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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 28.10.2013, RV/0162-F/11

Schätzungsgrundlagen einer Betriebsprüfung bei Vorliegen einer automationsunterstützten Manipulationsfunktion in einem Kassensystem


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Miterledigte GZ:
RV/0163-F/11

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des VuBw, vertreten durch Breinbauer & Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs- GmbH, 4021 Linz, Bockgasse 2a, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 1999 bis 2004 entschieden:

Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den am Ende der folgenden Entscheidungsgründe als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen, die einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bilden.

Entscheidungsgründe

Streitgegenstand sind die nach Durchführung einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheide.

Im Prüfungszeitraum 1999 bis 2004 betrieb die OW GmbH in N, X, das Lokal TS. Mit Vertrag vom wurde die OW GmbH rückwirkend auf den als übertragende Gesellschaft mit der ND GmbH mit Sitz in Y als übernehmende Gesellschaft nach Art. I UmgrStG verschmolzen.

Im Mai 2005 fanden aufgrund einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft Y wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung betreffend KW, RO (Anm.: Geschäftsführer der OW GmbH) u.a., Hausdurchsuchungen in den Geschäftsräumlichkeiten der ND GmbH als Rechtsnachfolgerin der OW GmbH und in den Wohnräumlichkeiten der Geschäftsführer statt. Die vorgefundenen Unterlagen waren Ausgangspunkt für eine Außenprüfung gemäߧ 147 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 99 Abs. 2 FinStrG. Prüfungsauftrag und Prüfungsbeginn fielen auf den .

Insgesamt wurden von den Betriebsprüfern schwerwiegende formelle und materielle Mängel der Bücher und Aufzeichnungen der Firma OW GmbH für die Streitjahre 1999 bis 2004 festgestellt und die Voraussetzungen für eine Schätzung gemäß § 184 Abs. 3 BAO als Grundlage für die Abgabenerhebung als gegeben erachtet.

Es kam zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Umsatzsteuerbescheide und die Körperschaftssteuerbescheide 1999 bis 2004 und zur Erlassung neuer Bescheide.

Für die Jahre 1999 und 2000 wurden Zuschätzungen in Höhe festgestellter und nicht verbuchter Wareneinkäufe gemacht sowie spartenweise 30%-ige Sicherheitszuschläge veranschlagt. Für die Jahre 2001 bis 2004 wurden Erlöshinzuschätzungrn vorgenommen, die sich an den Verkürzungsprozentsätzen der Registrierkassen orientierten (nach den Feststellungen der BP waren nämlich einzelne Erlössparten des TS systematisch unter Einsatz einer in dem ab verwendeten Verbundkassensystem implementierten automationsgestützten Manipulationsfunktion verkürzt worden. Die Verkürzungsautomatik war demnach seitens des Programmierers GH nur auf Kundenwunsch aktiviert worden bzw. wurden die Verkürzungssätze entsprechend dem Wunsch des Kunden gestaltet). Ein entsprechender kalkulatorischer Wareneinsatz wurde bei der Schätzung berücksichtigt.

Die Nachforderungen an Umsatzsteuer beliefen sich für die Gesamtheit der Streitjahre auf 405.237,36 €, jene an Körperschaftssteuer auf 558.702,45 €, zusammen auf 963.939,81 €. Hinzu kamen Anspruchszinsen für die Jahre 2000 bis 2004 in Gesamthöhe von 59.772,85 €. Streitgegenstand sind also insgesamt Mehrvorschreibungen von 1,023.712,66 €.

In ihren Berufungen bestritt die Berufungswerberin durch ihren steuerlichen Vertreter die seitens der Betriebsprüfung für ihre Schätzungsbefugnis herangezogenen Gründe der Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung sowie des Vorliegens von Erlösverkürzungen, insbesondere durch eine in das Kassensystem eingebaute Verkürzungsfunktionalität. Sie stellte umfangreiche Beweisanträge, u. a. auf Einvernahme von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten.

Das Berufungsvorbringen griff im Wesentlichen die nachstehend zusammengefassten Berufungsgründe auf:

Das Kassabuch sei ordnungsgemäß geführt worden. Zusätzliche Grundaufzeichnungen müßten nicht aufbewahrt werden. Mängel des Kassensystems könnten nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen. Das in Streit stehende Kassensystem sei in der Gastronomie weit verbreitet.

Was den Zeitraum bis (ab diesem Termin war das Verbundkassensystem H in Einsatz) betreffe, sei die Losungsermittlung anhand der Schankanlage L korrekt ermittelt worden. Soweit die Betriebsprüfer auf eine für diesen Zeitraum schon abgewickelte, vorangegangene Betriebsprüfung verwiesen, enthebe sie dies nicht von eigenständigen Prüfungshandlungen.

Wenn auch der Sachverständige AH und die Systemprüfung K festgestellt hätten, mit dem ab eingesetzten Kassensystem könne es anhand eines "Verkürzungsschalters" zu Erlösverkürzungen kommen, beweise dies nichts. Es handle sich dabei nämlich um eine Standardfunktionalität. Eine tatsächlich erfolgte Erlösverkürzung könne nicht nachgewiesen werden. Eine Schätzungsbefugnis für die Betriebsprüfung liege daher keineswegs vor.

Der Klagenfurter Finanzbeamte GS habe keine einzige Kassa, die am Standort der Berufungswerberin vorgefunden worden sei, untersucht. GH, der Lieferant und Programmierer des VKS-Kassensystems, habe ausgesagt, für die Verkürzungsfunktion bestünden auch andere Einsatzmöglichkeiten als eine Verschleierung von Umsätzen. Darauf sei die Finanzverwaltung nicht eingegangen. Eine tatsächliche Umsatzverkürzung sei ausdrücklich nicht festgestellt worden.

Unstimmigkeiten bestünden auch hinsichtlich des Ausmaßes der unterstellten Erlösverkürzungen: Handle es sich um 1/3, 50% oder 40%? Zu beanstanden sei überdies, dass sich die Prüfungsfeststellungen u.a. auf die Aussagen des Zeugen Z stützten, der als Türsteher in einem völlig anderen als dem berufungswerberischen Betrieb tätig gewesen sei. Auch der Zeuge I, der ausgesagt habe, es sei jeweils am Morgen eine Vertrauensperson gekommen, die Erlösverkürzungen durchgeführt habe, habe niemals am Standort der Berufungswerberin gearbeitet.

Insgesamt bestehe Grund zu der Annahme, dass seitens der Abgabenbehörde ausschließlich belastendes Material ausgewertet worden sei. Entlastende Beweise seien weder den involvierten Personen noch den steuerlichen Vertretern zur Kenntnis gebracht worden.

Einzelne Zeugenaussagen, die nur einen kurzen Zeitraum und nur ein bestimmtes Lokal aus einer ganzen Gruppe betroffen hätten, seien auf den gesamten Prüfungszeitraum 1999 bis 2004 betreffend die Berufungswerberin umgelegt worden. Soweit seitens der Betriebsprüfung Manipulationen von Drehkreuzen beim Eintritt der Gäste aufgezeigt worden seien, müsse ausdrücklich festgehalten werden, dass es im Lokal der Berufungswerberin niemals ein Drehkreuz gegeben habe.

Es werde im Übrigen bestritten, dass Schwarzeinkäufe bei der Getränkelieferfirma W im Wege einer geteilten Fakturierung von Spirituosen und Red Bull stattgefunden hätten. Eine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Kundennummern und deren Verwendung oder Nichtverwendung durch die Lieferfirma habe für die Berufungswerberin nicht bestanden. Der willkürlichen Addition von Tagesumsätzen beliebiger Kunden und deren Zuordnung an die Berufungswerberin (Anm.: als Schwarzeinkäufe) - wie sie von der Betriebsprüfung vorgenommen worden sei - trete die Berufungswerberin durch ihren steuerlichen Vertreter nachdrücklich entgegen. Die Tagekundenzuordnung sei fiktiv.

Die Annahme der Betriebsprüfung, dass die Gewinnquote eines Gastronomiebetriebes bei über 80% des Umsatzes liege, dokumentiere einen Realitätsverlust.

Da formelle und materielle Mängel der Buchführung nicht vorlägen, werde die vorgenommene Schätzung zur Gänze zurückgewiesen und werde die Aufhebung der in Streit stehenden Bescheide beantragt.

Die Berufungwerberin stellt darüber hinaus durch ihren steuerlichen Vertreter eine Reihe von Beweisanträgen.

Ein Repräsentant der Betriebsprüfung nahm unter Verweis auf den BP-Bericht im Wesentlichen wie folgt Stellung zum Berufungsvorbringen:

Die von der Betriebsprüfung festgestellten formellen Mängel seien solche des Kassensystems, nicht bloß solche, die Grundaufzeichnungen beträfen. Was den Zeitraum bis betreffe, dürfe auf die vorhergehende Betriebsprüfung ABNr. XYZ samt Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen werden.

Hinsichtlich des Ausmaßes der Erlösverkürzungen durch die Verkürzungsautomatik seien nicht alle Erlössparten um 50% gekürzt worden, dh, die Betriebsprüfung habe nicht bei allen Erlössparten Hinzurechnungen durchgeführt. Insgesamt habe sich, bezogen auf die Gesamterlöse, pro Streitjahr eine Verkürzung von rund 30% ergeben. Insoweit träfen die Aussagen der Zeugen Z und I zu.

Soweit die Aussagen der Zeugen Z und I in Zweifel gezogen würden, sei darauf hinzuweisen, dass aus ihnen auf die Anwendung der geschilderten Vorgangsweise "auch in den anderen Lokalen des verdächtigen Personenkreises", zu denen das von der Berufungswerberin betriebene Lokal TS gehöre, geschlossen werden könne.

Was nicht verbuchte Wareneinkäufe betreffe, habe sich die Berufungswerberin wohl auf solche bei der Firma W, nicht aber bei der Brauerei E bezogen. Letztere würden daher offenbar als zutreffend anerkannt.

Bezüglich der getrennten Fakturierung, einerseits auf die offizielle Kundennummer des Lokals, andererseits auf anonyme Tageskundenrechnungen oder fingierte Abnehmer, werde auf die Einvernahme der Frau HG, W-Mitarbeiterin, verwiesen. Sie habe eine Unterteilung in einen offiziellen Teil sowie einen inoffiziellen Teil (=Schwarzlieferung) bei Lieferung an verschiedene Lokale, u.a. das TS, bestätigt.

Interessant sei in diesem Zusammenhang, dass der Betriebsleiter der Y-erW -Filiale die beschriebenen Malversationen in Form von gesplitteten Fakturierungen für die B-er Lokale der Ni-Gruppe vollinhaltlich bestätigt habe und rechtskräftig als Beitragstäter zu der Abgabenhinterziehung der ND GmbH verurteilt worden sei.

Zum Wesen der Schätzung sei zu sagen, dass es sich dabei nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um einen Akt der Tatsachenfeststellung handle. Naturgemäß hafte einer Schätzung ein gewisser Unsicherheitsfaktor an, weshalb die Behörde nicht absolute Gewissheit schaffen müsse. Wer begründet zu einer Schätzung Anlass gebe, müsse die mit der Schätzung verbundene Unsicherheit dulden.

Die Zuschätzungen für die Jahre 1999 und 2000 beruhten auf den festgestellten und nicht verbuchten Wareneinkäufen bei der Brauerei E und der Firma W, hochgerechnet mit dem buchmäßigen Rohaufschlagskoeffizienten. Weiters seien Sicherheitszuschläge von 30% bei jenen Produktsparten hinzugekommen, die in den Jahren 2001 bis 2004 verkürzt worden seien.

Der Zeitraum 2001 bis 2004, in dem das Verbundkassensystem H in Betrieb gewesen sei, habe eine Erlöshinzurechnung in Höhe der im Kassenprogramm implementierten Verkürzungsprozentsätze nach sich gezogen.

Soweit die Berufungswerberin durch ihren steuerlichen Vertreter Umsatzhinzurechnungen von über 80% beanstandet habe, sei festzuhalten, dass ein Großteil der Erlöshinzurechnungen Eintritts- und Garderobeerlöse betreffe, denen kein Wareneinsatz gegenüberstehe. Allenfalls nicht berücksichtigte Aufwendungen seien im Vorhalteverfahren niemals geltend gemacht worden. Was nicht berücksichtigte Vorsteuerbeträge aus den festgestellten und nicht verbuchten Wareneinkäufen betreffe, werde auf § 11 Abs. 1 UStG hingewiesen.

Die Berufungen wurden der Abgabenbehörde II. Instanz ohne Erlassung von Berufungsvorentscheidungen direkt zur Entscheidung vorgelegt.

Die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates stellte vorerst fest, die Berufungswerberin sei inzwischen durch Konkurseröffnung aufgelöst worden. Die Erwirtschaftung zukünftiger Gewinne sei daher ausgeschlossen, was eine Uneinbringlichkeit der strittigen und offenen Abgabennachforderungen nach sich ziehe. Sie erließ daher nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat eine Berufungsentscheidung betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 1999 bis 2004 (-F/08) in der sie gemäß § 206 Abs. 1 lit. b BAO von der Abgabenfestsetzung Abstand nahm.

Gegen diesen Bescheid brachte die Amtspartei gemäß § 292 BAO Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein. Der Verwaltungsgerichtshof hob den in Beschwerde gezogenen Bescheid mit Erkenntnis vom XXYYZZZZ, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf. Er begründete seine Entscheidung damit, dass die Anwendung des § 206 Abs. 1 lit. b BAO die Uneinbringlichkeit der Abgaben nicht nur beim Abgabenschuldner, sondern auch bei den als Mitschuldner oder als Haftende in Betracht kommenden Personen voraussetze. Die zitierte Gesetzesstelle beziehe sich nämlich nicht auf eine konkrete Person, sondern auf den Abgabenanspruch als solchen.

Gegenständlich war daher im fortgesetzten Verfahren über die wieder offenen Berufungen abzusprechen.

Erörterungstermin

Über Veranlassung der Referentin des Unabhängigen Finanzsenates fand am in Y ein Erörterungstermin statt, zu dem neben der Referentin und einer Schriftführerin der steuerliche Vertreter und zwei Vertreter der Amtspartei erschienen. Der Ablauf des Erörterungstermins wird inhaltlich wie nachstehend wiedergegeben:

" Steuerlicher Vertreter: Nach dem Ersturteil des Landesgerichts Linz aus dem Jahr 2009 wurde der OGH angerufen und erließ zwei Urteile. In einem Urteil sprach er aus, nach Überzeugung der Tatrichter im Ersturteil seien von der OW-GmbH als Betreiberin des TS keine Abgaben hinterzogen worden.

Finanzamtsvertreter: Im zweiten Urteil des Landesgerichts ZZ kam es u.a. zu einer Verurteilung betreffend die Lukrierung verdeckter Ausschüttungen aus allen Firmen. Damit meine ich nicht nur die Standorte der Ni GmbH plus TS, sondern alle Betriebsstätten in ganz Österreich. Es gibt hiezu Geständnisse etwa von KW und RO betreffend gewisse Stiftungen. Hier verweise ich auf das Gutachten des Sachverständigen für Bankwesen NK.

Steuerlicher Vertreter: Ich bringe vor, in der neuen Anklageschrift wurde die OW-GmbH nicht angeklagt.

Finanzamtsvertreter: Dem widerspreche ich. Auf Seite 13 der Anklage ist unter den Betrieben auch die OW-GmbH aufgezählt.

Steuerlicher Vertreter: Das Landesgericht als Erstgericht hat intensiv über die OW-GmbH diskutiert, es kam zu dem Schluss, bei dieser Gesellschaft seien keine Steuern hinterzogen worden. Der Schuldspruch beinhaltete die OW-GmbH nicht. Dieses Urteil wurde vom OGH aufgehoben. Ich stelle klar, dass es eine neue Anklageschrift nicht gegeben hat. Im zweiten Verfahren vor dem Landesgericht wurde aber die OW-GmbH nicht mehr verhandelt.

Finanzamtsvertreter: Erst im Zuge des zweiten Verfahrens kam es zur Ausarbeitung einer modifizierten Anklageschrift, in welcher eine Vielzahl von Betrieben Verhandlungsgegenstand wurden sowie auch die Stiftungen. An diese Stiftungen gingen von 1999 bis 2004 große Geldflüsse, überwiegend Bareinzahlungen, deren Herkunft ungeklärt war. Diese Gelder sind nicht speziell zu bestimmten Betriebsstätten zuordenbar.

Steuerlicher Vertreter: Ich gebe zu bedenken, es ist nicht erwiesen, dass es sich hiebei um Schwarzgeld handelt.

Finanzamtsvertreter: Für den strafbestimmenden Wertbetrag bei der Verurteilung durch das Landesgericht ZZ war die KESt ausschlaggebend, die USt und KÖSt wurden hier nicht einbezogen.

Steuerlicher Vertreter: Ich stelle klar, im finalen Urteil waren USt und KÖSt der OW -GmbH nicht angeklagt und nicht im Spruch enthalten.

Finanzamtsvertreter: Ich lege Wert darauf, auf Seite 13 der Anklageschrift hinzuweisen betreffend ungeklärte Zugänge.

Wenn ich gefragt werde, ob ich mir eine einvernehmliche Lösung vorstellen kann, so verweise ich auf das Ermittlungsergebnis im BP-Bericht. Richtig ist, dass in der Hauptverhandlung die OW-GmbH umfassend diskutiert wurde. Aufgrund dessen glauben wir, dass die Rohaufschläge für Sekt und Spirituosen und hinsichtlich der Gebinde modifiziert werden müssten. Wir hätten da neue Berechnungen für 1999 und 2000. Hinsichtlich 2001 bis 2004, glauben wir, dass das Prüfungsergebnis zutrifft. Wenn ich darauf hingewiesen werde, dass hier in diesem Fall zielgerichtete Beweise vorliegen müssen, die speziell den Standort OW-GmbH betreffen, so verweise ich auf das bisherige Ermittlungsergebnis der BP. Ob der Verkürzungslauf täglich oder nur hin und wieder stattfand, kann ich nicht sagen. Tatsache ist, es gab erhebliche Mängel im Rechnungswesen und damit eine Schätzungsverpflichtung der BP. Bei dem Getränkelieferanten W mit Standort in V gab es mit Sicherheit Schwarzeinkäufe, dies hat eine Frau G, Mitarbeiterin der Firma W, am (Anm., richtig ist: 21.2. 2006)ausgesagt. Ihre Aussage wurde von anderen Mitarbeitern nicht bestätigt, diese aber in der Folge einem Verfahren wegen falscher Zeugenaussage unterzogen, welches mit einer Diversion endete. Vor Gericht ist Frau G trotz mehrmaliger Ladung nicht erschienen.

Steuerlicher Vertreter: Die BP weiß überhaupt nicht, ob das Kassensystem der OW-GmbH mit einem Verkürzungsfaktor manipuliert wurde. Das wurde ja auch schon vor Gericht abgehandelt. Es gibt für diesen Betrieb keine Beweise. Ich schlage vor: 1. Stattgabe meiner Berufungen, 2. Anwendung des § 206 BAO, inzwischen sind Haftungsbescheide ergangen und Exekutionen durchgeführt worden. Meine Mandanten sind vermögenslos. Herr KW ist heute als Angestellter im Ausland beschäftigt. Die Stiftungen sind ebenfalls vermögenslos, und auch die ND-GmbH als Rechtsnachfolgerin der OW-GmbH ist insolvent. 3. Ich schlage einen Sicherheitszuschlag von 2 - 3 % vor.

Finanzamtsvertreter: Ich möchte ergänzen, dass bei der Hausdurchsuchung die Registrierkasse des TS (= OW-GmbH) sichergestellt wurde. Es wurde der EPROM entnommen und ausgewertet (Verweis auf Systemprüfung K, Gutachten 1 und BP-Bericht).

Steuerlicher Vertreter: Der BP-Bericht ist längst überholt.

Finanzamtsvertreter: Von den Vorschlägen käme nur der dritte in Betracht, es fragt sich aber, in welcher Höhe.

Steuerlicher Vertreter: Von einer täglichen Verkürzung kann wohl nicht ausgegangen werden.

Finanzamtsvertreter: Die Zuschätzungen der BP beruhen auf dieser Annahme und sind von einem Verkürzungsergebnis von rund 30 % ausgegangen. Dies lässt sich aus dem BP-Bericht ersehen.

Steuerlicher Vertreter: Ich muss sagen, Geld wird es sowieso keines geben, alle Haftungsbescheide sind ins Leere gegangen. Zu KW möchte ich noch sagen, dass seine Existenz vernichtet wurde, es kam zu Konkursanträgen durch das Finanzamt während die Steuerbescheide noch nicht rechtskräftig waren. Es wurde der Konkurs eröffnet, die Betriebe wurden geschlossen, die Vermieter mussten Einbußen hinnehmen, 1000 Mitarbeiter wurden entlassen. Volkswirtschaftlich sicher ein Unglück.

Finanzamtsvertreter: Tatsache ist, dass Mängel festgestellt wurden und daher ein Schätzungsvorschlag zu erstellen war. Ob dieser zu 100 % zutreffend ist, weiß man nicht, da einer Schätzung ja naturgemäß eine Unwägbarkeit anhaftet. Wenn ich gefragt werde, was ich zur Entscheidung des Y-er Referenten (Anm.: RV/0165-I/07) betreffend die drei Tiroler Standorte der Ni-Gruppe sage, so ist auch er von Mängeln der Buchführung ausgegangen und hat im Dezember 2002 eine Passwortänderung festgestellt, welche sinnlos wäre, wenn die Verkürzungsmodalitäten nicht zur Anwendung gekommen wären. Der Y-er Referent hat aber keine täglichen Verkürzungen angenommen und das steuerliche Ergebnis entsprechend angepasst. Hinsichtlich des Standortes ML hat er einen Sicherheitszuschlag von 20 % in Ansatz gebracht. Vielleicht wäre hier eine Vergleichbarkeit mit dem TS, wobei hier erschwerend hinzukommt, dass schon zwei Betriebsprüfungen stattfanden und auch ein Schwarzeinkauf erwiesen ist.

Steuerlicher Vertreter: Zu 1999 und 2000 wende ich ein, dass diese allenfalls verjährt sind, wenn keine Steuern hinterzogen wurden gilt die 5-jährige Verjährungsfrist. Die Bescheide stammen aus dem Jahr 2007. Wenn, wie es nun aussieht, das Verfahren weitergeht und es zu einer Senatsverhandlung kommen wird, so bringe ich vor, dass ich daran nicht mehr teilnehmen kann, weil ich aufgrund der Vermögenslosigkeit meiner Mandantschaft keine Honorare mehr erhalte. Dass ich die Berufungen zurückziehe, kommt allerdings nicht in Betracht, zumal ja das Gericht festgestellt hat, dass der BP-Bericht zur Gänze unrichtig ist."

Im Gefolge des Erörterungstermines zog der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin seinen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat zurück.

Parallel zum Abgabenverfahren war vor dem Landesgericht ZZ ein Finanzstrafverfahren (abc) abgehalten worden, in dem mit Erkenntnis vom 123 u.a. KW, RO und GH wegen Finanzvergehen verurteilt worden waren. In (teilweiser) Stattgebung von Nichtigkeitsbeschwerden hatte der OGH dieses mit zwei Erkenntnissen (def, ghi) in Schuld- und Strafaussprüchen sowie dem Freispruch des RO aufgehoben und eine neue Hauptverhandlung vor dem Landesgericht ZZ angeordnet. Mit Urteil vom 456 hatte das Gericht u.a. die oben Genannten für schuldig erklärt. KW und GH hätten Umsatzerlöse der Firma ND GmbH in den Betriebsstätten Y und S nicht vollständig und nicht wahrheitsgemäß angegeben, KW und RO hätten Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit in Form von ungeklärten Geldzuflüssen aus Stiftungen, Sparbüchern und Girokonten nicht erklärt.

Hinsichtlich anderer Betriebsstätten der ND GmbH, etwa des von der Berufungswerberin betriebenen TS, hatte das Gericht keine Feststellungen und Zuordnungen getroffen.

Die Hauptverhandlungsprotokolle beider vor dem Landesgericht ZZ durchgeführten Beweisverfahren mit umfangreichen Einvernahmen von Angeklagten, Sachverständigen und Zeugen liegen dem Unabhängigen Finanzsenat vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin hat im Zuge der Berufung vom eine Reihe von Beweisanträgen eingebracht: So beantragte er die Einvernahme von Herstellern, Lieferanten und Sachverständigen zur Funktionsweise des in Streit stehenden Kassensystems, die Einvernahme von Angestellten und Kellnern der Na- und Ni-Betriebe, die Einvernahme von Mitarbeitern der Getränkelieferfirma W sowie ein ergänzendes Gutachten zum Kassensystem und die Einholung von Branchenkennzeichen österreichischer Diskotheken.

Diese Beweisanträge werden von der Referentin des Unabhängigen Finanzsenates abgelehnt. Zum einen sind die angesprochenen Personen im Zuge der Verhandlungen vor dem LG ZZ in den Zeiträumen bis (vor Ersturteil) und bis (vor abschließendem Urteil) als Zeugen und Sachverständige zu den beantragten Themen in Anwesenheit und mit Fragerecht des steuerlichen Vertreters erschöpfend einvernommen worden und liegen die Hauptverhandlungsprotokolle dem UFS vor. Zum anderen relativieren sich die Anträge selbst infolge der vorliegenden, teilweise stattgebenden Berufungsentscheidung. So sind weitere Erhebungen im Geschäftsgefüge der Firma W entbehrlich, zumal die Referentin - wie unten auszuführen sein wird - von konkreten Hinzurechnungen aufgrund eines "Rechnunssplittings" abgegangen ist und Sicherheitszuschläge verhängt hat.

Die mit den in Diskussion stehenden Anträgen unter Beweis zu stellenden Tatsachen sind daher durch zwischenzeitlich abgewickelte Gerichtsverfahren im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bei der Abgabenbehörde II. Instanz offenkundig bzw. sind sie im Rahmen der getroffenen Beweiswürdigung unerheblich geworden. Sie waren somit abzulehnen und hätte ein Eingehen auf sie mittels neuerlicher Einvernahme bereits mehrfach befragter Personen und Einholung von Unterlagen zu hinlänglich dokumentierten Abläufen bei der vorliegenden Faktenlage überdies zu einer unökonomischen Verschleppung des sich ohnehin bereits über Jahre hinziehenden Verfahrens geführt (vgl. Ritz, BAO4, § 183, Tz 3).

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat im Streitfall Erlös-/Umsatzhinzuschätzungen vorgenommen und diese einerseits mit formellen Mängeln von Aufzeichnungen, andererseits damit begründet, dass durch Manipulationen des VKS Kassensystems Umsatzverkürzungen herbeigeführt und Wareneinkäufe bei der Lieferantenfirma W nicht verbucht worden seien.

Strittig ist, ob diese Schätzungen gemäß § 184 BAO dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erfolgten.

Als Gesellschaft mit beschränkter Haftung hatte die Berufungswerberin ihren Gewinn nach § 5 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Für diese Gewinnermittlung sind die unternehmerischen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung maßgebend, außer zwingende steuerrechtlich Vorschriften treffen abweichende Regelungen.

Der Unabhängige Finanzsenat, Außenstelle Innsbruck, hat am zu den B-er Lokalen der Ni -Gruppe die Entscheidung RV/0165-I/07 gefällt und ist darin ausführlich auf die gesetzlichen Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Buchführung zu stellen sind, eingegangen. Auf diese Ausführungen darf auch in Bezug auf die im Betrieb der Berufungswerberin in Kritik gezogene Buchführung wie nachstehend verwiesen werden:

"§ 131 BAO in der im strittigen Zeitraum gültigen Fassung gibt den rechtlichen Rahmen für die Führung von Aufzeichnungen vor. Gemäß § 131 Abs. 1 Z 2 BAO sollen Eintragungen in allen auf Grund von Abgabenvorschriften zu führenden Büchern und Aufzeichnungen sowie in den ohne gesetzliche Verpflichtung geführten Büchern der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden. Bareingänge und Barausgänge sollen täglich in geeigneter Weise festgehalten werden.

Die zu Büchern oder Aufzeichnungen gehörigen Belege sollen nach § 131 Abs. 1 Z 5 BAO derart geordnet aufbewahrt werden, dass die Überprüfung der Eintragungen jederzeit möglich ist. Die Eintragungen sollen nicht mit leicht entfernbaren Schreibmitteln erfolgen. Es soll nicht radiert werden und es sollen auch solche Veränderungen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit ungewiss lässt, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder erst später vorgenommen worden sind (§ 131 Abs. 1 Z 6 BAO).

Werden die Geschäftsvorfälle maschinell festgehalten, gelten nach § 131 Abs. 2 BAO die Bestimmungen des Abs. 1 sinngemäß mit der Maßgabe, dass durch gegenseitige Verweisungen oder Buchungszeichen der Zusammenhang zwischen den einzelnen Buchungen sowie der Zusammenhang zwischen den Buchungen und den Belegen klar nachgewiesen werden sollen; durch entsprechende Einrichtungen soll der Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle leicht und sicher geführt werden können.

Zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen können nach § 131 Abs. 3 BAO Datenträger verwendet werden, wenn die inhaltsgleiche, vollständige und geordnete Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist; die vollständige und richtige Erfassung aller Geschäftsvorfälle soll durch entsprechende Einrichtungen gesichert werden.

Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sind nach § 132 Abs. 1 BAO sieben Jahre aufzubewahren; darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Gemäß § 132 Abs. 2 BAO kann hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen die Aufbewahrung auf Datenträgern geschehen, wenn die vollständige, geordnete, inhaltsgleiche und urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist. Soweit solche Unterlagen nur auf Datenträgern vorliegen, entfällt das Erfordernis der urschriftgetreuen Wiedergabe. Wer Aufbewahrungen in Form des Abs. 2 vorgenommen hat, muss nach § 132 Abs. 3 BAO, soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.

Grundaufzeichnungen sind die Grundlage für die systematische Verbuchung von Geschäftsvorfällen. Eine Belegsammlung genügt nicht. Grundaufzeichnungen sind Aufzeichnungen mit Journalfunktion. Bei der EDV-Buchführung kann auch ein Datenerfassungs- oder Datenübertragungsprotokoll diese Funktion erfüllen. Werden im Journal Sammelbuchungen durchgeführt (zB bare Geschäftsfälle, Wareneinkäufe), so gehören auch die Einzelaufzeichnungen (zB Kassabuch, Wareneingangsbuch) zu den Grundaufzeichnungen (Koller/Kurz, ÖStZ 2001, 54; Ritz, BAO 4, § 131 Tz 2). Nach Tumpel, Fachlexikon Steuern, Linde, sind Grundaufzeichnungen alle vom Abgabepflichtigen oder Dritten geführte Aufzeichnungen, die als Grundlage für die Ermittlung der Umsätze sowie der Einkünfte dienen. Darunter fallen zB Registrierkassenstreifen oder "Schmierzettel". Die Vernichtung von Grundaufzeichnungen berechtigt die Abgabenbehörde in der Regel zur Schätzung.

Eintragungen sind vollständig, wenn damit alle Geschäftsfälle lückenlos und einzeln erfasst werden. Betriebseinnahmen bzw. Einnahmen und Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten sind zwar grundsätzlich einzeln zu erfassen, doch bestehen keine Bedenken dagegen, dass Verkauf- oder Leistungserlöse eines Tages (Tageslosung) oder mehrere gleichartige Betriebsausgaben (bzw. Werbungskosten) eines Tages zusammengezählt und in einer Summe aufgezeichnet werden. Im Rahmen einer Buchführung sind nach § 131 BAO alle Bargeldbewegungen (Eingänge, Ausgänge) zu erfassen, unabhängig davon, ob sie erfolgswirksam sind oder nicht, bar entrichtete (aktivierungspflichtige) Anschaffungskosten, sowie die Bewegungen zwischen den Bankkonten und Kassen des Betriebes und ähnliche Vorgänge des Geldbereiches. Das "Festhalten" der Barbewegungen iS § 131 BAO kann im Wege der Eintragung in die Bücher und Aufzeichnungen erfolgen, es kann auchaußerhalb solcher Aufschreibungen als Grundlage für später (zusammengefasste) Eintragungen in geeigneter Weise geschehen (zB. Paragondurchschriften, Kassenbons, Losungsbögen, Kassaberichte, Zählstreifen der Registrierkassen, Portobuch, Reisekassenbuch). Erfolgt das Festhalten der Barbewegungen nicht unmittelbar und abschließend durch Eintragung in die Bücher und Aufzeichnungen, sondern auf anderen Unterlagen, so unterliegen auch diese der Aufbewahrungspflicht nach § 132 BAO (Stoll, BAO Kommentar, Seite 1463f; Ritz, BAO 4, § 131 Tz. 7f).

Die Bestimmung über die Aufbewahrung betrifft Bücher, Aufzeichnungen, zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörige Belege, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind (Ritz, BAO 4, § 132 Tz. 1). Zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörige Belege sind Schriftstücke, die die wesentlichen Merkmale von Geschäftsfällen enthalten und als Grundlage für die Eintragung dienen. Der Aufbewahrungspflicht nach § 132 BAO unterliegen ua. damit auch Erstaufzeichnungen, Grundaufzeichnungen, Uraufzeichnungen, (sogenannte) Schmieraufzeichnungen, wie Abrechnungsbelege über die erzielten Losungen, Schmierzettel, mit denen die Erlöse für das Kassabuch aufgezeichnet werden bzw. aus welchen die Tageslosung und dann die Einnahmen ermittelt werden (; ), Zählstreifen der Registrierkassen (auch bei Führung eines Kassenbuches, ; , 0080-0082), Kassenbons und ähnliches grundsätzlich beleg- (und beweis-)fähiges Schriftgut. Zu den sonstigen Unterlagen iS § 132 BAO zählen ua. auch die Tagesabrechnungen einer Kellnerin gegenüber dem Unternehmer (, 0179), die EDV-Dokumentationen oder die Datenerfassungsprotokolle (Stoll, BAO-Kommentar, Seite 1488; Ritz, BAO 4, § 132 Tz. 5f).

Existieren Belege nur in Form von Datenträgern, so entfällt nach § 132 Abs. 2 zweiter Satz BAO das Erfordernis einer urschriftgetreuen Wiedergabe; die jederzeitige Gewährleistung der vollständigen, geordneten und inhaltsgleichen Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht von sieben Jahren bleibt jedoch gefordert (Ritz, BAO 4, § 132 Tz 12).

Die Aufbewahrungspflicht verfolgt Sicherheits- und Kontrollzwecke. Sie soll Gewähr für die Vollständigkeit der Bücher und Aufzeichnungen geben und die verlässliche Prüfung der Richtigkeit von Buchungen im Interesse der Abgabenerhebung ermöglichen (). Dem Normzweck entspreche die Aufbewahrung solcher Unterlagen, welche einen Bezug zu dokumentationspflichtigen Vorgängen haben (Aufbewahrung der Unterlagen, die zur Kontrolle der vollständigen und richtigen Erfüllung der Dokumentationspflicht - somit zur Kontrolle der Bücher und Aufzeichnungen - erforderlich sind). Der Aufbewahrungszweck ist damit durch den Zweck der Bücher und Aufzeichnungen vorgegeben (Stoll, BAO-Kommentar, Seite 1488f; Ritz, BAO 4, § 132 Tz. 2, 6).

Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass Aufzeichnungen mittels EDV-Kassensystem nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung die endgültige, sachlich richtige und vollständige Erfassung und Verarbeitung der buchungspflichtigen Geschäftsfälle jederzeit nachvollziehbar festzuhalten haben. Die Möglichkeit einer nachträglichen Eintragung, Veränderung oder Ausbesserung ist technisch auszuschließen oder sind durch ein Begleitprodukt die Protokollierung der laufenden Eintragungen und somit mittelbar ua. die Einhaltung der Kriterien der Endgültigkeit, Zeitgerechtheit und der Zeitfolgemäßigkeit zu dokumentieren und vor nachträglichen, nicht nachvollziehbaren Abänderungen (ua. in Form von Verfälschungen) zu sichern.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen wesentlich sind.

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (; ). Ziel der Schätzung ist, den wahren Bemessungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (; bis 0122). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (; ; ; ). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (; ; ; Ritz, BAO 4, § 184 Tz. 3, 6).

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 184 Abs. 3 BAO die Grundlagen für die Abgabenerhebung insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen".

Streitjahre 1999 und 2000:

Bereits im Jahr 2003 wurde durch das Finanzamt ZZ eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 1999 bis 2001 im von der Berufungswerberin betriebenen TS zu Ende geführt. Es wurde in diesem Rahmen festgestellt, dass Grundlage für die Losungsermittlung eine Schankanlage war, über die sämtliche Getränke mit Ausnahme der Flaschengetränke abgerechnet worden waren. Bei einer Hausdurchsuchung im Jahr 2000 hatte sich herausgestellt, dass sowohl die Ausdrucke, die über die Schankanlagenumsätze Auskunft gaben, als auch die Aufzeichnungen der über die Kellner ausgegebenen Flaschengetränke vernichtet worden waren. Es standen somit bis April 2000 keinerlei Grundaufzeichnungen zur Verfügung. Ab April 2000 wurden Abrechnungen und Schankanlagenausdrucke teilweise aufbewahrt, Losungsstreifen und Fassungszettel hingegen nicht. Am Tagesende kam es zu Nachbonierungen in der EDV-Abrechnung. Auf diese Weise wurde gegen § 131 Abs. 1 Z 5 BAO verstoßen.

Im Weiteren wurden nach Feststellung der Betriebsprüfung Wareneinkäufe bei der Brauerei E im Jahr 1999 nicht in die Buchhaltung aufgenommen.

Die Betriebsprüfung ZZ unterstrich nachdrücklich, dass es zu den aufgezeigten Mängeln in der Buchhaltung gekommen war, obwohl schon im Zuge einer Vorprüfung für 1995 bis 1998 mehrfach auf die Notwendigkeit der Aufbewahrung von Grundaufzeichnungen sowie andere laut BAO zu beachtenden Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung hingewiesen worden war.

Insgesamt ging die Betriebsprüfung davon aus, dass die festgestellten Mängel den Schluss auf die sachliche Unrichtigkeit der Aufzeichnungen nahelegten. Sie nahm Zuschätzungen sowie einen Sicherheitszuschlag vor.

Die in der Folge durch Prüfer der Großbetriebsprüfung Y von Mitte 2005 bis Mitte 2007 durchgeführte und die Jahre 1999 bis 2004 umfassende Betriebsprüfung bestätigte hinsichtlich der Jahre 1999 und 2001 die oben festgehaltenen Feststellungen der vorangegangenen Betriebsprüfung. Die Kritik des steuerlichen Vertreters, die spätere Betriebsprüfung habe ohne Weiteres an den durch die vorhergehende Betriebsprüfung aufgezeigten formellen und sachlichen Mängeln festgehalten, vermag keine Mangelhaftigkeit hinsichtlich deren steuerrechtlicher Qualifikation zu dokumentieren. Vielmehr war die später stattfindende Prüfung, die sich für die Streitjahre 1999 und 2000 vor allem auf neu hervorgekommene, ungeklärte Wareneinkäufe bezog, nicht verpflichtet, als schlüssig befundene Feststellungen einer Vorprüfung neuerlich zu untersuchen.

Gestützt auf die Ergebnisse einer Außenprüfung bei der Filiale der Firma W in V, fielen nämlich offenbar nicht verbuchte Wareneinkäufe auf, die laut Betriebsprüfungsbericht den Zeitraum bis umfassten. Die Betriebsprüfung ging davon aus, dass Warenlieferungen an das von der Berufungswerberin betriebene TS teils auf die Kundennummer(=offizieller Einkauf), teils auf anonyme Tageskunden, teils auf fingierte Abnehmer wie Vereine, Freiwillige Feuerwehren etc. (=Schwarzeinkauf) fakturiert worden waren. Die Aufteilung sei bis im Verhältnis 100:50 erfolgt, danach habe sich das Aufteilungsverhältnis auf 50:50 geändert (offizieller Einkauf : Tageskundeneinkauf).

Beispielsweise hat die Betriebsprüfung auf einen in ihrem Arbeitsbogen befindlichen Lieferschein an das TS vom hingewiesen, der unter anderem einen Bezug von 12 Flaschen Wodka JB, 18 Flaschen Bacardi-Rum, 18 Flaschen Eristoff, 18 Flaschen Jim Beam Bourbon, 12 Flaschen Tequila JE und 18 Flaschen W -Rum ausweist. 6 Tageskundenrechnungen vom ergeben zusammen die selbe Flaschenanzahl der selben Spirituosen. Zwei weitere Beispiele stellen einem mit datierten Lieferschein 4 Tageskundenrechnungen vom selben Tag sowie einem mit datierten Lieferschein 7 Tageskundenrechnungen vom gegenüber. Auch hier weist die Betriebsprüfung auf die Flaschenanzahl von Wodka, Tequila, Bacardi, Eristoff, Rum etc. laut summierten Tageskundenrechnungen hin, die letztlich mit jener laut Lieferschein übereinstimmen. Auf den Lieferscheinen sind jedoch neben den als auffällig hervorgehobenen Spirituosenkäufen auch andere Produkte und Getränke verzeichnet. Eine betragliche Deckungsgleichheit scheint daher nicht auf.

Zu den oben demonstrierten und von der Betriebsprüfung als beispielhaft angegebenen Gegenüberstellungen ist zu bemerken, das zwei von ihnen das Jahr 2001 betreffen, einen Zeitraum also, in dem keine Zuschätzungen auf Grundlage von "Schwarzlieferungen" erfolgten, sondern auf Erlösverkürzungen durch das Verbundkassensystem abgestellt wurde (siehe unten).

Der Unabhängige Finanzsenat verkennt nicht, dass die Angestellte der Firma W, Frau HG bei ihrer Einvernahme vom (Anm.: Im Akt findet sich stets das Datum "", jedoch geht aus dem Arbeitsbogen der Betriebsprüfung hervor, dass die Zeugeneinvernahme der Frau g sowie 5 anderer Mitarbeiter Firma W am stattfand; siehe hiezu auch der entsprechend datierte Antrag der Frau g vom auf Zuerkennung der Zeugengebühr im Arbeitsbogen) vor Organen der Prüfungsabteilung Strafsachen ein "Rechnungssplitting" in der Form einbekannt hat, dass die Bestellungen gewerblicher Kunden auf Anweisung zweier Vorgesetzter in einem bestimmten Ausmaß getrennt werden mussten. Ein "offizieller" Teil war auf den Namen des Lokales oder der Gesellschaft zu schreiben, ein "inoffizieller Teil" (=Schwarzlieferung) etwa auf einen Verein oder einen Tageskunden. Frau HG nannte dabei die Lokale NV, TS, NSL und SG, MD. Hinsichtlich des Aufteilungsverhältnisses sei sie nicht im Detail informiert gewesen.

Die Aussagen der Frau HG wurden von ihren Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten in der Filiale V nicht bestätigt. Frau HG selbst wiederholte ihre Aussage nicht und erschien trotz mehrmaliger Ladung nicht vor dem LG Linz.

Zu bemerken ist im Übrigen, dass Frau HG laut Protokoll bei obenstehender Vernehmung vor den Organen der Prüfungsabteilung Strafsachen angegeben hat, im März 1999 wegen Mutterschaft in Karenz gegangen zu sein. Offenbar befand sie sich zwei Jahre in Karenz ("Ich bin im März 1999 wegen Mutterschaft in Karenz gegangen und kann bestätigen, dass es auch bis März 1999 dieses Rechnungssplitting gegeben hat. Damals habe ich sehr selten beim Check-Out gearbeitet und habe daher auch nicht in diesem Ausmaß beim Splitting mitgewirkt, wie es dann von Mai 2001 bis November 2001 der Fall war", Seite 4 des Vernehmungsprotokolls).

Wie oben angeführt traten - bezogen auf alle von der Firma W, Filiale V aus belieferten Lokale - Auffälligkeiten bei der Verbuchung von Warenverkäufen zwischen und auf. Soweit sich also die Aussagen der bei der Firma W beschäftigten Frau g hinsichtlich konkret des TS auf den hier streitgegenständlichen Zeitraum 1999 und 2000 beziehen, sind ihre Beobachtungen zu relativieren, war sie doch 1999 nur bis März aktiv im Betrieb beschäftigt und befand sie sich das ganze Jahr 2000 in Mutterschaftskarenz.

In diesem Zusammenhang ist auch die nicht unbeachtliche, lange verstrichene Zeitspanne bis zur Einvernahme im Jahr 2006 (siehe hiezu oben) berücksichtigenswert.

Wenn auch die Referentin des UFS die Aussagen der Frau g im Gesamtgefüge der Ni - Betriebe und aller anderen Lokale der Herren KW und RO nicht für aus der Luft gegriffen hält (vgl etwa diesbezügliches Geständnis des ersteren betreffend MI vor dem LG ZZ und rechtskräftige Verurteilung des Marktleiters der Lieferantenfirma W, Zweigstelle Y), kann sie die von der Betriebsprüfung festgestellten, auf "Rechnungssplitting" beruhenden und konkret das von der Berufungswerberin betriebeneTS betreffenden Zuschätzungen der Höhe nach in Zusammenhalt mit den zeitlich und lokalbezogen nicht stringenten Aussagen der Frau g aus den folgenden Gründen nicht für erwiesen erachten:

  • Die Beispiele, auf die die Betriebsprüfung betreffend das TS dezidiert hingewiesen hat, beziehen sich nur zum Teil auf den hier strittigen Zeitraum (ein Lieferschein plus ihm zugeordnete Tageskundenrechnungen für 2000),

  • eine exakte Aufstellung der als nicht erfasst angenommenen Warenlieferungen liegt nicht vor.

Evident ist letztlich jedenfalls, dass Mängel vorliegen, die eine korrigierende Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen rechtfertigen (vgl. Stoll, BAO Kommentar, 1941). Das Mittel dazu kann - neben anderen Methoden - eine kalkulatorische Schätzung oder ein Sicherheitszuschlag sein (vgl. -I/07, mit Hinweisen auf Lehre und Judikatur). Der Griff zu einer Schätzung im Wege eines Sicherheitszuschlages verstößt bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht gegen die Denkgesetze, da angenommen werden kann, dass in einem solchen Fall nicht nur die festgestellten Mängel bzw. die nachgewießenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch weitere Mängel gleicher Art vorgefallen sind (). Der Sicherheitszuschlag hat keinen Strafcharakter. Seine Höhe richtet sich nach den Besonderheiten des Falles, dh, nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises. Sicherheitszuschläge können sich an verschiedenen Größen, etwa an den Gesamteinnahmen, an den Einnahmenverkürzungen oder an den Umsätzen orientieren (Ritz, BAO4, § 184, Tz 18 mit Judikaturhinweisen).

Gegenständlich muss in Zusammenschau aller Prüfungsergebnisse von nicht erfassten Warenlieferungen aufgrund einer getrennten Fakturierung ausgegangen werden. Hiebei kann jedoch nach Überzeugung der Referentin das von der Betriebsprüfung festgesetzte ziffernmäßige Ausmaß nicht die erforderliche Gewissheit für sich beanspruchen. Die Ermittlung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen ist der Referentin verwehrt. Nach den Besonderheiten des Falles, den festgestellten Verletzungen der in § 131 BAO normierten Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (wie schon von der durch das Finanzamt ZZ durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt, siehe oben) und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, erachtet die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates letztlich für das Jahr 1999 einen 20%-igen Sicherheitszuschlag in den Sparten 1 Alkoholfrei, 4 Wein, 6 Eintritt und 8 Spirituosen auf Grundlage der in diesen Sparten erklärten Erlöse als angemessen. Der Ansatz des schon von der vorangegangenen Betriebsprüfung festgestellten, nicht verbuchten Biereinkaufes bei der Brauerei E, der im Übrigen unwidersprochen geblieben ist, bleibt unverändert.

Für das Jahr 2000 ist in Sparten 1 Alkoholfrei, 4 Wein, 6 Eintritt und 8 Spirituosen (vgl. oben) mit einem Sicherheitszuschlag von 20% zu den erklärten Erlösen den vermuteten Verminderungen durch nicht verbuchte Vorgänge Rechnung zu tragen.

Die Sicherheitszuschläge sind pauschale Größen und umfassen daher auch den mit den Erlösen verbundenen Aufwand wie Wareneinsatz samt Vorsteuer. Eine gesonderte Aufwands- oder Vorsteuerhinzuschätzung hatte somit zu unterbleiben. Die mit der Schätzung verbundenen - und naturgemäß zum Wesen einer Schätzung gehörenden Unsicherheiten - hat jeder Steuerpflichtige, der zur Schätzung Anlass gibt, auf sich zu nehmen.

Die Umsätze und Einkünfte aus Gewerbebetrieb errechnen sich für 1999 und 2000 wie nachstehend (Beträge in €, die Umrechnung von ATS in € erfolgte mit dem laut EG-Verordnung 2866/98, ABl. L 359, festgelegten Kurs von 1 Euro = 13,7603 ATS) :


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USt
1999
2000
20%ige Entgelte laut angefochtenem Bescheid
992.635,28
1,134.561,80
Abzgl. Erlöshinzurechnung laut BP
-230.093,86
-357.856,98
Zuzgl. Sicherheitszuschlag netto
86.646,98
107.698,36
20%ige Entgelte lt. BE
849.188,40
884.403,18
KöSt
1999
2000
Einkünfte aus Gewerbebetrieb laut angefochtenem Bescheid
243.227,50
338.778,90
Abzgl. Gewinnhinzurechnung lt. BP
-194.473,51
-312.056,52
Zuzgl. Sicherheitszuschlag netto
86.646,98
107.698,36
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. BE
135.400,97
134.420,74

Streitjahre 2001 bis 2004:

Als erwiesen ist anzusehen, dass der Kassenlieferant und Programmierer GH an insgesamt 12 Diskotheken/Lokale der Ni und Na -Gruppe VKS-Kassen lieferte, die EPROMS mit von ihm programmierten Verkürzungsprozentsätzen enthielten (GH wurde mit Urteil des LG ZZ vom 456 wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 11, 33 Abs. 1 FinStrG als Beteiligter bezüglich der MI schuldig gesprochen). Unter den belieferten Lokalen befand sich das streitgegenständliche TS, bei dem die VKS-Kasse am in Betrieb ging (vgl. hiezu Einvernahme des GH durch die Prüfungsabteilung Strafsachen des FA Y vom sowie vor dem LG ZZ mit HV-Protokoll vom und vom , Gutachten des Sachverständigen 1, Bericht der Systemprüfung K vom sowie diesbezügliche Ausführungen in -I/07 zu den drei Lokalen der B-er Ni -Gruppe). Das Verbundkassensystem (=VKS) bot zumindest drei Manipulationsmöglichkeiten:

  • Herausnahme einzelner Kellner,

  • Manuelle Mengenkorrektur auf Artikelebene,

  • Automatischer Verkürzungslauf: Die Kasse verkürzt durch Befehlsauslösung entsprechend der fix im EPROM gespeicherten Verkürzungsfaktoren automatisch die Mengen je Artikel, wobei Gegenstand der automatischen Verkürzung nur die Schankumsätze sind.

Der Kassenlieferant GH gab an, bei allen angeführten Kassenstandorten das Assemblerprogramm den Wünschen der Auftraggeber angepasst und auf ein EPROM gebrannt zu haben. Man müsse die Anzahl der Kellner und der Schankanlagen festlegen und könne Verkürzungssätze für bestimmte Sparten einprogrammieren. Hätte er die Verkürzungsfunktion nicht eingebaut, hätte er keine einzige Anlage verkauft.

Laut oben angegebenen Materialien, war KW Ansprechpartner des Herrn H für die drei Lokale der B-er Ni- Gruppe und für das TS. Nur diesem habe H auch erklärt, wie er vorgehen müsse, um den Verkürzungslauf zu starten.

GH hat im Hinblick auf alle Lokale angegeben, im Dezember 2002 gemäß Auftrag die EPROMs ausgetauscht zu haben. Er änderte dabei die Tastenkombination und das Passwort, nicht aber die Verkürzungsprozentsätze.

Die im EPROM fix gespeicherten Verkürzungsfaktoren waren laut Systemprüfung der Großbetriebsprüfung K anhand von beschlagnahmten Assembler-Programmcodes betreffend das berufungswerberische Lokal TS wie nachstehend festzustellen (nur die verkürzten Sparten):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
SpartenNr.
Sparte
Ausmaß der Verkürzung
1
Alkfrei
50%
5
Wein
50%
8
Eintritt
50%
11
Spirituosen
50%
18
Garderobe
50%
21
BG Cola
50%
22
BG O. Saft
50%
25
BG Soda
50%

Der steuerliche Vertreter hat Unklarheiten im Hinblick auf die Höhe des Verkürzungsprozentsatzes angemerkt (waren es 45% oder 50% oder ein Drittel?). Bei Untersuchung des scheinbar widersprüchlichen Sachverhaltes ergibt sich: Der Verkürzungsprozentsatz betrug in den einzelnen Getränkesparten der Lokale laut EPROM (zumeist) 50%. Durch die Mengenverkürzung der Getränkeanzahl pro Kellner und eine programmierte Rundung bei der Anzahl der Getränke kam es überwiegend nur zu einer Umsatzkürzung von ca. 45% in dieser Sparte. Die Verkürzung der Tageslosungen erfolgte nicht auf den gesamten Getränkeumsatz, sondern nur auf ausgewählte umsatzstarke Sparten (zB alkoholfreie Schankgetränke, Spirituosen von der Schank, Eintritte). In einem als Tageslosung erklärten Umsatz können sich daher Getränkesparten mit 100% Umsatz, solche mit ca. 45% Umsatz und Eintritte mit 50% Umsatz befinden. Der angesprochene Umsatzmix musste nach Schätzung und Zeugendarstellung zu einer durchschnittlichen Umsatzverkürzung des Gesamtumsatzes eines Tages von einem Drittel führen. Die als realistisch angenommene Verkürzung ist demnach ein Durchschnittsprozentsatz aus verkürzten und nicht verkürzten Umsatzanteilen. Identität mit den laut EPROM programmierten Verkürzungsprozentsätzen besteht nicht.

Soweit der steuerliche Vertreter in seiner Berufung einwendet, das Vorhandensein einer Verkürzungsfunktion beweise noch nicht, dass diese auch in Betrieb gesetzt wurde, ist ihm entgegenzuhalten: Die ausdrückliche Nachfrage nach dem in Streit stehenden Kassensystem - hier durch den beherrschenden Geschäftsführer KW -, die Anpassung des Assemblerprogramms an die Wünsche des Auftraggebers (dh die Auswahl und Anlage der zu verkürzenden Sparten), das Erklären des Verkürzungsablaufes gegenüber der im Gefüge der Diskothekenbetriebe dominanten Gestalt KW sowie die etwa 2 Jahre nach erstmaliger Installierung ( - Dezember 2002) gewünschte Änderung der Tastenkombination und des Passwortes indizieren, dass ein Gebrauch der vorhandenen und gewarteten Funktionen geplant war und auch tatsächlich erfolgte.

Im Weiteren spricht für ein Ingangsetzen des Verkürzungslaufes: Nach Aussagen von Kellnern und Betriebsleitern der Na - und Ni -Lokale bei ihren Vernehmungen, erfolgten die Abrechnungen durch den Betriebsleiter mit den Kellnern und die Tagesgesamtabrechnung nach der Sperrstunde, dh in den frühen Morgenstunden. Ein Betriebsleiter sagte aus, es könne mit der Abrechnung bis 7:00, 8:00 oder gar 9:00 morgens gedauert haben.

Aus dieser durchaus nachvollziehbaren Geschäftsverlaufsschilderung fallen Tagesabrechnungen mit einer Uhrzeit jenseits von 9:00 morgens heraus. Sie lassen den Schluss zu, dass an diesen Tagen eine weitere Tagesabrechnung - durch eine andere Person, die im Unterschied zu den Betriebsleitern den Verkürzungsmechanismus auslösen konnte - ausgedruckt wurde und es sich hiebei um eine manipulierte, nämlich erlösverkürzte Tagesabrechnung handelte.

Im Arbeitsbogen der Betriebsprüfung befinden sich Tagesabrechnungen des von der Berufungswerberin betriebenen TS. Die Öffnungstage des Lokals waren laut diesen Aufzeichnungen Freitag, Samstag, Sonntag und Mittwoch. Eine stichprobenartige Überprüfung für März/April 2002 ergibt zB:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Uhrzeit der Tagesabrechnung
Wochentag (rückdatiert)
3.3. (rückdatiert 2.3.)
14:30
SA
4.3. (rückdatiert 3.3.)
14:24
SO
16.3. (rückdatiert 15.3.)
17:54
FR
17.3. (rückdatiert 16.3.)
13:04
SA
23.3. (rückdatiert 22.3.)
12:27
FR
24.3. (rückdatiert 23.3.)
15:06
SA
1.4. (rückdatiert 31.3.)
13:04
SO

Zum Vergleich weisen andere Tagesabrechnungen für den selben Zeitraum die Abrechnungszeiten 05:58, 04:24, 06:35, 08:00, 05:21 u. ä. aus.

Im Sinne obenstehender Ausführungen legen die in der Tabelle aufgelisteten Tagesabrechnungen den Schluss nahe, dass nach der frühmorgendlichen Abrechnung von spätestens 9:00 nochmals "gedrückt" wurde, dh, der Verkürzungslauf (mit aller Wahrscheinlichkeit durch KW, der den Verkürzungsmechanismus kannte) in Gang gesetzt wurde. Nachvollziehbar ist, dass dies typischerweise für starke Ausgehtage, also Freitag und Samstag geschah. Der an diesen Tagen höher ausfallende Umsatz wurde nachträglich verkürzt und so in das Kassabuch (Kassabuchblatt mit entsprechenden Zahlen im Arbeitsbogen) aufgenommen. Naheliegend ist unter diesem Gesichtspunkt, dass keiner der im Stichprobenzeitraum offensichtlich verkürzten Tage ein Mittwoch ist. Wie die Lebenserfahrung lehrt, gehen mittwochs weniger Menschen aus als am Freitag und Samstag, weil der Donnerstag ein normaler Arbeits- oder Schultag ist.

Die Tagesabrechnungsstreifen tragen im Übrigen zwar Namen und Adresse des Lokals, Datum, Uhrzeit der Abrechnung und Addition der konsumierten Produkte (Getränke, Küche, Rauchwaren), jedoch keine fortlaufenden Nummern. Insofern steht einer späteren manipulativen Veränderung eines Originalrechenstreifens sowie dessen Austausch nichts im Wege.

Der steuerliche Vertreter hat u. a. beanstandet, man habe sich auf Aussagen der Zeugen I und Z gestützt, die niemals im TS tätig waren. Für die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates ist von Erlösverkürzungen im TS aber auch unter Außerachtlassung der entsprechenden Aussagen auszugehen. Im Gesamtgefüge der steuerlich beachtlichen Geschehensabläufe in den Ni - und Na -Diskotheken - die nach dem selben Konzept und von den selben führenden Persönlichkeiten geleitet ganz Österreich überspannten - mag diesen Aussagen jedoch durchaus zumindest eine Indizwirkung zukommen, dies insbesondere bei Würdigung des den Y-er Standort M der Ni -Gruppe betreffenden Urteils des LG ZZ und der Berufungsentscheidung RV/0165-I/07 des UFS, Außenstelle Y, zu allen drei B-er Standorten. KW hat sich im Verfahren vor dem LG ZZ betreffend den Standort MI geständig hinsichtlich Erlösverkürzungen nach dem auch im Streitfall angenommenen Muster verantwortet.

Was deutlich für die tatsächliche Nutzung der Erlösverkürzung auch im TS spricht, ist die gezielte Nachfrage nach einem Kassensystem mit Erlösverkürzungsmöglichkeiten durch KW und die etwa zwei Jahre nach Einrichtung erfolgte Nachjustierung von Tastenkombination und Passwort. Soweit GH vor Gericht (HV-Protokoll LG ZZ ) ausgesagt hat, die in Streit stehende Einrichtung könnte auch für "Getränkeaktionen" installiert worden sein, steht dem die Auskunft des Sachverständigen für Elektronik, AH, entgegen, der ebenfalls vor Gericht (HV-Protokoll LG ZZ ) erklärte, für Aktionen mache das vorliegende Verkürzungssystem überhaupt keinen Sinn. Eine andere sinnvolle Vorstellung als die Verkürzung habe er nicht. Bei Wertung der beiden, einander widersprechenden Aussagen ist zu beachten, dass GH als Angeklagter vor Gericht stand, sich also selbst be- oder entlastete, während AH als neutraler Sachverständiger befragt wurde.

Ebenso weisen die nach 9:00 erfolgten Tagesabrechnungen in die Richtung einer Verkürzung zumindest an umsatzstarken Tagen.

In Zusammenfassung ist betreffend die Streitjahre 2001 bis 2004 von nachstehenden formellen und materiellen Mängeln der Buchführung, die den in § 131 BAO aufgestellten Anforderungen in grober Weise widersprechen, auszugehen:

Es gab keinen laufenden Journalausdruck auf eine gesonderte Journalrolle; Einzelbonierungen wurden ohne Speicherung unwiderruflich gelöscht und damit dem Gebot der Datenaufbewahrung zuwidergehandelt; das verwendete Kassensystem unterstützte das nachträgliche Verändern von Grundaufzeichnungen automationsgestützt - die Erlöserfassung war manipulierbar; die Tagesabrechnungen trugen keine fortlaufenden Nummern, was der Vollständigkeitsgarantie widerspricht.

Es steht für die Referentin nach allem Ausgeführten außer Zweifel, dass im Betrieb der Berufungswerberin Gebrauch von der im EPROM des Kassensystems aktivierten Erlösverkürzungsmöglichkeit gemacht wurde. Die von der Berufungswerberin erklärten Umsätze/Erlöse sind insoweit unrichtig und berechtigen - auch unter dem Aspekt der aufgezeigten formellen Mängel der Aufzeichnungen - zur Berichtigung in Form einer Schätzung.

Jedoch kann der von der Abgabenbehörde in den bekämpften Bescheiden vorgenommenen Zurechnung, die von einer täglichen spartenmäßigen Verkürzung ausgeht, nicht gefolgt werden und finden sich dafür nach Aktenlage keine gesicherten Nachweise. Der führend mit der dem Streitfall zugrundeliegenden Betriebsprüfung befasste Großbetriebsprüfer hat laut eigenen Aussagen (siehe HV-Protokoll LG ZZ ) das TS nie persönlich aufgesucht. Er konnte daher keine Auskunft über eine allfällige Besucherfrequenz bzw. eine mögliche Besucherkapazität sowie die Besucher-Umschlagshäufigkeit geben. Wie auch die obenstehende Analyse der Abrechnungsstreifen durch die Referentin gezeigt hat, wurde wohl offensichtlich durch nachträgliches "Drücken" verkürzt, jedoch nicht an allen Öffnungstagen, sondern nur an umsatzstarken Tagen. Die tatsächliche Häufigkeit der Verkürzungen, die für eine begründete kalkulatorische Zuschätzung erforderlich wäre, konnte von der Abgabenbehörde nicht ermittelt werden. Für die Streitjahre 2002 bis 2004 existieren zudem keine Untersuchungsergebnisse über nicht erfasste Getränkeeinkaufe, für 2001 in einem gewissen Umfang, wobei diesbezüglich die entsprechenden, von der Referentin oben für 1999 und 2000 angeführten Bedenken gleichermaßen gelten.

Insoweit daher die kalkulatorische Zuschätzung der Abgabenbehörde von einer täglichen Verkürzung ausgeht, hält die Referentin diese Sichtweise, die in Bezug auf Häufigkeit und Ausmaß auf nicht belegten Vermutungen beruht, nicht aufrecht. Eine mit Hilfe eines Sicherheitszuschlages ermittelte Bemessungsgrundlage hat im Vergleich dazu die größere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich.

Die Berufungswerberin nahm die Verkürzungen in den Streitjahren 2001 bis 2004 mit Hilfe der im Kassensystem programmierten Verkürzungssätze vor, sodass es zu Verkürzungen lediglich in den Warensparten laut EPROM kam.

Unter dem Gesichtspunkt der festgestellten formellen Mängel der Aufzeichnungen in Verbindung mit der fehlenden Überprüfbarkeit, erachtet die Referentin einen Sicherheitszuschlag von 20% in den Sparten 1 Alkoholfrei, 5 Wein, 8 Eintritte, 11 Spirituosen, 18 Garderobe, 21 Beigetränk Cola und 22 Beigetränk Orangensaft für angemessen. Bemessungsgrundlage sind die erklärten Umsätze und Erlöse laut Sparten (auch hier ist auf den Pauschalcharakter des Sicherheitszuschlages, wie schon hinsichtlich der Streitjahre 1999 und 2000 ausgeführt, hinzuweisen).

Die Umsätze und Einkünfte aus Gewerbebetrieb errechnen sich für 2001 bis 2004 wie nachstehend (Beträge in €, die Umrechnung von ATS in € erfolgte mit dem laut EG-Verordnung 2866/98, ABl. L 359, festgelegten Kurs von 1 Euro = 13,7603 ATS):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
USt
2001
2002
2003
2004
20%ige Entgelte lt. angefochtenem Bescheid
1,249.123,41
1,287.821,64
1,144.709,73
902.457,71
Abzgl. Erlöshinzurg. lt. BP
-368.683,41
-418.395,93
-352.306,16
-298.850,36
Zuzgl. Sicherheitszuschlag netto
84.037,56
98.503,98
83.007,45
70.807,80
20%ige Entgelte lt. BE
964.477,56
967.929,69
875.411,02
674.415,15
KöSt
2001
2002
2003
2004
Einkünfte aus Gewerbetrieb lt. angefochtenem Bescheid
310.652,49
306.927,65
308.987,05
230.731,70
Abzgl. Gewinnhinzurg. lt. BP
-308.729,66
-350.125,91
-303.439,85
-242.535,72
Zuzgl. Sicherheitszuschlag netto
84.037,56
98.503,98
83.007,45
70.807,80
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. BE
85.960,39
55.305,72
88.554,65
59.003,78

Verjährung:

Der steuerliche Vertreter hat anlässlich des Erörterungstermins Verjährung hinsichtlich der Streitjahre 1999 und 2000 eingewendet. Die angefochtenen Bescheide stammen vom .

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO in der 2007 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 57/2004 beträgt die Verjährungsfrist für Abgaben wie die in Streit stehenden fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben sieben Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO idF BGBl. I Nr. 161/2005 beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 (des § 208) ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird (Anm.: Abs. 2 bezieht sich auf Ertbschafts- und Schenkungssteuer sowie Erwerbe von Todes wegen).

§ 209 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 180/2004 bestimmt in seinem Abs. 1: "Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist gehemmt ist."

Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Für die USt bestimmt § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a) und b) UStG als lex specialis: "Die Steuerschuld entsteht für Lieferungen und sonstige Leistungen a) mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (Sollbesteuerung)......b) in den Fällen der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§17) mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (Istbesteuerung)"...

Nach Stoll, BAO-Kommentar, 2176, gilt die Regelung des § 208 Abs. 1 lit. a BAO, wonach die Verjährung mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, ausdrücklich auch für die Umsatzsteuer. Es ist nach dieser Norm gleichgültig, ob der Schuldentstehungszeitpunkt am Beginn oder am Ende des Kalenderjahres liegt oder ob der die Schuldentstehung bewirkende Tatbestand während des Jahres verwirklicht wurde (Stoll, BAO-Kommentar, 2175).

Überprüft man streitgegenständlich das am weitesten zurückliegende Jahr - 1999 - ist der Analyse voranzustellen: Nach allem oben Ausgeführten wurden Abgaben hinterzogen, weil vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten eine Abgabenverkürzung iSd § 33 Abs. 1 FinStrG bewirkt wurde. Der rechtliche Charakter einer Abgabe als "hinterzogen" kann ohne Weiteres im Abgabenverfahren festgestellt werden (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2169). Die Verjährungsfrist beträgt daher gemäß § 207 Abs. 2 BAO sieben Jahre. Grundsätzlich wäre daher eine Körperschaftsteuerfestsetzung wie auch eine Umsatzsteuerfestsetzung für 1999 mit Ablauf des Jahres 2006 verjährt.

Jedoch wurden unstrittig binnen offener Verjährungsfrist verlängerungsrelevante Amtshandlungen iSd § 209 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 180/2004 gesetzt: So fand am durch Organe der Prüfungsabteilung Strafsachen beim Finanzamt ZZ eine Hausdurchsuchung im TS mit Beschlagnahme von Unterlagen und Niederschrift von Zeugeneinvernahmen statt. Ebenso gibt es einen - an Organe der Großbetriebsprüfung Y gerichteten - die Berufungswerberin betreffenden Prüfungs- und Nachschauauftrag vom , der nachweislich dem damaligen steuerlichen Vertreter der Berufungswerberin zur Kenntnis wurde.

Durch diese zweifelsfrei nach außen erkennbaren Amtshandlungen verlängerte sich die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 1 BAO um ein Jahr, weshalb demnach Verjährung mit Ablauf des Jahres 2007 eintreten musste.

Die am erlassenen Bescheide betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 1999 ergingen daher innerhalb offener Frist und liegt Verjährung somit - naturgemäß auch betreffend das Streitjahr 2000 - nicht vor.

Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.

Beilage: 6 Berechnungsblätter

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 183 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 132 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958

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