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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 24.10.2013, RV/1738-W/11

Zurückweisung der Berufung wegen Zustellung des Bescheides an einen nicht mehr existenten Bescheidadressaten.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1738-W/11-RS1
Nach Beendigung einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft nach bürgerlichem Recht durch Kündigung eines der beiden Gesellschafter an diese Gesellschaft zugestellte Bescheide entfalten keine Rechtswirksamkeit. Die gegen diese Bescheide erhobenen Rechtsmittel sind gem. § 273 Abs. 1 lit a BAO zurückzuweisen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Susanne Osinger, Ing. Mag. Dr. Martin Jilch und Anna Schandl über die Rechtsmittel von A erhoben für Gärtnerei B gegen den vermeintlichen Einkünftefeststellungsbescheid gem. § 188 BAO für das Jahr 2006 vom und von C erhoben für Gärtnerei B gegen die vermeintliche Berufungsvorentscheidung vom 6. Oktober nach der am am Finanzamt D in H, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung beschlossen:

Die Rechtsmittel vom und vom werden gemäß § 273 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Herr E und die F (nunmehr KG) betrieben einen Gärtnereibetrieb in Form einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wurden gemäß § 188 BAO festgestellt und ab dem Jahr 2003 von beiden Gesellschaftern je zur Hälfte in den Steuererklärungen angegeben und gemäß § 188 BAO bescheidmäßig festgestellt.

Am Unternehmen waren im Jahr 2006 Herr E und die F je zur Hälfte beteiligt.

Für das Kalenderjahr 2006 wurden Einkünfte in Höhe von € -54.196,70 erklärt und eine Abschlussbilanz zum vorgelegt, da der Gesellschafter E mit diesem Datum infolge eigener Kündigung vom zum aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.

Am wurde vom Finanzamt eine als Feststellungsbescheid für das Jahr 2006 bezeichnete Erledigung erlassen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit € -54.196,70 festgestellt und mit je € -27.098,35 E und der F zugewiesen hat.

Diese Erledigung wurde adressiert und zugestellt an "G".

Im Jahr 2009 fand im Unternehmen eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend die Jahre 2002 bis 2006 statt.

Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde das Verfahren betreffend die Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 2006 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und am die in diesem Verfahren strittige neue Erledigung für das Jahr 2006 erlassen. Diese als Bescheid bezeichnete Erledigung wurde adressiert und zugestellt an "G". In dieser Erledigung wurden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von € 39.503,86 festgestellt. Diese Einkünfte wurden dem Gesellschafter E mit einem Anteil von € 66.602,21 zugewiesen und ihn betreffend ein Aufgabegewinn von € 93.700,56 festgestellt. Der F wurde ein Verlustanteil von € -27.098,35 zugewiesen.

Der steuerliche Vertreter A erhob am Berufung und monierte, dass die beantragte Rückstellung für Abbruchkosten nicht ergebniswirksam von der Betriebsprüfung berücksichtigt worden sei, obwohl in der Realteilungsvereinbarung vom eine Verpflichtung zur Tragung der Abbruchkosten enthalten sei.

Es wurde ausgeführt, dass der Abbruch tatsächlich im April und Mai 2010 erfolgt sei und endgültige Rechnungen in Höhe von € 141.968,87 brutto vorlägen

Im gleichzeitig mit der Berufung vorgelegten geänderten Jahresabschluss zum ist bei den Aktiva als Forderung ein Betrag von je € 60.000,- gegenüber dem Gesellschafter E und der F enthalten, sowie bei den Passiva eine Rückstellung für Abbruchkosten in Höhe von € 120.000,-. Der ausgewiesene Bilanzverlust beträgt nunmehr € -174.196,70. Als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft werden € -80.496,14 unter Berücksichtigung eines Aufgabegewinnes von € 93.700,56 erklärt und mit € 6.602,21 auf E und mit € -87.098,35 auf die F verteilt.

Am erließ das Finanzamt eine als abweisende Berufungsvorentscheidung bezeichnete Erledigung und führte zur Begründung aus, dass die Realteilungsvereinbarung erst mit geschlossen worden sei. Im vorliegenden Fall liege eine sogenannte Aufwandsrückstellung vor, bei welcher kein Verpflichtungscharakter gegenüber Dritten nicht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Angehörigen gegeben sei. Die Aufwandsrückstellungen seien im § 9 EStG nicht aufgezählt, ihre Bildung und Auflösung sei steuerlich unwirksam. Im gegenständlichen Fall liege eine unternehmerische Verpflichtung des Unternehmens gegenüber sich selbst vor. Eine Rückstellung dürfe gewinnmindernd nur für das Jahr gebildet werden in dem der Aufwand wirtschaftlich verursacht sei. Im Hinblick auf die erst 2010 verbindlich abgeschlossene Vereinbarung im Realteilungsvertrag konnte daher eine Rückstellung mit steuerlicher Wirkung im Jahr 2006 nicht gebildet werden.

Am stellte der steuerliche Vertreter des E, die Firma C den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweier Instanz und beantragte die Verteilung des betreffend E ermittelten Aufgabegewinnes auf drei Jahre ab 2006 entsprechend den Bestimmungen des § 37 Abs. 2 EStG 1988 und § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988.

Außerdem wurde im Vorlageantrag die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat beantragt.

Es wurde ergänzend ausgeführt, dass die auf den Aufgabezeitpunkt bezogene Betrachtung bedinge, dass Veräußerungen vor und nach dem Zeitpunkt auf diesen bezogen werden müssten und somit die Aufwendungen, die nach dem Aufgabezeitpunkt angefallen seien, bei der Betriebsaufgabe zu berücksichtigen seien.

Im Zuge von Ermittlungen seitens des Unabhängigen Finanzsenates legte E ein Schreiben vor, in welchem er bestätigt, dass zum Zeitpunkt seiner Kündigung im Jahr 2006 die Beteiligungsverhältnisse an der Gärtnerei B wie folgt waren: zu je 50% waren Herr E und die F beteiligt.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde seitens aller Parteien außer Streit gestellt, dass sich die Gärtnerei B zuletzt aus den Gesellschaftern E und der F zusammengesetzt hat. Mit schied der Gesellschafter E aus und damit wurde die Gesellschaft durch Kündigung beendet.

Nach Vorhalt des Vorsitzenden, dass nach seiner Ansicht die verfahrensgegenständliche Berufung als unzulässig zurückzuwiesen sei, da der angefochtene Bescheid an einen damals nicht mehr rechtlich existenten Bescheidadressaten zugestellt worden sei, erhoben die Parteien dagegen keine Einwendungen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die als Feststellungsbescheid vom und die als Berufungsvorentscheidung vom bezeichneten Erledigungen des Finanzamtes Bescheidqualität haben.

Der Unabhängige Finanzsenat geht im gegenständlichen Fall von folgendem Sachverhalt aus:

Der Gesellschafter E und die F betrieben die Gärtnerei B in der Rechtsform einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, wobei die beiden Gesellschafter zu je 50% an der Gesellschaft beteiligt waren.

Im Jahr 2006 kündigte der Gesellschafter E mit Schreiben vom per die Gesellschaft auf.

Die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht bestehend aus den Gesellschaftern E und F war somit per aufgelöst und beendigt.

Die als Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2006 bezeichnete Erledigung des Finanzamtes vom wurde adressiert an die "G ".

Gegen diese Erledigung vom wurde von der A Berufung erhoben.

Ebenso wurde die mit datierte als Berufungsvorentscheidung betreffend den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2006 bezeichnete Erledigung an die "G " adressiert und zugestellt.

Gegen diese Erledigung vom wurde ein Vorlageantrag gestellt, sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat beantragt.

Dies ist rechtliche wie folgt zu würdigen:

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person bzw. Personenvereinigung zu nennen, an die er ergeht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruches mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressanten im Bescheidspruch, zu dem auch das Adressfeld zählt, kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird ().

Mit der Beendigung von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehen nach § 19 Abs. 2 BAO deren sich aus den Abgabenvorschriften ergebende Rechte und Pflichten auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) über.

Gemäß § 188 Abs. 1 BAO werden ua. Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Der Feststellungsbescheid ergeht gemäß § 191 Abs. 1 lit c BAO in diesen Fällen an die Personengesellschaft (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid gemäß § 191 Abs. 2 BAO an diejenigen zu ergehen, denen in den Fällen des § 191 Abs.1 lit. c BAO gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Bezogen auf den vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die aus E und der F bestehende Gesellschaft nach bürgerlichem Recht durch Austritt des Gesellschafters E per zu diesem Zeitpunkt beendet war.

Die Gesellschaft war im Zeitpunkt der Erstellung der als Bescheid bzw. Berufungsvorentscheidung bezeichneten Erledigungen am und am nicht mehr existent, dennoch wurde die Bezeichnung und Adressierung an die Gesellschaft gerichtet.

An nicht (mehr) existente Personengesellschaften gerichtete Bescheide gehen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ins Leere (; ; , Ritz, BAO, § 97 Tz 2).

Die als Bescheid bezeichnete Erledigung vom sowie die als Berufungsvorentscheidung bezeichnete Erledigung vom waren an die "I" gerichtet. Damit war dem Erfordernis des § 191 Abs. 2 BAO, die ehemaligen Gesellschafter (Personen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen waren) als Bescheidadressaten zu wählen, nicht Genüge getan.

Es fehlt daher die Konkretisierbarkeit der Adressaten des Verwaltungsaktes. Der Verwaltungsgerichtshof entschied im Erkenntnis , dass die bloße namentliche Erwähnung der Gesellschafter bei der Aufteilung der Einkünfte im Spruch noch nicht bewirke, dass die Erledigung an diese Personen gerichtet gewesen wäre.

In Anbetracht dieser Rechtsprechung wäre im gegenständlichen Fall der Bescheid an die einzelnen namentlich genannten ehemaligen Gesellschafter etwa mit dem Zusatz "als ehemalige Gesellschafter" zu richten gewesen.

Vor dem aufgezeigten Hintergrund konnten die angefochtenen Erledigungen mangels ordnungsgemäßer Bezeichnung der Adressaten keine rechtlichen Wirkungen entfalten.

Mangels Bescheidqualität der Erledigung vom darf die eingebrachte Berufung nicht materiell erledigt werden, sondern muss gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO zurückgewiesen werden.

Dasselbe gilt für den Vorlageantrag, welcher unabdingbar eine Berufungsvorentscheidung voraussetzt (). Auch der als Berufungsvorentscheidung bezeichneten Erledigung vom fehlt im Sinne der obigen Rechtsausführungen die Bescheidqualität, weil sie an "I " adressiert ist. Damit ist auch der Vorlageantrag gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Ergeht auch an das Finanzamt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 37 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at