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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 05.11.2013, RV/1260-W/10

Stattgabe einer Berufung gegen die Vorschreibung der Gebühr gemäß § 33 TP 7 GebG 1957, weil keine Beurkundung eines Rechtsgeschäftes vorliegt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Ernst Ehringfeld, Rechtsanwalt, 2460 Bruck an der Leitha, Hauptplatz 20, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom xyz, betreffend Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 7 GebG 1957 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Laut § 1 des Mietvertrages vom vermietete die Berufungswerberin, (Bw), an die A., aaa, die Wohnung im Hause yyy.

Laut § 2 wurde das Mietverhältnis beginnend mit für die Dauer von drei Jahren geschlossen und endete somit am

In § 6 dieses Vertrages wurde folgendes festgehalten:

"Für sämtliche Ansprüche der Vermieterin aus diesem Mietverhältnis, haften der Mieter, die A. , der persönlich haftende Gesellschafter des Mieters, Herr X.Y. geb. , und sämtliche Untermieter zur ungeteilten Hand."

In § 7 dieses Vertrages wurde zum Zwecke der Gebührenbemessung festgestellt, dass der jährliche Gesamtzins € 10.200,00 beträgt.

Unterfertigt wurde dieser Vertrag von der Bw., als Vermieterin, von der A. , als Mieter, sowie von X.Y. , als Haftenden am .

In Folge einer, vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuer Wien durchgeführten, Außenprüfung bei der vertragserrichtenden Rechtsanwältin wurde der Bw. mit dem, im Spruch dieser Berufungsentscheidung angeführten, Bescheid für die, in § 6 der o.a. Urkunde aufgezeigte, Haftung des X.Y. die Gebühr gemäß § 33 TP 7 GebG 1957 im Betrage von € 306,00 (Bemessungsgrundlage: € 10.200,00 x 3= € 30.600,00 davon 1%) vorgeschrieben.

Dagegen erhob die Bw., durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht Berufung. Sie beantragte die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides, mit der Begründung, dass in § 6 des genannten Mietvertrages kein Rechtsgeschäft beurkundet worden wäre, sondern lediglich auf die, sich aus §§ 161, 128 UGB ergebende, Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters einer KEG hingewiesen worden wäre.

Diese Berufung wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab und führte in der Begründung dazu im Wesentlichen aus, dass die Gebührenschuld, unbeschadet gesetzlicher Haftungsbestimmungen, dann entstehen würde, wenn eine Bürgschaftserklärung schriftlich abgegeben wird.

Dagegen stellte die Bw.,durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht einen Vorlageantrag an den Unabhängigen Finanzsenat, als Abgabenbehörde zweiter Instanz, und führte in Replik zum Inhalt der Berufungsvorentscheidung aus, dass im zu beurteilenden Fall kein Rechtsgeschäft vorliegen würde und die Abgabenbehörde erster Instanz nur dort rechtsgeschäftliche Erklärungen annehmen dürfe, wo solche auch vorliegen würden.

Letztlich wurde auf Wolf Dieter Arnold, Rechtsgebühren: Kommentar zum I; II. ind IV. Abschnitt des Gebührengesetzes 1988, Rz 10 zu § 15 GebG mit Verweis auf Rz 11 zu § 33 TP 7 und auf das Erkenntnis ,Slg 4986F, verwiesen, wonach für Beitritte eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG zur Schuld der OHG- im Hinblick auf ihre nach HGB bestehende Haftung- keine Gebührenschuld entsteht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die auf den zu beurteilenden Fall bezogenen, maßgeblichen Bestimmungen des Gebührengesetztes 1957, (GebG 1957), sowie des Unternehmensgesetzbuches, (UGB), lauten in ihrer verfahrensrelevanten Fassung wie folgt:

Rechtsgeschäfte sind nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz abweichendes bestimmt ist. (§ 15 Abs.1 GebG 1957)

Die Gebührenschuld entsteht, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde auch von dem Berechtigten unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung. ( § 16 Abs.1 Z 2 lit.b GebG 1957)

Zur Entrichtung der Gebühr sind verpflichtet bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, derjenige in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt ist. (§ 28 Abs.1 Z 2 GebG 1957)

Tarif der Gebühren für Rechtsgeschäfte

7 Bürgschaftserklärungen

(1) der Bürgschaftserklärung steht die Erklärung gleich, durch die jemand einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt (§ 1357 ABGB)

Nach dem Wert der verbürgten Verbindlichkeit 1vH (§33 TP 7 Abs.1 GebG 1957)

Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teile der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet. (persönlich haftende Gesellschafter).(§ 161 Abs.1 UGB)

Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung. (§ 161 Abs.2 UGB)

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam. (§128 UGB).

Wenn auch in § 33 TP 7 GebG 1957"Bürgschaftserklärungen" als gebührenrechtliche Rechtsgeschäfte genannt sind, so ist die Verwendung dieses Wortes nur aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes erklärlich, der Sache nach ist aber der Bürgschaftsvertrag gemeint.()

Der Gebühr nach § 33 TP 7 GebG unterliegen alle Arten der Bürgschaft, für deren rechtliche Beurteilung die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes maßgeblich sind. (RV der GebG-Novelle 1976, 338 BlgNR 14 GP)

Die "Bürgschaftserklärung" iSd § 33 TP7 GebG 1957 ist ein einseitig verbindliches zweiseitiges Rechtsgeschäft .Das bedeutet, dass für dessen Zustandekommen die Einigung beider Vertragsteile erforderlich ist, und dass eine Partei nur Gläubiger, die andere nur Schuldner wird. Für ein solches Rechtsgeschäft entsteht die Gebührenschuld wenn die Urkunde auch vom Gläubiger unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung. (§ 16 Abs.1 Z 2 lit.b GebG 1957) Gebührenschuldner ist, gemäß § 28 Abs.1 Z 2 GebG 1957, der Gläubiger.

Im zu beurteilenden Fall ist strittig, ob in § 6 des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages eine Beurkundung einer Bürgschaftserklärung iSd § 33 TP7 GebG (= Bürgschaftsvertrag nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes) vorgenommen worden ist.

Ist diese Frage zu bejahen, so ist für die Bw., als Person in deren Interesse die Urkunde über den Bürgschaftsvertrag ausgestellt ist, die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung durch sie, als dadurch Begünstigte, und durch den, sich dadurch Verpflichtenden, (§§ 16 Abs.1 Z 2 lit.b,28 Abs.1 Z 2 GebG 1957) entstanden; sodass mit dem bekämpften Bescheid die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 7 Abs.1 zu Recht erfolgte.

Dazu ist festzustellen:

Der III. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957 behandelt die Gebühren für Rechtsgeschäfte. Dieser Abschnitt unterwirft die im Tarif des § 33 angeführten Rechtsgeschäfte den dort vorgesehenen Gebühren. Es wird somit grundsätzlich an bestimmte zivilrechtliche Rechtsgeschäftstypen angeknüpft. (vgl. )

Ein Rechtsgeschäft ist eine Privatwillenserklärung gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges, welcher nach der Rechtsordnung deshalb eintritt weil er gewollt ist.

Ein Vertrag ist jedes Rechtsgeschäft, welches die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten und Rechtsverhältnissen durch übereinstimmende Willensäußerung zweier als gegenüberstehend gedachter Parteien, dh Parteien mit entgegengesetzter Interessenrichtung, bezweckt. Dabei knüpft das Gebührengesetz 1957 in Ansehung des Abschlusses von Rechtsgeschäften an das Vertragsrecht des bürgerlichen Rechtes an. ()

Um die Gebührenschuld für ein Rechtsgeschäft entstehen zu lassen, genügt in der Urkunde bloß erzählend, auf ein früher abgeschlossenes Rechtsgeschäft hinzuweisen. (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band I, Stempel und Rechtsgebühren, § 15, Rz 47 )

In § 6 des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages wird erklärt, dass X.Y., der persönlich haftende Gesellschafter des Mieters, für sämtliche Ansprüche der Vermieterin aus dem Mietverhältnis gemeinsam mit dem Mieter selbst und sämtlichen Untermietern zur ungeteilten Hand haftet.

Mieter ist die A., aaa . Bei einer KEG (Kommanditerwerbsgesellschaft) handelt es sich um eine Form der eingetragenen Erwerbsgesellschaft, welche mit Inkrafttreten des Unternehmensgesetzbuches, (UGB), am in rechtlicher Hinsicht automatisch in eine KG umgestaltet worden ist. Davor haben für eine KEG gemäß § 4 Abs.1 EEG (Erwerbsgesellschaftengesetz) die Vorschriften des Handelsgesetzbuches und der vierten Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch über die Kommanditgesellschaft gegolten. Im Sinne des § 161 UGB entspricht die unbeschränkte Haftung des Komplementärs (persönlich haftende Gesellschafter) einer KG (vormals auch KEG) voll und ganz derjenigen des OG-Gesellschafters gemäß §§ 128,129 UGB. (Siehe Straube (Hrsg) UGB Wiener Kommentar, §§ 1-188, §§343-354 mit ausgewählten Nebengesetzen, 4; Auflage § 161 Rz 10)

Bei einer KG (vormals auch bei einer KEG) handelt es sich um eine sogenannte Gesamthandgesellschaft. Solche Gesellschaften sind- bis auf das sie nicht alleine für ihre Verbindlichkeiten haften können, voll rechtsfähig. Neben der Gesellschaft haften auch die persönlich haftenden Gesellschafter unbeschränkt, unbeschränkbar, persönlich, solidarisch und primär mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese in § 128 UBG zwingend vorgeschriebene persönliche Haftung dient also dem Gläubigerschutz, insbesondere im Falle der Insolvenz. (vgl. Heinz Krejci, Gesellschaftsrecht, Band I, Allgemeiner Teil und Personengesellschaften S 28ff)

Laut Firmenbuchauszug vom handelt es sich bei X.Y. um den persönlich haftenden Gesellschafter der A. von deren Beginn () bis zu deren Auflösung durch Konkurseröffnung (). Seine zwingende und unabänderliche Haftung gemäß § 128 UGB bestand somit im Zeitpunkt der Unterzeichnung der verfahrensgegenständlichen Urkunde (), also bereits im, für die Beurteilung des Vorliegens der Gebührenschuld, maßgeblichen Zeitpunkt.

In dem Vertrag vom wurde daher weder eine, durch übereinstimmende Willensäußerung zweier Parteien begründete, Bürgschaft des X.Y. oder die, durch übereinstimmende Willensäußerung zweier Parteien begründete, (zulässige) Abänderung einer bereits gesetzlich bestehenden Haftung des genannten beurkundet, noch wurde narrativ, auf einen zu einem früheren Zeitpunkt zwischen X.Y. und der Bw. abgeschlossenen Bürgschaftsvertrag hingewiesen. Es wurde lediglich eine-unbeschadet vom Parteienwillen- bestehende gesetzliche Haftung des Komplementärs aufgezeigt.

Im Lichte der vorstehenden rechtlichen Ausführungen liegt eine Beurkundung des Rechtsgeschäftes "Bürgschaftserklärung" iSd § 33 TP 7 GebG 1957 liegt nicht vor.

Die Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 7 GebG 1957 mit dem bekämpften Bescheid erfolgte somit zu Unrecht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Bürgschaftserklärung
Bürgschaftsvertrag
Rechtsgeschäft
Vertrag
KEG
KG
persönlich haftender Gesellschafter
Verweise


Streute (Hrsg) UGB Wiener Kommentar, SS1-188, SS343-354 mit ausgewählten Nebengesetzen, 4. Auflage S161 Rz 10, RV der GebG-novelle 1976, 338 BlgNR 14 GP. Heinz Krejei, Gesellschaftsrecht Band I, Allgemeiner Teil und Personengesellschaften S 28ff

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at