Voraussetzungen für die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO, dem eine Schätzung zu Grunde liegt.
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Miterledigte GZ: |
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RV/1669-W/11 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder Mag. Wolfgang Tiwald, Werner Just und Mag. Robert Steier über die Berufungen der EW, vertreten durch Theiss Puchinger Steuerberatungs und Wirtschaftsprüfungs GmbH, 1040 Wien, Wohllebengasse 16/6, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO des Umsatzsteuer- und des Körperschaftsteuerbescheides für das Jahr 2007 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Berufungswerberin (Bw) ist die Firma E. Mit Datum wurden der Umsatzsteuer- und der Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2007 erlassen. Die Besteuerungsgrundlagen beider Bescheide wurden gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt, da die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2007 vier Mal erfolglos verlängert wurde. Gleichzeitig mit den beiden Abgabenbescheiden wurden auch Verspätungszuschläge betreffend die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen bescheidmäßig festgesetzt.
Mit Schreiben vom beantragte die Bw die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO für die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 sowie für den damit im Zusammenhang stehenden Verspätungszuschlag betreffend die Umsatzsteuer und übermittelte die Steuererklärungen für das Jahr 2007 und den Jahresabschluss per . Begründend wies die Bw darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Erlassung der Abgabenbescheide noch keine Unterlagen vorgelegen seien; die Bw ersuchte nun, die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer gemäß den nachgereichten Steuererklärungen zu veranlagen und den Verspätungszuschlag betreffend die Umsatzsteuer zu stornieren, da sich aufgrund der nachgereichten Umsatzsteuererklärung keine Umsatzsteuerzahllast ergäbe.
Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bw auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 vom Finanzamt abgewiesen. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass im Wiederaufnahmsantrag keine Gründe angeführt worden seien, die nicht bereits in einem Rechtsmittelverfahren geltend gemacht hätten werden können. Bei der Nichteinreichung der Steuererklärungen 2007 handelte es sich nicht um ein ausnahmsweises Fristversäumnis. Seit Gründung der GmbH seien keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden und das Versäumen von Fristen und die damit verbundenen Folgen ließen sich nicht nachträglich im Wege einer Wiederaufnahme beseitigen.
Mit Schreiben vom berief die Bw gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 abgewiesen wurde und erklärte den Umstand, dass keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden seien, damit, dass keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze durchgeführt und die Vorsteuerbeträge erst gegen Ende des Jahres berücksichtigt worden seien. Die Bw führte aus, dass das Hauptbetätigungsfeld der Gesellschaft in Beratungsleistungen und der Durchführung von Marktforschungen im Bereich der Energiewirtschaft liege und machte Ausführungen zum Geschäftsgang der Gesellschaft.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung gegen den Bescheid vom betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Begründung aufgehoben, dass der Antrag vom betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 mit neu hervorgekommenen Zahlen und Unterlagen begründet worden sei, dem Antrag aber Angaben im Sinne des § 303a lit c und lit d BAO fehlen würden. Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde die Bw darauf hingewiesen, dass ihrer Eingabe vom die Angaben fehlten, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages und zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung im abgeschlossenen Verfahren notwendig seien. Der Bw wurde aufgetragen, die angeführten Mängel bis zu beheben. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass bei Versäumung der Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte.
Mit Schreiben vom ersuchte die Bw, die Frist zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages vom betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom auf den zu erstrecken, da ein Wechsel der steuerlichen Vertretung erfolgt sei. Mit Bescheid vom wurde dem Antrag der Bw vom betreffend den Antrag auf Verlängerung der Frist zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages vom bis zum stattgegeben.
Mit Schriftsatz vom stellte die Bw den Antrag gemäß § 299 Abs 1 BAO den Umsatzsteuer- und den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom aufzuheben, da sich der Spruch der Bescheide als nicht richtig erweise. Die Bw führte aus, dass in der Begründung zu den oben angeführten Bescheiden ausgeführt worden sei, dass aufgrund der Nichtabgabe von Steuererklärungen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt worden seien. Die Bw übermittelte in der Beilage erneut die Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2007 und den Jahresabschluss zum und wies darauf hin, dass sich die oben bezeichneten Bescheide gemäß § 299 BAO als unrichtig erwiesen, da mittlerweile die entsprechenden Unterlagen und Steuererklärungen für das Wirtschaftsjahr 2007 vorlägen. Da es der Abgabenbehörde mit den vorgelegten Unterlagen möglich sei, die Abgabenbelastung korrekt zu ermitteln, liege die Gewissheit der Rechtswidrigkeit vor. Die Bescheide erwiesen sich daher als rechtswidrig. Die Bw verwies darauf, dass es auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen bei der Beurteilung des Antrages nach § 299 BAO nicht ankomme, ebenso wenig wie auf den Umstand, dass die Unrichtigkeit erst später erweislich geworden sei.
Mit Bescheid vom wurde die Eingabe vom betreffend die Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 als zurückgenommen erklärt, da dem Auftrag, die Mängel der Eingabe in der bis zum verlängerten Frist zu beheben, nicht entsprochen worden sei.
Mit gleichem Datum erließ das Finanzamt einen Bescheid mit dem der Antrag gemäß § 299 BAO der Bw vom auf Aufhebung des Umsatzsteuer- und des Körperschaftsteuerbescheides für das Jahr 2007 abgewiesen wurde. In seiner Begründung verwies das Finanzamt zunächst auf zwei Entscheidungen des UFS, zitierte daraus und machte grundsätzliche Ausführungen über das Schätzungsverfahren. Weiter wies das Finanzamt darauf hin, dass die Antragstellerin (Bw) nicht dargelegt habe, in welchen konkreten Punkten die Schätzung den Grundsätzen einer Schätzung nicht entspreche und die gewählte Schätzungsmethode nicht in Zweifel gezogen worden sei. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass für den Fall, dass die Schätzung an den tatsächlichen Verhältnissen vorbeigegangen wäre, die Mängel der Schätzungsmethode im Aufhebungsantrag hätten konkret aufgezeigt werden müssen. Die Bw habe nicht dargelegt, warum die Schätzung der Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO unzulässig oder unzutreffend gewesen sei. Die nachträglich vorgelegten Abgabenerklärungen samt den Beilagen zur Gewinn- und Umsatzermittlung stellten lediglich neue Tatsachen und Beweismittel betreffend die Abgabenfestsetzung dar, über deren konkrete Auswirkungen auf den Spruch der Bescheide habe sich die Bw verschwiegen. Das Finanzamt vertrat weiters die Meinung, dass es in diesem Zusammenhang auch keine weitere Ermittlungspflicht treffe, da die Ermittlungspflicht der Behörde durch die Behauptungen im Aufhebungsantrag vorgegeben sei. Da die Bw nicht einmal bestritten habe, dass eine Schätzungsberechtigung bei der Festsetzung der Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 gegeben gewesen sei und auch nicht die Schätzungsmethode in Zweifel gezogen habe, sei die Abgabenbehörde auch nicht dazu verhalten, amtswegig ein Ermittlungsverfahren auf Grund der im Aufhebungsverfahren vorgelegten Unterlagen durchzuführen.
Mit Schriftsatz vom erhob die Bw Berufung gegen den Bescheid vom über die Abweisung des Antrages gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Umsatzsteuer- und des Körperschaftsteuerbescheides für das Jahr 2007 und begründete diese unter anderem damit, dass im Fall der Bw lediglich die Abgaben für ein einziges Wirtschaftsjahr streitgegenständlich seien und nicht - wie in der vom Finanzamt als vergleichbarer Fall bezeichneten Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (RV/0438-L/07) - die verschiedensten Bescheide zweier Jahre inklusive Anspruchszinsen- und Verspätungszuschlagsbescheide beanstandet worden seien und somit das Argument des Finanzamtes, dass keine entsprechende Aufgliederung der Abgabenauswirkungen auf die einzelnen Bescheide vorliege, auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar sei. Es lägen nur zwei Bescheide (Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2007) vor und aus den entsprechenden Steuererklärungen, die zur Vorlage gebracht worden seien, sei das Resultat eindeutig zu ersehen. Zu der Auffassung des Finanzamtes, wonach die Bw im Rahmen ihres Antrages gemäß § 299 Abs 1 BAO hätte einwenden müssen, dass die Schätzung nicht zulässig gewesen sei, hätte anführen müssen, in welchen Punkten die Schätzung nicht den Schätzungsgrundsätzen entspreche und die Mängel der Schätzungsmethode hätte aufzeigen müssen, führte die Bw aus, dass die Frage, ob die Schätzung zulässig sei oder nicht, nicht von Bedeutung sei, da es auf den Grund der Rechtswidrigkeit nicht ankomme. Die Begründung selbst sei auch nicht Bestandteil des Spruches des Abgabenbescheides und somit unbedeutend. Sohin bestehe auch keine Verpflichtung, dass die Punkte, in denen die Schätzung von der tatsächlichen Steuererklärung abweiche, erläutert würden. Die Bw merkte auch an, dass dies gar nicht möglich gewesen sei, da der Bescheid keine Information über die Art und Weise der Schätzung enthalte. Durch die Weglassung der wesentlichen Informationen hätte die Abgabenbehörde die Möglichkeit, Anträge nach § 299 Abs 1 BAO ins Leere laufen zu lassen; dies könne sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Zum Vorwurf des Finanzamtes, wonach von Seiten der Bw nicht dargelegt worden sei, welche konkreten Konsequenzen sich durch die Übermittlung der Abgabenerklärungen auf die einzelnen Abgabenfestsetzungen ergeben könnten, erinnerte die Bw daran, dass im Antrag darauf hingewiesen worden sei, dass mittlerweile die entsprechenden Unterlagen für die Festsetzung der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer vorlägen und somit eine korrekte Bemessung durchgeführt werden könne. Dass die Abgabenbehörde mit den übermittelten Unterlagen keine Abgabenfestsetzung durchführen könne, sei unverständlich. Die eingereichten Dokumente stellten die üblichen Unterlagen dar, die im Rahmen der Bemessung der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer erforderlich seien. Werde eine Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuererklärung sowie der Jahresabschluss der Finanzverwaltung vorgelegt, erfolge ohne Probleme eine Veranlagung. Warum diese nunmehrige Änderung des Bescheides nicht zulässig sein solle, obzwar keine anderen als die üblichen für die Bemessung erforderlichen Unterlagen eingereicht worden seien, sei unverständlich. In weiterer Folge merkte die Bw an, dass die Aufhebung die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraussetze und durch die Übermittlung der Unterlagen es wohl klar sei, dass ein Schätzungsbescheid nur falsch sein könne. Bei Durchsicht der Steuererklärungen und der entsprechenden Bescheide sehe die Finanzverwaltung sofort, dass die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage sowie die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw das Einkommen abwichen. Die Rechtswidrigkeit sei unmissverständlich einleuchtend. Würden die vorgelegten Unterlagen keine Rechtswidrigkeit nachweisen, wäre jede Übermittlung von Steuererklärungen und der daraufhin ergangene Bescheid rechtswidrig. Es sei unverständlich, warum ein Schätzungsbescheid richtiger sein soll als eine auf dem Jahresabschluss basierende Steuererklärung. Die Bw wies auch darauf hin, dass die inhaltliche Unrichtigkeit nicht dargestellt worden sei, abzulehnen sei. Selbstverständlich sei im Rahmen des Antrages gemäß § 299 Abs 1 BAO dargestellt worden, dass der Spruch des Bescheides nicht richtig sei, da dem Bescheid eine Schätzung zugrundliege; dies könne in keinem Fall richtig sein. Die Bw erwähnte weiters, dass die Höhe der Abweichung ebenfalls aus den übermittelten Unterlagen ersichtlich sei, um der Behörde die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild über den Antrag zu machen. So habe mit der Übermittlung der Unterlagen die Finanzverwaltung sehen können, dass - um ihr Ermessen entsprechend zu beurteilen - die Auswirkungen auf die Abgabenbelastung nicht von untergeordneter Bedeutung seien. Bei der Umsatzsteuer liege eine Differenz in Höhe von mehr als 11.000 € vor. Dies könne nicht als untergeordneter Betrag angesehen werden. Dass die Schätzung daher gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten falsch sei, sei daher ebenfalls offenkundig. Bei der Körperschaftsteuer zeige sich die Differenz im Bereich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Bw führte weiters aus, dass § 299 BAO überhaupt keine Anhaltspunkte enthalte, welchen Inhalt der Antrag aufzuweisen habe. Sinnvollerweise sollte im Aufhebungsantrag angegeben werden, welcher Bescheid aufzuheben sei und aus welchen Gründen der Antragsteller den Bescheid für inhaltlich rechtswidrig erachte. Gerade diese Punkte seien jedoch erfüllt. Es sei unverständlich, welche weiteren Dokumente dem Antrag noch hätten beigelegt werden sollen, um das Vorliegen der Rechtswidrigkeit darzulegen. Es sei eindeutig klar, dass bei Übermittlung der Unterlagen die Finanzverwaltung zu einer anderen Abgabenfestsetzung kommen müsse.
Einem Aktenvermerk vom im Körperschaftsteuerakt des Finanzamtes ist zu entnehmen, dass die steuerliche Vertreterin der Bw telefonisch zur Berufung ergänzend vorgebracht habe, dass die Verwaltungspraxis bisher eine andere gewesen sei und zudem eine Verwaltungsstrafe hinsichtlich der Nichteinbringung von Steuererklärungen hätte verhängt werden können.
Die Berufung wurde - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 299 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt (etwa bei einer unrichtigen Auslegung einer Bestimmung, bei mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, bei Übersehen von Grundlagenbescheides), ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs 1 nicht ausschlaggebend (vgl Ritz, BAO4, § 299 Tz 10).
Die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setzt grundsätzlich die (vorherige) Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus (vgl Ritz, BAO4, § 299 Tz 13). Eine Aufhebung eines Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes ist solange ausgeschlossen, als Unklarheiten im Sachverhalt bestehen. Vor Erlassung eines Aufhebungsbescheides nach § 299 BAO muss also der Sachverhalt, aus dem sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Bescheides ergibt, einwandfrei geklärt sei (vgl , , 94/16/0304). Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus.
Aus den Veranlagungsakten geht hervor, dass die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2007 vier Mal erfolglos verlängert wurde und im Anschluss daran das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für den Umsatzsteuer- und den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt hat. Im Rahmen des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens und des Antrages auf Bescheidaufhebung hat die Bw die Umsatzsteuer- und die Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2007 und den Jahresabschluss zum übermittelt.
Ob im Streitfall nun tatsächlich die Voraussetzungen für eine Bescheidaufhebung gegeben sind, kann erst nach Durchführung ergänzender Ermittlungen festgestellt werden. Das Finanzamt hat sich bislang zum Vorliegen einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit der Abgabenbescheide für das Jahr 2007 nicht geäußert. Im Bereich der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen mangelt es an tauglichen Sachverhaltsfeststellungen.
Das bloße Übermitteln von Abgabenerklärungen kann die Rechtswidrigkeit der Abgabenbescheide noch nicht erweisen. Derartige Schlussfolgerungen können erst nach Prüfung der nachgereichten Abgabenerklärungen gezogen werden. Insbesondere wird zu klären sei, ob den übermittelten Steuererklärungen tatsächlich Aufzeichnungen der Bw zugrunde liegen und ob die Aufzeichnungen zeitnah geführt oder nachträglich erstellt wurden. Sollte sich im Zuge der vom Finanzamt vorzunehmenden Überprüfung der nunmehr vorgelegten Umsatzsteuer- und der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2007 ergeben, dass diesen eine ordnungsgemäße Buchführung zu Grunde liegt und die in den Steuererklärungen gemachten Angaben mit jenen des Jahresabschlusses zum übereinstimmen, dann sind die im Spruch jener Bescheide, deren Aufhebung beantragt wurde, ausgewiesenen Bemessungsgrundlagen und demzufolge die darin festgesetzten Steuern nicht richtig.
Hinsichtlich der diesbezüglichen erforderlichen Ermessensübung wird darauf verwiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof seit dem verstärkten Senat vom , Slg. 5567/F, in ständiger Rechtsprechung (vgl etwa uva) ausführt, im Bereich des § 299 BAO komme dem Prinzip der Rechtmäßigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu. Trotz dieses Vorranges des Prinzips der Rechtsrichtigkeit werden Aufhebungen vor allem dann zu unterbleiben haben, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist bzw wenn sie keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat, etwa weil Fehler sich inner- oder überperiodisch im Wesentlichen ausgleichen (vgl Ritz, aaO, § 299 Tz 55). Das bei der Aufhebung eines Bescheides der Behörde eingeräumte Ermessen wird regelmäßig dann im Sinne des Gesetzes gehandhabt, wenn die Behörde bei Wahrnehmung einer nicht bloß geringfügigen Rechtswidrigkeit mit Aufhebung der Bescheide vorgeht (vgl ).
Im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom hat das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen in Höhe von 50.000 € geschätzt und Vorsteuern in Höhe von 0,00 € in Ansatz gebracht, was zur Festsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 10.000 € geführt hat. Demgegenüber wurden in der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 die Lieferungen und sonstigen Leistungen mit 0,00 € und die Vorsteuer mit 1.018,56 € angegeben. Bei Gegenüberstellung der Schätzung des Finanzamtes zu den Angaben der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 ergibt sich eine Differenz von mehr als 11.000 €, ein Betrag, der nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden kann. Ähnlich verhält es sich beim Körperschaftsteuerbescheid, in dem das Finanzamt im Rahmen seiner Schätzung von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 10.000 € ausgegangen ist, während in der nunmehr vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum vom bis und in der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2007 ein Jahresverlust in Höhe von 1.572,90 € ausgewiesen wird. Da es sich im gegenständlichen Fall somit um keine bloß geringfügige Rechtswidrigkeit handelt, sind der Umsatzsteuer- und der Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom - unter der Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Buchführung und dass die in den Steuererklärungen gemachten Angaben mit jenen des Jahresabschlusses zum übereinstimmen - aufzuheben.
§ 289 Abs 1 BAO lautet: Ist die Berufung weder zurückzuweisen noch als zurückgenommen oder als gegenstandslos zu erklären, so kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.
Im Hinblick auf den Umfang der vorzunehmenden Verfahrensergänzungen war der Aufhebung der Vorrang vor der Vornahme zweitinstanzlicher Ermittlungen zu geben. Die Berufungsbehörde sieht sich deshalb dazu veranlasst, den angefochtenen Bescheid gemäß § 289 Abs 1 BAO aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung und neuerlichen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für die Ausübung des Ermessens in Richtung Bescheidaufhebung sprechen darüber hinaus auch die Gründe der erstmaligen Überprüfung der Steuererklärungen, die Verfahrensökonomie und der Erhalt des vollen Instanzenzuges.
Gemäß § 284 Abs 3 BAO kann der Berufungssenat ungeachtet eines Antrages von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Berufung zurückzuweisen oder als zurückgenommen oder als gegenstandslos zu erklären ist oder wenn eine Aufhebung nach § 289 Abs 1 erfolgt. Im Hinblick auf die gegenständliche Berufungserledigung durch Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz nach § 289 Abs 1, konnte der Berufungssenat trotz rechtzeitigen Antrages eine mündliche Verhandlung unterlassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 284 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Bescheidaufhebung Klärung des Sachverhaltes Aufhebungsbescheid Gewissheit der Rechtswidrigkeit Ermessen Zurückverweisung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at