Familienbeihilfe bei mehrjährigem Aufenthalt in den USA
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RV/0267-I/12-RS1 | Bei einem Studium in den USA verlagert sich der ständige Aufenthalt des Kindes in ein Drittland. Es steht daher auch dann keine Familienbeihilfe zu, wenn das Kind die Ferien in Österreich verbringt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der [Berufungswerberin], [Adresse], vertreten durch Ing. MMag. Dr. Gerhard Benda, Rechtsanwalt, 6020 Innsbruck, Museumstraße 17b, vom gegen den Bescheid des [Finanzamt] vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom begehrte die Beihilfenwerberin die Auszahlung der Familienbeihilfe für ihren Sohn [Name] ab Jänner 2011. Aus den Angaben der Antragstellerin geht hervor, dass der Sohn in den Vereinigten Staaten von Amerika ab dem genannten Monat ein Studium betreibe, welches voraussichtlich im Jahr 2015 beendet werde.
Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom Finanzamt abgewiesen. Das Finanzamt verwies darauf, dass sich der Sohn ständig in den USA aufhalte, weshalb kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung erhoben. In dieser führte der rechtsfreundliche Vertreter der Antragstellerin aus, dem Sohn wäre ein Stipendium in Aussicht gestellt worden, weshalb er sich entschlossen habe, "einen Teil seines Studiums" in den USA zu absolvieren. Eine längerfristige Visummöglichkeit stehe ihm offen. Die Dauer des Aufenthaltes in den USA sei jedoch noch keinesfalls gesichert. Die Studienaufenthaltsdauer werde sich maßgeblich an den Studienerfolgen und "vor allen Dingen" auch daran bestimmen, inwieweit es der Berufungswerberin möglich sein werde, die finanziellen Belastungen zu finanzieren. Es sei beabsichtigt regelmäßig zu prüfen, inwieweit eine Fortsetzung des im Ausland verbrachten Teiles des Studiums noch möglich und sinnvoll erscheine. Vorerst sei vorgesehen, dass die im Ausland verbrachte zeit des Studiums einen Zeitraum von 1 bis 1,5 Jahren nicht übersteigen werde. Die Abwesenheit sei daher nur als eine vorübergehende gewollt. Der Sohn habe auch die Sommerferien in der elterlichen Wohnung verbracht. Zudem werde sich der Sohn auch in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel mehrere Wochen in Österreich aufhalten. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege jedenfalls in Österreich. Es sei zudem eine unangemessene Ungleichbehandlung, wenn Eltern, die zusätzlich zu ihren normalen Unterhaltsverpflichtungen hohe finanzielle Belastungen tragen, um dem Kind eine Ausbildung im Ausland zu ermöglichen, die Unterstützung durch die Familienbeihilfe entzogen werde.
Im Zuge eines Vorhalteverfahrens wurden seitens der Berufungswerberin noch zusätzliche Unterlagen vorgelegt. Aus einer dieser Unterlagen geht hervor, dass das für den Sohn ausgestellte Visum von bis Gültigkeit besitzt. Weiters ist ersichtlich, dass der Sohn Mitglied des Skikaders der Universität ist. Ebenfalls vorgelegt wurde eine Flugplanung für den von München in die USA. Im Verwaltungsakt ferner enthalten ist eine Bescheinigung der Universität, dass das erste Semester an der Universität von 17. Jänner bis andauerte und ein Mietvertrag, nach dem der Sohn der Berufungswerberin für die Dauer von bis gemeinsam mit anderen Personen eine (private) Unterkunft angemietet hat.
Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Wiederum wurde vom Finanzamt darauf hingewiesen, dass der ständige Aufenthalt eines Kindes im Ausland (in "Drittstaaten") dem Beihilfenanspruch entgegen stehe.
Daraufhin beantragte die Einschreiterin durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Festgehalten werde, dass die Kosten des Wohnens, der Lebenshaltung und der Flüge von zu Hause zum Studienort und zurück "sehr wohl" überwiegend von den Eltern getragen würden und der Sohn die Sporttätigkeit nicht "professionell" ausübe. Nur durch entsprechend hohe Leistungen in Studium und Sport sei es dem Sohn möglich an der Universität zu studieren. Er erhalte für seine sportliche Aktivität für die Universität kein Entgelt; er bekomme auf Grund der sportlichen Leistungen jedoch ein Stipendium, was bedeute, dass ihm die Studiengebühren erlassen werden. Der Sohn sei bei seinen Eltern weiterhin haushaltszugehörig und diene der Aufenthalt in den USA ausschließlich Ausbildungszwecken.
Das Finanzamt legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
In einer weiteren Eingabe vom wurde ausgeführt, dass sich der Sohn jeweils in den Sommermonaten Mai bis August und auch im "Dezember/Jänner" jeden Jahres in Österreich bei seinen Eltern aufhalte. Über telefonische Rücksprache wurde sodann mit Eingabe vom klargestellt, dass sich die Aufenthalte in Österreich im Sommer auf die Zeit von Mitte Mai bis in die erste Juliwoche und im Winter um die Weihnachtszeit auf vierzehn Tage bis drei Wochen beschränken. Lediglich im Jahr 2013 dauerte der Sommeraufenthalt einen Monat länger, weil der Sohn aufgrund einer Verletzung nicht von Anbeginn an am Training teilnehmen konnte.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der Berufungswerberin für ihren Sohn die Familienbeihilfe zusteht. Dazu ist vorweg auf die Systematik des Beihilfenrechtes zu verweisen. Einerseits wird die Erfüllung bestimmter anspruchsbegründender Voraussetzungen (Alter des Kindes, Vorliegen einer Berufsausbildung oder anderer "begünstigter" Beschäftigungen bzw "erzwungener" Wartezeiten bis zum Beginn einer Berufsausbildung oder deren Fortsetzung, Haushaltszugehörigkeit bzw überwiegende Kostentragung usw) gefordert. Besteht nach diesen Bestimmungen dem Grunde nach ein Beihilfenanspruch ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob im zu beurteilenden Fall Ausschlussgründen vorliegen, die einen dem Grunde nach bestehenden Anspruch wiederum beseitigen.
Einer dieser Ausschlussgründe findet sich in § 5 Abs 3 FLAG 1967, wonach kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder besteht, die sich ständig im Ausland aufhalten. Das Finanzamt hat gegenständlich diesen Ausschlussgrund als gegeben erachtet und den Beihilfenanspruch der Berufungswerberin deshalb verneint.
Dazu steht für den Unabhängigen Finanzsenat an Sachverhalt fest, dass sich der Sohn der Berufungswerberin im Jahr 2010 dazu entschlossen hat, an einer amerikanischen Universität ein Stipendium anzunehmen, welches ihm auf Grund seiner sportlichen Qualifikation angeboten wurde, dort ein Studium zu betreiben und für die Universität sportliche Wettkämpfe zu bestreiten. Von der Abgabenbehörde kann nicht geklärt werden, ob die Absolvierung dieser Ausbildung - wie im Antrag auf Familienbeihilfe von der Berufungswerberin angegeben - von vornherein auf eine Dauer von vier Jahren (bis 2015) angelegt und beabsichtigt war oder - wie später in der Berufung angegeben - "lediglich" die Absicht bestand, sich vorerst "nur" für ein bis eineinhalb Jahre in den USA aufzuhalten und dann nach Möglichkeit dort weiter zu studieren.
Eine diesbezüglich endgültige Abklärung ist für den vorliegenden Fall aber auch nicht von entscheidender Bedeutung. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich nämlich, dass der Begriff des "ständigen Auslandsaufenthaltes" im § 5 Abs 3 FLAG 1967 dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 BAO gleichzusetzen ist (vgl ) und die Frage des ständigen Aufenthaltes nicht nach subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach dem objektiven Kriterium der körperlichen Anwesenheit zu beantworten ist (vgl etwa ). Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl ). Im Erkenntnis , führte der Gerichtshof aus, dass ein Aufenthalt nicht schon dann vorübergehend im Sinne der Rechtsprechung zu § 5 Abs 3 FLAG 1967 ist, wenn er zeitlich begrenzt ist (vgl auch ), weshalb bei der im Zuge der vorzunehmenden ex-ante Betrachtung des Auslandsaufenthaltes des Kindes die auch nach objektiven Gesichtspunkten als annähernd gewiss anzunehmende Rückkehr nach Österreich nach dem Austauschjahr nicht entscheidend ist. Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor. Bei einem Aufenthalt zum Zwecke des Schulbesuches vom Herbst 1991 bis zum Jänner 1993 ging der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis , von einem ständigen Aufenthalt im Ausland aus. Ein einjähriger Auslandsaufenthalt etwa zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (vgl auch Kuprian, Kein Familienbeihilfenanspruch bei Ausbildung eines Kindes in einem "Drittland", in UFS Journal 2011/10, 371).
Im gegenständlichen Fall ist selbst nach den in der Berufung "korrigierten" Angaben zur beabsichtigten Aufenthaltsdauer unstrittig davon auszugehen, dass von Beginn des Auslandsstudiums eine Aufenthaltsdauer von (zumindest) ein bis eineinhalb Jahren beabsichtigt war. Dass die Erteilung des Visums eine Aufenthaltsdauer bis 2015 möglich macht und die Berufungswerberin in ihrem Antrag auf Familienbeihilfe auch eine Aufenthaltsdauer bis 2015 angegeben hat, bekräftigt den Eindruck, dass zumindest ein längerfristiger Aufenthalt (möglichst bis zum Studienabschluss) von vornherein geplant war. Tatsächlich sind Wettkampfteilnahmen bis ins Jahr 2013 registriert.
Damit ist der vorliegende Fall aber bereits entschieden und kann wegen des ständigen Auslandsaufenthaltes dem Begehren der Berufungswerberin auf Gewährung der Familienbeihilfe wegen Vorliegen des Ausschlussgrundes des § 5 Abs 3 FLAG 1967 nicht entsprochen werden.
In der Berufung wird ausgeführt, dass sich der Sohn in den Monaten Mai bis August 2011 in der elterlichen Wohnung aufgehalten habe. In der Eingabe vom wird diese Behauptung neuerlich aufgestellt und auch für die Folgejahre als gegeben angeführt. Dazu ist vorweg festzuhalten, dass das Semester an der Universität erst am geendet hat und dass aus den von der Berufungswerberin vorgelegten Kopien aus dem Reisepass des Sohnes ersichtlich ist, dass der Sohn am in die USA eingereist ist. Da somit die Angaben zum Aufenthalt im Sommer in Österreich nicht den Tatsachen entsprechen konnten und auch die Angaben zu einem zweimonatigen Österreichaufenthalt in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel mit einer offiziellen Auflistung der Teilnahme an Rennen (von Ende November 2011 bis April 2012 wurde in regelmäßigen Abständen an Rennen in Kanada und Amerika teilgenommen) nicht vereinbar sind, wurde nochmals Kontakt mit dem Vertreter der Berufungswerberin aufgenommen. Dieser hat sodann mit Eingabe vom die tatsächlichen Anwesenheitszeiten des Sohnes in den Jahren 2011 bis 2013 bekannt gegeben. Der Umstand, dass der Sohn in der unterrichts- und rennfreien Zeit, somit in den Ferien, in Österreich aufgehalten hat, ändert nichts am ständigen Auslandsaufenthalt, da jeweils nach den Ferien wiederum ins Ausland zurückgekehrt wurde (vgl ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinn des § 5 Abs 3 FLAG 1967 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen (vgl zB , mwN). Demnach kommt es darauf an, ob sich der Sohn im Streitzeitraum in den USA unter Umständen aufhielt, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilte. Vorübergehende Abwesenheiten unterbrechen das für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes notwendige Verweilen nicht. Hielt sich der Sohn während der Studienjahre im Streitzeitraum in den USA auf, ist das Verbringen der Ferien in Österreich bei den Eltern jeweils als vorübergehende Abwesenheit von diesem Studienort zu beurteilen, wodurch der ständige Aufenthalt des Sohnes in den USA nicht unterbrochen wird (vgl dazu auch ). Ob die Sommerferien dabei - wie gegenständlich und nur durch eine Verletzung bedingt ohnehin lediglich im Jahr 2013 der Fall - einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten umfassten, ist unter Berücksichtigung des Gesamtbildes - jeweils Rückkehr in die USA - nicht entscheidungswesentlich (vgl nochmals ).
Von einer Einvernahme der Berufungswerberin und ihres Ehegatten konnte Abstand genommen werden, da auf Grund des feststehenden Sachverhaltes eine Entscheidung bereits getroffen werden konnte und der Umstand, dass die Berufungswerberin zu den Kosten des Unterhaltes ihres Sohnes beiträgt, ebenso keinen Einfluss auf diese Entscheidung hat, wie die Klärung der Rechtsfrage, ob der Sohn (fiktiv) weiterhin bei der Berufungswerberin haushaltszugehörig ist. Dass der Umstand, dass der Aufenthalt "ausschließlich Ausbildungszwecken" dient, zu keiner anderen Entscheidung führen kann, wurde bereits oben dargelegt. Die Anregung auf Ausschreibung einer Berufungsverhandlung im Schriftsatz vom begründet keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer Berufungsverhandlung.
Abschließend darf noch darauf hingewiesen werden, dass der Verfassungsgerichtshof den Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland (§ 5 Abs 3 FLAG 1967) als verfassungsrechtlich zulässig erachtet hat (vgl die Erkenntnisse , VfSlg 16.542, und , VfSlg 16.380).
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at