Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 17.08.2011, RV/0805-L/11

Zahnarztkosten als außergewöhnliche Belastung bei Behinderung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der im angefochtenen Einkommensteuerbescheid angeführten Abgabe betragen, wie in der Berufungsvorentscheidung vom :


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2010
Einkommen
16.340,33 €
Einkommensteuer
1.360,45 €
anrechenbare Lohnsteuer
- 2.303,78 €
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift)
- 943,33 €

Entscheidungsgründe

Der Bw. erzielt als Pensionist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Mit Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2010 beantragte der Bw. die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und gab bekannt, dass die Ehegattin aufgrund einer Gallen-, Leber-, Nierenkrankheit 50% behindert sei. Unter der Kennzahl 417 beantragte der Bw. weiters für die Ehegattin die Berücksichtigung von Kosten der Heilbehandlung ohne Anrechnung eines Selbstbehalts iHv. 685,70 €.

Das Finanzamt ersuchte den Bw. am u.a. die zusätzlichen Kosten von 685,70 € nachzuweisen. U.a. wurde eine Zahnarztrechnung iHv. 530,00 € vorgelegt.

Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom berechnete das Finanzamt die Einkommensteuer mit 1.317,72 €, wobei es bei den nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung des Ehepartners nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen 141,30 € zum Abzug brachte. Begründend wurde ausgeführt, dass die Zahnarztkosten als Krankenkosten mit Selbstbehalt erfasst worden seien.

Dagegen erhob der Bw. am Berufung und ersuchte um Anerkennung von Aufwendungen gem. § 34 Abs. 4 EStG 1988. Laut Erklärung habe er den Alleinverdienerabsetzbetrag beantragt. Der Grad der Behinderung der Gattin sei 50 %. So seien die Kosten für die Gattin laut Tz. 417 ohne Selbstbehalt voll zum Abzug zu bringen, da laut Punkt 8.12 (Kosten der Heilbehandlung) diese Kosten abzugsfähig seien. Zu den nicht anzuerkennenden Kosten würden lediglich folgende Rechnungen gehören: Hartjes (Hühneraugenbehandlung) 16,50 € Lambert (Schuheinlagen) 27,40 €

Das Finanzamt ersuchte mit Schreiben vom um Ergänzung des Berufungsbegehrens:

"Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid wurden die Krankheitskosten für den Zahnarztbesuch iHv. 530,00 € mit Selbstbehalt berücksichtigt. Für die nunmehr beantragte Berücksichtigung ohne Selbstbehalt wäre es erforderlich, dass diese Behandlung mit der Behinderung ihrer Ehegattin in unmittelbarem Zusammenhang steht. Aus diesem Grund werden Sie ersucht, zu begründen und darzulegen, inwiefern diese Behandlung direkt mit der Behinderung Ihrer Gattin zusammenhängt."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 vom abgeändert. Das Finanzamt berechnete die Einkommensteuer mit 1.360,45 €, wobei es bei den nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung des Ehepartners nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen 98,80 € zum Abzug brachte. Begründend wurde ausgeführt, dass die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen sei, nicht berücksichtigt worden seien, da sie den Selbstbehalt iHv. 1.789,27 € nicht übersteigen würden. Wie am besprochen worden sei, seien die Krankheitskosten für die Zahnbehandlung (iHv. 530,00 €) mit Selbstbehalt zu berücksichtigen, da sie nicht unmittelbar mit der Behinderung der Gattin zusammenhängen. Ähnliches gelte für die Schuheinlagen (iHv. 27,40 €) und das Hühneraugenpflaster (iHv. 16,50 €). Der Mitgliedsbeitrag beim Bauernbund stelle keine Werbungskosten dar.

Der Bw. stellte am den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Der Ehegattin sei im November 1992 vom Amtsarzt XY, BH Z., eine Behinderung von 50% bescheinigt worden. § 34 Abs. 6 EStG 1988 besage, dass kein Selbstbehalt zu berücksichtigen sei, wenn eine Behinderung von mehr als 25 % vorliege. Eine Einschränkung nur für den Grund der Behinderung sei laut EStG und den dazugehörigen Erläuterungen nicht vorzunehmen (Rz. 839ff.).

Die Referentin richtete am im Wesentlichen folgenden Vorhalt an den Bw.:

"Gem. § 34 Abs. 6 EStG 1988 können folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der Ehepartner (§ 106 Abs. 3) pflegebedingte Geldleistungen erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.

Die in § 34 Abs. 6 EStG 1988 und § 35 Abs. 7 EStG 1988 vom Gesetzgeber normierten Verordnungsermächtigungen berechtigen den Bundesminister für Finanzen die gesetzlichen Bestimmungen § 34 EStG 1988 und § 35 EStG 1988 im Hinblick auf behinderte Personen durch Verordnung näher zu konkretisieren.

Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigungen wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 1996/303 idF BGBl.II 1998/91 idF BGBl. II 2001/416, erlassen. Der für den gegenständlichen Fall relevante Inhalt dieser Verordnung ist folgender:

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind, wenn der Steuerpflichtige u.a. Aufwendungen durch eine eigene körperliche Behinderung oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des Ehepartners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) hat, die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen liegt eine Behinderung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung nicht um eine pflegebedingte Geldleistung oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

Gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Kosten der Heilbehandlung können nur aus dem Titel der Behinderung ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden.

Wie Ihnen schon wiederholt mitgeteilt wurde, stellen die geltend gemachten Zahnartkosten iHv. 530,00 € zwar Kosten der Heilbehandlung dar, sie sind jedoch nicht durch die Behinderung der Ehegattin angefallen.

Das Finanzamt hat völlig korrekt die Zahnarztkosten iHv. 530,00 € nicht berücksichtigt.

Um Stellungnahme wird ersucht."

Der Vorhalt wurde nicht beantwortet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gem. § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

- Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

- Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

- Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Gem. § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 EStG 1988 können folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der Ehepartner (§ 106 Abs. 3) pflegebedingte Geldleistungen erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.

Die in § 34 Abs. 6 EStG 1988 und § 35 Abs. 7 EStG 1988 vom Gesetzgeber normierten Verordnungsermächtigungen berechtigen den Bundesminister für Finanzen die gesetzlichen Bestimmungen § 34 EStG 1988 und § 35 EStG 1988 im Hinblick auf behinderte Personen durch Verordnung näher zu konkretisieren.

Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigungen wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 1996/303 idF BGBl.II 1998/91 idF BGBl. II 2001/416, erlassen. Der für den gegenständlichen Fall relevante Inhalt dieser Verordnung ist folgender:

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind, wenn der Steuerpflichtige u.a. Aufwendungen durch eine eigene körperliche Behinderung oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des Ehepartners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) hat, die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen liegt eine Behinderung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung nicht um eine pflegebedingte Geldleistung oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

Gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2010 beantragte der Bw. die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und gab bekannt, dass die Ehegattin aufgrund einer Gallen-, Leber- und Nierenkrankheit 50 % behindert ist.

Strittig ist, ob die vom Bw. für die Ehegattin geltend gemachten Zahnarztkosten iHv. 530,00 € als außergewöhnliche Belastung ohne Berücksichtigung eines Selbstbehalts Berücksichtigung finden können.

Nach der Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates gelten als Kosten der Heilbehandlung iSd. § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen z.B. Arztkosten, aber nur dann, wenn sie in Zusammenhang mit der Behinderung stehen (; ; ; RV/0166-F/05).

Kosten der Heilbehandlung können nur aus dem Titel der Behinderung ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden (vgl. § 34 Abs. 6 EStG 1988).

Wie Ihnen bereits mitgeteilt wurde, stellen die geltend gemachten Zahnartkosten iHv. 530,00 € zwar Kosten der Heilbehandlung dar, sie sind jedoch nicht durch die Behinderung der Ehegattin (Gallen-, Leber- und Nierenkrankheit) angefallen. Daher können diese Kosten nur unter Abzug des Selbstbehalts berücksichtigt werden.

Ebenso sind die Aufwendungen für das Hühneraugenpflaster iHv. 16,50 € und die Schuheinlagen iHv. 27,50 € nicht als Kosten der Heilbehandlung, verursacht durch die Behinderung der Ehegattin, ohne Abzug eines Selbstbehaltes zu berücksichtigen.

Da die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, insbesondere die strittigen Zahnarztkosten iHv. 530,00 €, den laut Berufungsvorentscheidung vom berechneten Selbstbehalt iHv. 1.789,27 € nicht übersteigen und somit die außergewöhnlichen Belastungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bw. nicht wesentlich beeinträchtigen, können diese nicht berücksichtigt werden.

Das Finanzamt hat völlig korrekt die bei der Ehegattin entstandenen Zahnarztkosten iHv. 530,00 € nicht mindernd berücksichtigt.

Weiters hat das Finanzamt zurecht den Mitgliedsbeitrag beim Bauernbund nicht als Werbungskosten bei den Pensionseinkünften anerkannt, da dieser Beitrag nicht mit den Pensionseinkünften in Zusammenhang steht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Berufungsvorentscheidung vom (in Kopie)

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
Behinderung
Selbstbehalt
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at