Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 30.10.2013, RV/0358-G/09

Ermessensentscheidung bei ausnahmsweiser Direktvorschreibung der KESt für verdeckte Ausschüttung einer GmbH an den Gesellschafter-Geschäftsführer nach § 95 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat (UFS) hat über die Berufung des Berufungswerbers, gegen die Bescheide des Finanzamtes X . betreffend Kapitalertragsteuer 1. Quartal 2002 - 3. Quartal 2005 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Strittig ist die steuerliche Behandlung der aus laufenden Entnahmen des Berufungswerbers (Bw) im Verfahrenszeitraum resultierenden Negativstände auf dessen Gesellschafterverrechnungskonto bei der (Bauunternehmen) Projektentwicklung GmbH (FN xxxxxx).

Die (Bauunternehmen) Projektentwicklung GmbH (im Folgenden kurz (Bauunternehmen) GmbH) behandelte die auf dem Verrechnungskonto des Bw jeweils zum Bilanzstichtag aushaftenden Beträge als Darlehensforderungen gegenüber ihrem zu 75% beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer, die sie mit 5% p.a. verzinste. Nach Ansicht des Finanzamtes X (FA) stellen diese Beträge verdeckte Ausschüttungen (vA) der GmbH an ihren Hauptgesellschafter dar, die einer 25%igen KESt-Besteuerung zu unterwerfen sind.

Im Zuge einer beim Bw durchgeführten Außenprüfung (AP) des FA betreffend den Zeitraum 2001 - 2003 (später ausgedehnt auf KESt 2004 - 3. Quartal 2005) stellte der Prüfer fest, dass die vom Bw für Privatzwecke getätigten Entnahmen zu Lasten des betrieblichen Bankkontos zwar im Jahr 2001 aufgrund der Gegenrechnung mit verschiedenen, angeblich vom Bw für die (Bauunternehmen) GmbH bezahlten Positionen ausgeglichen worden waren, ab 2002 aber zu einem stetig anwachsenden Negativstand des Gesellschafterverrechnungskontos geführt hatten. Bis zum Ende des Prüfungszeitraumes hatte dieses eine Höhe von mehr als 265.000,- € erreicht, darin enthalten auch die ebenfalls aushaftenden Jahresverzinsungen. Zur Rückführung des Negativstandes waren lediglich vereinzelt Gegenforderungen des Bw verbucht worden.

Die Ausfertigung einer schriftlichen Vereinbarung zwischen der (Bauunternehmen) GmbH und ihrem Hauptgesellschafter über die Rückzahlung der durch dessen Entnahmen entstandenen Verbindlichkeit war nach den Feststellungen des Prüfers ebenso unterblieben, wie die Leistung regelmäßiger Rückzahlungen zur Abdeckung der Schuld.

Der Bw brachte im Prüfungsverfahren vor, die Entnahmen als Leihgelder erhalten zu haben, wobei deren Höhe mit dem Wert eines von ihm seinerzeit in die (Bauunternehmen) GmbH eingebrachten Grundstücks begrenzt worden sei. Die Rückzahlung sei aus dem Verkauf seiner Anteile an der (Büro-&Tiefgaragen-) Errichtungs GmbH (im folgenden (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH) geplant, für deren Erwerb er ein Optionsrecht besitze und für welche es bereits Interessenten gebe. Eine Sicherstellung der Verbindlichkeit sei wegen seiner 95%-Beteiligung an der (Bauunternehmen) GmbH nicht erforderlich gewesen.

Der Prüfer erachtete die festgestellte Gestaltung als ein nicht fremdübliches Rechtsverhältnis zwischen in einem Naheverhältnis stehenden Vertragspartnern. Dies ergebe sich aus dem Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung und der lediglich durch die Darstellung des Verrechnungskontos dokumentierten Höhe und Verzinsung der Verbindlichkeit, sowie aus dem Fehlen eines vereinbarten Rückzahlungstermins für die einzelnen Entnahmen. Neben dem Abstellen auf einen weder nach dem Zeitpunkt noch nach dem Erfolg bestimmten Verkauf von Anteilen für die Rückzahlung der aushaftenden Beträge, sei auch festzuhalten, dass das angesprochene Optionsrecht der (Bauunternehmen) GmbH zugestanden sei, die darauf zugunsten des Bw verzichtet habe. Aufgrund der dargestellten Umstände seien die jeweils zu den Bilanzstichtagen bestehenden Salden abzüglich der gebuchten Zinsen und des Vorjahressaldos als der KESt unterliegende, verdeckte Gewinnausschüttungen der (Bauunternehmen) GmbH an den Bw zu werten gewesen. Mit der Vorschreibung an den Empfänger der Kapitalerträge gemäß § 95 Abs. 5 Z 1 EStG seien diese endbesteuert.

Das FA folgte den Prüferfeststellungen und erließ für jedes der Prüfungsjahre 2002 - 2004 einen "Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer" "für die KVJ 1 - 4" sowie einen weiteren "für die KVJ 1 - 3/2005", sämtliche mit dem Bw als Bescheidadressaten.

Binnen verlängerter Rechtsmittelfrist berief der Bw gegen diese Bescheide und beantragte die Nichtfestsetzung einer Kapitalertragsteuer. Begründend verwies er auf eine anlässlich der Spaltung der (Bauunternehmen) GmbH und der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH getroffene Vereinbarung mit seiner Mitgesellschafterin (Mutter), nach welcher sein Verrechnungskonto bis zu einem Maximalwert von 375.000,- € anwachsen dürfe und die Rückzahlung aus dem Veräußerungserlös seiner Anteile an der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH abzudecken sei. Damit sei die Rückzahlung zwar nicht datumsmäßig fixiert, jedoch seiner Willkür entzogen.

Das Optionsrecht auf den (Rück-) Erwerb der (Büro-&Tiefgaragen-)-Anteile sei ursprünglich ihm als Gesellschafter beider aus der Spaltung hervorgegangenen GmbHs zugestanden. Beim Verkauf der (Büro-&Tiefgaragen-)-Anteile an die (Finanzierungs-)GmbH habe er dieses Recht vorsorglich der (Bauunternehmen) GmbH unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Nach Wegfall der Gründe für die Vorsorge habe er das Recht mit Zustimmung der Mitgesellschafterin wieder selbst übernommen.

Das seit Bestehen der (Bauunternehmen) GmbH geführte Verrechnungskonto sei den üblichen laufenden Schwankungen durch Belastungen und Gutschriften unterlegen, fremdüblich verzinst und durch den Ausweis im Jahresabschluss nach außen hin dokumentiert worden. Seine Bereitschaft zur Rückzahlung habe er nie in Frage gestellt. Im Übrigen sei er dazu - ganz abgesehen vom zu erwartenden Erlös aus dem (Büro-&Tiefgaragen-)-Anteilsverkauf - auch in der Lage. Anderseits habe die (Bauunternehmen) GmbH auf ihre Verrechnungsforderung nie verzichtet.

Da somit sämtliche von der VwGH-Judikatur geforderten Merkmale für die Anerkennung einer aufrechten Verrechnungsverbindlichkeit vorgelegen seien, komme eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht zum Tragen.

Das FA legte das Rechtsmittel dem UFS mit dem Verweis auf die einschlägige VwGH-Rechtsprechung zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 lit a Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sind "Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung" Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 leg. cit. gehören.

Nach § 93 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer bei inländischen Kapitalerträgen im Sinne des Abs. 2 der Bestimmung durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer/KESt).

§ 93 Abs. 2 EStG erfasst, soweit hier relevant, inländische Kapitalerträge, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat und es sich um Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung" handelt (§ 93 Abs. 2 Z. 1 lit. a EStG).

Zu den "sonstigen Bezügen" im Sinne des § 27 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG zählen insbesondere die verdeckten Ausschüttungen. Verdeckte Ausschüttungen gehören somit zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 Z. 1 lit. a EStG.

Höhe und Einbehaltung der KESt regelt § 95 EStG. Dessen hier maßgebende Bestimmungen lauten:

Abs.1: Die Kapitalertragsteuer beträgt 25%.

Abs.2: Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Abs.3: Zum Abzug der Kapitalertragsteuer ist verpflichtet:

1. Bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge.

...

Abs.4: Der zum Abzug Verpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen:

1. Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung von einer Körperschaft beschlossen wird, an jenem Tag, der im Beschluß als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Wird im Beschluß kein Tag der Auszahlung bestimmt, so gilt der Tag nach der Beschlußfassung als Zeitpunkt des Zufließens.

...

4. Bei anderen Kapitalerträgen, insbesondere bei Zinserträgen aus Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten, nach Maßgabe des § 19.

Abs.5: Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Bei Kapitalerträgen iSd § 93 Abs. 2 Z 1 EStG ist die einbehaltene Kapitalertragsteuer durch den zum Abzug Verpflichteten unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" binnen einer Woche nach dem Zufließen abzuführen (§ 96 Abs. 4 EStG).

Nach Lehre und Rechtsprechung ist der vom Gesetzgeber primär vorgesehene Weg der Steuererhebung für Einkünfte, die nach § 93 der KESt unterliegen, der KESt-Abzug durch den Haftungspflichtigen (§ 95 Abs. 2 EStG). Die Besteuerung verdeckter Ausschüttungen hält der VwGH allerdings als typischen Anwendungsfall der als Ausnahmebestimmung in § 95 Abs. 5 EStG vorgesehenen Direktvorschreibung an den Empfänger der Kapitalerträge. Die Entscheidung über die Anwendung der Ausnahmebestimmung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. , , 2008/15/0170, , 2009/15/0182 bzw. Ritz, BAO Kommentar § 20 Rz 4, Doralt/Kirchmayer EStG 16.Lfg, § 95, Rz. 65ff).

Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich vor allem am Zweck der anzuwendenden Norm zu orientieren. Die Behörde hat dabei gemäß § 20 BAO die Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten. Bei der Ermessensübung sind berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Das Moment der "Billigkeit" gebietet etwa die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Situation der Partei. Zur "Zweckmäßigkeit" gehört der Aspekt der Verwaltungsökonomie als Ausfluss des Gebots der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung (vgl. Ritz, a.a.O. Rz. 7ff).

Der Abgabenrechtsmittelbehörde obliegt es grundsätzlich nicht nur das erstinstanzliche Ermessen zu überprüfen, sondern hat sie in der Berufungsentscheidung das Ermessen auch eigenverantwortlich zu üben (Ritz, a.a.O. Rz 11).

Kommt eine zum Abzug und zur Abfuhr an das Finanzamt verpflichtete Kapitalgesellschaft ihrer Verpflichtung nicht nach, haftet sie dem Bund für die Abfuhr der Kapitalertragsteuer (§ 95 Abs. 2 EStG). Solche Haftungen sind gemäß § 224 BAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen. Wird die KESt ausnahmsweise dem Empfänger der Kapitalerträge direkt vorgeschrieben (etwa im Fall der vA), erfolgt dies mittels Abgabenbescheid bzw. allenfalls durch einen mehrere Abgabenbescheide enthaltenden Sammel-Abgabenbescheid an den begünstigten Gesellschafter (§ 198 iVm § 201 BAO).

Die im anhängigen Verfahren angefochtenen Bescheide ergingen an den Bw als Bescheidadressaten. Ihre Rechtsgrundlage ist zwar nicht im Spruch enthalten, doch ist den Ausführungen im AP-Bericht zu ersehen, dass die Erstbehörde sich zu einer Direktvorschreibung der KESt auf Basis des § 95 Abs. 5 Z.1 EStG entschlossen hat. Nicht zu entnehmen sind dem als Bescheidbegründung dienenden AP-Bericht allerdings die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Ermessenserwägungen.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten zweitinstanzlichen Ermittlungen sieht der UFS im Rahmen der von ihm vorzunehmenden Ermessensabwägung die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Direktvorschreibung der KESt an den Bw als nicht erfüllt an.

Den Daten des Unternehmensbuches ist zu entnehmen, dass der Bw ab der Gründung Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der mit Einbringungsvertrag vom zum unter Einbringung des Betriebes der (Bw-Mutter) KG nach Art. III UmgrStG gegründeten (Bauunternehmen) GmbH (FN yyyyyy) war (zunächst zu 75%, ab 12/1995 erhöht auf 95% Beteiligung am Stammkapital). Die übrigen Anteile hielt seine Mutter, die bis zur Einbringung zu 99% beteiligte Komplementärin der (Bw-Mutter) KG und lt. Grundbuch Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 1234 KG XY gewesen war. Diese Liegenschaft war im Zuge der Einbringung in das Betriebsvermögen der neu gegründeten (Bauunternehmen) GmbH überführt worden, dem sie bis heute zugeordnet ist.

Ende der 1990iger Jahre begann die (Bauunternehmen) GmbH mit der Errichtung eines Geschäfts-/Büro- und Tiefgaragengebäudes auf der EZ 1234, KG XY. Da die Finanzierung dieses Projekts die GmbH massiv belastete (negatives Eigenkapital per 19.262.000,- ATS), entschloss sich der Bw zu einem Sale & Lease Back-Geschäft, um die weitere Projektrealisierung sicherzustellen.

Zu dessen Umsetzung wurde zunächst per die Firma der (Bauunternehmen) GmbH in (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH geändert.

In der Folge wurde mit die Abspaltung des Betriebes Projektentwicklung und Überführung in eine am selben Tag neu gegründete GmbH mit identen Beteiligungs- und Geschäftsführungsverhältnissen beschlossen. Diese unter der FN xxxxxx im damaligen Firmenbuch erfasste Kapitalgesellschaft erhielt neuerlich die Firmenbezeichnung (Bauunternehmen) Projektentwicklung GmbH (im Folgenden zur besseren Unterscheidung als (Bauunternehmen) GmbH II bezeichnet).

Die Liegenschaft EZ 1234, KG XY war von dieser Unternehmensumstrukturierung im Herbst 2000 nicht betroffen. Sie blieb im Betriebsvermögen der bisherigen, nunmehr als (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH fortgeführten Kapitalgesellschaft (FN yyyyyy).

Mit notariell beurkundetem Abtretungsvertrag vom veräußerten der Bw und seine Mutter die Anteile an der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH zum Nominalwert von insgesamt 500.000,- ATS je zur Hälfte an die (Finanzierungs-) Mobilienvermietungs-GmbH (im folgenden (Finanzierungs-) GmbH) und die (Finanzierung2-)KapitalverwaltungsGmbH (im folgenden (Finanzierung2-) GmbH), beides Konzerngesellschaften jenes Bankinstitutes, dem auch die Z-Bank zugeordnet ist, die in der Folge die Errichtung des Büro-/Geschäfts- und Tiefgaragenprojekts der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH finanzierte. Im Betriebsvermögen der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH befanden sich neben der Liegenschaft EZ 1234, KG XY auch Bankverbindlichkeiten, die zum Stichtag mit knapp 50 Millionen ATS aushafteten.

Mit Immobilienleasingvertrag vom selben Tag (später ergänzt um einen Nachtrag vom ) mietete die im November 2000 gegründete (Bauunternehmen) GmbH II die Liegenschaft EZ 1234, KG XY von der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH zurück.

Ebenfalls mit räumten die beiden neuen Gesellschafter der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH der "(Bauunternehmen) Projektentwicklungs GmbH, deren Rechtsnachfolger und/oder einem von diesen namhaft gemachten Dritten" ein jederzeit unter Setzung einer einmonatigen Frist auszuübendes, mit befristetes Anbot auf (Rück-) Abtretung der soeben erworbenen Geschäftsanteile an der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH ein. Die Rückübertragung der Geschäftsanteile sollte um einen im Anbot exakt festgelegten Kaufpreis und grundsätzlich gegen Umschuldung der in der Gesellschaft aushaftenden Verbindlichkeiten und Abdeckung der Kreditmittel sowie Kostentragung durch die Übernehmerin erfolgen. Der Kaufpreis sollte neben einem Fixpreis von 3,5 Millionen Schilling (254.355,- €) im Wesentlichen den abgezinsten Barwert der bis zum Ablauf des zwanzigsten Jahres aushaftenden Mietentgelts für die Liegenschaft EZ 1234, KG XY und den ebenfalls auf diesen Zeitpunkt berechneten, abgezinsten kalkulatorischen Restbuchwert des auf der Liegenschaft befindlichen Gebäudes samt Tiefgarage abzüglich der in der Gesellschaft bestehenden Verbindlichkeiten abdecken. Für den Fall eines früheren Aufgriffs der Geschäftsanteile sah das Anbot eine Anpassung der Abzinsungsberechnung bei im Übrigen gleichbleibendem Berechnungsmodus für den Rückkaufspreis der Geschäftsanteile vor.

Den vom FA vorgelegten Unterlagen aus dem AP-Verfahren ist zu entnehmen, dass die (Bauunternehmen) GmbH II schon bald mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag in Rückstand war. Die (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH wies in der Bilanz für 2004 eine Forderung gegen die (Bauunternehmen) GmbH II von 166.148,- € aus, für die man eine Stundung bzw. Abstattung in 48 Monatsraten vereinbart hatte. Nachdem die (Bauunternehmen) GmbH II auch 2005 die Leasingraten nicht ordnungsgemäß erfüllte, beendete das finanzierende Kreditinstitut sein Engagement unter Rückabwicklung des Anfang 2001 getätigten Beteiligungserwerbes an der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH.

Mit Notariatsakt vom erwarben der Bw und seine Mutter die Anteile an der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH im Verhältnis von 95% zu 5% um einen Kaufpreis von 219.535,84 € (rd. 3 Millionen ATS) wieder zurück. Zugleich wurde eine Umschuldung der nunmehr mit rd. 9,135.000,- € (ca. 125 Millionen ATS) aushaftenden Bankverbindlichkeiten auf die (Nachfolgebank) durchgeführt, die - gegen eine grundbücherliche Besicherung im Ausmaß von 10 Millionen € - auch die Finanzierung des Kaufpreises für den Rückerwerb der Geschäftsanteile an der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH übernahm. Die Rückübertragung der Geschäftsanteile, die Kaufpreisfestlegung und die Umschuldung erfolgten, wie einer in Ergänzung zum (Rück-) Abtretungsvertrag abgeschlossenen Vereinbarung vom selben Tag zu entnehmen ist, ausdrücklich unter Bezug auf die Abtretungsvereinbarung vom und den darin der "(Bauunternehmen)(d.i. die (Bauunternehmen) GmbH II) eingeräumten Abtretungsanspruch.

Der beim Firmenbuch eingereichte Jahresabschluss der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH zum , auf dessen Basis die Rückabwicklung erfolgte, weist ein negatives Eigenkapital von 2,160 Mio € (= ca. 29,7 Mio ATS) aus, wobei den Bankverbindlichkeiten von knapp 14,5 Mio € (= mehr als 199 Mio ATS) die Liegenschaft EZ 1234, KG XY (weitere Liegenschaften besitzt die (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH lt. Grundbuch nicht) mit einem Buchwert von 8,650 Mio € (= ca. 119 Mio ATS) sowie ein Umlaufvermögen von 5,1 Mio € (rd. 70 Mio ATS) an kurzfristigen Guthaben gegenüber Kreditinstituten gegenüberstehen.

Mit der Umschuldung endete auch die Laufzeit einer vom bisher finanzierenden Kreditinstitut abgegebenen Patronatserklärung, welche bis dahin in den Jahresabschlüssen der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH jeweils als Argument gegen die insolvenzmäßige Überschuldung des Gesellschaft angeführt worden war.

In der Bilanz 2005 wies die (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH bei Umsätzen von knapp 480.000,- € einen Jahresverlust von rd. 12.300,- € und ein negatives Eigenkapital von 1,737.000,- € aus (rd. 24 Mio ATS) aus (Sachanlagen rd. 8,630 Mio €, Verbindlichkeiten 10,750 Mio €, davon 9,570 Mio € dinglich besichert).

Den Abgabenerklärungen der (Bauunternehmen) GmbH II ist zu entnehmen, dass diese, - trotz rückständiger Leasingsraten in den Jahren 2004/2005 - abgesehen vom Gründungsjahr 2000, bis zum Ergehen der angefochtenen Bescheide jeweils positive Jahresergebnisse erzielt und auch durchgehend ein positives Eigenkapital ausgewiesen hatte (beides im Übrigen bis inklusive zur Bilanz 2012). Nach dem Verkauf des einzigen Grundbesitzes, einer Liegenschaft in Salzburg/(LageKG) Ende 2003 (bis zur Gründung der ersten (Bauunternehmen) GmbH im Jahr 1995 ebenfalls im Alleineigentum der Mutter des Bw stehend), hatte die GmbH im Nov. 2004 das Baurecht an der Liegenschaft Ort, R.-Straße 25 erworben. 2005 war mit einem Umsatz von rd. 1 Mio € ein Gewinn von knapp 80.000,- € erzielt worden. Bis einschließlich 2005 war das Unternehmen praktisch ohne Fremdfinanzierungskosten betrieben worden. Nachdem die Gesellschaft im Laufe des Jahres 2005 mit einer Bautätigkeit begonnen hatte, scheinen zum Jahresende 2005 erstmals Bankverbindlichkeiten auf. Zum Stichtag hatten diese einen Wert von knapp 3,570 Mio €, denen Sachanlagen von rd. 700.000,- € und rd. 4,6 Mio € Umlaufvermögen gegenüberstanden (lt. FB-Bilanz 2005 dagegen keinerlei Bankverbindlichkeiten).

In den Jahren danach hat die GmbH weiteren Liegenschaftsbesitz erworben (und teilweise im Wege von Spaltungsmaßnahmen wieder abgegeben).

Abgabenbehördliche Einbringungsmaßnahmen gegenüber der (Bauunternehmen) GmbH II sind weder historisch noch aktuell ersichtlich. Auch dem Grundbuch sind Exekutionen gegen die Gesellschaft nicht zu entnehmen.

Der Bw, seit der Gründung der ersten (Bauunternehmen) GmbH (FN yyyyyy) im Jahr 1995 als deren Geschäftsführer tätig, war im Zuge des Sale & Lease Back-Geschäfts mit Ende 2000 sowohl als Gesellschafter als auch als Geschäftsführer aus dieser Gesellschaft ausgeschieden. Im November 2000 hatte er die Geschäftsführung der im Wege der Abspaltung neu gegründeten (Bauunternehmen) GmbH II (FN xxxxxx) übernommen. Nach seinen Angaben im AP-Verfahren hatte er von Anfang an mit der Gesellschaft vereinbart, seine Leistung als Geschäftsführer unentgeltlich zu erbringen. Lediglich "für spezielle Aufträge, unabhängig von der Geschäftsführertätigkeit", treffe er "fremdübliche Honorarvereinbarungen". Entsprechend wies er in seinen Abgabenerklärungen seit 1995 größtenteils bescheidene Einkünfte aus, die erstmals im Jahr 2004 einen Wert von knapp 21.000,- € erreicht hatten. Davor waren sie - abgesehen von auffälligen Ausnahmen in den Jahren 1996/97 - noch deutlich niedriger gewesen.

Den AP-Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Einkünfte des Bw in den Jahren 2001 bis 2004 jeweils aus einem einzigen Auftrag erzielt worden waren (2001: "Baubeauftragung" 150.000,- ATS (10.900,- €); 2002: "Nachbearbeitung Baubeauftragung" 18.400,- €; 2003: "Klagsbearbeitung" 23.010,- €). Diese waren jeweils per 31.12. d.J. als Gegenforderungen auf seinem Gesellschafterverrechnungskonto bei der (Bauunternehmen) GmbH II verbucht worden.

2004 hatte das versteuerte Einkommen des Bw aus einem Objektverwaltungsauftrag betreffend die Ende 2003 verkaufte Liegenschaft in Salzburg/(LageKG) resultiert (Entgelt 25.000,- €). Von der (Bauunternehmen) GmbH II hatte er in diesem Jahr keinen "Spezialauftrag" erhalten.

Einzig im Jahr 2005 hatte der Bw deutlich höhere Einkünfte in seiner Einkommensteuererklärung ausgewiesen (rd. 64.000- €). Lt. AP-Unterlagen zur Rückübertragung der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH-Anteile waren zu diesem Zeitpunkt drei zivilgerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit dem Bauprojekt auf der EZ 1234, KG XY anhängig, deren Führung dem Bw "persönlich" vorbehalten worden war.

Bereits 2007 erreichte das Einkommen des Bw im Übrigen wiederum nur mehr rd. 25.000,- €.

Nach den Daten des Grundbuchs verfügt(e) der Bw weder aktuell noch historisch über Immobilienbesitz. Zur Werthaltigkeit seiner Gesellschaftsanteile an der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH ist an die angeführten Bilanzdaten der Gesellschaft für 2005 zu erinnern.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Einkommens- und Vermögenssituation der (Bauunternehmen) GmbH II und des Bw ist es für den UFS nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Ermessenserwägungen die Erstbehörde berechtigt davon ausgehen konnte, dass die Kapitalertragsteuer für die festgestellten vA, entgegen der primären Absicht des Gesetzgebers, nicht der nach § 95 Abs. 2 EStG abfuhrpflichtigen Kapitalgesellschaft im Haftungsweg aufzuerlegen sein sollte, sondern ausnahmsweise dem Bw im Wege einer Direktvorschreibung nach § 95 Abs. 5 EStG. Birgt doch dessen erklärt unentgeltlich ausgeübte Geschäftsführertätigkeit und das Fehlen jeglichen Immobilienbesitzes ein nicht unbeträchtliches Risiko für den Fall notwendiger Einbringungsmaßnahmen. Dass ein Zugriff auf dessen Gesellschaftsanteile an der (Bauunternehmen) GmbH II oder der (Büro-&Tiefgaragen-) GmbH bis zur Realisierung der erforderlichen Geldmittel einen wesentlich höheren Verwaltungsaufwand mit sich bringen würde als eine Einhebung der im Haftungsweg geltend gemachten KESt-Forderung bei der (Bauunternehmen) GmbH II, bedarf - insbesondere aus der maßgeblichen Sicht zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Sommer 2006 - unter den dargestellten Umständen keiner weiteren Erörterung.

Anderseits ist nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die Geltendmachung der Haftung gegenüber der (Bauunternehmen) GmbH II im August 2006 unzweckmäßig oder unbillig gewesen sein könnte.

Im Ergebnis mangelt es den angefochtenen Bescheiden aus Sicht des UFS daher an hinreichend berücksichtigungswürdigen Gründen, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der vom Gesetzgeber als Ausnahme vorgesehenen Direktvorschreibung an den Empfänger der Kapitalerträge nach § 95 Abs. 5 EStG zu tragen imstande sein konnten. Die angefochtenen Bescheide waren daher aus dem Rechtsbestand zu beheben.

Unter den gegebenen Umständen bedurfte es weder einer Prüfung, ob die verfahrensgegenständlichen Bescheide die Bemessungsgrundlagen der einzelnen, dem KESt-Abzug zu Grunde liegenden Entnahmevorgänge hinreichend konkretisiert im Sinne der jüngsten UFS-Judikatur dargestellt hatten (vgl. die UFS-Entscheidung vom , RV/0609-W/10), noch war auf das Berufungsvorbringen inhaltlich einzugehen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 5 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 96 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Ermessensentscheidung
Direktvorschreibung nach § 95 Abs.5 EStG 1988
verdeckte Ausschüttung
Gesellschafter-Geschäftsführer
Privatentnahmen
Gesellschfterverrechnungskonto
Verweise
Zitiert/besprochen in
Raab/Renner in BFGjournal 2014, 105
Knechtl in BFGjournal 2015, 363

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at