorstehenden Tabelle erließ das Finanzamt X an die Bw zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung einen mit datierten Einkommensteuerbescheid 2005 (ESt-Akt Bl 15 f/2005), mit welchem die Einkommensteuer für das Jahr 2005 mit -13.506,41 € aufgrund folgender Bemessungsgrundlagen festgesetzt wurde:

  • 30.715,43 € Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie in gleicher Höhe Gesamtbetrag der Einkünfte,

  • abzüglich 60 € Sonderausgabenpauschbetrag und 23.036,57 € Verlustabzug,

  • 7.618,86 € Einkommen,

  • 0 € Einkommensteuer vor und nach Absetzbeträgen,

  • abzüglich 13.506,41 € Kapitalertragsteuer.

d) Vorbereitung und Erlassung des angefochtenen Bescheides vom :

Das Finanzamt X erließ an die Bw zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung einen mit datierten Bescheid (ESt-Akt Bl 17 f/2005) zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2005 vom gemäß § 293 BAO, welcher

  • im Sinne von Ellinger ua, Anm 15 zu § 293 BAO den gesamten abgeänderten Bescheidspruch wiederholte,

  • als "EINKOMMENSTEUERBESCHEID 2005Berichtigung gem. § 293 BAO zu Bescheid vom " bezeichnet wurde,

  • und die Einkommensteuer für das Jahr 2005 mit -11.358,46 € aufgrund folgender Bemessungsgrundlagen festsetzte:

  • 84.815,50 € Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie in gleicher Höhe Gesamtbetrag der Einkünfte,

  • abzüglich 63.611,62 € Verlustabzug,

  • 21.203,88 € Einkommen,

  • 4.294,82 € Steuer für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes,

  • 20,25 % Durchschnittssteuersatz,

  • Anwendung von 10,13% Hälftesteuersatz auf 21.203,88 € ergab 2.147,95 € Einkommensteuer,

  • Abzüglich 13.506,41 € Kapitalertragsteuer.

Dieser Bescheid war wie folgt begründet: "Der Verlustvortrag wurde gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt.Gem. § 293 BAO kann die Abgabenbehörde von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen. Die unrichtige Eingabe im Eingabebogen für die elektr. Datenverarbeitung war ursächlich für die Erlassung des unrichtigen Einkommensteuerbescheides (vgl. z.B. ). Die Offenkundigkeit der Unrichtigkeit ergibt sich sowohl für die Behörde als auch die Partei aus dem Umstand, dass der Einkommensteuerbescheid nicht mit den erklärten und später gem. § 188 BAO festgestellten Einkünften aus Gewerbebetrieb aus der KG-Beteiligung übereinstimmt. Die Berichtigung gem. § 293 BAO wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die steuerlichen Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden."

Vor Erlassung dieses Bescheides hatte das Finanzamt folgende Änderungen an den Kennzahlen vorgenommen:

  • Kzl. 365 in E106b: 13.506,41 € (wie in Beilage E106b zur Erklärung);

  • Kzl. 423 in E106b: 53.384,19 €;

  • Kzl. 784 in E1: 54.100,07 € (wie in Erklärung E1);

  • Kzl. 330 in E1: 84.815,50 € (wie in Erklärung E1);

e) Berufung vom :

Mit Schreiben vom (ESt-Akt Bl 20 f/2005) wurde u.a. Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom erhoben, dessen ersatzlose Aufhebung beantragt wurde. Es wurde Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat sowie Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt. Dass der angefochtene Bescheid eine nach § 293 BAO zu berichtigende Unrichtigkeit berichtigen solle, sei unter Verweis auf das Berufungsvorbringen betreffend Einkommensteuer 2006 in Abrede zu stellen. Vielmehr liege dem Einkommensteuerbescheid (2005) vom eine unzutreffende rechtliche Würdigung durch die Abgabenbehörde zugrunde.

B) (betreffend Spruchpunkt 1) Chronologischer Ablauf des erstinstanzlichen Einkommensteuerverfahrens der Bw für das Streitjahr 2006 sowie der auf die Bw bezogenen Einkünftefeststellung für 2006:

a) Einkommensteuererkärung für 2006:

Als Beilage zu einem Schreiben vom (ESt-Akt Bl 1/2006) übermittelte die steuerliche Vertretung der Bw das vom Finanzamt D bestätigte Formular E9 für 2006 und verwies auf die elektronische Übermittlung der Einkommensteuererklärung 2006.

Für das Jahr 2006 ist ursprünglich keine ausdrückliche Antragstellung auf Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig aktenkundig gewesen; eine solche ausdrückliche Antragstellung wurde aber nachgeholt (vgl. Punkt C / a und b).

In der am elektronisch eingelangten Einkommensteuererklärung E1 der Bw für 2006 waren der Einkunftsanteil aus der Beteiligung an St.Nr. StNrA (Beilage E106b) mit 40.391,41 € und die Kennzahl 784 ("Mitveranlagung Kapitalanlage") mit 94.374,14 € angegeben, was in Summe dem bei der Kennzahl 330 ("Eink.a.Gewerbebetrieb") angegebenen Betrag vom 134.765,55 € entsprach. Die anrechenbare KESt (Kennzahl 365), welche zur Gänze aus der Beilage E106b betreffend die gegenständliche Beteiligung stammte, war mit 23.609,88 € angegeben. Die Halbsatzeinkünfte (Kennzahl 423) waren mit 93.036,31 € sowie der Verlustvortrag (Kennzahl 462) mit 314.340,76 € angegeben.

b) Vorbereitung und Erlassung des Bescheides vom :

Vor der Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides 2006 vom löschte das Finanzamt die o.a. Kennzahl 784 sowie setzte die Kennzahlen 330 und 423 auf jeweils 40.391,41 € herab (ESt-Akt Bl 18 f/2006).

Das Finanzamt X erließ an die Bw zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung einen mit datierten Einkommensteuerbescheid 2006 (ESt-Akt Bl 20/2006), mit welchem die Einkommensteuer für das Jahr 2006 mit -23.598,82 € aufgrund folgender Bemessungsgrundlagen festgesetzt wurde:

  • 40.391,41 € Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie in gleicher Höhe Gesamtbetrag der Einkünfte,

  • abzüglich 43,48 € eingeschliffener Topfsonderausgabenpauschbetrag und 30.293,55 € Verlustabzug,

  • 10.054,38 € Einkommen,

  • 20,85 € Steuer zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes,

  • 0,21% Durchschnittsteuersatz,

  • Die Anwendung des Hälftesteuersatzes iHv 0,11% auf das Einkommen ergab 11,06 € Einkommensteuer,

  • abzüglich 23.609,88 € Kapitalertragsteuer.

Dieser Bescheid vom war wie folgt begründet: "Das Sonderausgaben-Pauschale wird ab 1996 bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 36.400 € eingeschliffen, ab einem Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 50.900 € steht ein Sonderausgabenpauschale nicht mehr zu.Der Verlustvortrag wurde gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt.Hinsichtlich der Abweichungen gegenüber Ihren Steuererklärungen wird auf das Ergebnis des mit Ihnen bzw. Ihrem Vertreter geführten (Telefon-)Gesprächs hingewiesen."

c) Einkünftefeststellung für das Jahr 2006:

Das Finanzamt X erließ einen mit datierten Einkünftefeststellungsbescheid 2006 (ESt-Akt Bl 22 ff/2006) an die aPersonengesellschaft, wobei auf die Bw folgende Anteile entfielen:

  • Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 134.765,55 €;

  • Von den Einkünften wurden einbehalten:

    • Kapitalertragsteuer: 16.290,82 €,

    • Kapitalertragsteuer von endbesteuerungsfähigen Kapitalerträgen: 23.593,54 €;

  • In den Einkünften waren enthalten:

    • endbesteuerungsfähige Kapitalerträge zum vollen Steuersatz: 1.337,83 €,

    • endbesteuerungsfähige Kapitalerträge zum halben Steuersatz: 93.036,31 €.

Das Finanzamt X berichtigte mit Bescheid vom diesen Einkünftefeststellungsbescheid 2006 gemäß § 293 BAO, sodass auf die Bw folgende Anteile entfielen (ESt-Akt Bl 26 ff/2006):

  • Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 134.765,55 €;

  • Von den Einkünften wurden einbehalten:

    • Kapitalertragsteuer: 0 €,

    • Kapitalertragsteuer von endbesteuerungsfähigen Kapitalerträgen: 23.609,88 €;

  • In den Einkünften waren enthalten:

    • endbesteuerungsfähige Kapitalerträge zum vollen Steuersatz: 1.337,83 €,

    • endbesteuerungsfähige Kapitalerträge zum halben Steuersatz: 93.036,31 €.

d) angefochtener Bescheid vom :

Das Finanzamt X erließ an die Bw zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung gemäß § 295 Abs. 1 BAO einen mit datierten Einkommensteuerbescheid 2006 (ESt-Akt Bl 37/2006), mit welchem die Einkommensteuer für das Jahr 2006 mit -18.839,18 € aufgrund folgender Bemessungsgrundlagen festgesetzt wurde:

  • 134.765,55 € Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie in gleicher Höhe Gesamtbetrag der Einkünfte,

  • abzüglich 101.074,16 € Verlustabzug,

  • 33.691,39 € Einkommen,

  • 9.539,11 € Steuer zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes,

  • 28,31% Durchschnittsteuersatz,

  • Die Anwendung des Hälftesteuersatzes iHv 14,16% auf das Einkommen ergab 4.770,70 € Einkommensteuer,

  • abzüglich 23.609,88 € Kapitalertragsteuer.

Dieser Bescheid vom war wie folgt begründet: "Die Änderung gem. § 295 BAO erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes X zu Steuernummer StNrA vom . Der Verlustvortrag wurde gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt."

e) Berufung vom :

Mit Schreiben vom (ESt-Akt Bl 39 ff/2006; Eingangsstempel ) wurde u.a. Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vom erhoben, dessen ersatzlose Aufhebung beantragt wurde. Es wurde Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat sowie Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

Begründend wurde vorgebracht, dass Zweck des § 295 Abs. 1 BAO einzig sei, der Bindungswirkung des Grundlagenbescheides Geltung zu verschaffen. § 295 BAO habe somit ausschließlich die Funktion, abgeleitete Bescheide mit der erstmaligen Feststellung oder Abänderung von Inhalten in Einklang zu bringen. Zur Korrektur einer anderen Unrichtigkeit könne er nicht herangezogen werden (Verweis auf , 45). Im vorliegenden Fall möge der Grundlagenbescheid - offenbar vom - erstmals und auch nach Erlassung des abgeleiteten Bescheides (Einkommensteuerbescheid 2006 vom ) ergangen sein; er habe aber keine neuen Inhalte gebracht. Sämtliche sich nunmehr aus dem Grundlagenbescheid vom ergebenden Inhalte seien in der am bei der Abgabenbehörde eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 enthalten gewesen. Hätte die Abgabenbehörde die Veranlagung erklärungsgemäß vorgenommen, wäre als Ergebnis unbestreitbar ein dem nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid vollinhaltlich entsprechender Bescheid hervorgekommen. Die Abgabenbehörde habe sich aber veranlasst gesehen, die Veranlagung gemäß dem Bescheid vom vorzunehmen; dies trotz Kenntnis exakt jener Besteuerungsgrundlagen, welche nunmehr mit dem Grundlagenbescheid vom festgestellt worden seien; und zudem trotz der mehrfachen telefonischen Ausführungen der steuerlichen Vertretung, dass die Veranlagung erklärungsgemäß vorzunehmen sei, wie sich aus der Begründung des Einkommensteuerbescheides vom ergebe. Die Abgabenbehörde habe sohin unbestreitbar bereits einmal eine rechtliche Würdigung aller im gleichen Umfang auch nun vorliegenden Tatsachen vorgenommen. Somit habe die Bescheidänderung gemäß § 295 BAO nicht den Zweck verfolgt, den abgeleiteten Bescheid an die Inhalte des Feststellungsbescheides anzupassen - diese hätten ja keine Änderung erfahren -, sondern nehme die Abgabenbehörde die Erlassung des Grundlagenbescheides nunmehr zum Anlass, einer offenbar geänderten rechtlichen Würdigung eben dieses Inhaltes zum Durchbruch zu verhelfen. Hiefür biete § 295 BAO keine Handhabe.

f) Berufungsvorentscheidung:

Das Finanzamt erließ hierzu eine abweisende, mit datierte und am zugestellte Berufungsvorentscheidung (ESt-Akt Bl 43/2006). In der Begründung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass der Einkommensteuerbescheid 2006 vom sowohl vom Feststellungsbescheid vom als auch vom gemäß § 293 BAO berichtigten Feststellungsbescheid vom abweiche. Verweise erfolgten auf ; .

g) Vorlageantrag:

U.a. hierzu wurde mit Schreiben vom (Bl 45 f/2006) der Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag) gestellt.

C) Zweitinstanzliches Verfahren:

a) Vorhalt an die Amtspartei (Finanzamt X) und Antwort:

Der Referent des UFS richtete einen mit datierten Vorhalt an das Finanzamt. Dessen Antwort mit Schreiben vom ist in den obigen Punkten A / a und c berücksichtigt. Weiters brachte das Finanzamt vor:

  • zur ESt 2005: "Die Unrichtigkeit muss nicht notwendigerweise aus dem Bescheid selbst ersichtlich sein. Erkenntnisquelle kann auch der Akteninhalt sein. Aus dem Akteninhalt ist eindeutig ersichtlich, dass Eintragungen in der KZ 423 vorgenommen werden sollten, dass die KZ 330 € 84.815,50 betragen sollte und die KZ 365 € 13.506,41. Die richtigen Kennziffern wurden sogar von Sachbearbeitern auf den entsprechenden Schriftstücken vermerkt. Die Willensbildung der Behörde war somit ausdrücklich darauf angelegt, die Mitteilung über die gesonderte Feststellung samt Beilage E107 umzusetzen. Die tatsächliche Umsetzung des ursprünglichen Bescheidwillens konnte erst mit dem Berichtigungsbescheid vom erfolgen."[Anmerkung: Eine Beilage auf Formular E107, jeweils in drei Ausfertigungen, war für die Einkünfteerklärung 2005 für jeden der Beteiligten nötig, dem abweichend von seinem Beteiligungsausmaß Anteile an bestimmten Bemessungsgrundlagen zugewiesen wurden. Eine Ausfertigung verblieb im Akt; die zweite Ausfertigung diente als Beilage zur Korrektur der Einkünftemitteilung, die von der EDV für den Steuerakt des Beteiligten erstellt wurde; und Blatt 3 diente als Beilage zur Korrektur des von der EDV erstellten Einkünftefeststellungsbescheides.]

  • zur ESt 2006: "Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen (). § 295 Abs. 1 BAO soll gewährleisten, dass abgeleitete Bescheide dem aktuell vorliegenden Grundlagenbescheid (und der materiellen Rechtslage) entsprechen.Die grundsätzliche Funktion der genannten Vorschrift besteht darin, abgeleitete Bescheide mit den aktuellen Inhalten der zu Grunde liegenden Feststellungsbescheide in Einklang zu bringen ().§ 295 BAO erlaubt der Behörde eine Abänderung des abgeleiteten Bescheides auch in solchen Belangen, die über den Änderungsgrund hinausreichen, weil der bisherige abgeleitete Bescheid zur Gänze außer Kraft tritt ().Irrelevant ist, ob der nun erlassene abgeleitete Bescheid (zufällig) der ursprünglich eingereichten Einkommensteuererklärung entspricht."

Keine Stellungnahme gab das Finanzamt zum Vorhalt im Schreiben des Referenten des ab, wonach für das Jahr 2006 keine ausdrückliche Beantragung der Behandlung der Bw als unbeschränkt steuerpflichtig erfolgt sei, jedoch das Finanzamt von der Stellung eines Antrages ausgegangen sei, welche Vorgangsweise nach Ansicht des Referenten aufgrund der Einbringung der Bestätigung auf dem Formular E9 zusätzlich zur Einkommensteuererklärung richtig sei.

b) Vorhalt an die Bw vom (UFS-Akt Bl 163) und Antwort:

Der Referent des UFS übermittelte der Bw zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung eine Darstellung des Verfahrensablaufes bis und wies besonders auf den vorgenannten Vorhalt der nicht ausdrücklichen Antragstellung für 2006 sowie auf den letzten Satz von § 1 Abs. 4 EStG 1988 hin.

Mit Telefax vom (UFS-Akt Bl 166 f) übermittelte die steuerliche Vertretung der Bw an den UFS eine Kopie des an das Finanzamt geschickten Antrages gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 für das Jahr 2006 und antwortete auf das Schreiben vom , wonach das Berufungsvorbringen bestätigt worden sei, wonach

  • dem Finanzamt bereits anlässlich der Erlassung der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für 2005 und 2006 jene Steuerbemessungsgrundlagen vorgelegen seien, welche das Finanzamt schließlich den angefochtenen gemäß §§ 293 bzw. 295 BAO abgeänderten Bescheiden zugrunde gelegt habe,

  • und sich das seinerzeitige Amtshandeln - nämlich das aktive Abändern der ursprünglich richtigen Besteuerungsgrundlagen (Eingaben) - als unzutreffende rechtliche Würdigung der Abgabenbehörde manifestiere.

c) Mit Telefax vom (UFS-Akt Bl 187) wurden die Anträge auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

D) Erwägungen zu beiden Streitjahren:

a) zum Begriff der Abänderung:

Sowohl § 293 als auch § 295 BAO befinden sich im 7. Abschnitt ("Rechtsschutz") im Unterabschnitt B ("Sonstige Maßnahmen") und dort in der weiteren Untergliederung "1. Abänderung, Zurücknahme und Aufhebung", welche die §§ 293 bis 302 BAO umfasst.

Der Begriff der "Abänderung" umfasst u.a. (vgl. Ellinger et al., Anm 2 zur Überschrift vor § 293 BAO)

  • die Berichtigungen gemäß § 293, § 293b und § 293c BAO sowie die mit den Wirkungen einer Berichtigung versehene Abänderung gemäß § 295a BAO, bei welchen ein im Rechtsbestand bleibender Bescheid eine andere, richtig gestellte Fassung erhält;

  • die Änderung gemäß § 295 Abs. 1 bis 3 BAO, bei welcher ein Bescheid durch einen anderen Bescheid ersetzt wird. (In § 295 Abs. 1 Satz 2 und § 295 Abs. 3 und 4 BAO werden die Begriffe "Änderung", "ändern" und "Änderungsbescheide (Abs. 1)" verwendet. Häufig sind Bezeichnungen wie "gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Bescheid" für einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO erlassenen Bescheid. Aus § 295 Abs. 1 Satz 1 BAO geht jedoch hervor, dass durch die Anwendung des § 295 Abs. 1 BAO ein neuer Bescheid erlassen wird, der den ersetzten Bescheid aus dem Rechtsbestand verdrängt.)

b) zur Chronologie:

Der Unterschied zwischen den beiden Streitjahren liegt auch in der Chronologie der Abläufe. Während für 2005 die Einkünftefeststellung vor der Einkommensteuerveranlagung erfolgte; erfolgte für 2006 die Einkünftefeststellung nach der Einkommensteuerveranlagung.

c) zum Unterschied zwischen Einkünftefeststellungs- und Einkommensteuererklärung:

Die Gestaltung der Formulare für die Einkünftefeststellungserklärung (sowie der Einkünftefeststellungsbescheide) war - mit Bezug auf die im vorliegenden Fall passierten Fehler - gekennzeichnet dadurch, dass zuerst die Zeile für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Kennzahl 330) kam und danach erst die darin enthaltenen Kapitalerträge aus endbesteuerungsfähigen Kapitalanlagen zum vollen bzw. zum halben Steuersatz.

Die Gestaltung des Formulares für die Einkommensteuererklärung 2005 bzw. der Bildschirmmaske für die Bescheidgrundlagen war hingegen - mit Bezug auf die im vorliegenden Fall passierten Fehler - gekennzeichnet dadurch, dass zuerst die Zeile (ohne Kennzahl) für den Einkünfteanteil aus der Beteiligung ohne endbesteuerungsfähige Kapitalerträge kam und erst danach die Zeile für die im vorhergehenden Betrag "nicht enthaltene[n] betriebliche[n] Kapitalerträge aus in- und ausländischen Kapitalanlagen, für die die Mitveranlagung beantragt wird". Erst die Summe aus den beiden vorhergehenden Beträgen ergab den Betrag für die Zeile mit der Kennzahl 330.

Die aufgrund der Antragsmöglichkeit wohl unvermeidbare unterschiedlichen Formulargestaltungen etc. haben wahrscheinlich zu den im vorliegenden Fall passierten Fehlern beigetragen, aber auch (vgl. unten) dies ist aus der auf die Anwendbarkeit des § 293 BAO zu beurteilenden Aktenlage vom betreffend Einkommensteuer 2005 nicht ersichtlich.

E) Erwägungen zum Streitjahr 2005 (betreffend Spruchpunkt 2):

Rechtliche Würdigung:

Die durch § 192 BAO normierte Bindung des Einkommensteuerbescheides an den Einkünftefeststellungsbescheid ist für sich allein kein Verfahrenstitel, um den Einkommensteuerbescheid, der zum Einkünftefeststellungsbescheid in Widerspruch steht, zu berichtigen oder sonstwie abzuändern bzw. durch einen neuen Einkommensteuerbescheid zu ersetzen. Ein derartiger Verfahrenstitel wäre im Regelfall § 295 Abs. 1 BAO, dessen Anwendung jedoch die nachträgliche (d.h. nach der Erlassung des Einkommensteuerbescheides erfolgende) Abänderung/Aufhebung/Erlassung des Feststellungsbescheides voraussetzt. Das Streitjahr 2005 ist aber davon gekennzeichnet, dass der Einkünftefeststellungsbescheid für 2005 vom vor dem Einkommensteuerbescheid 2005 vom ergangen ist.

§ 293 BAO bestimmt: "Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen."

Die gemäß § 293 BAO berichtigbaren "Unrichtigkeiten" sind dadurch gekennzeichnet, dass tatsächlicher Bescheidwille (Bescheidabsicht) und formelle Erklärung des Bescheidwillens erkennbar auseinanderklaffen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar Band 3, 2815, 2823 f; Ritz, BAO4, § 293 Tz 1).

Andere als unter § 293 BAO fallende Unrichtigkeiten eines Bescheides dürfen anlässlich einer Berichtigung nach § 293 BAO nicht mitberichtigt werden (Reeger/Stoll, Kommentar zur BAO, 909 f). Vielmehr darf eine Berichtigung gemäß § 293 BAO nur das Ziel verfolgen, den bei Bescheiderlassung bestandenen Willen der Behörde nunmehr in unverfälschter und mängelfreier Weise, wie er ursprünglich bestanden hat, darzulegen (Stoll, BAO-Kommentar Band 3, 2824). Mit § 293 BAO können daher nicht vermeintlich absolut rechtsrichtige Ergebnisse angestrebt werden; die Berichtigungsbefugnis reicht über die Grenzen des seinerzeitigen Bescheidwillens nicht hinaus - mag dieser rechtsrichtig gewesen sein oder nicht (aaO, 2825).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 293 BAO ist daher nicht eine allfällige Rechtswidrigkeit des zu berichtigenden Bescheides, sondern dass er die von der Behörde mit ihm verfolgte Bescheidabsicht nicht richtig ausdrückt.

Hierzu muss die Bescheidabsicht festgestellt werden. Um überhaupt feststellbar zu sein, muss die Bescheidabsicht aus der Aktenlage klar erkennbar sein (vgl. Ellinger et al., BAO, § 293 E 13: "in klar erkennbarer Weise gewollten Inhalt" und § 303 E 173 zu dem von der Erkennbarkeit her vergleichbaren Neuhervorkommen: "muss aktenmäßig erkennbar sein").

Auch wenn der oder die Sachbearbeiter im Finanzamt die diversen Änderungen an den Kennzahlen vornahmen, um bereits den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid rechtsrichtig zu erlassen, ist diese Absicht aus der Aktenlage nicht erkennbar. Insbesondere ist aktenmäßig nicht erkennbar, was der oder die Sachbearbeiter anlässlich der Vorbereitung des Bescheides vom als richtig ansahen. Die Bescheidbegründung vom , wonach der Verlustvortrag gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt worden sei, liefert keinen Hinweis darauf, dass andere als die tatsächlich im angesetzten Bemessungsgrundlagen dem Bescheidwillen entsprächen. Die aktenkundigen Änderungen an den Kennzahlen führten weg von den Beträgen, die der Bw laut Einkünftefeststellungsbescheid zugewiesen wurden. Die Aktenlage lässt also nicht erkennen, dass der Bescheidwille auf die Übernahme der Anteile aus dem Einkünftefeststellungsverfahren gerichtet war.

Wenn das Finanzamt am als Grund für die Änderungen an den Kennzahlen auch vorbringt, dass damit eine EDV-unterstützte Bescheiderstellung überhaupt erst ermöglicht würde, ist zu entgegnen: Dieser Grund ist aus der Aktenlage bis auch nicht erkennbar. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob Veränderungen an Kennzahlen, nur damit sie die EDV akzeptiert, überhaupt einen Bescheidwillen in dem hier relevanten Sinne - nämlich einen Willen auf die Erlassung eines Einkommensteuerbescheides mit einem bestimmten gewollten Inhalt und nicht bloß den Willen auf EDV-gestützte Erlassung eines Einkommensteuerbescheides mit irgendeinem beliebigen Inhalt - ausdrücken würden.

Die mit dem unter 2.) angefochtenen Bescheid vom vorgenommene Berichtigung diente somit nicht dazu, den Einkommensteuerbescheid 2005 vom zur Umsetzung eines von der Ausfertigung vom abweichenden, aktenmäßig nachgewiesenen Bescheidwillens zu berichtigen.

Der angefochtene Bescheid vom wird daher durch Spruchpunkt 2 der vorliegenden Entscheidung stattgebend ersatzlos aufgehoben.

F) Erwägungen zum Streitjahr 2006 (Spruchpunkt 1):

§ 295 Abs. 1 BAO bestimmt: "(1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist."

Sowohl der Einkünftefeststellungsbescheid 2006 vom , als auch der Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO vom zur Einkünftefeststellung 2006 (in Form der Wiedergabe des Einkünftefeststellungsbescheides 2006 vom in derjenigen Fassung, welche er durch den Berichtigungsbescheid vom erhalten hat), sind nach dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom ergangen.

Daher erfüllt der Einkünftefeststellungbescheid 2006 vom die Anwendungsvoraussetzung der "nachträglichen ... Erlassung" des § 295 Abs. 1 Satz 1 BAO. Auch der Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO vom erfüllt eine Anwendungsvoraussetzung des § 295 Abs. 1 Satz 1 BAO, und zwar die der "nachträglichen Abänderung", weil - wie unter Punkt D dargestellt - die Berichtigung gemäß § 293 BAO vom Oberbegriff der Abänderung umfasst ist.

Der Wortlaut des ersten Satzes von § 295 Abs. 1 BAO ist isoliert betrachtet jedoch zu weit, und zwar umfasst er auch Fälle, in denen der neue abgeleitete Bescheid gleich lauten würde wie der ersetzte abgeleitete Bescheid. Aus der Wortgruppe "Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides" im zweiten Satz von § 295 Abs. 1 BAO ergibt sich jedoch, dass nur dann ein neuer abgeleiteter Bescheid zu erlassen ist, wenn dieser anders lautet als der ersetzte abgeleitete Bescheid (vgl. Ritz, BAO4, § 295 Tz 9 mit Verweis auf Bibus; teilweise anderer Ansicht: Ellinger ua, Anm 8 zu § 295 BAO, wonach keine neue Bescheiderlassung "erforderlich" ist; aA Zorn, ÖStZ 1988, 50 ff, 51).

Im vorliegenden Fall hätte ein erklärungsgemäßer Einkommensteuerbescheid 2006, der statt dem tatsächlich ergangenen Einkommensteuerbescheid 2006 vom ergangen wäre, dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2006 vom entsprochen. Im Falle der erklärungsgemäßen Veranlagung der Bw zur Einkommensteuer für das Jahr 2006 hätte somit die auf § 295 Abs. 1 BAO gestützte Erlassung eines Einkommensteuerbescheides 2006 vom zu unterbleiben gehabt. Die darauf gestützte Argumentation der Bw geht jedoch von einer fiktiven Situation aus. Die reale Situation war hingegen so, dass der aus § 295 Abs. 1 Satz 1 BAO resultierende Verfahrenstitel zur Erlassung des neuen Einkommensteuerbescheides 2006 vom gegeben war, und dass der neue Einkommensteuerbescheid vom bisherigen abwich.

Nach dem Gesetzeswortlaut sind die Bescheide, die gestützt auf § 295 Abs. 1 BAO erlassen werden, neue Bescheide. Daher ist der Einkommensteuerbescheid 2006 vom in seiner Abweichung vom vorhergehenden Einkommensteuerbescheid 2006 vom nicht beschränkt.

Vielmehr ist der Einkommensteuerbescheid 2006 vom gemäß § 192 BAO an den Einkünftefeststellungbescheid 2006 vom in derjenigen Fassung, welche dieser durch den Berichtigungsbescheid vom erhalten hat, gebunden. Diese Bindungswirkung bestand bei der Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom und besteht auch jetzt.

Wenn die Voraussetzung für eine Bescheiderlassung gemäß § 295 Abs. 1 BAO gegeben sind, ist diese durchzuführen. Wenn damit bisherige Fehler der Einkommensteuerveranlagung behoben werden, so ist dies ein Nebeneffekt, der nicht als Ausnahme von der zwingenden, ohne Ermessensübung erfolgenden Erlassung des neuen Einkommensteuerbescheides normiert ist.

Der angefochtene Bescheid vom ist daher von der Berufungsbehörde zu bestätigen und die gegen ihn gerichtete Berufung mit Spruchpunkt 1 der vorliegenden Entscheidung abzuweisen.

Vom Streitjahr 2006 der Bw unterscheidet sich das seitens der Bw vorgebrachte VwGH-Erkenntnis , 95/13/0044, 45 dadurch, dass dort die Voraussetzung des § 295 Abs. 1 BAO nicht erfüllt waren. Die isolierte Betrachtung des einen oder anderen aus diesem VwGH-Erkenntnis abgeleiteten Rechtssätze bzw. in den Entscheidungsteil von Ellinger et al. zu § 295 BAO übernommenen Leitsätze (E 2, E 3) mag zwar für die Argumentation der Bw sprechen; entscheidend muss für die Berufungsbehörde aber die Beurteilung der gesamten verfahrensrechtlichen Situation im Einkommensteuerverfahren der Bw für 2006 sein.

Ergeht auch an Finanzamt X

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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