Einkünfte aus der Verwertung von Rechten (Gebrauchsmustern) eines Erfinders
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RV/2232-W/09-RS1 | Überwiegen die Verwertung und Vermarktung einer Erfindung in seinen beiden Unternehmungen die erfinderische Tätigkeit eines Steuerpflichtigen, so ist insgesamt von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Daher sind die Einkünfte aus der Verwertung der Erfindung (Lizenzeinnahmen bzw. Veräußerungserlös aus Verkauf der Lizenzen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 EStG 1988. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des B, vertreten durch Weinberger & Höchtl Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsges. OG, 3100 St. Pölten, Mariazellerstr. 150, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) betreibt das Zimmereigewerbe in der Rechtsform eines Einzelunternehmens. Im Jahr 2007 verkaufte der Bw. Lizenzrechte (Vertriebsrecht laut Lizenzvertrag vom bestehend aus Markenschutz, Gebrauchsmuster und Patente laut Vereinbarung vom , Übertragung aller künftigen Rechte) an die C.GmbH um € 408.543,--. Diese Veräußerung betrachtete der Bw. als Veräußerung von Privatvermögen nicht einkommensteuerpflichtig.
Das Finanzamt veranlagte 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 521.381,25 und begründete den Einkommensteuerbescheid 2007 wie folgt:
"Die erzielten Einnahmen aus der Verwertung der geschützten Gebrauchsmuster stellen jedenfalls beim Erfinder Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Die Gebrauchmuster sind sohin Betriebsvermögen und ihre Veräußerung ist im Rahmen dieses Betriebes zu erfassen.
62.927,35 bisher erklärter laufender Gewinn
+ 408.543,-- Verkauf Vertriebsrechte
471.470,35 Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Da sämtliche Rechte mit der Vereinbarung vom übertragen und verrechnet wurden (Re vom ), ist dieser Betrieb beendet.
Der Erlös aus diesem Verkauf ist daher ein Veräußerungsgewinn, und es wird der Freibetrag gem. § 24/4 EStG in Höhe von 7.300,-- berücksichtigt. Da für das Recht selbst keine Anschaffung mit einem entsprechenden Buchwert vorlag, ist kein Buchwertabgang zu berücksichtigen, und es sind auch keine Veräußerungskosten angefallen. Der Hälftesteuersatz für die Verwertung der Rechte steht nicht zu; diesbezüglich wird auf die Bescheidbegründung der Vorjahre bzw. die Entscheidung des UFS für 2003 und 2004 verwiesen."
Dagegen brachte der Bw. Berufung mit folgender Begründung ein:
"Sachverhalt:
Herr KB ist seit vollbeschäftigter Berufschullehrer an der Landesberufsschule X. Herr KB ist Zimmerermeister und unterrichtet an der Landesberufsschule in X die damit zusammenhängenden Unterrichtsgegenstände. Daneben führt B. einen kleinen Zimmereibetrieb. Die operative Geschäftsführung wurde aufgrund der Vollzeitbeschäftigung als Lehrer jedoch von seinen Angestellten wahrgenommen.
Die Tätigkeit von Herrn B. beschränkt sich im Zimmereibetrieb auf organisatorische Fragen, Auftragsakquisition sowie das Finanz- und Rechnungswesen.
Ende der 90iger Jahre entwickelte Herr B. verschiedene Patente und Gebrauchsmuster, welche in den Jahren 1999-2002 zum patentrechtlichen Schutz entweder als Gebrauchsmuster oder als Patent angemeldet wurden. In der Folge wurden diese Patente und Gebrauchsmuster in Form von Lizenzen der C.GmbH zur Vermarktung übertragen. Einige Jahre erhielt Herr B. aus dieser Lizenzierung Lizenzeinnahmen. Im Jahr 2007 erfolgte der Verkauf aller Rechte aus diesen, Immaterialgüter an die CGmbH.
Am wurde das Beschäftigungsausmaß auf 10 Wochenstunden bei der Landesberufsschule X reduziert, da sich Herr B. stärker mit seinen selbständigen und gewerblichen Einkünften beschäftigen wollte.
Die Einkünfte aus der Lizenzierung wurden von Beginn weg als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung qualifiziert (passive Einkünfte, Miet-Erwerbseinkünfte) und erklärt. Für den Zeitraum 2003 und 2004 wurde dieser Sachverhalt auch von der Betriebsprüfung geprüft und die Zuordnung der Einkünfte als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beibehalten und nicht beanstandet. Auch die im Zuge der Bescheid-Berufung ergangenen Erkenntnisse des Unabhängigen Finanzsenats für die Jahre 2003 und 2004 ergaben, dass es sich bei den Lizenzeinnahmen um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handelte. Dies war auch insofern schlüssig, als die Entwicklung und Ideenfindung im Privatbereich - im weitesten Sinne als Auswirkung der unselbständigen Tätigkeit an der Landesberufsschule - zu qualifizieren ist.
Berufungsbegründung:
Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom sowie die damit zusammenhängende Bescheidbegründung vom sind rechtswidrig wegen
a) Verletzung von Verfahrensvorschriften;
b) inhaltliche Rechtswidrigkeit;
Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt vor, da der Sachverhalt bezüglich Entwicklung der Patente und Gebrauchsmuster im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis sowie die Ergebnisse der bereits durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2033 und 2004 nicht berücksichtigt wurden.
Die inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt vor, da es sich bei der Veräußerung der Lizenzen um Privatvermögen handelt. Diese Lizenzen wurden in den Jahren ab 2003 rechtsrichtig als Privatvermögen beurteilt und die daraus resultierenden Einkünfte als Einkünfte als Vermietung und Verpachtung behandelt. Die nunmehrige Veräußerung von Privatvermögen unterliegt keinem Einkommensteuertatbestand. Der Einkommensteuertatbestand der 7. Einkunftsart: Sonstige Einkünfte - "Spekulationseinkünfte" wird nicht erfüllt, da die Immaterialgüterrechte bei Herrn b schon mehr als ein Jahr als Privatvermögen in seinem Eigentum stehen. Die Umqualifizierung in Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahre 2007 erfolgte rechtswidrig und entgegen den rechtskräftigen Bescheiden der Jahre 2003-2006.
Anträge:
Es wird daher beantragt,
a) den Einkommensteuerbescheid 2007 vom in Verbindung mit der Bescheidbegründung vom aufzuheben und einen neuen Bescheid zu erlassen, in dem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe der erklärten € 49.910,90 veranlagt werden;
b) einen Teilbetrag der Einkommensteuernachforderung in Höhe von € 100.000,00 bis zur Erledigung der Berufung von der Einhebung auszusetzen."
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall die Zuordnung der Einkünfte aus der Überlassung von Rechten im Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung des Veräußerungsgewinns 2007. Bis 2006 wurden diese Einkünfte erklärungsgemäß als solche aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG veranlagt. 2007 wurden sie einschließlich des in diesem Jahr erzielten Veräußerungsgewinns vom Finanzamt abweichend von der Einkommensteuererklärung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt.
Der Bw. hat als Einzelunternehmer die Zimmerei und den Holzkonstruktionsbau betrieben. Von ihm entwickelte Tragkonstruktionen für PKW-Abstellplatzüberdachungen werden von der dem Bw. gehörenden "C.GmbH " (bis 2007 auf Grund eines Lizenzvertrages) erzeugt und vertrieben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis Zl. 2007/15/0191 vom ausgesprochen, dass die Erfindertätigkeit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen kann, wenn eine selbständige, nachhaltige Betätigung vorliegt, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Wenn die Erfindertätigkeit zudem einer der in § 22 EStG 1988 aufgezählten Tätigkeiten entspricht, liegen Einkünfte aus selbständiger Arbeit vor.
Im Zusammenhang mit der Gewerbesteuerpflicht hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Zl. 91/13/0244 vom ausgesprochen, dass, wenn eine Tätigkeit, die an sich als Ausübung eines freien Berufes anzusehen wäre, zufolge ihres sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einem Gewerbebetrieb ihre Selbständigkeit verliert, dies zur Konsequenz hat, dass sie mit dem Gewerbebetrieb, zu dem dieser sachliche und wirtschaftliche Zusammenhang besteht, der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist.
Im vorliegenden Fall stehen die Einkünfte aus der Überlassung der Rechte in einem engen Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit des Bw. und liegt somit ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang der Erfindertätigkeit des Bw. mit seinem Gewerbebetrieb vor, sodass die Lizenzen dem Betriebsvermögen zuzuordnen sind.
Ähnlich wie in jenem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 2000/09/0144 vom zugrunde liegenden Fall überwiegen die Verwertung und Vermarktung der Erfindung des Bw. in seinen beiden Unternehmungen die erfinderische Tätigkeit und ist daher von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Bei einem Erfinder, der seine Erfindung verwertet, liegt regelmäßig ein Gewerbebetrieb vor. Anders gelagert ist lediglich der Fall einer Betriebsaufgabe bzw. nach einem Todesfall, wo dann der Nachfolger bzw. Erbe des Erfinders das Patent/die Lizenzen durch Verwertung nützt. Dies ist jedoch hier nicht der Fall.
Die Regelung des § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 kommt im Zusammenhang mit der Gestattung der Verwertung von Rechten nur vereinzelt und subsidiär zur Geltung, da die ersten vier Einkunftsarten den §§ 27 bis 29 vorgehen und Verwertungen gewöhnlich im Rahmen der gewerblichen oder selbständigen Einkünfte stattfinden (vgl. Jakom/Laudacher EStG, 2011, § 28 Rz 85).
Bei dieser Sachlage kann dem Finanzamt nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn es die vom Bw. erzielten Erlöse aus der Veräußerung der Lizenzen als Gewinn aus der Veräußerung von Betriebsvermögen und somit als der Einkommensteuer unterliegend behandelt hat. Entgegen dem Berufungsvorbringen geht der Unabhängige Finanzsenat - im Hinblick auf die betriebliche Tätigkeit - sehr wohl vom Vorliegen von Betriebsvermögen aus und es ist daher bei der Überlassung von Rechten bzw. Lizenzen nicht von einer außerbetrieblichen Tätigkeit des Bw. auszugehen, sondern die Gesamttätigkeit als Erfinder im Zusammenhang mit der laufenden gewerblichen Tätigkeit ist als Gewerbebetrieb anzusehen. Die Lizenzeinnahmen dafür sind daher der Einkunftsart Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 EStG 1988) zuzuordnen.
In der Berufungsentscheidung RV/0493-W/06 (miterledigt RV/0334-W/06) vom (betreffend die Einkommensteuer 2003 und 2004 des Bw.) sowie im anschließenden Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof war ausschließliches Thema die Rechtsfrage, ob Lizenzzahlungen für Erfindungen, die nach dem Gebrauchsmustergesetz 1994 registriert und geschützt wurden, unter das Tatbestandsmerkmal der Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen des § 38 Abs. 1 EStG 1988 zu subsumieren sind. Im Spruch dieser Berufungsentscheidung wurde jedoch nicht über die Einkunftsart der Lizenzzahlungen abgesprochen und wurde dieses Thema auch in der Begründung nicht erwähnt. Das Finanzamt und der Unabhängigen Finanzsenat sind verpflichtet, von einer als unrichtig erkannten Rechtsansicht abzugehen. Daher besteht für den Unabhängigen Finanzsenat keine Bindung an die in den Vorjahren erfolgte unrichtige Behandlung der Lizenzeinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch das Finanzamt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 23 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 22 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 38 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Erfinder Erfindertätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Lizenzzahlungen Gebrauchsmuster Verwertung von Rechten |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFSjournal 11/2011, 394 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at