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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 30.10.2013, RV/0300-I/11

Verspäteter Wiedereinsetzungsantrag bei Versäumung der Offenlegungsfrist des § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0300-I/11-RS1
Hat ein Abgabepflichtiger mehrere Bevollmächtigte, so ist die Aufgabenverteilung zwischen diesen abzustimmen bzw. die Kompetenzverteilung eindeutig zu regeln. Insbesondere sind Vorkehrungen zu treffen, die es ausschließen, dass beide Bevollmächtigte zu Unrecht darauf vertrauen, der jeweils andere werde eine zur Fristwahrung erforderliche Verfahrenshandlung vornehmen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch X-GmbH, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom betreffend Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

1.1. Die Berufungswerberin (kurz: Bw.) ist eine Privatstiftung. Sie wurde mit Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde vom samt Nachtrag vom durch Rechtsanwalt Dr. A. treuhändig für eine im Treuhandvertrag näher bezeichnete Person mit Wohnsitz im Ausland (I.) errichtet und am in das Firmenbuch eingetragen.

1.2. Mit Telefax vom 11./ setzte Rechtsanwalt Dr. A., der als Vorsitzender des Stiftungsvorstandes zur selbständigen Vertretung der Bw. nach außen bestimmt ist, den steuerlichen Vertreter der Bw. von der Errichtung der Privatstiftung in Kenntnis und ersuchte ihn, die Buchhaltung und Bilanzierung für die Privatstiftung zu übernehmen. Weiters übermittelte er dem steuerlichen Vertreter die eingangs angeführten Urkunden mit dem Ersuchen, die Treuhandschaft dem Finanzamt Innsbruck anzuzeigen. Diesem Telefax waren einige Buchhaltungsbelege sowie weitere, nicht näher bezeichnete Unterlagen, die dem Treuhänder bedeutsam erschienen, angeschlossen.

1.3. Mit Schreiben vom gab der steuerliche Vertreter dem Finanzamt die treuhändige Errichtung der Privatstiftung und die Übernahme der steuerlichen Vertretung der Bw. (samt Zustellvollmacht) bekannt. Weiters ersuchte er um Zuteilung einer Steuernummer. Diesem Schreiben waren ein Fragebogen mit Unterschriftsprobenblatt, die Stiftungsurkunde samt Stiftungszusatzurkunde und Nachtrag, ein Firmenbuchauszug, der Treuhandvertrag zwischen der Treugeberin und Rechtsanwalt Dr. A. sowie eine Eröffnungsbilanz beigeschlossen.

1.4. Mit Schreiben vom reichte der steuerliche Vertreter für die Bw. Stiftungseingangssteuererklärungen für Mai 2010, Dezember 2010 und Januar 2011 ein. Gleichzeitig erstattete er bezüglich der Stiftungseingangssteuer für Mai 2010, die mangels rechtzeitiger Offenlegung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG in Höhe von 25 % des zugewendeten Vermögens berechnet wurde, für die Stiftungsvorstände Selbstanzeige (§ 29 FinStrG). Ausgeführt wurde, dass das Stiftungsmindestvermögen in Höhe von 70.000 € am zugewendet worden sei, weshalb bis zum die Stiftungseingangssteuererklärung für Mai 2010 einzureichen und die Steuer gemäß § 3 des Stiftungseingangssteuergesetzes zu entrichten gewesen wäre. In der Zwischenzeit sei die Stiftungseingangssteuer für Mai 2010 in Höhe von 2,5 Prozent der Zuwendung entrichtet worden. Hinsichtlich des Differenzbetrages auf den 25 Prozent-Steuersatz werde bis zur Erledigung des angeschlossenen Wiedereinsetzungsantrages um Stundung ersucht.

1.5. Der Wiedereinsetzungsantrag vom wurde wie folgt begründet:

"Mit Telefax vom haben wird den Auftrag erhalten, die Buchhaltung und Bilanzierung der am ...... neu ins Firmenbuch eingetragenen X-Privatstiftung zu übernehmen sowie die Treuhandschaft gegenüber dem Finanzamt Innsbruck offen zu legen. Die Stiftungsurkunde samt Nachtrag, die Stiftungszusatzurkunde sowie weitere Unterlagen wurden uns ebenfalls am gefaxt.

Ich habe daraufhin sofort eine erfahrene Kanzleiangestellte mit der Bearbeitung der Offenlegung beauftragt. Nachdem in dem Telefax die zusätzliche Übermittlung der Unterlagen per Post angekündigt war und da aufgrund eines gerade zum damaligen Zeitpunkt bestehenden technischen Fehlers beim Telefaxgerät sämtliche übermittelten Unterlagen mit grauen Streifen durchzogen waren, legte die Kanzleiangestellte die per Telefax übermittelten Unterlagen vorerst auf Evidenz, um auf die per Post angekündigten Unterlagen zu warten. Eine sofortige Bearbeitung war nach Auffassung der Kanzleiangestellten auch nicht erforderlich, da das KStG keine Frist für die Offenlegung vorsieht. Grundsätzlich sollte bei Vergabe einer Steuernummer der Offenlegungspflicht entsprochen werden (Rz 26 StiftR). Gleich nach Einlangen der Unterlagen sollte dann der gesamte Akt bearbeitet werden. Die Unterlagen sind vollständig erst am eingelangt. Sofort danach erfolgte die Offenlegung gegenüber dem Finanzamt (die vollständigen Unterlagen liegen beim Finanzamt auf).

Mit Schreiben vom wurde uns die Vereinbarung einer Zustiftung vom übermittelt, um die Stiftungseingangssteuererklärung für Dezember 2010 zu erstellen und beim Finanzamt einzureichen. Im Zuge der Vorbereitung dieser Stiftungseingangssteuererklärung ist uns erstmals aufgefallen, dass die Stiftungseingangssteuererklärung für Mai 2010 nicht fristgerecht am 15. Tag des zweitfolgenden Monats nach Entstehen der Steuerschuld, somit am , eingereicht wurde (§ 3 Abs. 2 StiftEG). Die Einreichung einschließlich einer Selbstanzeige wird gleichzeitig mit diesem Schreiben vorgenommen. Die Stiftungseingangssteuer für Mai 2010 wurde mittlerweile entrichtet, überdies eine anteilige Stundung gemäß § 212 BAO beantragt.

Im Zuge der Vorbereitung der Stiftungseingangssteuererklärung für Dezember 2010 wurde erstmals erkannt, dass im Hinblick auf die Zuwendung des Stiftungsmindestvermögens in der Höhe von EUR 70.000,--, welche am getätigt wurde, die gesetzliche Frist zur Offenlegung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG, das war der als Zeitpunkt der Fälligkeit der Stiftungseingangssteuer für Mai 2010, versäumt wurde.

Durch die Versäumung dieser Frist entsteht unserer Mandantin ein Rechtsnachteil.

Im Auftrag unserer Mandantin und unter Hinweis auf die Rz 27 und 28 StiftR beantragen wir höflich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO, da unseres Erachtens die Versäumung der Frist durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verursacht wurde und diesbezüglich kein Verschulden vorliegt. Der mit der Bearbeitung der Offenlegung befassten Kanzleiangestellten ist bisher noch nie ein Terminverstoß unterlaufen, sodass sie als absolut zuverlässig beurteilt werden kann. Die Fristversäumung war vielmehr die Folge unglücklich aufeinander treffender Umstände (siehe die obige Schilderung des Sachverhaltes). Aber selbst bei einem minderen Grad des Versehens wäre eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses beim Finanzamt eingebracht. Erstmals erkannt wurde die Fristversäumung Ende Januar 2011 im Zuge der Erstellung der Stiftungseingangssteuererklärung für Dezember 2010. Die versäumte Handlung (Offenlegung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG) wurde bereits im August 2010 im Zuge des Antrags auf Zuteilung einer Steuernummer nachgeholt..."

1.6. Das Finanzamt führte ein Ermittlungsverfahren durch, in welchem der steuerliche Vertreters die an seine Kanzlei mit Telefax des Treuhänders Dr. A. vom 11./ übermittelten Unterlagen "mit grauen Streifen" vorlegte (vgl. Schreiben v. ).

Weiters richtete der steuerliche Vertreter an die zuständige Sachbearbeiterin des Finanzamtes eine E-Mail vom , die sich auf ein Telefongespräch vom Vortag bezieht, wonach der Wiedereinsetzungsantrag nach Ansicht der Sachbearbeiterin verspätet eingebracht worden sei. Ausgeführt wurde, dass sich der dem steuerlichen Vertreter mit Telefax vom 11./ von Dr. A. erteilte Auftrag ausschließlich auf die Führung der Buchhaltung und Erstellung der Bilanzen der Bw. sowie auf die Offenlegung der Treuhandschaft gegenüber dem Finanzamt erstreckt habe. Den Auftrag zur Einreichung von Erklärungen nach dem Stiftungseingangssteuergesetz habe der steuerliche Vertreter zum damaligen Zeitpunkt nicht erhalten, zumal solche Tätigkeiten in der Regel von Notaren oder Rechtsanwälten ausgeübt würden. Auf die Bestimmung des § 3 Abs. 5 StiftEG, die nur Rechtsanwälte und Notare als Parteienvertreter nenne, werde hingewiesen. Erst als dem steuerlichen Vertreter eine Zustiftung vom zur Kenntnis gebracht worden sei, habe sich ihm - "ohne dafür beauftragt gewesen zu sein" - die Frage nach der Stiftungseingangssteuer gestellt. Nachdem der steuerliche Vertreter "diese Frage aufgeworfen" habe, sei ihm auch der Auftrag zur Erstellung der Stiftungseingangssteuererklärungen erteilt worden. Am habe der steuerliche Vertreter die Stiftungseingangssteuererklärung für Dezember 2010 elektronisch einreichen wollen, was daran gescheitert sei, dass die entsprechende Abgabenart (SE) vom Finanzamt noch nicht erfasst worden sei. Daher seien die Stiftungseingangssteuererklärungen auf dem Postweg übermittelt worden. Da der steuerliche Vertreter ursprünglich nicht mit der Erstellung von Steuererklärungen nach dem Stiftungseingangssteuergesetz beauftragt worden sei, sei die Versäumung der Offenlegungsfrist des § 2 Abs. 1 lit. b leg. cit. im August 2010 noch nicht zu erkennen gewesen. Erkennbar sei die Fristversäumung "eigentlich auch im Januar 2011" nicht gewesen, weil kein Auftrag zur Erstellung der Stiftungseingangssteuererklärung für Mai 2010 vorgelegen sei. Die Nichteinreichung der Stiftungseingangssteuererklärung für Mai 2010 sowie die Versäumung der Offenlegungsfrist des § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG sei "von uns eher zufällig erkannt" worden.

1.7. Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Wiedereinsetzungsantrag als verspätet eingebracht zurück. Ausgeführt wurde nach Wiedergabe des Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag und Zitat des § 308 Abs. 1 BAO, dass die Stiftungseingangssteuerschuld für Mai 2010 im Zeitpunkt der Zuwendung entstanden sei (§ 1 Abs. 4 StiftEG). Gemäß § 3 Abs. 1 StiftEG habe der Steuerschuldner die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag des zweitfolgenden Monates (Fälligkeitstag) zu entrichten. Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. habe der Steuerschuldner bis zum Fälligkeitstag eine Steuererklärung elektronisch einzureichen. Gemäß § 2 Abs. 1 betrage die Steuerschuld 2,5 Prozent und abweichend davon 25 Prozent der Zuwendung, wenn sämtliche Dokumente in der jeweils geltenden Fassung, die die innere Organisation der Stiftung, die Vermögensverwaltung oder die Vermögensverwendung betreffen (insbesondere Stiftungsurkunde, Stiftungszusatzurkunden und damit vergleichbare Unterlagen), nicht spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit der Stiftungseingangssteuer dem zuständigen Finanzamt offen gelegt worden seien.

Der steuerliche Vertreter sei vom Treuhänder Dr. A. mit Telefax vom 11./ ersucht worden, die Buchhaltung und Bilanzierung für die Stiftung zu übernehmen und die Treuhandschaft dem Finanzamt anzuzeigen. Die dem Telefax beigeschlossenen Unterlagen seien mit Graustreifen durchzogen gewesen. Offenbar habe die Kanzlei des steuerlichen Vertreters dem Finanzamt nicht diese optisch fehlerhaften, aber durchaus lesbaren Unterlagen übermitteln wollen, sondern bis zur neuerlichen Übermittlung dieser Unterlagen im Postweg zugewartet, um an das Finanzamt unversehrte Urkunden einreichen zu können.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom sei die zum Fälligkeitstag der Stiftungseingangsteuer für Mai 2010 () versäumte Handlung nachgeholt worden. Nach Ansicht des Finanzamtes sei das Hindernis ("Urkunden mit Graulinien") spätestens zum Zeitpunkt der Übermittlung der unbeschädigten Urkunden weggefallen.

Parteienvertreter hätten die Kanzleiorganisation so einzurichten, dass die richtige Vormerkung von Terminen und Einhaltung von Fristen sichergestellt seien. Der steuerliche Vertreter hätte überprüfen müssen, welche Vorschriften betreffend die Offenlegung der Stiftung zu beachten und welche Fristen dabei zu wahren seien, selbst wenn eine diesbezügliche Beurteilung zunächst von einer Kanzleibediensteten vorgenommen worden sei.

Der steuerliche Vertreter hätte die Versäumung der Frist zur Offenlegung der im § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG angeführten Urkunden spätestens erkennen müssen, als er diese Unterlagen mit Schreiben vom beim Finanzamt eingereicht habe. Spätestens im Zeitpunkt der verspäteten Stiftungsanzeige an das Finanzamt hätte dem steuerlichen Vertreter bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt auffallen müssen, dass die Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages zu laufen begonnen habe. Da der Wiedereinsetzungsantrag vom erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist des § 308 Abs. 3 BAO gestellt worden sei, sei er zurückzuweisen.

1.8. In der gegen den Zurückweisungsbescheid erhobenen Berufung vom wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für den Beginn der dreimonatigen Frist des § 308 Abs. 3 BAO maßgeblich sei, wann erstmals die Fristversäumung bei gehöriger Aufmerksamkeit zu erkennen gewesen wäre. Der im Zurückweisungsbescheid vertretenen Ansicht des Finanzamtes könne nicht gefolgt werden, weil der steuerliche Vertreter mit der Erstellung der Stiftungseingangssteuererklärung für Mai 2010 "und der damit in Zusammenhang stehenden Offenlegung" nicht beauftragt gewesen sei. Vielmehr habe sich das diesbezügliche Telefax des Stiftungsvorstandes vom 11./ ausschließlich auf die Übernahme der Buchhaltung und Bilanzierung für die Stiftung sowie auf die Anzeige der Treuhandschaft beim Finanzamt bezogen. Für die im § 13 KStG geregelte Offenlegung der Treuhandschaft bestehe keine Frist. Auch wenn eine diesbezügliche Offenlegung grundsätzlich bei Vergabe einer Steuernummer erfolgen solle, käme im Fall einer Fristversäumung (nach Aufforderung zur Offenlegung durch das Finanzamt) die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in Betracht (StiftR Rz 25-27).

Der steuerliche Vertreter habe die Frist zur Offenlegung nach dem Stiftungseingangssteuergesetz aufgrund seines "begrenzten, ganz konkreten Auftrages" nicht erkennen können. Der Beurteilung, ob der steuerliche Vertreter die erforderliche Sorgfalt angewendet habe, sei nur der ihm erteilte Auftrag zugrunde zu legen. Über diesen Auftrag hinausgehende Sachverhalte und Vorgänge seien unmaßgeblich, weil sonst jegliche Sorgfaltspflicht "ins Unermessliche" ginge. In der Praxis würden Steuerberater üblicherweise die ertrag- und umsatzsteuerlichen Agenden ihrer Klienten wahrnehmen, während beispielsweise Grunderwerbsteuererklärungen oder Stiftungseingangssteuererklärungen von Rechtsanwälten oder Notaren eingereicht würden. Hievon erlange ein Steuerberater in der Regel erst viel später (bei Bilanzerstellung) Kenntnis. Der steuerliche Vertreter habe den ihm erteilten Auftrag erfüllt. Wäre die Offenlegung der Treuhandschaft gemäß § 13 KStG schon zum Fälligkeitstermin der Stiftungseingangssteuer für Mai 2010 erfolgt, wären auch die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG für die Anwendung des 2,5 Prozent-Steuersatzes gegeben gewesen.

Mit dieser Berufung war ein Eventualantrag gemäß § 236 BAO verbunden, mit welchem um Nachsicht infolge sachlicher Unbilligkeit der Einhebung des sich aus den unterschiedlichen Steuersätzen des § 2 StiftEG ergebenden Differenzbetrages angesucht wurde. Da sämtliche Dokumente betreffend die Stiftungsverfassung zeitgerecht beim Firmenbuch eingereicht worden seien, hätte das Finanzamt jederzeit elektronisch darauf zugreifen können.

1.9. Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

2.1.Im vorliegenden Berufungsfall wird die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der in § 2 Abs. 1 lit. b des Stiftungseingangssteuergesetzes (StiftEG) normierten Frist begehrt. Danach beträgt die Stiftungseingangssteuer 2,5 Prozent und davon abweichend 25 Prozent des Wertes der Zuwendung, wenn sämtliche Dokumente in der jeweils geltenden Fassung, die die innere Organisation der Stiftung, die Vermögensverwaltung oder die Vermögensverwendung betreffen (wie insbesondere Stiftungsurkunde, Stiftungszusatzurkunden und damit vergleichbare Unterlagen), nicht spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit der Stiftungseingangssteuer dem zuständigen Finanzamt offen gelegt worden sind.

Die Zuwendung des Mindestvermögens an die Bw. erfolgte am . Aufgrund der sich aus § 3 Abs. 1 StiftEG ergebenden Fälligkeit der Stiftungseingangssteuer für Mai 2010 hätten die für die Anwendung des 2,5 Prozent-Steuersatzes maßgeblichen Dokumente betreffend die Stiftungsverfassung dem Finanzamt bis zum offen gelegt werden müssen. Durch die Versäumung dieser Frist erlitt die Bw. einen Rechtsnachteil, weil ihr mangels zeitgerechter Offenlegung die Steuer in Höhe von 25 Prozent des Wertes der Zuwendung vorgeschrieben wurde (vgl. Bescheid gemäß § 201 BAO vom ).

2.2. Nach der für die Wiedereinsetzung maßgeblichen Bestimmung des § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach dem dritten Absatz dieser Gesetzesstelle muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde, bei der die Frist wahrzunehmen war, bei Versäumung einer Berufungsfrist oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2) bei der Abgabenbehörde erster oder zweiter Instanz eingebracht werden. Spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte Handlung nachzuholen.

2.3. Der erstinstanzliche Bescheid lautet auf Zurückweisung des verspäteten Wiedereinsetzungsantrages. Für die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist daher Sache im Sinn des § 289 Abs. 2 BAO die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung und nicht die sachliche Berechtigung des Wiedereinsetzungsantrages (; ). Demnach hat sich der Unabhängige Finanzsenat auf die Beurteilung der Frage zu beschränken, ob der Wiedereinsetzungsantrag vom rechtzeitig im Sinn des § 308 Abs. 3 BAO eingebracht wurde oder nicht. Für diese Beurteilung ist ausschlaggebend, wann erstmals die Fristversäumung erkennbar war bzw. bei gehöriger Aufmerksamkeit erkannt werden hätte müssen (Ritz, BAO4, § 308 Tz 22, mwN).

2.4. Der Standpunkt des Finanzamtes, der steuerliche Vertreter hätte die Versäumung der Frist zur Offenlegung der von § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG geforderten Dokumente bei entsprechender Aufmerksamkeit spätestens im Zeitpunkt der Übermittlung dieser Unterlagen an das Finanzamt (am ) erkennen müssen, erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

2.5. Die Bw. wird durch den Stiftungsvorstand Dr. A. vertreten, der den Beruf eines Rechtsanwaltes ausübt und als solcher zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist (§ 8 RAO). Weiters wird die Bw. vor den Abgabenbehörden durch eine Steuerberatungskanzlei vertreten, wobei sich aus der Bekanntgabe der Übernahme der steuerlichen Vertretung laut Schreiben an das Finanzamt vom keine Beschränkung des Vollmachtverhältnisses ergibt.

Hat ein Abgabepflichtiger mehrere Bevollmächtigte, so ist die Aufgabenverteilung zwischen diesen abzustimmen bzw. die Kompetenzverteilung eindeutig zu regeln. Insbesondere sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, die es ausschließen, dass beide Bevollmächtigte zu Unrecht darauf vertrauen, der jeweils andere werde eine zur Fristwahrung erforderliche Verfahrenshandlung vornehmen. In einer mangelhaften Abstimmung kann ein Verschulden gelegen sein (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 110 Tz. 53 u. 73 dAO).

2.6. Der steuerliche Vertreter versucht die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages letztlich auf die Behauptung zu stützen, er sei ursprünglich mit der Einreichung der Stiftungseingangssteuererklärung für Mai 2010 "und der damit in Zusammenhang stehenden Offenlegung" nicht beauftragt gewesen. Das im Telefax vom 11./ umschriebene Auftragsverhältnis zwischen dem Stiftungsvorstand Dr. A. und dem steuerlichen Vertreter habe nur die Übernahme der Buchhaltung und Bilanzierung sowie die - für eine Besteuerung nach den Sondervorschriften des § 13 KStG bedeutsame - Offenlegung der Treuhandschaft gegenüber dem Finanzamt umfasst. Erst als der steuerliche Vertreter "die generelle Frage der Stiftungseingangssteuer .... aufgeworfen" habe, als ihm mit Schreiben vom eine Nachstiftung vom zur Kenntnis gebracht worden sei, "um die Stiftungseingangssteuererklärung für Dezember 2010 zu erstellen und beim Finanzamt einzureichen", sei er auch mit der Erstellung der Stiftungseingangssteuererklärung für Mai 2010 betraut worden.

2.7. Hierauf ist zunächst zu erwidern, dass es für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages nicht entscheidend darauf ankommt, wann erstmals der steuerliche Vertreter mit der Einreichung von Stiftungseingangssteuererklärungen für die Bw. beauftragt wurde, weil die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG nicht an eine termingerechte Einreichung von Steuererklärungen anknüpft, sondern die Anwendbarkeit des 2,5 Prozent-Steuersatzes ausschließlich davon abhängig macht, dass dem Finanzamt die Dokumente betreffend die Stiftungsverfassung spätestens bis zum Fälligkeitszeitpunkt der Stiftungseingangssteuer offen gelegt werden.

2.8. Das Vorbringen des steuerlichen Vertreters zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass ihm mit dem mehrfach erwähnten Telefax des Stiftungsvorstandes kein umfassender Auftrag zur steuerlichen Vertretung der Bw. erteilt worden sei. Aufgrund seines begrenzten Vertretungsauftrages habe er erst im Jänner 2011 erkennen können, dass bis zum Fälligkeitstermin der Stiftungseingangssteuer für Mai 2010 keine Offenlegung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG erfolgt sei.

Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass bei einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe, der die Vertretung einer Privatstiftung in abgabenrechtlicher Hinsicht übernimmt, die Kenntnis der steuerlichen Sondervorschriften für Privatstiftungen vorausgesetzt werden muss. Es mag zwar zutreffen, dass für die Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabes eines Steuerberaters der ihm erteilte Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalles maßgeblich sind. Dies ändert aber nichts daran, dass einen Steuerberater, der ein Dauermandat übernimmt, gegenüber seinem Mandanten eine umfassende Schutz-, Fürsorge- und Aufklärungspflicht trifft, die zwar nicht überspannt, aber auch nicht vollkommen außer Acht gelassen werden darf.

Wenn sich der steuerliche Vertreter im Hinblick auf den im Telefax vom 11./ umschriebenen Umfang seines Mandates nur für eine Offenlegung der verdeckten Treuhandschaft nach § 13 KStG als zuständig erachtete, so hätte er diesen Umstand aufgrund der ihn treffenden Aufklärungspflicht zum Anlass für eine Kontaktaufnahme mit dem Stiftungsvorstand Dr. A. nehmen und dabei insbesondere zur Sprache bringen müssen, ob eine Offenlegung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG bereits erfolgt sei. Eine solche Rückfrage erscheint nicht zuletzt deshalb unabdingbar, weil die Kanzlei des steuerlichen Vertreters die Eröffnungsbilanz der Bw. erstellt und darin ein Anfangsvermögen von 70.0000 € ausgewiesen hat. Somit hätte für den steuerlichen Vertreter spätestens zum Zeitpunkt der Einreichung dieser Bilanz beim Finanzamt (am ) ersichtlich sein müssen, dass die auf die Zuwendung des Mindestvermögens entfallende (im Mai 2010 entstandene) Steuerschuld bereits am fällig war. Hätte der steuerliche Vertreter hierauf durch eine Kontaktaufnahme mit Dr. A. reagiert, hätte er bereits im August 2010 erkennen können, dass eine fristgerechte Offenlegung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b StiftEG verabsäumt worden war. Durch eine solche Handlungsweise wäre der Pflichtenkreis des Steuerberaters nicht unzumutbar ausgeweitet worden, zumal bei erheblichen Vermögensdispositionen eine besondere Sorgfalt erforderlich ist.

2.9. Mit dem allgemeinen Vorbringen, "in der steuerlichen Praxis" würden Steuerberater lediglich umsatz- und ertragsteuerliche Agenden ihrer Mandanten wahrnehmen, während etwa Grunderwerbsteuer- oder Stiftungseingangssteuererklärungen üblicherweise von Rechtsanwälten oder Notaren eingereicht würden, wird ebenfalls keine Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages aufgezeigt. Denn aus den diesbezüglichen Ausführungen ergibt sich keineswegs, dass im vorliegenden Streitfall tatsächlich eine derartige Kompetenzabgrenzung getroffen wurde. Im Übrigen wäre eine solche Verteilung der Vertretungskompetenzen mit der unstrittigen Beauftragung des steuerlichen Vertreters zur Einreichung der Stiftungseingangssteuererklärung für Dezember 2010 nicht in Einklang zu bringen.

Der Hinweis auf die durch BGBl. I Nr. 112/2011 aufgehobene Bestimmung des § 3 Abs. 5 StiftEG erscheint ebenfalls nicht zielführend, weil dort nur die Befugnisse von Rechtsanwälten und Notaren (Parteienvertreter) gegenüber den Grundbuchsgerichten geregelt wurden.

Soweit der steuerliche Vertreter zur Stützung seines Standpunktes auf Rz 27 der Stiftungsrichtlinien 2009 verweist, ist er daran zu erinnern, dass die dort erwähnte Möglichkeit einer Wiedereinsetzung nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 308 BAO in Betracht kommt. Dazu zählt auch ein rechtzeitiger Wiedereinsetzungsantrag.

2.10. Zu dem in der Berufung gestellten Nachsichtsantrag gemäß § 236 BAO wird abschließend bemerkt, dass hierüber nicht die Berufungsbehörde, sondern die Abgabenbehörde erster Instanz zu entscheiden hat.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 308 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 lit. b StiftEG (SchenkMG 2008), Stiftungseingangssteuergesetz (Schenkungsmeldegesetz 2008), BGBl. I Nr. 85/2008
Schlagworte
Privatstiftung
Offenlegung
Verweise

Zitiert/besprochen in
Mark in UFSjournal 2013, 454

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at